Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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2. Die Quellen und Flüsse.

Für den allgemeinen Ursprung der Quellen und Flüsse galt Janus, er und sein Sohn Fons oder Fontus, welcher in Rom an mehr als an einer Stelle verehrt wurdeUeber die ara Fonti am Janiculum s. S. 157. Außerdem gab es ein delubrum Fontis, welches C. Papirius Maso im J. 231 v. Chr. ex voto gestiftet hatte, Cic. N. D. III, 20, 52. Auch die p. Fontinalis setzt ein derartiges Heiligthum voraus. In den Urkunden der fr. Arvales wird Fons t. 32 u. 43 erwähnt: Virginibus Divis, Famulis Divis, Laribus, Matri Larum, Fonti, Florae etc., desgleichen auf einer Inschrift aus Caudium in Campanien b. Mommsen I. N. n. 1853. Sonst kommen auch Fontes im Plural vor, z. b. Or. n. 1223. 1635. 1636. Das Wort ist abzuleiten a fundendo, s. Paul. p. 84 und Varro l. l. V, 123 fons unde funditur e terra aqua viva. und auch sonst in Italien hin und wieder erwähnt wird. In Rom wurde diesem Gotte, der als jugendlicher Janus abgebildet wurde (S. 164), am 13. October ein eignes Fest gefeiert, an welchem man Kränze in die Quellen warf und auch die Brunnen bekränzteVarro l. l. VI, 22, vgl. Kal. Maff. Amitern. u. Paul. p. 85.. Denn überall wo das Wasser durch die eigne Kraft der Natur zum Vorschein kam und wo es, um mit den römischen Juristen zu reden, als caput aquae eine perpetua causa hatte, glaubte man auch ein numen annehmen und demzufolge anbeten und dieser Gottheit durch fromme Gaben huldigen zu müssen, daher bei allen Quellen und längs den Strömungen größerer Bäche Haine, Altäre und Tempel errichtet und viele religiöse Gebräuche beobachtet wurden. Eben deshalb schien jede Ueberbrückung eines Flusses und vollends die Veränderung seines Stromlaufes bedenklich, jede Verunreinigung einer Quelle durch Baden oder auf andre Weise ruchlos. Wurde doch auf einigen Gewässern sogar alle Schiffahrt verbotenTacit. A. I, 79 Optume rebus mortalium consuluisse naturam, quae sua ora fluminibus, suos cursus, utque originem ita fines dederit. Spectandas etiam religiones maiorum, qui sacra et lucos et aras patriis amnibus dicaverint. Vgl. Ann. XIV, 22 und Plin. Ep. VIII, 8 vom Clitumnus: Pons terminus sacri profanique. In superiore parte navigare tantum, infra etiam natare concessum. Ib. 20 vom l. Vadimonis: Nulla in hoc navis (sacer enim est), sed innatant insulae herbidae etc. Vgl. Rudorff Zeitschr. f. geschichtl. Rechtsw. XV, 214 ff..

