Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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7. Der Kaisercultus.

Im Orient war die göttliche Verehrung der lebenden und verstorbenen Könige etwas Altes; sie gehörte dort sowohl zum Wesen des Despotismus als der Religion, welche die irdische Gewalt für den unmittelbaren Ausfluß und die sinnliche Darstellung der himmlischen nahm. In Griechenland führte das Beispiel des Orients, der herkömmliche Heroendienst und der Verfall der Freiheit und des alten Götterglaubens zu derselben Entartung, zunächst in Kleinasien, wo schon dem Lysander Altäre errichtet und Opfer und Spiele gestiftet wurden. Zur Zeit des Demetrios Poliorketes war dieser neue Cultus auch in Athen bereits zur widerlichsten Routine der Adulation geworden, und als hernach statt der griechischen und macedonischen Feldherrn die Römer kamen, wurde das ausgebildete System der Apotheose auch auf diese angewendet, auf die Feldherrn sowohl als auf die Präfecten, einen Flamininus, einen Sulla, einen Lucullus u. s. w. Vollends aber war dieses schmähliche System der Menschenfurcht in den hellenistischen Reichen des Orients, wo die Hofsitte der alten orientalischen Despotie und die Gewandtheit des griechischen Geistes zusammentrafen, zur höchsten Blüthe gediehen und eine Quelle für immer neue Stiftungen von Tempeln und Festen geworden, bei den Seleuciden und namentlich bei den alexandrinischen Ptolemäern, von denen vermuthlich manche conventionell gewordene Formen und Formeln der Adulation und Apotheose nachmals unmittelbar auf Rom und die römischen Kaiser übergegangen sind.

In Rom führten dieselben Ursachen zu demselben Resultate, indem die Griechen auch hier die ersten Lehrer waren. 771 Wurden doch auch bei den italischen und sicilischen Griechen in den letzten Zeiten der Republik ähnliche Feste auf die römischen Feldherrn und Proconsuln gefeiert wie in Griechenland und Kleinasien, z. B. in Syracus einem Wohlthäter C. Marcellus und seiner Familie zu Ehren eigne Marcellea, welche Verres die Frechheit hatte in Verrea zu verwandelnCic. in Verr. II, 2, 21; 4, 67.. Als es daher später zwischen Cäsar und Pompejus zur Entscheidung kam, war es im Sinne der Griechen nichts Außerordentliches als die Neapolitaner, Puteolaner und andre Griechen für das Wohl des in Neapel schwer erkrankten Pompejus beteten und opferten (S. 602). Wohl aber war es etwas Neues und das sicherste Symptom, daß es mit der Freiheit vorbei und die Stunde des Despotismus gekommen war, was nach gefallener Entscheidung in Rom selbst vom Senate zur Auszeichnung Cäsars beschlossen wurde. Mit dem Halbgotte fing man an und mit dem Gotte hörte man auf: die gottesdienstliche Feier seiner Siege, seines Geburtstags, die öffentlichen Gebete für sein Wohl, die Benennung des Monates Julius, der Tempel in welchem sein eignes Bild und das seiner Milde göttlich verehrt wurde, diese und andre Beschlüsse überboten sich in rascher Folge bis zu seinem TodeS. außer Dio Cass. 1. XLIII und XLIV Appian de bell. civ. II, 106 und Sueton Caes. 76. Vgl. den Ausspruch Varros b. Augustin C. D. III, 4 oben S. 32, 19 und den Ciceros S. 65, 76.. Anfangs abwehrend ließ sich der große Mann solche Huldigungen doch bald gefallen; wobei ihm außer dem allgemeinen Servilismus der Zeit zur Entschuldigung gereichen mag daß gewisse Elemente des älteren Glaubens, z. B. der an die Laren, die Genien, die Indigeten, bei den Gebildeten auch die herkömmliche euhemeristische Ansicht von der Entstehung des Götterdienstes der Apotheose leicht entgegenkamen. Aber was bei dem Genius im Sinne der Zeit als verzeihliche Huldigung erschien, das wurde nach seinem Tode zum Mittel der Staatsklugheit und der Dynastie. Gleich auf der Brandstätte des Leichnams auf dem Markte wurde ein Altar errichtet und auf demselben dem Cäsar wie einem Gotte geopfert; dann benutzte Octavian die Einweihung des Tempels der Venus auf dem Forum Julium um an den göttlichen Ursprung seines Geschlechts, den gleichzeitig erscheinenden Kometen um den Volksglauben, daß dieser Stern der göttlich verklärte Geist des Cäsar sei, durch 772 Bild und Schrift zu befestigenDio XLV, 7, Sueton Caes. 88, Augustus selbst b. Plin. H. N. II, 25, 23, vgl. Iul. Obseq. 68, Serv. V. A. VIII, 681. Daher Virg. Ecl. IX, 47 ecce Dionaei processit Caesaris astrum.. So wurden nun nicht allein alle früher beschlossenen, dann wieder abgeschafften Ehren von neuem hervorgesucht und vermehrt, sondern Cäsar oder der göttliche Julius (Divus Iulius), wie er von nun an hieß, wurde bald zu einem eben so idealen Bilde und Garanten der Monarchie wie Romulus Quirinus, auch er ein Julier, es für diese Zeit war. Namentlich machte in dieser Hinsicht die Stiftung des Tempels des Divus Iulius auf dem Markte, auf derselben Stelle wo früher jener Altar gestandenBecker Handb. I, 335. Caesar, qui primus divinos honores meruit et Divus appellatus est, Serv. V. Ecl. V, 56., Epoche, so sehr daß Augustus als Urheber dieses Cultus der Urheber des neuen Göttercultus der verewigten Kaiser überhaupt genannt zu werden pflegt. Auch war es mit dieser neuen Gottheit so ernsthaft gemeint daß ausdrücklich das Verbot erging, kein Bild des Cäsar solle in Zukunft bei einem Leichenbegängnisse seines Geschlechts folgen, da er wirklich und in Wahrheit ein Gott sei; wie man andrerseits an den hervorstechenden Ruhm seiner göttlichen Milde dadurch erinnerte daß man seinem Tempel, obwohl der Altar noch vor kurzem die Stätte einer höchst blutigen Rache an seinen Mördern gewesen war, die volle Gerechtigkeit eines Asyls gab.

Als der Kampf um die Monarchie von neuem entbrannte, machten schon alle Gewalthaber auf heroische und göttliche Ehren Anspruch, jeder auf seine Weise. S. Pompejus hielt es nicht mehr für genügend an den Ruhm seines Vaters zu erinnern; er ließ sich in dem Kreise seiner Matrosen und Capitäne alles Ernstes als einem Sohne des Neptun huldigenVgl. S. 505, 1296 und Plin. H. N. IX, 16, 22 und die Münzen b. Eckhel D. N. VI p. 27. Daher Horat. Epod. 9, 7 ut nuper actus cum freto Neptunius Dux fugit ustis navibus.. Antonius behauptete vom Hercules abzustammen und Bacchus, der große Gott und Sieger, war das Ideal seines LebensPlutarch Anton. 60 προσῳκείου δ’ ἑαυτὸν Ἀντώνιος Ἡρακλεῖ κατὰ γένος καὶ Διονύσῳ κατὰ τὸν τοῦ βίου ζῆλον. c. 4 ἦν δὲ λόγος παλαιὸς Ἡρακλείδας εἶναι τοὺς Ἀντωνίους ἀπ’ Ἀντέωνος παιδὸς Ἡρακλέους γεγονότας. Vgl. Appian b. c. III, 16 (oben S. 87) und die Löwen des Antonius b. Cic. ad Att. X, 13, Plin. VIII, 16, 21.; daher er in Rom, vollends nach dem Siege bei Pharsalos, vor aller Welt den Herakliden spielte, bei den Griechen und Asiaten aber als 773 Bacchus von Ort zu Ort zog und sich mit schwärmenden Gesängen und Festzügen, Schmäusen und Geldern, Mädchen und Buben den Hof machen ließ, bis er nach Alexandrien kam und dort von der Kleopatra als Aphrodite empfangen und gebändigt wurdePlut. Anton. 23 ff. Socrates Rhod. b. Athen. IV p. 148, Dio XLVIII, 39, Vell. Paterc. II, 82, Seneca Suasor. 1, Eckhel D. N. VI p. 64 sqq. Für die Aegypter hießen Kleopatra und Antonius Isis und Osiris, ihre Kinder Helios und Selene. Kleopatra pflegte immer im Costüme der Isis aufzutreten, s. Plut. 36. 54. Dio L, 5.. Weit vorsichtiger und klüger verfuhr Octavian, der deshalb sein Ziel um so sichrer erreichte: niemals ergreift er die Initiative, sondern Alles läßt er sich aufnöthigen, und immer will er nur als Friedensfürst erscheinen, als Wohlthäter des menschlichen Geschlechts und Begründer einer neuen Ordnung der Dinge, als Gott nur in den Provinzen, in Rom officiell nur als guter Genius, obwohl er sich von seinen Dichtern und Schmeichlern doch auch recht gern als einen Gott, etwa als Apollo oder als den künftigen Gott der Götter begrüßen ließS. bes. Virgil Georg. I, 24 ff, III, 16 ff., vgl. oben S. 273 und 567, 1491. Ein Arzt dedicirte ihm eine Schrift über die officinellen Kräuter mit der praefatio religiosa, ut omnibus malis humanis illius potissimum principis semper mederetur maiestas, Plin. H. N. XXV, 2, 2.. Die außerordentlichen Ehren und Auszeichnungen häuften sich seit dem Siege über S. Pompejus; dann war der Sieg bei Actium, von welchem Augustus selbst seine Monarchie datirte, für Rom und das ganze römische Reich das Signal daß die Zeit gekommen war. Schon begann in Asien seine göttliche Verehrung an der Seite der Dea Roma, obwohl er für die dortigen Römer nur die Verehrung des Divus Iulius in derselben Gruppirung zuließ und in Rom eine göttliche Verehrung seiner eignen Person, so lange er lebte, beharrlich ablehnteDio LI, 20, Sueton 52, oben S. 705.. Indessen wetteiferten die Hauptstädte Kleinasiens, Aegyptens und Syriens, die verbündeten Könige und nach Maaßgabe ihrer Mittel auch die Griechen um so nachdrücklicher in dem neuen KaisercultusPrächtiger T. des August in Alexandrien, τὸ λεγόμενον Σεβάστιον, wo August als Beschützer der Schiffahrt verehrt wurde, neben der Livia, Philo legat. ad Cai. p. 567 sq., vgl. die Inschrift aus Philä b. Letronne recueil II p. 343 Καίσαρι ποντομέδοντι καὶ ἀπείρων κρατέοντι, Ζανὶ τῷ εκ Ζανὸς πατρὸς ’Ελευϑερίῳ, δεσπότα Εὐρώπας τε καὶ Ἀσίδος, ἄστρῳ ἁπάσας Ἑλλάδος, ὃς Σωτὴρ Ζεὺς ἀνέτειλε μέγας etc. und die Münzen b. Eckhel IV p. 45 sq., und die westlichen Provinzen, Spanien und Numidien, Gallien, auch Italien konnten um so weniger zurückbleiben, je mehr sie die 774 persönliche Nähe und die Wohlthaten des um die Ordnung des Reichs im höchsten Grade verdienten Fürsten empfanden, wie namentlich Spanien und GallienDaher in Spanien und Gallien die vielen Städte, welche durch ihre Namen und Monumente das Andenken Cäsars und Augusts pflegten. Ueber das südliche Gallien s. B. Stark Städteleben, Kunst und Alterthum in Frankreich S. 92.. Auch wurde der Name Augustus neben dem der Roma je länger desto mehr zum Symbole der politischen Wiedergeburt des römischen Reiches, seiner Rechte, seines Glaubens und seiner Civilisation, in welcher Hinsicht dieser Cultus sich sogar zu einer Art von Propaganda des neubegründeten Reiches unter den gallischen und germanischen Völkern und Häuptlingen ausbildete; wie sich bei der Ara Romae et Augusti in Lyon funfzig Völker durch ihre Häuptlinge zum gemeinsamen Bekenntniß einer religiösen Verehrung dieser politischen Mächte vereinigtenStrabo IV p. 192, Liv. ep. 139, Sueton Claud. 