Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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Felicitas

welche insofern von der Fortuna wohl zu unterscheiden ist. Denn diese ist nur die indifferente Schicksalsgöttin, welche sowohl günstig als leidig sein kann (bona Fortuna, mala Fortuna), jene dagegen ist unter allen Umständen der befruchtende und anhaftende Segen des Glücks, wie dieses schon der Name Felicitas aussagt, welcher mit feo, fetus, fecundus zusammenhängt. So sagte man felices arbores von fruchttragenden Bäumen, felices pueri und puellae von solchen Kindern die aus einer noch blühenden und gesegneten Ehe stammtenPaul. p. 92, Macrob. S. III, 20, 2. 3, Serv. V. A. IV, 167, Seneca Controv. I, 2 p. 86 sqq. ed. Bip., und forderte diese Art von felicitas d. h. bei guter und blühender Abkunft einen schönen und gesunden Leib besonders von allen Priestern, zumal von den Vestalinnen. Auch sagte man in demselben Sinne Venus felix (S. 394), Mercurius felix (auf Münzen des Postumus), Portus Traiani felix von dem Hafen an der Tibermündung, welcher vorzüglich dazu diente den zur See herbeigeführten Kornbedarf für die Stadt zu sammeln und zu speichern; wie die Bäcker und ähnliche Gewerke an ihren Häusern etwa das gewöhnliche fascinum anzubringen und darunter Hic habitat Felicitas zu 619 schreiben pflegtenO. Jahn in den Leipz. Berichten 1855 S. 75, Jbb. d. V. v. A. F. im Rheinl. XIII S. 111.. Daher der Zuruf feliciter! beim Mahle, bei Hochzeiten, im Theater und sonst, wie es sich auch in Pompeji unzählige male an die Wand gemalt findet, und die alte Formel des Glückswunsches bei allen festlichen und feierlichen Gelegenheiten, namentlich auch beim neuen Jahre: Quod bonum faustum felix fortunatumque sit oder die von den Consuln häufig gebrauchte Formel: ut ea res mihi magistratuique meo, populo plebique Romano bene atque feliciter eveniatMarini Atti Arv. p. 274 und 581. Faustus hängt mit favere zusammen, fortunatus ist in dem Sinn zu verstehn wie Servius Tullius glücklich war. Horat. Od. IV, 5, 18 bildet das Substantiv faustitas, welches er wie felicitas gebraucht.. Endlich und vor allen ist felix derjenige Mensch mit welchem der Erfolg ist, diese große Gottheit, welche das Urtheil der Menge so oft bestichtIuvenal S. VII, 190 felix et pulcher et acer, felix et sapiens et nobilis et generosus, felix orator quoque maximus et iaculator., in welchem Sinne sich namentlich Sulla in römischer Sprache felix, in griechischer ἐπαφρόδιτος zu nennen pflegte, weil die Griechen bei solchen Glückskindern gewöhnlich an eine besondre Gunst der Aphrodite dachtenPlut. Sulla 34, de fort. Ro. 4. Sulla felix auf Münzen seines Sohns Faustus, dem Sulla selbst diesen Namen gegeben hatte, wie seiner Tochter den Namen Fausta. Vgl. noch Appian b. c. I, 97. 105 und Plin. H. N. VII, 43, 44. Ἐπαφρόδιτος entspricht dem lateinischen Venustus, vgl. Terent. Andr. 1, 5, 10 Adeon hominem esse invenustum aut infelicem quemquam ut ego sum!. Den ersten Tempel der Felicitas soll Lucullus in Rom erbaut haben, der dem Sulla sehr ergeben und von der dämonischen Macht des Glücks so gut wie jener überzeugt warAugustin C. D. IV, 18. 23, vgl. Becker. S. 482.. Er lag im Velabrum und war mit sehr schönen Kunstwerken aus der Beute des Mummius verziert; als beim Triumphe Cäsars die Achse seines Wagens bei diesem Tempel zerbrach, galt das für eine sehr schlechte Vorbedeutung. Ein zweites t. Felicitatis wurde an der Stelle der alten Curia Hostilia erbaut, nachdem Sulla und sein Sohn Faustus diese hergestellt, Cäsar aber den Neubau wieder eingerissen hatteDio XL, 50, XLIV, 5.. Ferner gab es eine Felicitas im Marsfelde und eine Felicitas publica auf dem Capitol, wo sie wie Salus publica neben den höchsten Göttern angerufen wurdeS. das Fragment eines alten Kalenders aus Urbino b. Fabretti inscr. p. 454 und die Acta fr. Arv. t. XV. XVI. XXXVIII. Nach dem Kal. Antiat. wurde der Felicitas in Capitolio am 1. Juli geopfert, nach dem Kal. Amitern. am 9. Oct. dem Genius Publicus, der Fausta Felicitas und der Venus Victrix in Capitolio.. Auf den Münzen der 620 Lollia sieht man ihren Kopf mit hoher Stirnbinde, auf andern Münzen führt sie als Attribute das Füllhorn und den Caduceus. Unter den Kaisern ist viel von der felicitas Augusti oder der einzelnen Kaiser die Rede, auch von der felicitas temporum und der felicitas seculi, welche unter verschiedenen Bildern allegorisch dargestellt wurden. Auch von der Laetitia temporum und von der Jucunditas reden und dichten diese späteren Zeiten gerne, während die Fruchtbarkeit der Kaiserinnen durch Gebete zur Fecunditas verherrlicht zu werden pflegteFelicitas Tiberi auf dem neuerdings gefundnen Schwerdte, vgl. Sueton Tib. 5 Tiberium quidam Fundis natum existimant, – quod mox simulacrum Felicitatis ex S. C. publicatum ibi sit. Schon auf der ara Augusti von Narbonne b. Or. n. 2489 heißt es vom Geburtstage des August: VIIII K. Octobr. qua die eum seculi felicitas orbi terrarum rectorem edidit. Supplicationes templumque Fecunditati (decretum) auf Veranlassung der Niederkunft der Poppaea b. Tacit. Ann. XV, 23. Unter M. Aurel wird die Fruchtbarkeit der liederlichen Faustina iun. durch Münzen mit der Inschrift Fecunditas Augustae und dem Bilde des Kindersegens gefeiert.. Der Felicitas nahe verwandt ist


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