507 Während fons immer männlichen Geschlechts ist, werden die Flüsse und Bäche bald männlich bald weiblich gedacht, je nach der stärkeren oder zarteren, männlich schöpferischen oder weiblich empfänglichen Naturwirkung, die in ihnen beobachtet wurde. So wird selbst das Wort amnis, obgleich gewöhnlich männlich und eine größere Strömung fließenden Wassers bedeutend, bisweilen auch weiblich gebrauchtVarro l. l. V, 28 erklärt amnis id flumen, quod circuit aliquid, nam ab ambitu amnis. – Oppidum Interamna quod inter amnes est constitutum, Antemnae quod ante amnis, qui Anio, influit in Tiberim. Auch sagte man amnis vom Tiber, s. Horat. Od. I, 2, 18 uxorius amnis. Dessenungeachtet sagte man auch Petronia amnis, Fest. p. 250., während das Wort lympha oder lumpha, oscisch diumpa, speciell die in Quellen und Bächen waltende weibliche Gottheit bezeichnet, wie das griechische Wort νύμφηAmnes und Lymphae zusammen unter vielen Mächten und Göttern der Fruchtbarkeit in der oscischen Inschr. von Agnone b. Mommsen Unterit. Dial. S. 128. Auch Varro nennt die Lympha unter den Göttern des Ackerbaus, s. oben S. 60, 66.. Gewöhnlich werden die Götter der Flüsse als königliche und väterliche Greise gedacht, die in dem Bette des Flusses hausen, in alten Zeiten wohl aber auch als menschliche Könige über die Landschaft geherrscht haben, die weiblichen Quellgöttinnen als singende und zaubernde Wasserfrauen, welche nach dem Volksglauben denen die sie im Wasser gesehen den Sinn berückenDaher die lymphati und lymphatici, welche den griechischen νυμφολήπτοις entsprechen, Varro l. l. VII, 87, Paul. p. 120, Tertull. d. baptism. 5. Auch die Fabeln vom Nymphenraub scheinen in Italien verbreitet gewesen zu sein, vgl. die Geschichte vom schönen Trasimenus, den die Nymphen des Sees geraubt, b. Sil. Ital. Pun. V, 7 ff., aber sonst weiblich fürsorgende Heil- und Geburtsgöttinnen sind und wegen der reinigenden und heilkräftigen Natur ihres Wassers bei allen gottesdienstlichen Verrichtungen, besonders aber von den Frauen und Jungfrauen gesucht werden. Daher die im späteren Alterthum weit verbreiteten, aus Griechenland stammenden Nympheen, deren es auch in Rom viele gab, d. h. künstlich eingerichtete und mit Bildwerken und Malereien anmuthig ausgezierte Quellengebäude, welche zugleich zur 508 religiösen Verehrung der Nymphen bestimmt waren und zu andern sich anschließenden Lebenszwecken, namentlich zu Hochzeiten dienten.

Dem Fontus als Gott über alle Quellen entspricht gewissermaßen Iuturna, die gute, die heilende Nymphe schlechthin, wie dieses auch der Name aussagt, Iu-t-urna von iuvare. Es scheint wohl daß sich der Volksglaube in Latium seit alter Zeit mit ihr beschäftigt hatte; daher noch die römischen Dichter allerlei latinische Fabeln von ihr zu erzählen wissen. Bald heißt sie eine Geliebte des Jupiter, welche von ihm zur Königin über alle Flüsse und Gewässer in Latium erhoben ist, bald die Gattin des Janus, welche von ihm den Quellengott Fontus geborenVirg. Aen. XII, 135 ff, Ovid F. II, 583 ff. Arnob. III, 29.. Bei Virgil ist sie die Schwester des Turnus von Ardea und eine Freundin der Albanischen Juno, obgleich Jupiter sie vor allen übrigen Nymphen des Landes liebt; daher wohl ein alter Cultuszusammenhang einer ihr geheiligten Quelle mit den latinischen Heiligthümern auf dem Albaner Berge angenommen werden darf. Auch gab es in der Nähe des durch so manche latinische Sagen geweihten Flusses Numicius im Gebiete von Ardea und Lavinium eine Quelle IuturnaServ. V. A. XII, 139, ygl. Bormann altlatin. Chorogr. S. 58., deren Verehrung höchst wahrscheinlich älter war wie die der römischen Juturna, welche mithin, wie in andern Fällen andre Heiligthümer, nur eine örtliche Uebertragung des in Latium allgemein verehrten Namens gewesen sein möchte. Denn auch in Rom waren verschiedne Quellen nach ihr benannt, einmal der bekannte lacus Iuturnae auf dem Forum in der Nähe des T. der Castoren, zweitens eine Quelle im Marsfelde, wo Lutatius Catulus der Juturna sogar einen Tempel gestiftet hatte. Und auch in Rom galt dieses Wasser für das reinste, das heiligste, das wohlthätigste, für das Wasser schlechthin, daher alle Gottesdienste und alle Leidende davon zu schöpfen pflegten und alle Gewerke, welche mit Wasser zu thun hatten, der Juturna ein eignes Fest feiertenVarro l. l. V, 71, Serv. l. c., vgl. Ovid F. I, 462., die Iuturnalia am 11. Januar, an welchem Tage auch ihr Tempel eingeweiht worden war und Carmenta (S. 357) neben ihr gefeiert wurde.