2, Dio LIV, 32, Eckhel D. N. VI p. 135 sqq., Boissieu Inscr. de Lyon p. 82 sqq. und p. 113. Ueber die Ara Ubiorum s. Tacit. Ann. I, 57 und F. Ritter in den .Jbb. d. V. d. A. F. im Rheinl. XVII (1851) S. 47 ff. und nach dem Muster dieser Stiftung mit der Zeit in andern Gegenden ähnliche entstanden, namentlich auf der Stätte von Köln die Ara Ubiorum, eine Schule der römischen Gesinnung für die germanischen Häuptlinge. Kurz es erhoben sich während der Regierung des August und nach derselben eine Menge von Altären, Tempeln, Basiliken, Propyläen u. s. w., die seinen Namen und sein Andenken wetteifernd verherrlichten, wie davon die Inschriften und Münzen so vieler Städte, hin und wieder auch die Ruinen zeugenUeber den T. zu Ancyra und das dort erhaltene Mon. Ancyranum s. A. W. Zumpt Mon. Ancyr. Berl. 1845, Texier Asie Mineure pl. 64–66. Bekannt sind außerdem die Ruinen zu Mylasa in Karien und der T. zu Pola in Istrien. Ueber den im J. 11 v. Chr. in Narbonne dem Numen Augusti zur Feier seines Geburtstags geweihten Altar s. Or. n. 2489, Fischer R. Zeittafeln S. 443, Zumpt de Augustal. p. 10 sq. Interessant ist auch das dem August und seiner ganzen Familie zu Pavia geweihte Monument, von welchem der Dedicationstitel durch den Anon. Einsiedl. erhalten ist, s. Mommsen Leipz. Ber. 1850 S. 313–320.. In Spanien wurde Tarraco schon unter August zum Mittelpunkte einer Verehrung, welche mit der Zeit immer glänzender wurdeUnter August war es eine ara, unter Tiberius wurde ein Tempel daraus, s. Tacit. Ann. I, 78, Eckhel D. N. I p. 57 sq., während in Neapel gleichfalls noch bei seinen Lebzeiten pentaeterische Spiele zu seiner Ehre eingesetzt wurdenSie wurden seit dem J. 2 n. Chr. gefeiert, nachdem August die durch Erdbeben und Feuer beschädigte Stadt wiederhergestellt hatte, s. Strabo V p. 246, Sueton Octav. 98, Claud. 11, Dio LV, 10, LVI, 29, LX, 6 u. A. In Puteoli soll die Kathedrale aus den Trümmern eines t. Augusti erbaut sein. Ueber Cumae s. das Kal. Cumanum oben S. 145. und die 775 benachbarten Städte, namentlich Puteoli und Cumä, nicht zurückblieben. In Rom selbst ging man freilich einen langsameren Schritt, doch bedeutete schon der Name Augustus, welcher ihm im J. 27 v. Chr. vom Senate verliehen wurde (die Griechen übersetzen ihn durch Σεβαστός), den höchsten Grad von persönlicher Weihe und HeiligkeitOvid F. I, 609 Sancta vocant augusta patres, augusta vocantur templa sacerdotum rite dicata manu. Vgl. Sueton Octav. 7, Dio LIII, 16, Veget. d. r. m. II, 5 nam Imperatori, cum Augusti nomen accepit, tanquam praesenti et corporali Deo fidelis est praestanda devotio.. Im J. 12, nachdem endlich Lepidus gestorben war, wurde er Pontifex Maximus und somit auch die höchste geistliche Person im römischen Staate, daher er seitdem auch die Attribute und Symbole dieser Gewalt um seine Person und um seine Wohnung auf dem Palatin, welche seitdem der kaiserliche Palast schlechthin wurde, versammelte. Vier Jahre darauf wurde der Monat August nach ihm benannt und der erste Tag ein für allemal der religiösen Feier seines Andenkens geweiht; bald darauf bei der neuen Eintheilung der Stadt der öffentliche Larencult reorganisirt und bei der Gelegenheit der Genius Augusti neben den beiden Laren zum städtischen Schutzgott erhoben (S. 495). Endlich als er hochbetagt und reich gesegneten Andenkens zu seinen Vätern ging (14 n. Chr.), konnte dem Werk die Krone aufgesetzt und der sterbliche Mann nun von Rom aus für das ganze Reich zum Gott erhoben werden, als welcher er allen Nachfolgern des August, nicht blos den Juliern, sehr heilig und sehr nützlich gewesen ist. Kaum war er gestorben, so wurde er vom Senate für einen Divus erklärt und darauf die Ausstellung und Bestattung des Leichnams in Rom ganz so vorgenommen, wie es seitdem bei den Consecrationen der Kaiser herkömmlich geblieben ist. Zwei Tempel wurden ihm gestiftet, ein öffentlicher in der Nähe des Forum, ein prächtiger Tempel mit vielen Säulen und Bildern, den man oft auf den Münzen des Tiberius und Caligula sieht, von denen ihn jener gebaut dieser eingeweiht hatteDio LVI, 46, LIX, 7. Er lag am Abhange des Palatin, gleich hinter dem t. Castorum, s. Becker Handb. I, 430, meine Regionen S. 150. Antoninus Pius stellte ihn wieder her, Eckhel D. N. VII p. 25., und ein für die kaiserliche Familie und die Domus Augusta bestimmter, welchen Livia, jetzt Iulia Augusta 776 und Priesterin des Divus Augustus, im Palatium begründet hattePlin. H. N. XII, 19, 42 in Palati templo, qnod fecerat Divo Augusto coniux Augusta. Zu diesem Culte gehörten die 3tägigen ludi Palatini, welche Livia stiftete und welche noch zur Zeit des Dio Cassius von dem Kaiser gegeben wurden, 21. bis 23. Jan., s. Dio LVI, 46, Marquardt R. A. IV S. 429. Im Kal. Constant. beginnen sie sogar schon mit dem 17. Jan.. Zugleich wurde damals das neue priesterliche Collegium der Sodales Augustales gestiftet, auf welches ich zurückkommen werde, und neue ludi Augustales zu Ehren des Divus Augustus, welche von jetzt an acht Tage lang vom 5. bis 12. Oct. mit circensischen und scenischen Spielen gefeiert wurdenDen ersten Anlaß zu diesem Feste gab die Feier der Rückkehr Augusts aus dem Orient am 12. Octbr. des J. 19 v. Chr., s. Merkel Ovid F. p. XXVIII, Marquardt II, 3, 272, oben S. 559.. Außerdem wurde vorzüglich der 1. August (S. 497, 1271) und der 23. Sept., letzterer als Geburtstag, zu seinem Andenken gefeiert, auch in den folgenden Zeiten, wo alle diese Feste und Tempel freilich, wie der Name Augustus überhaupt, neben der persönlichen Beziehung auf den ersten Kaiser die allgemeinere auf das Kaiserthum überhaupt und den jedesmal regierenden Kaiser annahmen. Nimmt man dazu die vielen andern Fest- und Gedächtnißtage seiner Siege, seiner bürgerlichen Ehren, seiner glücklichen Heimkehr u. s. w., von denen die Kalender der Zeit Bericht geben, ferner die Verewigung seines Gedächtnisses durch den Cult der lares Augusti und durch so viele Stiftungen und Spiele in Italien und allen ProvinzenSueton Octav. 59 Quaedam Italiae civitates diem, quo primum ad se venisset, initium anni fecerunt. Provinciarum pleraeque super templa et aras ludos quoque quinquennales paene oppidatim constituerunt., so ist es sehr begreiflich daß dieser Name den folgenden Geschlechtern immer mehr in der Glorie einer idealen Verklärung des römischen Kaiserthums überhaupt erschienAlex. Sev. b. Lamprid. 10 Augustus primus est auctor imperii et in eius nomen omnes velut quadam adoptione aut iure hereditario succedimus. Vgl. Eckhel D. N. VIII p. 355 sqq. Daß später Augustus der Kaiser schlechthin war, beweisen u. a. die kleinasiatischen Münzen mit dem t. Romae et Augusti, wo diese Inschrift dieselbe bleibt, in dem Tempel aber immer die Statue des regierenden Kaisers zu sehen ist., obgleich seine menschliche Persönlichkeit gleich nach dem Untergange der Dynastie der Julier mit großem Freimuth beurtheilt wurdePlin. H. N. VII, 45, 46, Tacit. Ann. I. 10.. Zunächst sorgten freilich seine Wittwe und sein Nachfolger dafür daß nicht allein er selbst auf jede Weise gefeiert, sondern auch das ganze 777 Geschlecht der Julier durch ihn und den göttlichen Iulius und den mythologischen Hintergrund der Abstammung von Romulus und Aeneas in das verklärende Licht eines höheren Berufs zur Herrschaft erhoben wurde. So galt namentlich jenes neue Priesterthum der Sodales Augustales nicht allein dem Divus Augustus, sondern der religiösen Verherrlichung der Gens Iulia überhauptTacit. Hist. II, 95 quod sacerdotium ut Romulus Tito Tatio regi, ita Caesar Tiberius Iuliae genti sacravit. Vgl. Ann. I, 54. Auch das s. g. Pantheon des Agrippa war eine Stiftung zu Ehren der Gens Iulia und ihrer beiden Stammgötter, Mars und Venus, s. Dio LIII, 27 vgl. Becker Handb. I, 635. Ueberdies gab es einen Altar der Gens Iulia auf dem Capitol, den die Militärdiplome oft erwähnen, und ein sacrarium derselben Gens mit circensischen Spielen, welches Tiberius gestiftet hatte, zu Bovillae, wo die Iulii seit alter Zeit ansässig waren, s. Tacit. Ann. II, 41, XV, 23., welche seit dieser Zeit überhaupt mehrfach als Object eigner sacraler Stiftungen genannt wird.

