Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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4. Consus.

Auch dieser Gottesdienst gehörte zu den ältesten in Rom. Nach Dionys stammte er von den Palatinischen Arkadern d. h. von Evander, nach der gewöhnlichen Ueberlieferung war es die Feier der Consualien im August, bei denen die Sabinerinnen geraubt wurden. Die Griechen erklärten den Gott wegen der Wagenrennen an seinem Feste und des in der Erde steckenden Altars für ihren Poseidon Hippios oder Seisichthon d. h. den Erderschütterer, doch ist schon von den Alten bemerkt worden, daß eine solche Verehrung in oder unter der Erde dem Poseidon fremd ist. Deshalb wollten Andre lieber den Namen Consus von den verborgnen Rathschlägen (a consiliis) erklären, welche dieser Gott überhaupt ertheile und damals dem Romulus ertheilt habeDionys. I, 33, II, 31, Liv. I, 9, Ovid F. III, 199, Plut. Rom. 14, Paul. p. 41 Consualia, vgl. Tertull. de Spectac. 5, Augustin C. D. IV, 11, Arnob. III, 23, Serv. V. A. VIII, 635. 636. Die Gloss. Labb. p. 40 identificiren ihn mit dem ägypt. Harpokrates, dem Gotte des Schweigens und der verborgnen Weisheit. Die Ableitung von consilium ist nicht zu rechtfertigen, da dieses Wort aus consul entstanden, consul aber nach Analogie von praesul zu erklären ist.. In Wahrheit aber ist derselbe vielmehr für einen alten Gott der Erde und des Ackerbaus zu halten, eine Art von Tellumo oder Dis Pater, bei welchem uns der unterirdische Altar wiederbegegnen wird; auch spricht dafür die Zeit seiner Opfer und Feste, welche theils die der Saat theils die der Erndte ist. Den Namen haben von neueren Mythologen Einige von condere abgeleitet (consus anstatt conditus, wie clausus, parsus), so daß er der Verborgene wäre, in demselben Sinne wie Saturnus als ein verborgner Gott gedacht wurde, Andre von der Sanskritwurzel su, von welcher sero, sevi und consero stamme, so daß Consus zu verstehen sei wie Consivius und Ops Consivia, als Gott der Saaten, welcher eben deshalb zugleich ein Gott der Ehe und Jungfrauenräuber sei: auf welche Weise zugleich die alte Sage von dem Raube der Sabinerinnen grade an den Consualien schicklich erklärt würdeVgl. Hartung Rel. der Römer II, 87, Schwegler R. Gesch. 1, 471 ff., Roßbach über die rö. Ehe 330 ff.. Genug wir sind berechtigt auch diesen Gott hier einzureihen und die übrigen, leider nur sehr dürftigen Nachrichten von seinem Culte dem gemäß zu erklären. Der alte Altar des Consus, älter als der Circus des Tarquinius, 421 befand sich an dem untern Ende desselben, in der Nähe der dortigen WendesäulenTacit. Ann. XII, 24, Tertull. de Spectac. 5 und 8.. In der Regel mit Erde überschüttet wurde er bei den Opfern und Festen, welche jährlich dreimal unter der Betheiligung der angesehensten Priester stattfanden, ausgegraben und mit frommen Gaben bedacht. So wurde namentlich an den Nonen des Julius von den Pontifices hier geopfert, das durch den Raub der Sabinerinnen berühmte Fest der Consualien aber am 21. August, wenige Tage vor dem Opfer an die Ops Consivia in der Regia, begangen, und zwar so daß der Quirinalische Flamen und die Vestalischen Jungfrauen das herkömmliche Opfer besorgten, die Pontifices aber darauf die circensischen Rennen mit Wagen und losen Pferden hielten, dieselben zu welchen Romulus die Nachbarn berufen hatteVarro l. l. VI, 20, Dionys II, 31, Plut. l. c, die Kall. z. 21. Aug.. Mit den Menschen feierten alle Zugthiere diesen Tag, Pferde und Mäuler, welche von der Arbeit ruheten und mit Blumen bekränzt wurdenDionys I, 33, Paul. p. 148 mulis, Plut. Qu. Ro. 48.: ein Gebrauch welcher eigentlich wohl der Erndte galt, wie jene Rennen an die beim Opfer der Dea Dia und an die Eleusinien, Olympien und andre Spiele der Griechen erinnern, welche meist nach vollendeter Erndte gehalten wurden. Alte Lieder wußten noch von andern volksthümlichen Lustbarkeiten, mit denen »die Hirten« d. h. die Römer des Romulus sich und ihre Nachbarn erfreut hattenNon. Marc. p. 21, 9 cernuus. – Varro de Vita populi Rom. lib. I. Etiam pelles bubulas oleo perfusas percurrebant ibique cernuabant. A quo ille versus vetus est in carminibus: Sibi pastores ludos faciunt coriis Consualia. Vgl. oben S. 203.. Endlich wurden noch einmal am 15. Decbr. Consualien gefeiert, wenige Tage vor den Saturnalien und wahrscheinlich wie diese beim Abschluß der Saatzeit, auch wieder unter der Betheiligung der Zug- und AckerthiereKal. Maff. Praen. Amitern. Antiat. zum 15. Dec. Da einige von diesen Kalendern zum 21. Aug. und 12. Dec. von einem Consus in Aventino reden, so muß es auch auf dem Aventin, wahrscheinlich am Abhange über dem Circus, einen Altar des Consus gegeben haben., welche bei solchen Gelegenheiten auf dem Lande immer einen guten Tag hatten. Bemerkenswerth ist endlich die enge Verbindung, in welche Consus durch eine Inschrift seines Altares im Circus mit Mars und den Laren gesetzt wurdeTertull. de Spect. 5 Et nunc ara Conso illi in Circo defossa est ad primas metas (dieses sind die metae Murciae, s. S. 386), sub terra, cum inscriptione huius modi: CONSUS CONSILIO, MARS DVELLO, LARES COILLO POTENTES. Vgl. Ascon. in Cic. Verr. 1, 31 p. 142 Or. Alii ideo Magnos Ludos vocatos putant, quod Consiliorum Secretorum Deo – et Dis Magnis i. e. Laribus Urbis Romae dati sunt, quibus aiunt raptas Sabinas esse. Jene Inschrift kann so alt nicht sein, doch kann die Gruppe Mars Consus Lares nicht erdichtet sein. Ueber das verdorbne Wort COILLO ist viel gemuthmaßt worden, s. Oehler z. Tertull. l. c. Ich glaube daß am besten COMPITO zu lesen ist., mit demselben Mars und denselben 422 Laren, welche von den Arvalischen Brüdern am Altare der Dea Dia angerufen wurden, jener als Abwehrer alles bösen Schadens, diese als segnende und behütende Geister der Flur und aller Wege.


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