Nicht minder alt und merkwürdig ist der Glaube an die heiligende und begeisternde Kraft der Nymphe Egeria, welche vorzüglich wegen ihrer Liebe zum Könige Numa bekannt geworden 509 ist, da sie doch ursprünglich in dem latinischen und römischen Volksglauben eine viel allgemeinere Bedeutung gehabt haben muß. Selbst die Dichtung vom Numa scheint nur ein besondrer Zug des älteren Volksglaubens an die begeisternde und weihende Kraft der Nymphen überhaupt zu sein, wie sich derselbe Glaube in den Dichtungen vom Janus und der Juturna, vom Picus und der Canens, von Evander und der Carmenta sowie darin ausspricht, daß Picus und Faunus ehe sie weissagen von einer Quelle am Aventin trinken; dahingegen der Name Egeria beweist daß dieser Nymphe gleich der Carmenta zugleich eine entbindende Kraft zugeschrieben wurdePaul. p. 77 Egeriae Nymphae sacrificabant praegnantes, quod eam putabant facile conceptam alvum egerere. Vgl. Plin. H. N. VII, 11 uno abortu duodecim puerperia egesta.. Endlich wissen wir daß die Vestalinnen nach einer angeblich von der Egeria selbst eingegebenen Vorschrift des Numa das zu den täglichen Reinigungen und Waschungen ihres Dienstes erforderliche Wasser aus ihrem Quell schöpften. Ihr Cultus begegnet uns gleichfalls sowohl in Latium als in Rom. Dort rühmte sich der bekannte Hain der Diana von Aricia einer Quellengöttin Egeria, welche für die Pflegerin des Virbius galt und als Dienerin der Diana von den Frauen gewiß vorzugsweise als entbindende Göttin verehrt wurde, obwohl man auch hier von Numas Liebe zu ihr erzählteVirg. Aen. VII, 763 Serv.; Ovid F. III, 273 ff., Met. XV, 487 ff., Schol. Iuven. S. III, 17. Vgl. oben S. 279 und Mommsen I. N. 5728 aus Cliternia: Lumpheis Dian . .. In Rom wurde sie in dem bekannten Haine vor der p. Capena in der Umgebung der sogenannten Camenae oder wie sie in älterer Form heißen Casmenae d. h. Carmenae verehrtVarro l. l. VII, 26, Paul. p. 43. Daß auch sie Quellnymphen waren, wahrscheinlich die von kleineren Quellen in der Nähe der größeren Egeria, geht hervor aus Varro b. Serv. V. Ecl. VII, 21 vgl. Tertull. in Marcion. 1, 13 und Vitruv VIII, 3 von einem Wasser, welches so süß sei, uti nec fontinalis ab Camenis nec Marcia saliens desideretur. Sulpicia Sat. 67 Nam laureta Numae fontesque habitamus eosdem. Später gab es in derselben Gegend einen Ort, den die Griechen wegen seiner reichlichen Bewässerung Ἐνυδρία nannten, s. Corp. I. Gr. n. 5968., welche deutlich den Carmentes in der Umgebung der begeisternden Nymphe und Geburtsgöttin Carmenta (S. 358), der Mutter des Evander, entsprechen und wie jene Canens, die Geliebte des Picus, ursprünglich keineswegs den poetischen Gesang der Dichter, sondern den zaubernden und orakelnden der Faune und der Fatuen ausdrücken sollten; obwohl sie später von den römischen Dichtern 510 ganz nach Art der griechischen Musen, welche ursprünglich gleichfalls Quellnymphen gewesen waren, verehrt und angerufen wurden. Der Hain dieser Camenen, vor Alters ein anmuthiges Thal mit reichlicher Bewässerung, frischem Rasen, schattigen Bäumen und