Unter Tiberius ging ein großer Theil der feierlichen Würde, mit welcher Augustus sich umgeben hatte, auf seine Wittwe, die Kaiserin Mutter über, welche als Iulia Augusta zugleich in die Gens Iulia und an die Spitze des dem Divus Augustus geweihten Cultus trat. Schon bei ihren Lebzeiten wurde sie in den Provinzen viel als Iuno, Ceres, Vesta, Rhea, als mater patriae, genitrix orbis u. s. w. allein oder neben ihrem göttlichen Gemahl verehrtAugust hatte sie durch sein Testament zu seiner Adoptivtochter d. h. zur Iulia Augusta gemacht, sie selbst machte sich zu seiner Priesterin, s. Vellei. Pat. II, 75, Tacit. Ann. I, 8, Dio LVI, 46. Dahin gehört der von Koehler Gesamm. Schr. Bd. V erläuterte Cameo in Wien, wo Livia als Rhea costümirt die Büste des Divus Augustus mit der corona radiata vor sich hält. Ueber ihren Cult in den Provinzen s. Eckhel D. N. VI p. 155., während Tiberius solche Auszeichnungen nicht gerne sah und zuletzt sogar unterdrückte, daher sie nach ihrem Tode erst durch den Kaiser Claudius zur Diva Augusta erhoben und als solche auch in Rom in beiden Tempeln des Divus Augustus neben diesem verehrt wurdeSueton Claud. 11, Dio LX, 5, vgl. das t. Divi Augusti et Divae Augustae quod est in palatium in einer Inschrift b. Marini Atti Arv. p. 82. Die Vestalinnen hatten den Dienst, die Frauen schwuren bei ihr, u. s. w.. Tiberius selbst verbat sich für seine Person, so lange er lebte, alle göttlichen Ehren in Rom, hielt aber um so strenger auf den neubegründeten Cultus seines göttlichen Adoptivvaters, so daß selbst die geringsten Verstöße gegen die Heiligkeit desselben mit dem Tode bestraft wurdenTacit. A. I, 73. 74, II, 50, III, 66, Sueton Tib. 26. 58. Auch für die folgenden Kaiser, Claudius und Nero, blieb der Cultus des August eine Familiensache, s. Plin. XXXV, 10, 36, Sueton Nero 12.. 778 Auch in Asien wollte er nur in Smyrna einen ihm, seiner Mutter und dem römischen Senate gemeinschaftlich geweihten Tempel erlauben, während jede Vernachlässigung des Divus Augustus auch hier scharf geahndet wurdeTacit. A. IV, 15. 36. 37. In Rom machte Tiberius nur auf Veranlassung der civitates Asiae restitutae eine Ausnahme. Wenigstens ist der von diesen Städten dem Tiberius in foro Veneris d. h. auf dem des Cäsar errichtete Coloß, den die Bilder dieser Städte umgaben, den Münzen nach zu urtheilen, von den gewöhnlichen thronenden Statuen eines Divus wenig verschieden gewesen, s. Eckhel D. N. VI p. 192 sq., O. Jahn Leipz. Ber. 1851 S. 119 ff.. Um so mehr gefiel sich Caligulas Tollheit in dem ausschweifendsten Misbrauche aller Mittel der Adulation, dahingegen der schmählich vergiftete Claudius von seinem Nachfolger zuerst wieder zum Divus erhoben wurde, ein Anlaß zu vielem Spott für die Eingeweihten, ja Nero riß den bereits zur Hälfte erbauten Tempel zuletzt selbst wieder ein; doch wurde derselbe von Vespasian wieder aufgebaut und Claudius in allen Stücken den übrigen Divis der Gens Iulia gleichgestelltSueton Claud. 11, Vespas. 9. Vgl. Senecas Apocolocyntosis und Neros maliciösen Witz bei Dio LX, 35, auch Iuvenal VI, 619. Der T. des Divus Claudius lag auf dem Caelius, s. die Reg. S. 119. Claudius erhielt lebend einen Tempel zu Camulodunum in Britannien, Seneca l. c. 8, Tacit. Ann. XIV, 31.. Nero trieb es toll genug sowohl in Rom als in den Provinzen, wo die Griechen und Asiaten ihn natürlich wieder mit den höchstmöglichen Ehren überhäuften. Als es mit ihm zu Ende ging, dem letzten der Aeneaden und dem letzten Iulier, begab sich nach späteren Berichten ein großes WunderPlin. H. N. XV, 30, 40 weiß blos von dem Wunder, dem der Lorbeerhain und der prodigiöse Hühnerhof ihre Entstehung verdankten. Vgl. Sueton Galba 1 und Dio LXIII, 29.. Als Livia gleich nach ihrer Vermählung mit Octavian nach ihrer in der Nähe von Veji am Tiber gelegenen Villa reiste, ließ ein Adler ein weißes Huhn, das einen Lorbeerzweig im Schnabel hatte, in ihren Schooß fallen. Sie setzt das Huhn und pflanzt den Zweig: jenes brütete eine so große Menge junger Hühner aus, daß die Villa seitdem ad gallinas hieß, aus dem Zweige aber wurde ein ganzer Hain, aus welchem die jungen Cäsaren den Lorbeerschmuck zu ihren Triumphen nahmen. Die dazu gebrochnen Zweige wurden gewöhnlich in demselben Haine wieder gesteckt und man wollte beobachtet haben daß bei dem Absterben eines Jeden auch der von ihm gepflanzte Raum wieder einging. Jetzt aber, als Neros Ende bevorstand, ging nicht 779 allein der ganze Lorbeerhain auf einmal aus, starb nicht allein der ganze Hühnersegen, sondern es schlug der Blitz in den dort befindlichen Tempel der Cäsaren, so daß alle ihre Bilder die Köpfe verloren, ja selbst den Händen des Divus Augustus entfiel das Scepter.

Vespasian war ein zu einfacher Mensch als daß er nicht ein offnes Auge für den Plunder der irdischen Majestät gehabt haben sollteVgl. die Selbstironie b. Sueton 23 Prima quoque morbi accessione Vae, inquit, puto deus fio. Plinius H. N. II, 7 sieht bei euhemeristischer Ueberzeugung in seiner Apotheose nur einen schuldigen Tribut der Dankbarkeit: Hic est vetustissimus referendi bene merentibus gratiam mos, ut tales numinibus adscribant.. Desto eifriger waren Titus und Domitian, von denen jener für die Consecration des Vaters sorgte und wahrscheinlich auch die Sodales Flaviales stiftete, Domitian den Tempel Divorum Vespasiani et Titi am Fuße des Capitolinischen Tabularium erbaute, denselben von welchem noch die drei Säulen vorhanden sind, und aus dem Privathause des Vaters, in welchem er selbst geboren war, ein templum Gentis Flaviae machte, welches zugleich Familienbegräbniß und Familienheiligthum sein sollteBecker S. 586, meine Regionen S. 135. Vgl. Sueton Vespas. 1, 12.. So suchte sich auch diese Familie zur religiös und mythologisch geweihten Dynastie zu constituiren, wobei es nicht an Genealogen fehlte die mit dem Stammbaum des Vespasian, der sabinischen Ursprungs und aus der Gegend von Reate gebürtig war, bis auf Hercules und seine Begleiter zurückgingen. Domitian, der sich schon ganz als orientalischer Despot betrug, wollte als solcher auch persönlich mit großem Glanze der Statuen, vielen Opfern an seinen Genius und jener Profusion von Ehrenbogen, langen Dedicationstiteln, Lobgedichten und Schmeicheleien sowohl im Senate als bei allen öffentlichen Schauspielen gefeiert sein, in welcher diese Zeit das Aeußerste leistetePlinius giebt Panegyr. 52 ff. eine lebhafte Schilderung dieses Unwesens, welches auch dem Tacitus so manchen Seufzer entlockt. Vgl. die Adulationen des Statius und Silius Ital. Pun. III, 594 ff.. Nach seinem Tode wurde seine Consecration von den Soldaten gefordert, aber noch war der Senat zu mächtig als daß eine Consecration von Militärdespoten im offenbarsten Widerspruch mit der öffentlichen Meinung möglich gewesen wäre. Vielmehr war der nächste Divus Nerva, den sein Adoptivsohn Trajan dazu erhobAußer seinem Adoptivvater consecrirte Trajan auch seinen wirklichen Vater, welcher unter Vespasian mit großer Auszeichnung gegen die Parther gedient hatte. Dies ist der Divus Pater Traianus auf Münzen, s. Eckhel D. N. VI, p. 433. Vermuthlich wurden beide in einem gemeinschaftlichen Tempel auf dem Forum Traiani verehrt, vgl. Spartian Adr. 18 und von Trajans eigner Consecration ib. 6. Bei derselben wurden seinem letzten Feldzuge zu Ehren Parthische Spiele gestiftet, welche nach dem Kal. Constant. von seinem Geburtstage d. 18. Sept. an 5 Tage lang als ludi triumphales Divi Traiani gefeiert wurden, vgl. Eckhel p. 441., während dieser selbst nur die einfachsten 780 und unvermeidlichen Auszeichnungen sich gefallen ließ, nach seinem Tode aber von seinem Nachfolger Hadrian und dem Senate wetteifernd mit allen Ehren der Apotheose bedacht wurde. Der unstete und wunderliche, mehr griechisch als römisch gesinnte Hadrian wäre ohne die dringende Fürbitte des Antoninus Pius beim Senate nicht consecrirt wordenSpartian Adr. 25, Dio LXX, 1. Antoninus P. weihte ihm einen eignen T. auf seinem Forum, der jetzigen Piazza Colonna. In Puteoli, wo Hadrian gestorben war, wurde ihm von Antoninus ein Tempel, pentaeterische Spiele und eine Sodalität gestiftet, ja sogar Puteoli nach ihm benannt Colonia Flavia Augusta Puteoli, s. Mommsen I. N. 2487. 2536.. Die folgenden Kaiser bildeten unter dem Namen der Antonine bis Caracalla auch im Culte der Divi eine zusammenhängende Gruppe: eine Folge der außerordentlichen Popularität, deren sich die beiden ersten Antonine erfreuten, welche nicht allein gleich nach ihrem Absterben vom Senat mit seltner Einstimmigkeit zu Guten Göttern erhoben, sondern mit der Zeit in der Vorstellung der späteren, durch so manche schwere Heimsuchung bedrängten Generationen zu wahren Idealbildern einer friedlichen, frommen und gerechten Regentengröße verklärt wurden. Namentlich war Marcus trotz seiner persönlichen Schwächen der Liebling seines Zeitalters und der Abgott der späteren Geschlechter, wozu der philosophische Heiligenschein seines Andenkens viel beigetragen hat, denn der Cultus der Philosophie stand damals in seiner Blüthe und Marcus war eine Art von Ideal eines stoischen und ascetischen Weisen, wie es diese Zeit mit vielen Seufzern und Gebeten suchte. Auch die Regierung des abscheulichen Commodus trug dazu bei die Popularität der beiden früheren Antonine zu verstärkenMan machte es dem Commodus zum Vorwurf daß er den Namen des Hercules dem der Antonine vorgezogen habe, s. Lamprid. Antonin. Diadum. 7. Der T. des Antoninus Pius und seiner Gemahlin Faustina hat sich bekanntlich in der K. S. Lorenzo in Miranda am Forum erhalten. Der des Marcus Anton. lag auf Piazza Colonna, s. meine Regionen S. 175, vgl. Brunn tempio creduto di M. Aurelio etc. Ann. d. Inst. 1852 p. 338–345, Monum. V t. XL., daher Septimius Severus es für gerathen 781 hielt sich in das Geschlecht der Antonine sogar gewaltsam einzudrängen. Er machte sich nehmlich, obwohl Marcus bereits vor 15 Jahren gestorben war, aus eigner Machtvollkommenheit zum Adoptivsohne desselben, so daß nun Commodus sein Bruder wurde, also auch Divus werden mußte, was Septimius mit seinen Soldaten dem Senate jetzt kurzweg über den Kopf nahmVgl. Dio LXXV, 7, Spartian 11 primusque inter milites Divum Commodum pronuntiavit, und dens. Geta 2, Severus habe gewollt ut omnes deinceps principes quemadmodum Augusti, ita etiam Antonini dicerentur, amore Marci, quem fuisse vel fratrem suum dicebat et cuius philosophiam literarumque institutionem imitatus est. Septimius Sev. und Caracalla rechneten sich in Folge dieser Anknüpfung ganz gemüthlich zu demselben Geschlechte wie die früheren Kaiser seit Nerva.. Derselbe Scandal wiederholte sich beim Tode des Caracalla. Obgleich offenkundiger Mörder seines Bruders und ein arger Sünder in jeder Hinsicht wurde er dennoch mit Rücksicht auf die Soldaten zum Divus erhobenSpartian Carac. 11, Geta 2, vgl. Dio LXXVIII, 9 und Eckhel D. N. VII p. 219.. Hatte er doch selbst mit brutaler Verspottung der Ceremonie, als sie auf den ermordeten Bruder angewendet wurde, von diesem gesagt: Sit Divus dum non sit vivus. Auch der kaiserliche Schandbube aus Emesa verdankte seine Erhebung auf den Thron vornehmlich der außerordentlichen Popularität des Namens der Antonine auch bei den SoldatenDio LXXIX, 1, vgl. Iul. Capitolin. Opil. Macr. 3, Lamprid. Antonin. Diadum. 1 und 6 et fuit quidem tam amabile illis temporibus nomen Antoninorum, ut qui eo nomine non niteretur, mereri non videretur imperium. Spartian Carac. 9 ita enim nomen Antoninorum inoleverat, ut velli ex animis hominum non posset, quod omnium pectora velut Augusti nomen obsederat., obwohl er es in kurzer Zeit dahin brachte daß sein eigner Vetter Alexander Severus nicht mehr Antoninus heißen mochteDaher auch die zu seiner und seiner Mutter Verehrung eingesetzten Sodales nicht mehr Antoniniani, sondern Alexandrini genannt wurden, s. Lamprid. Al. Sev. 9. 10. 62. Doch dauerte die religiöse Glorie der Antonine, namentlich des Marcus, ungetrübt fort, sowohl im Volke als bei den Kaisern, s. Iul. Capitolin. M. Antonin. 18. 19, Lamprid. Heliog. 2.. Noch die Kaiser der letzten Militärperiode wurden, wenn sie es nicht gar zu arg gemacht hatten, nach ihrem Tode regelmäßig zu Divis erhoben; auch tauchte mit dem in Rom außerordentlich beliebten Kaiser Claudius noch einmal der Cultus der Gens Flavia auf, bei welchem später die Constantine anknüpftenTrebell. P. Claud. 3, Victor de Caes. 40.. Selbst Constantin d. Gr. und sein Sohn Constans, 782 ja noch Valentinian wurden nach ihrem Tode consecrirt und Divi genannt, nur in einer dem Christenthum angepaßten Form und in einem andern SinueEckhel D. N. VIII p. 92. 473. Vgl. Tertull. ad Scapulam 2 Colimus ergo et imperatorem sic quomodo et nobis licet et ipsi expedit, ut hominem a Deo secundum et quicquid est a Deo consecutum et solo Deo minorem..

Versuchen wir uns die allgemeinen Grundzüge des Kaisercultus zu vergegenwärtigen, sowohl der regierenden als der verstorbenen, so blieb zunächst der Cultus des Genius eines jeden regierenden Kaisers, wie sie sich im Sinne der römischen Religion von selbst verstand und seit August herkömmlich geworden war (S. 571), immer eine Hauptsache. Eben so natürlich war die Geburtstagsfeier des Kaisers, welche auch im Orient allgemein war und auch hier mit dem Cultus des Genius eng zusammenhängtPlato Alcib. I p. 121 C βασιλέως γενέϑλια ἅπασα ϑύει καὶ ἑορτάζει ἡ Ἀσία, vgl. Herod. I, 133 und Theopomp. b. Athen. VI p. 252 B, Letronne Recueil des Inscr. de l'Egypte I p. 82. In Rom wurden seit Cäsar und August die Geburtstage der regierenden und verstorbenen Kaiser und gewöhnlich auch die der Mitglieder des kaiserlichen Hauses gefeiert, in allen Ständen und durch das ganze Reich, s. Marquardt R. A. IV S. 221. Bei den Griechen sind zu unterscheiden τὰ γενέϑλια und τὰ γενέσια d. h. der Todestag, der Tag der Verklärung, welcher gleichfalls in Rom oft gefeiert wurde, s. Dio LIX, 24, LX, 5.. In Rom pflegte außer diesem natürlichen Geburtstage der Tag des Regierungsantritts (natalis imperii) feierlich begangen zu werden, beide mit Geschenken, Opfern und SpielenIul. Capitolin. Pertin. 15 Circenses et imperii natales additi sunt, qui a Severo postea sublati sunt, et genethliaci, qui manent, weil nehmlich die Geburtstage der Divi immer Festtage blieben. Vgl. Gothofr. ad Cod. Theod. II, 8, 2.. Dazu kamen noch jene von August auf das Kaiserthum und den regierenden Kaiser überhaupt übergegangenen Feste und die regelmäßigen Vota für das Wohl des Kaisers und des kaiserlichen Hauses, welche gleichfalls aus der Zeit des August stammten, aber allmälich zu einer drückenden Last für das ganze Reich wurdenEckhel D. N. VIII p. 473 sqq.. August war wirklich ein Retter in der Noth und Wiederhersteller des Friedens und einer bessern Ordnung; daher man sich während seiner Regierung in Aufmerksamkeiten aller Art erschöpfte und bei jeder außerordentlichen Veranlassung, Heimkehr, Genesung u. s. w. seine Theilnahme durch Geschenke und Gelübde zu erkennen gab. Dazu kamen die regelmäßigen Veranlassungen, namentlich beim Jahresanfange d. h. am 783 3. Januar, wo alle Stände, alle priesterlichen Collegien mit den öffentlichen Beamten und Priesterthümern in Gelübden wetteifertenTertull. de cor. 12 Ecce annua votorum nuncupatio quid videtur? Prima in principiis (nehmlich der castra), secunda in capitoliis. Accipe post loca et verba: Tunc tibi Iupiter bovem cornibus auro decoratis vovemus esse futurum. Vgl. oben S. 162. Beispiele geben die Acta fr. Arvalium.. Ferner die vota decennalia, quinquennalia, quindecennalia u. s. w., welche gleichfalls aus der Regierung des August stammen, da dieser im J. 27 v. Chr. die Miene machte als ob er die Republik herstellen wollte und sich nur durch die dringendsten Vorstellungen des Senats bewegen ließ, die absolute Gewalt von neuem auf zehn Jahre zu übernehmen; daher seitdem die gesetzliche Bestätigung seines Imperium und dabei auch feierliche vota decennalia immer auf dieselbe Frist wiederholt wurden, auch unter Tiberius, wo diese Feierlichkeit schon zur bloßen Form geworden war, wie unter den spätern KaisernDio LIII, 13, LVII, 24, LVIII, 24.. Die Quinquennalia waren eine Art von mittler und geringerer Feier der Decennalia, woraus mit der Zeit Vota XV, XXV, XXXV entstanden. Immer pflegten diese Gelübde gleich nach dem Regierungsantritt eines Kaisers zuerst ausgesprochen und darauf von zehn zu zehn, später von fünf zu fünf Jahren zugleich gelöst und von neuem ausgesprochen zu werdenPlin. ad Traian. ep. X, 44 Solennia vota pro incolumitate tua, qua publica salus continetur, et suscipimus Domine pariter et solvimus, precati deos ut velint ea semper solvi semperque signari., und immer waren sie mit Opfern, prächtigen Spielen, kostbaren Geschenken verbunden, aus welchen mit der Zeit drückende Steuern wurden, welche namentlich die Provinzen außerordentlich beschwerten. Außer diesen einzelnen Festen, Jahrestagen und Zeitabschnitten wurden hin und wieder wohl auch ganze Monate den Kaisern geweiht d. h. nach ihnen benannt, gleichfalls nach dem Vorbilde des Cäsar und August, wie schon dem Tiberius ein gleicher Antrag gemacht wurde und später die Schmeichelei unter Nero, Domitian und Commodus auch darin das Aeußerste leisteteUeber den Julius und August s. Macrob. Sat. I, 12, 34. 35. Unter Tiber wollte man den September Tiberius, den October Livius nennen, doch gab er es nicht zu, Sueton. 26. Unter Nero hießen der April, Mai, Juni eine Zeitlang Neroneus, Claudius, Germanicus, Tacit. A. XV, 74, XVI, 12, unter Domitian der September Germanicus, der October Domitianus, Sueton. 13, Plut. Numa 19, Macrob. I, 12, 36. Antoninus Pius lehnte wieder eine Aenderung der Namen September, October in Antoninianus und Faustinianus ab, dahingegen unter Commodus die ganze Folge vom Januar bis December neue Namen bekam, s. Capitolin. Antonin. P. 10, Dio LXXII, 15, Lamprid. Comm. 11. c. intpp. Endlich unter Tacitus bekam der September diesen Namen, Vopisc. 