kühlen Grotten, wie sie ehemals überhaupt in den Umgebungen von Rom nicht selten gewesen waren, lag gleich vor jenem Thore und nicht weit von dem T. des Honos und der Virtus, mit welchem die Quelle der Egeria und jener Hain bei dem rastlos fortschreitenden Anbau der gewaltigen Stadt später sehr ins Gedränge kamLiv. I, 21, Iuvenal Sat. III, 10 ff, vgl. Becker Handb. I, 513 ff.. Angeblich hatte schon Numa dort eine kleine Capelle der Musen von Erz gestiftet, welche später, nachdem sie vom Blitz getroffen war, zuerst in jenem benachbarten Tempel, dann in dem des Hercules Musarum aufbewahrt wurde. Ein andrer Tempel der Camenen wird erwähnt auf Veranlassung einer Dedication des Dichters Accius, welcher in demselben seine eigne Portraitstatue in Lebensgröße aufgestellt hatteServ. V. A. I, 8, Plut. Numa 13 , Plin. H. N. XXXIV, 5, 10. Von der Muse Tacita b. Plut. N. 8 s. oben S. 459..

Unter den Flüssen beschäftigte natürlich der Tiber die Römer am meisten. Im Gottesdienste hieß er Tiberinus, auch Divus Tiberinus und Pater TiberinusVirg. Ge. IV, 369 Pater Tiberinus. Serv. V. A. VIII, 330 Tiberinus – a Pontificibus indigitari solet. Zu vs. 31 in sacris Tiberinus, in coenolexia Tiberis, in poëmate Tibris vocatur. Vgl. die Inschr. aus Hortanum in Etrurien, in der Nähe der Vereinigung des Nar mit dem Tiber, b. Fabr. p. 432, 6 Sex Atusius etc. primus omnium aram Tiberino posuit, quam caligatus voverat, und die aus der Gegend von Tuder b. Or. n. 4946 Divo Tiberino., unter welchem Namen er im Gebete gewöhnlich angerufen wurde, und zwar mit dem Zusatze: Adesto Tiberine cum tuis undis, oder wie es bei Ennius und mit geringer Veränderung bei Virgil heißt: Pater Tiberine tuo cum flumine sanctoSo betet Ilia in ihrer Noth b. Ennius Ann. 55 und so Aeneas b. Virg. Aen. VIII, 72, vgl. Servius.: wo also zugleich das väterliche Walten des mächtigen Stromgottes, des Herrn und Vaters aller kleineren Gewässer seines GebietsVirg. Aen. VIII, 77 Corniger Hesperidum fluvius regnator aquarum. Fronto Ep. d. orat. p. 249 ed. Rom. (p. 129 Nieb.) Tiber amnis et dominus et fluentium circa regnator. Ennius: Postquam consistit fluvius qui est omnibus princeps qui sub caeruleo . . . Vgl. die Inschr. bei Or. n. 1054 Impp. Diocletianus et Maximianus Augg. repurgatis fontium rivis et itinerib. eorum ad perennem usum refectis Tiberino Patri aquarum omnium, et repertoribus mirabilium fabricarum priscis viris honori dederunt etc. Daß Tiberinus auch in den Genealogieen der umliegenden Städte und Landschaften oft genannt wurde, darf man aus Virg. Aen. X, 199 schließen: Ocnus – fatidicae Mantus et Tusci filius amnis. und die Heiligkeit seiner Fluth 511 für den Glauben und den Cultus so vieler Gegenden und Menschen hervorgehoben wird. Die Sage kannte ihn als einen alten König seiner Landschaft, bald als einen König von Veji, welches einst mit seinem mächtigen Arme über den ganzen untern Lauf des Stroms, vom Soracte bis zur Mündung geherrscht hatte, bald als einen latinischen Aboriginerkönig oder einen König von Alba Longa, welcher in dem Tiber verschwunden