13.. Ein 784 allgemeiner Ausdruck für die übernatürliche persönliche Würde des Kaisers blieb der Titel Augustus und die Attribute numen und maiestas, neben welcher ihm bald auch aeternitas zugeschrieben wurdePlinius redet in seinen Briefen den Traian nicht selten an: aeternitatem tuam, vgl. Horat. Od. I, 2, 45 serus in caelum redeas diuque laetus intersis populo Quirini und Ammian M. XV, 1, 3. Dem numen Augusti oder den numinibus Augustorum wurden häufig Altäre und öffentliche Denkmäler gewidmet, s. Marini Atti Arv. p. 92, Boissieu Inscr. de Lyon p. 52.. In seinem persönlichen Auftreten drückte sich dieselbe Würde durch die Strahlenkrone (corona radiata) aus, welche eigentlich nur den Göttern gebührte, aber im Oriente z. B. von den Königen Syriens schon früher getragen, also nach diesem Beispiel in Rom zuerst dem Cäsar im Theater zu tragen erlaubt wurdeFlorus IV, 2, 91, Dio XLIV, 6, vgl. Sueton. Octav. 94. In Syrien erscheint Antiochus IV als Θεὸς mit dieser Krone. Virgil Aen. XII, 102 sagt vom Könige Latinus: cui tempora circum aurati bis sex radii fulgentia cingunt, Solis avi specimen. Vgl. Eckhel D. N. VI p. 268 und über den Nimbus, welcher erst auf den Münzen der Nachfolger Constantins eine regelmäßige Zierde des Kopfes wird, Ders. VIII p. 502 und Grimm D. M. 300. Es ist der von innen ausstrahlende Glanz, wie einige Schmeichler dem Commodus wegen seines schönen, in der Sonne strahlenden Haares das Compliment machten, αἴγλην τινὰ οὐράνιον περὶ τὴν κεφαλὴν συγγεγενῆσϑαι αὐτῷ, Herodian I, 7.. Nero ist der erste Kaiser welcher sich auf seinen Münzen mit dieser Krone abbilden läßt, die immer häufiger mit dem Lorbeerkranze, dem sonst gewöhnlichen Kopfschmucke der Kaiser abwechselt, bis anstatt ihrer der Nimbus erscheint, zuerst auf einer Münze des Antoninus Pius. Eben so wurde die griechische Sitte die Statuen verdienter Personen bei oder in den Tempeln der Götter aufzustellen, seit Cäsar auf alle Kaiser angewendet, wie diese Bilder auch bei öffentlichen Processionen, namentlich der der römischen Spiele, im Circus neben denen der Götter und der verklärten Divi zu erscheinen pflegten; ja es wurde schon unter Tiberius Sitte bei solchen Statuen zu opfern und seine Andacht zu verrichten, so daß später nur noch in der Zahl und dem Werthe derselben, wie sie namentlich auf dem Capitol aufgestellt wurden, eine Auszeichnung bestandUeber Cäsar s. Sueton 76. Tiberius erlaubte Bilder von ihm selbst nur unter der Bedingung aufzustellen, ne inter simulacra deorum, sed inter ornamenta aedium ponerentur. Doch opferte man bei seinen Statuen und denen Seians, Dio LVIII, 31, Sueton. Tib. 65, und jede Art von Profanation des kaiserlichen Bildes, auch auf Münzen, Ringen u. s. w. wurde aufs strengste geahndet. Unter Domitian ward der Luxus und die Tyrannei dieser Idololatrie aufs höchste getrieben, während Traian, obgleich sonst in dieser Hinsicht sehr anspruchslos, doch auch Adoration seines Bildes forderte, s. Plin. ep. X, 67, Panegyr. 52. Vgl. Spartian Carac. 5 und Gothofr. Cod. Theodos. XV, 4, 1.. Außerdem dachte man 785 sich natürlich den Kaiser in dem speciellen Schutz aller Götter, speciell des Jupiter stehend, daher es bald sehr gewöhnlich wurde die Götter mit besondrer Beziehung auf den Augustus und die Domus Augusta zu verehren und zu benennen; oder aber die Kaiser identificirten sich selbst mit den Göttern, so daß sie sich in ihrem Costüme abbilden ließen oder persönlich in demselben auftraten und eine entsprechende Verehrung forderten. Noch häufiger als bei den Kaisern wurde diese Art von Adulation bei den Kaiserinnen beobachtet, welche namentlich in Bildern und auf den öffentlichen Monumenten mit den verschiedensten Attributen als Iunones, Cereres, Veneres, auch als Vesta, Concordia, Fecunditas, Pudicitia u. s. w. verehrt wurden, wie die Frauen denn auch bei der Juno der Kaiserin zu schwören pflegten, wie die Männer bei dem Genius des Kaisers. Ein andres, seit der Zeit der Antonine wiederholt erwähntes Symbol der kaiserlichen Majestät, daß vor dem Kaiser und der Kaiserin, wenn sie öffentlich erschienen, ein Feuer getragen wurdeNamentlich spricht Herodian wiederholt von diesem Gebrauche, s. I, 8. 16, II, 3, wo Pertinax zuerst aufs Palatium geführt und dort ἐν τῇ βασιλείω ἑστίᾳ geweiht wird (ἱδρύϑη), dessenungeachtet aber am folgenden Morgen weder »das Feuer« vor sich hertragen läßt noch sonst von einem Symbole der kaiserlichen Gewalt Gebrauch macht, vgl. II, 6 und VII, 6., scheint mit dem von Augustus eingeführten Vestadienste im Palatium (S. 549) zusammenzuhängen, indem dieser Heerd im kaiserlichen Palaste und das auf ihm lodernde Feuer auf dieselbe Weise zum Symbole der höchsten Reichsgewalt geworden war, wie der Heerd und das Feuer im alten Vestatempel die Seele der alten römischen Staatsgemeinschaft bedeutet hatte. Der Titel Dominus wurde zuerst von Caligula und Domitian geduldet, die Adoration (προσκύνησις) nach orientalischer Weise forderte zuerst Diocletian, welcher sein persönliches Auftreten und den Ornat der Kaiser überhaupt ganz nach dem Vorbilde des orientalischen Sultanismus modelteVictor Caesar 39, 4. Dominatus ist wesentlich Despotie d. h. das Verhältniß des Herrn zu seinem Sklaven, s. Marini Att. Arv. p. 688, Eckhel D. N. VIII p. 365. Schon unter Aurelian heißt es auf den Münzen: Deo et Dominato Nato (S. 755.) und Nostro, seit Diocletian ist D. N. d. h. Dominus Noster die gewöhnliche Aufschrift. Die Adoration war im Orient etwas Altes. Bei den Römern mag zunächst die Sitte der Parther das Vorbild gewesen sein, s. Sueton. Calig. 14, Dio LXIII, 4, Herodian IV, 11 u. A..

786 Die verstorbenen und consecrirten Kaiser hießen als solche Divi, welches Wort seit Cäsar und August speciell in diesem Sinne gebräuchlich warTacit. Ann. XV, 74, Serv. V. A. V, 45, XII, 139. Das Wort deus wird nur ausnahmsweise von einem consecrirten Kaiser gebraucht, z. B. auf Münzen von Tarraco von August und b. Plin. Paneg. 11. und von den Griechen durch Θεοὶ übersetzt wird. Es wurden sowohl Kaiser als Kaiserinnen nach ihrem Ableben zu Göttern erhoben, würdige und unwürdige, wie dieses und das ganze System der Adulation gegen die Kaiser schon von den Alten oft mit Bitterkeit gerügt wirdTacit. A. XIV, 64 sagt von der Zeit Neros, man dürfe von ihr immer voraussetzen, quotiens fugas et caedes iussit princeps, totiens grates deis aetas. Vgl. Victor de Caesar. 33, 25 Quin etiam aliquanti – in caelestium numerum referuntur aegre exsequiis digni und Pausan. VIII, 2, 2.. Beispiele der Divae sind nach der Diva Augusta besonders Plotina, die Gemahlin Trajans und Marciana und Matidia, seine Schwester und Nichte, welche auch in Rom und anderswo durch Tempel und andre Stiftungen ausgezeichnet wurdenDie nächste Diva nach der Diva Augusta war Drusilla, die Schwester des Caligula, Dio LIX, 11, wo die Ehren genauer aufgezählt werden. Auch auf diese Culte wurde sehr streng gehalten, s. Tacit. A. XVI eiusdem animi est Poppaeam Divam non credere, cuius in acta Divi Augusti ei Divi Iuli non iurare. Plotina wurde vermuthlich neben Trajan verehrt, über den Cult der Matidia und Marciana s. meine Regionen S. 175, vgl. Mommsen I. N. 4018. 4022. 4029–31. 4055., ferner die beiden Faustinen, die ältere als Gemahlin des Antoninus Pius und die jüngere, die des Marcus Antoninus, welche trotz ihres liederlichen Lebens nach ihrem Tode gleichfalls zur Göttin erhoben wurde, desgleichen die Frauen der syrischen Dynastie, Iulia Domna, Mammaea u. a. Der gewöhnliche Verlauf der Consecration war der, daß der Nachfolger oder Sohn eines verstorbnen Kaisers (der Gemahl oder Sohn einer verstorbnen Kaiserin) beim Senat darauf antrug und dieser dann die Apotheose beschloß und diesen Beschluß zugleich näher formulirteS. oben S. 138, 212 vgl. Prudent. c. Symm. 1, 223 ff., 249 ff. Auch auf den Consecrationsmünzen ist oft hinzugesetzt EX.S.C. Auf die genauere Form solcher Beschlüsse deuten Angaben wie die b. Spartian Adr. 6, Capitolin. Anton. P. 13, M. Anton. 18 u. a.. In Ausnahmefällen, z. B. bei der gegen Wunsch und Willen des Senats befohlenen Consecration des Commodus und in ähnlichen Fällen, hatte diese wenigstens auf die Dauer keine Folge, da solche Divi gewöhnlich später wieder beseitigt wurden. Der Ritus der Consecration wird bei verschiedenen Gelegenheiten ausführlich beschriebenDio LVI, 34 ff., LXXIV, 5 von der des August und Pertinax, Herodian IV, 2 von der des Septimius Sev. Daneben sind die Consecrationsmünzen wichtig, s. Eckhel D. N. VIII p. 465 sqq.. Er 787 ist dem orientalischen Ritus der Verbrennung des Hercules entlehnt und in derselben Weise ohne Zweifel schon von den Griechen nach Alexander bei der Bestattung und Apotheose fürstlicher Personen angewendet wordenVgl. über die Pyra des assyrischen Hercules O. Müller Kl. d. Schriften 2, 102 ff., über die des Hephästion Diod. XVII, 115, die des älteren Dionysius Athen. V p. 206.. In Rom sind die Gebräuche von der Consecration des August bis zu der des Septimius Sev. und späterer Kaiser im Wesentlichen dieselben geblieben. August starb den 19. Aug. des J. 14 in Nola, daher der Leichnam erst nach Rom gebracht werden mußte. Hier erfolgte am 17. Septbr. im Senate der Beschluß der »himmlischen Ehren« d. h. eines Tempels und Cultus, eigner Spiele und der Sodales AugustalesKal. Amitern. 17 Sept. Fer. ex S. C. quod eo die Divo Augusto honores caelestes a Senatu decreti etc. Tacit. A. I, 10 ceterum sepultura more perfecta templum et caelestes religiones decernuntur. Vgl. VI, 18. XII, 69.. Vorher aber mußten die sterblichen Reste vertilgt und die Apotheose symbolisch dargestellt werden. Es wurde also zunächst der Leichnam wie gewöhnlich ausgestellt, doch so, daß der wirkliche Leichnam verborgen blieb und nur ein Wachsbild des Verstorbnen sichtbar war, mit welchem bei der Bestattung des Pertinax und des Septimius Sev. sogar die letzten Tage der Krankheit noch einmal sinnbildlich aufgeführt wurdenDas Wachsbild auf dem Paradebette scheint eine ältere Bestattungssitte zu sein, s. Tacit. A. III, 5. Für die Ausstellung der kaiserlichen Leiche war vermuthlich das Pentapylum in der Nähe des Palastes bestimmt, s. meine Regionen S. 183.. Dann folgt die Bestattung mit prächtigem Gefolge, indem sich der Zug zunächst aufs Forum begab wo die übliche laudatio gesprochen wurdeBeim Leichenbegängnisse des Sever singen zwei Chöre von Knaben und Mädchen Lobgesänge und Klagelieder auf den Verstorbenen., dann durch das Marsfeld zum Bustum. Hier wird die Bahre auf einen in Form einer Pyramide von mehreren Stockwerken errichteten Scheiterhaufen gesetzt, welcher auf den Consecrationsmünzen oft zu sehen istBei Dio heißt es von dem Scheiterhaufen: πυργοειδὴς τρίβολος, ἐλέφαντι καὶ χρυσῷ μετ’ ἀνδριάντων τινῶν κεκοσμημένη. Herodian vergleicht den Totaleindruck mit dem eines Pharos. Es waren 4 Stockwerke, in das zweite wurde die Bahre gesetzt, aus dem obersten schwingt sich der Adler empor, ὅς φέρειν ἀπὸ γῆς ἐς οὐρανὸν τὴν τοῦ βασιλέως ψυχὴν πιστεύεται ὑπὸ Ῥωμαίων, vgl. Dio vom Leichenbegängnisse des August: καὶ ἡ μὲν (πυρὰ) ἄνηλίσκετο, ἀετὸς δέ τις ἐξ αὐτῆς ἀφεϑεὶς ἀνίπτατο ὡς δὴ τὴν ψυχὴν αὐτοῦ ἐς τὸν οὐρανὸν ἀναφέρων. Daher auf den Consecrationsmünzen und entsprechenden Reliefs z. B. denen der Antoninussäule die Vorstellung wie die verklärten Divi oder Divae von Adlern oder geflügelten Genien zum Himmel emporgetragen werden, vgl. Artemidor Oneirocr. II, 20 ἔϑος παλαιὸν ἀποϑνήσκοντας τούτους (Könige u. dergl.) πλάσσειν τε καὶ γράφειν ἐπ’ ἀετῷ ὀχουμένους. Auf den Münzen der Divae erscheint der Pfau nicht selten als Symbol der Nova Iuno, auch er bisweilen die Verklärte emportragend. Oder die Kaiserin wird von einer Victoria zum Himmel geführt oder als verklärte Mondgöttin gedacht, z. B. die jüngere Faustina auf den M. mit den Worten sideribus recepta. Vor der Verbrennung des Scheiterhaufens werden nach alter Sitte allerlei Umzüge, kriegerische Tänze u. s. w. um denselben angestellt, vgl. Virgil Aeneis XI, 188.. Bei demselben wird dem 788 Verstorbenen durch die geistlichen und weltlichen Behörden, die Ritter, die Leibwache u. s. w. durch Umzüge und Spenden die letzte Ehre erwiesen und darauf der Scheiterhaufen in Brand gesteckt. Während dieser verbrennt schwingt sich aus der Spitze des Scheiterhaufens ein Adler zum Himmel empor, eine sinnbildliche Darstellung der auffahrenden Seele, welche man von nun an unter den Göttern heimisch dachte; ja bei der Bestattung des Augustus fand sich sogar ein Senator, Numerius Atticus war sein Name, welcher eidlich aussagte daß er den Verstorbenen genau so wie Romulus habe zum Himmel fahren sehn, wofür er von der Livia mit einer ansehnlichen Summe Geldes honorirt wurdeDio LVI, 46. Derselbe Meineid und dieselbe Belohnung wiederholte sich bei der Consecration der Drusilla, Dio LIX, 11.. Darauf wurde der Cultus eingerichtet, ganz wie bei jeder Stiftung eines neuen Gottesdienstes. Zunächst wurde der Tempel gestiftet und erbaut, in demselben ein Pulvinar für die Supplicationen, Altäre für die Opfer eingerichtet, ein Flamen eingesetzt, der Verklärte als Divus Pater, als hülfreicher Schutzgott der Römer verehrt und im Bilde dargestelltAugustus heißt auf einer Münze des Tiber Divus Pater Augustus, daher er hin und wieder Iupiter Deus genannt wird, Eckhel D. N. VI p. 127. Auf Münzen und andern Denkmälern erscheint er mit der corona radiata und den Nebenzeichen des Blitzes oder eines Sterns, s. Lucan VII, 457 bella pares Superis facient civilia Divos, fulminibus Manes radiisque ornabit et astris inque deum templis iurabit Roma per umbras. In ganzer Figur abgebildet erscheint er thronend, in der R. einen Zweig, in der L. die Weltkugel oder eine Schaale oder ein Füllhorn haltend. Als Opfer wurden Kälber, Lämmer u. s. w. dargebracht, den Divi männliche, den Divae weibliche Thiere, vgl. Prudent. c. Symm. I, v. 245–50. Hunc morem veterum docili iam aetate secuta Posteritas mense atque adytis et flamine et aris Augustum coluit, vitulo placavit et agno, strata ad pulvinar iacuit, responsa poposcit. Testantur tituli, produnt consulta Senatus Caesareum Iovis ad speciem statuentia templum. M. Antonin wurde nach seinem Tode als Propitius Deus angerufen, Iul. Capitolin. 18.. Weiter wurden jährliche oder 789 in größeren Zeitabschnitten sich wiederholende Feste, circensische und scenische Spiele u. dgl. mehr beschlossen, je nachdem sich der Verstorbene mehr oder weniger um die Stadt und den Staat verdient gemacht hatte. Endlich erfolgte gewöhnlich auch die Einsetzung eigner Sodales, wie diese gleichfalls zuerst zur Verherrlichung des Divus Augustus beliebt und nach diesem Vorbilde später gewöhnlich bei neuen Consecrationen geschlechterweise wiederholt wurden, so daß die Sodales Flaviales für den Cult der consecrirten Flavier, die Antoniniani für den der Divi aus der Familie der wirklichen und Pseudo-Antonini zu sorgen hattenVgl. über die Fragmente der Fasten dieser Sodalen Borghesi Ann. dell Inst. Arch. III p. 161 sqq. und über die Sodalitäten der Divi überhaupt L. Mercklin die Cooptation der R. S. 167 ff., Marquardt R. A. IV, 429 ff.. Denn immer hatten es diese Sodalitäten mit den Sacris eines ganzen Geschlechts zu thun, der Gens Iulia, Flavia u. s. w., deren sacrale und mythologische Traditionen durch solche Stiftungen fortgepflanzt werden sollten, und immer wurden sie, wie die Luperci, die Fratres Arvales, die Salii in bestimmter Anzahl unter den vornehmsten Männern des Staats gewählt, zu denen die Prinzen des regierenden Hauses als natürliche Mitglieder eines solchen Vereins hinzutraten. Auch die so häufig auf Inschriften erwähnten Augustales und Seviri Augustales hängen höchst wahrscheinlich mit dieser neuen Stiftung zusammenA. W. Zumpt de Augustalibus et Seviris Aug. B. 1846, Marquardt in der Zeitschr. f. A. W. 1847 n. 63–65, R. A. III, 1, 375 ff, Henzen Zeitschr. f. A. W. 1848 n. 25–27 und 37–40.. Wenigstens wissen wir daß sich neben jenen von Staatswegen zu Ehren des Divus Augustus und der Gens Iulia eingesetzten Sodalen zahlreiche Privatvereine für den Cultus des August in und außerhalb Rom gebildet hattenTacit. 4. 1, 73 inter cultores Augusti, qui per omnes domus in modum collegiorum habebantur. Victor de Caes. 1 Hincque uti Deo Romae provinciisque omnibus per urbes celeberrimas vivo mortuoque templa, sacerdotes et collegia sacravere. Eins der ältesten Beispiele eines solchen Collegiums der Augustalen ist das von Veji bei Or. n. 4046, ein noch älteres vom J. 22 n. Chr. ist von Henzen nachgewiesen worden. Schon unter Tiberius hatten diese Vereine sich von Rom aus über Italien und weiter verbreitet. Der Unterschied der Seviri Augustales und der Augustales schlechthin scheint auf der innern Organisation dieser Collegia zu beruhn; zu bemerken ist daß in Unteritalien gewöhnlich nur Augustalen genannt werden, in Oberitalien und Gallien nur Seviri, im mittleren Italien dagegen Seviri und Augustales neben einander. Wie Oberitalien sich durch die Menge seiner Augustaldenkmäler überhaupt als sehr eifrig im Dienste der Divi erweist, so werden in diesen Gegenden auch mehr als anderswo besondre Collegia der Claudiales und Flaviales genannt. Uebrigens würden sich auch hier die Vereine der Attalisten, Eupatoristen, Basilisten u. s. w. in Asien und Aegypten vergleichen lassen, s. Letronne Recueil I p. 390.: aus welchen Vereinen in den 790 Municipien mit der Zeit ein besondrer Stand der Augustalen entstanden zu sein scheint, welcher als municipaler Mittelstand ungefähr dem römischen Ritterstande entsprach, wie der municipale Decurionenstand dem römischen Ordo Senatorius. Mithin wurde dieser neue Cult des Divus Augustus und der Divi überhaupt für einen großen Theil des Reichs zugleich zu einem neuen socialistischen Principe; denn ohne Zweifel war auch bei diesen Privatvereinen die religiöse Verehrung des Divus Augustus oder der übrigen Divi der Anfang und die Hauptsache des VereinsVgl. die Inschrift aus Petelia in Calabrien bei Or. n. 3678 und Zumpt l. c. p. 45. Auch die Inschrift bei Henzen S. 215 beweist daß der Cultus eine Hauptsache war und blieb: D. M. Q. Inst(eio) Diadumeno Augustali. Coluit annis XXXV, vixit annis LXXXIIII etc., so daß sich die weitere corporative Verfassung und Verpflichtung der Mitglieder zu gemeinschaftlichen Opfern, Mahlzeiten, Geldbeiträgen u. s. w., zuletzt der eigne Stand der Augustalen, aus jenem religiösen Princip erst allmälich weiter entwickelt haben kann. Noch andre Ehren der Divi, durch welche sie den übrigen Göttern des römischen Staats gleichgestellt wurden, war die Folge ihrer Bilder bei der großen Procession der Römischen Spiele und ähnlichen Gelegenheiten auf eigenen, gewöhnlich von Elephanten gezogenen ProcessionswagenL. Friedländer bei Marquardt IV, 500. 501. Daher auf den Consecrationsmünzen des August, des Claudius, Vespasian u. A. die von 2 oder 4 Elephanten oder Pferden gezogene tensa mit dem Bilde des Divus, der hier gewöhnlich eine Hasta, eine Victoria o. a. in den Händen trägt. Vgl. Sueton. Claud. 11 Aviae Liviae divinos honores et circensi pompa currum elephantorum Augustino similem discernendum curavit, die Consecrationsmünzen der Diva Iulia Augusta (d. T. des Titus), Iul. Capitolin. M. Anton. 21, Dio LXXIV, 4 u. a. Dagegen durfte kein Bild eines Divus bei einem Leichenbegängnisse erscheinen., ihre Anrufung bei feierlichen Gelegenheiten und in den Gesängen der Salier, der Eidschwur bei ihnen, wo gewöhnlich der Genius des regierenden Kaisers zuletzt genannt wurdeVgl. oben S. 545, 1422. So wurden die Numina Divorum auch bei Verwünschungen angerufen. Diese Eides- und Gebetsformeln führten von selbst zu officiellen Verzeichnissen der Divi, mit Ausscheidung solcher die es nicht sein sollten, s. Dio LIX, 9 und LX, 4 von Caligula: καὶ διὰ τοῦτο τὸ μὲν ὄνομα αὐτοῦ οὐκ ἔστιν ἐν τῷ καταλόγῳ τῶν αὐτοκρατόρων ὧν μνήμην ἐπί τε τοῖς ὅρκοις καὶ ἐπὶ ταῖς εὐχαῖς ποιούμεϑα, ὥσπερ οὐδὲ τὸ τοῦ Τιβερίου. LXXIV, 4, wo Septimius Sev. den Pertinax zum Divus macht u. a. befiehlt, τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐπί τε ταῖς εὐχαῖς ἁπάσαις καὶ ἐπὶ τοῖς ὅρκοις ἅπασιν ἐπιλέγεσϑαι., bei den verdienteren, z. B. bei 791 August und Trajan, auch eigne Spiele. Außer den Tempeln der einzelnen Divi oder einer bestimmten Familiengruppe derselben gab es in Rom auch verschiedene templa Divorum d. h. solche in denen alle Divi, so viele sich nehmlich auf die Dauer als solche behauptet hatten, gemeinschaftlich verehrt wurdenEine Porticus Divorum stiftete Domitian, eine Auswahl der Divi verehrte Alex. Sev. in seinem Lararium, s. Lamprid. 30. Eigne Tempel der Divi kennen wir drei: 1) das Caesareum im Haine der Dea Dia, wo die fratres Arvales die Divi verehrten. Hier werden unter Commodus 16 Divi gezählt, unter Alex. Sev. 20, s. Marini Atti Arv. p. 385 sq. 2) ein t. Divorum in Palatio, s. Marini p. 82, Dio LXXVI, 2 ἐν ταῖς ϑεωρίαις ταῖς ἐν τῷ Παλατίῳ ἥρωσι πεποιημέναις. 3) ein vom Kaiser Tacitus gestiftetes t. Divorum, in quo essent statuae principum bonorum, ita ut iisdem Natalibus suis et Parilibus et Kal. Ianuariis et Votis (3 lan.) libamina ponerentur, Flav. Vopisc. 9, vgl. meine Reg. S. 178. In und außerhalb Rom müssen solche Vereine sehr häufig gewesen sein, namentlich für den Gebrauch der Augustalen, vgl. Or. n. 3787, Mommsen I. N. n. 6828 von denen in Caere. Auch die Divae wurden hin und wieder zusammen verehrt, s. Henzen z. Or. n. 5977. 5978.. Namentlich wurden die Geburtstage von diesen fort und fort sowohl öffentlich als von jenen Sodalitäten und Privatvereinen gefeiert, daher sich verschiedene Verzeichnisse derselben aus späterer Zeit erhalten habenIn dem Kal. Constantii, wo diese Natales regelmäßig angemerkt werden, und in dem in verschiedenen Mss. erhaltnen Verzeichnisse der Natales Caesarum s. Marini Atti p. 387, Mommsen über den Chronogr. v. J. 354 S. 565..

Noch ist übrig von dem Culte der Kaiser, sowohl der regierenden als der verstorbenen, in den Provinzen einen kurzen Begriff zu geben, namentlich von dem bei den Griechen und in dem hellenistischen Asien. Von dem römischen unterscheidet er sich durch noch weit größere Bereitwilligkeit und Mannichfaltigkeit der Adulation, wie diese Gegenden ja, besonders Kleinasien, in solchen Künsten und Huldigungen seit alter Zeit geübt waren. Schon die römischen Proconsuln wurden oft vergöttert, bald sie selbst bald ihre TugendenCic. ad Quint. Fr. I, 1, 10 quoniam in istis urbibus cum summo imperio et potestate versaris, in quibus tuas virtutes consecratas et in deorum numero collocatas vides. So wurde in Rom die Clementia Caesaris vergöttert und später die Tugend, die Sanftmuth, die Gerechtigkeit und Frömmigkeit des August durch ein in der Curie aufgehängtes goldnes Schild gefeiert, s. das Mon. Ancyr. der griech. Uebers., vgl. Iul. Capitolin. Antonin. P. 13. Wie häufig übrigens schon die Vergötterung der römischen Proconsuln war, lehrt Sueton Octav. 52, vgl. Cic. ad Q. fr. I, 1, 9, ad Att. V, 21., eine Art von Apotheose, welche auch in Rom neben der gewöhnlichen und als Motivirung 792 derselben wiederholt vorkommt. Darauf folgten die Zeiten des Cäsar, des Antonius, des August, dessen Sieg bei Actium als die entscheidende Thatsache der neuen Monarchie auch in Griechenland und im Orient viel gefeiert wurde. Nun erhoben sich die Tempel zu Ehren der Dea Roma und des Divus Iulius oder des Augustus mit den dazu gehörigen Spielen, von denen die diesem Paare, der Dea Roma und dem Augustus gewidmeten gewöhnlich Ῥώμαια Σέβαστα heißen, die dem Cäsar gewidmeten ΚαισάρειαVgl. die Inschr. im Corp. I. Gr. n. 3902 b aus Eumenia in Phrygien: ἀναγορεύεσϑαι ἐν τῷ γυμνικῷ ἀγῶνι τῷ εν Περγαμῷ τῶν Ῥωμάιων Σεβάστων –, ὡσαύτως δὲ ἀναγορεύεσϑαι καὶ ἐν τοῖς ἀγομένοις κατὰ πόλιν ἀγῶσι τῶν Καισαρήων.. Namentlich wurden beide, Cäsar und August, viel als Retter in der Noth (Σωτῆρες), als Befreier und hülfreiche Götter verehrt und Augustus als solcher in Aegypten, um welches er sich gleichfalls sehr verdient gemacht hatte, selbst mit dem Titel Ζεὺς Ἐλευϑέριος bedacht, während er in Alexandrien und sonst hin und wieder an den dortigen Küsten als Beschützer der Schiffahrt und unter den Göttern der See angebetet wurdeVgl. die Dedication eines Propyläon der Isis zu Tentyra bei Letronne recueil I, p. 80 sq. und oben S. 773, 2148, C. I. Gr. n. 4443 bei Ägä in Cilicien: Θεῷ Σεβαστῷ Καίσαρι καὶ Ποσειδῶνι Ἀσφαλείῳ καὶ Ἀφροδίτῃ Εὐπλοίᾳ.: so sehr concurrirte damals auf allen Gebieten der Natur und Weltregierung die Furcht vor der irdischen Majestät mit dem Glauben an das unsichtbare Walten der Götter. Auch in Athen, in Sparta und andern Hauptstädten von Griechenland erhoben sich dieselben Altäre und Tempel zu Ehren des Cäsar und August, vor allen in Korinth, welches bekanntlich durch Cäsar wiederhergestellt worden warUeber den T. der Roma und des Augustus auf der Burg von Athen s. Roß Archäol. Aufs. S. 113. In Sparta gab es ein t. Caesaris und ein t. Augusti, Paus. III, 11, 4, in Korinth außer dem Cult des Caesar und dem aus Münzen des August und der Livia bekannten t. der Gens Iulia ein t. Octaviae und ein allen römischen Kaisern gewidmetes Heiligthum, Paus. II, 3, 1; 8, 1. In einer Inschrift aus Ephesus C. I. Gr. n. 2957 heißt Cäsar ϑεὸς ἐμφανὴς καὶ κοινὸς τοῦ ἀνϑρωπίνου βίου σωτήρ.. In Italien aber zeichnete sich vorzüglich Neapel, jetzt die erste Stadt Campaniens und der Sitte nach griechisch, durch jene zu Ehren des August gestifteten Spiele aus, die nach griechischer Weise alle fünf Jahre mit gymnastischen und musischen Schauspielen, auch mit Theater gefeiert und von den berühmtesten griechischen Künstlern und Athleten wetteifernd besucht wurden. Augustus selbst hatte diesen Spielen noch kurz 793 vor seinem Tode präsidirt, und immer blieben diese gleichfalls Ῥώμαια Σέβαστα genannten Spiele, wie später ähnliche zu Ehren des Hadrian gestifteteAuf einer Inschrift bei Corsini Diss. Agon. IV, 14 p. 103 heißen diese Spiele Ἰταλικὰ Ῥώμαια Σέβαστα Ἰσ. Ὀλύμπια, wo Ἰταλικὰ ein älteres Fest sein muß, die Π. Σ. den August angehn, die Ἰσελαστικὰ Ὀλύμπια aber ein Fest zu Ehren eines Einzugs des Hadrian sind, s. die Inschrift aus Salernum vom J. 142 bei Mommsen I. N. n. 104 Imp. Caesari – T. Aelio Hadriano Antonino etc. – constitutori sacri certaminis iselastici., eine wichtige Schule der griechischen Sitte in dieser Gegend von Italien. Neben Augustus wurde Livia viel verehrt, in Smyrna auch neben ihrem Sohne TiberiusTacit. Ann. IV, 15. 37. Θεὸς Σεβαστὸς heißt Tiberius auf M. von Pergamum und Steinen von Mytilene. In Aegypten nannte man ihn νέος Σεβαστός, Θεοῦ Σεβαστοῦ υἱός, Letronne I p. 91 vgl. p. 230, wo Iulia Augusta d. h. Livia als Isis neben ihm genannt wird. Ein flamen Ti. Caesaris Aug. in Surrentum und in Venusia b. Mommsen I. N. n. 718. 2123.. Dann nahm Caligula den großen und prachtvollen Tempel des milesischen Apollo für sich in Beschlag, da, wie er sagte, Ephesus bereits von der Artemis, Pergamum von Augustus, Smyrna von Tiberius besetzt seiDio LIX, 28.; doch war seine Regierung zu kurz um dauernde Merkmale der Schmeichelei zu hinterlassen. Anders war es mit Nero, unter welchem sich in Asien die ersten Spuren des Neocorats zeigen; denn auch diesem Kaiser wurde in Griechenland und Asien auf alle erdenkliche Art geschmeichelt. Zeus Eleutherios heißt er auf einigen Münzen, Apollo und Herakles auf andern wegen seiner agonistischen Bemühungen, welche sein Anhang in Rom mit ähnlichen Huldigungen belohnte, der Welt Heiland (Σωτὴρ τῆς Οἰκουμένης) auf andernEckhel D. N. VI p. 269, vgl. Sueton Nero 53, Dio LXIII, 20..

Später gefiel sich Hadrian ganz außerordentlich in solchen Adulationen der Griechen und der gräcisirten Gegenden, welche aller Orten Tempel seines Namens errichteten. Namentlich machte sich dieser Kaiser um Athen, den alten Mittelpunkt der griechischen Bildung, sehr verdient, daher ihm der von ihm selbst ausgebaute Tempel des Ζεὺς Ὀλύμπιος geheiligt und ein großer Theil der Stadt nach ihm benannt wurdeDio LXIX, 16, Spartian Adr. 12. 18. 19, vgl. Sueton Octav. 60.. Denn auch dieses wurde nach dem Vorgange Alexanders und seiner Nachfolger jetzt im römischen Reiche immer mehr Sitte, ganze Städte nach ihrem kaiserlichen Wohlthäter oder Stifter zu benennen, in welchen Städten dann natürlich der Cultus der Kaiser oder der 794 Kaiserin, die ihnen den Namen gegeben hatte, eine Hauptsache war. Jenen Tempel des Olympischen Zeus hatten schon früher die befreundeten und verbündeten Könige auf gemeinschaftliche Kosten ausbauen und dem Genius des Augustus heiligen wollen. Jetzt erwuchs für Hadrian daraus der Beiname Ὀλύμπιος, daher auch die ihm in Athen, in Asien und in Neapel gefeierten Spiele Olympische genannt wurdenVgl. das Verzeichniß der Olympien bei Krause Olympia S. 204 ff. und über den Prachttempel des Hadrian zu Cyzicus und die dort gefeierten Spiele Marquardt Cyzicus S. 143. 150 ff.. Dazu kam der neue Cultus seines Lieblings Antinous, der sich in Aegypten für seinen abergläubischen Herrn, welcher dadurch sein Leben zu verlängern hoffte, aufgeopfert hatte und dafür weit und breit als Gott verehrt und durch eigne Spiele gefeiert wurdeDio LXIX, 11, Eckhel D. N. VI p. 528. Namentlich zeigten Antinoupolis in Aegypten, s. Orig. c. Cels. III p. 132, seine Heimath Bithynien und Mantinea in Arkadien großen Eifer in diesem Gottesdienste, s. Paus. VIII, 9, 4. In Attika gab es Ἀντινόεια ἐν ἄστει und ἐν Ἐλευσῖνι, C. I. Gr. n. 283, Roß Demen v. Attika S. 32.. Die folgenden Kaiser von Antoninus Pius bis Septimius Sev. und seine Descendenz traten auch in den Provinzen meist als eine Folge auf; namentlich scheint Severus in seinem Eifer für einen Sohn des Marcus zu gelten den Cult der Antonine und die Feier eigner Ἀντωνινίανα erst recht befördert zu haben, obwohl er selbst und seine Familie syrischer Abkunft doch auch nicht selten unter ihren eignen Namen gefeiert wurden. Auch hängen die seit dieser Zeit besonders häufig gefeierten Pythien und Aktien als Spiele des Apollo höchst wahrscheinlich mit dem Culte des syrischen Sonnengottes zusammen, welcher in dieser Familie erblich war und nicht selten mit dem des Apollo verschmolzVgl. das Verzeichniß der Pythien bei Krause, die Pythien, Nemeen u. s. w. S. 53 ff. Daher auch Geta und Caracalla auf Münzen als νέοι Ἥλιοι erscheinen und namentlich zu Emesa in Syrien Ἥλια Πύϑια gefeiert wurden, s. ib. S. 61. Entweder stehen Σεουήρεια Πύϑια zusammen wie Ἀδριάνεια Ὀλύμπια, oder es sind Münzen des Caracalla, Geta u. s. w., wo diese Pythien, auch wohl Ἄκτια Πύϑια, genannt werden. Außerdem werden hin und wieder genannt Κομμόδεια, Σεουήρεια, Ἀντωνινίανα, Ἀλεξάνδρια, letztere zu Ehren des Alexander Sev.. Anderswo wurden Θεογάμια zu Ehren der Vermählung des Septimius Sev. mit der Julia Domna, Χρυσάνϑινα zu Ehren dieser und späterer Kaiserinnen, Φιλαδέλφεια zu Ehren der feindlichen Brüder, des Geta und Caracalla gefeiert u. s. w.Vgl. über diese und andere Spiele Krause Neocor. p. 76 sqq..

Ein eigenthümliches und noch nicht genug aufgeklärtes 795 Institut des asiatischen Kaisercultus ist das NeocoratKrause Νεωκόρος Lips. 1844, vgl. Eckhel D. N. IV p. 288 sqq., Marquardt Cyzikus und sein Gebiet S. 84 ff.. Bei den Griechen ist νεωκόρος ein bloßer Tempeldiener, dagegen wurde in Asien, namentlich in Ephesus mit demselben Worte ein sehr angesehenes Ehrenamt beim Culte der Schutzgöttin der Stadt, der bekannten Diana von Ephesus bezeichnetXenophon Anab. V, 3, 6. Ephesus heißt in der Apostelgesch. 19, 35 die πόλις νεωκόρος τῆς μεγάλης ϑεᾶς Ἀρτέμιδος καὶ τοῦ διοπετοῦς, auf einer Inschrift C. I. Gr. n. 2954 a ἡ τροφὸς τῆς ἰδίας ϑεοῦ τῆς Ἐφεσίας. Inschriften erwähnen außer den Neokoren der Kaiser einen Νεωκόρος τῆς Ἀρτέμιδος τῆς Λευκοφρυνῆς in Magnesia, einen andern τῶν μεγάλων ϑεῶν Νεμέσεων in Smyrna, τοῦ μεγάλου Σαράπιδος anderswo, so daß also auch hier der Cultus der wirklichen Götter der ältere gewesen zu sein scheint.. Eben dieses Amt scheint nun hier und in andern asiatischen Städten von dem Culte der älteren Schutzgottheiten auf den der göttlich verehrten Kaiser übertragen zu sein, welche gleichfalls für die Schutzgötter der ihrem Cultus ergebenen Städte oder Districte angesehen wurden. Genug das Eigenthümliche des Neocorats besteht darin daß gewisse Städte, hin und wieder auch sogenannte κοινά, sich mit specieller Beziehung auf die Verehrung der Kaiser und die damit zusammenhängenden Feste und Spiele νεωκόροι nennen. Und zwar findet sich dieses Institut zuerst in diesem Kreise von Asien, vorzüglich in den großen Hauptstädten, in denen der Kaisercultus mit besonderem Pomp begangen wurde, in Ephesus, Smyrna, Pergamum, Nicomedia, von wo es sich einerseits nach Thracien und Macedonien, andrerseits nach Cilicien weiter ausgebreitet hat. Immer war der Νεωκόρος eine sehr angesehene Person, entweder ein Priester oder der erste Beamte, welcher im Namen des Staates für diesen Gottesdienst, den der älteren Schutzgötter und den der römischen Kaiser, zu sorgen hatte und deshalb zugleich Eponym war; dahingegen andrerseits die Kaiser solchen Städten gewisse Auszeichnungen und Privilegien verliehenUeberdies waren mit solchen Spielen immer örtliche Vortheile, zahlreicher Besuch von Fremden u. s. w. verbunden, daher die Städte sie eifrig suchten, s. Dio LXVI, 9.. Die ersten Anfänge dieses Instituts fallen in die Zeit des Nero, wenigstens geben die Münzen früher keine sichre Spur; und zwar zeigen sich nicht allein diese frühesten Spuren des Neocorats in Ephesus, sondern dasselbe hat sich in dieser Stadt auch am weitesten ausgebildet, so daß wir Ephesus wohl für die Wiege desselben halten dürfen. Am 796 meisten blühte es im Zeitalter der Antonine, wo die asiatischen Städte sich gewöhnlich mehrerer Neocorate, eines ersten, zweiten und dritten zu rühmen wissen, Ephesus sogar eines vierten: was vermuthlich so zu erklären ist, daß zu dem ersten Neocorate der älteren Schutzgottheit zuerst das des Augustus, darauf das des Hadrian u. s. w. hinzutrat, indem die pentaeterisch zu feiernden Spiele von Jahr zu Jahr abwechselnd gefeiert wurdenKrause Νεωκόρος p. 43sqq.. Immer konnten sich solche Städte diese Würde nicht eigenmächtig aneignen, sondern es bedurfte dazu eines Decrets des römischen Senats, wie dieses auf manchen Münzen ausdrücklich bemerkt wird. Dieselben Münzen prunken mit den Tempeln und Statuen der von ihnen verehrten Kaiser, den Insignien der ihnen zu Ehren veranstalteten Spiele, und in der That scheinen diese Gebäude und diese Spiele in den größeren Städten sehr ansehnlich und prächtig gewesen zu sein. Gewöhnlich nennen sich solche Städte die Metropolen bestimmter Districte, z. B. Ephesus die Metropole von Asien, Milet die von Jonien, mit welcher Würde ein Vorzug bei den gemeinschaftlichen Versammlungen, Festen und Festaufzügen verbunden war. Die provinciellen Gemeinschaften im Ganzen dagegen nennen sich κοινά, communia von Asien, Macedonien u. s. w., welche als solche die Stiftung eines Tempels z. B. Romae et Augusti beschließen und für die Ausrüstung der Feste sorgen, daher auch wohl als κοινά das Neocorat zu besetzen hatten, während die Tempel sich natürlich immer in der Metropole befanden und auch die Feste dort begangen wurden.



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