sei, wie Aeneas im Numicius verschwindetVarro l. l. V, 30, wo der angeblich ältere Name Albula offenbar die weißlich gelbe Farbe des Flusses ausdrückt (flavus Tiberis), wie Nar eigentlich sulfureus bedeutete, vgl. Liv. I, 3, Ovid F. II, 387, Met. XIV, 614, Serv. V. A. VIII, 72 Tiberim alii a rege Aboriginum dictum volunt qui iuxta dimicans interemtus est, alii ab eo rege (l. a beor. rege d. i. a Veiorum rege), quem Glaucus Minois filius in Italia interemit, alii – ab Albano rege, qui in eum cecidit. Vgl. Virg. Aen. VIII, 330 Serv. Der Name ist auf den in vielen altitalischen Ortsnamen hervortretenden Stamm tib oder tif zurückzuführen und scheint einen Gebirgsstrom zu bezeichnen, vgl. Tebae, Tibur, Tiburnus, Tifata, Tifernus, Mommsen Unterit. Dial. S. 300.: das gewöhnliche Bild unter welchem man sich die historische Existenz der Ortsgenien höhern Ranges d. h. der sogenannten Indigeten vergegenwärtigte. Noch eine andre Tradition nannte Tiberinus einen Sohn des Janus und der Camasene (S. 163). In Rom fügte man die Dichtung hinzu, daß Rhea Silvia, nachdem sie die Zwillinge des Mars geboren, von ihrem harten Oheim in den Tiber gestürzt, hier aber von dem Stromgotte liebreich aufgenommen und zu seiner Gemahlin und königlichen Stromgöttin erhoben worden seiHorat. Od. 1, 2, 17. Nach Porphyrion z. ds. St. hatte Ennius auch diesen Vorgang dichterisch beschrieben. Vgl. auch Claudian in Prob. et Olybr. Cons. 225 (Tiberis) palla graves humeros velat, quam neverat uxor Ilia percurrens vitreas sub gurgite telas. Nach einer andern Tradition war sie die Gemahlin des Anio geworden, Ovid Am. III, 6, 45, Serv. V. A. I, 273.: eine Sage, in welcher sich der alte latinische Glaube an eine heiligende und vergeistigende Kraft des strömenden Wassers wiederholt und zugleich die specielle Beziehung des Tiberstroms zum römischen Vestadienste angedeutet ist. Uebrigens konnte es nicht fehlen, daß eines so mächtigen Stroms, von dem das Wohl und Schicksal der Stadt in mehr als einer Weise bedingt war, bei dem Gottesdienste der Römer vielfach gedacht wurde; da namentlich seine 512 häufigen Ueberschwemmungen, welche die niedrigeren Theile der Stadt immer stark heimsuchten, vollends in der älteren Zeit den Eindruck nicht allein einer starken, sondern auch einer jähen und heftigen Naturkraft machen mußten. Daher viele Gebete und Anrufungen sammt andern Gebräuchen und gottesdienstlichen Verrichtungen der höheren römischen Priesterschaft, von welchen sich manche Kunde erhalten hat. Sowohl die Pontifices als die Augurn pflegten ihn in ihren Gebeten für das Wohl der Stadt oder sonst bei öffentlichen Gelegenheiten anzurufenCic. N. D. III, 20, 52, Serv. V. A. VIII, 330. und dabei nach Art solcher Gebete mit allerlei Beinamen, die seine Natur und Wirkung ausdrückten, auszustatten, wie er z. B. in den Urkunden der Augurn wegen seiner schlangenartigen Windung vom Marsfelde bis zum Aventin Coluber d. h. die Schlange genannt wurde, bei einer andern Veranlassung wegen der Wirkung seines Stroms auf die anliegenden Aecker Serra d. h. die Säge, bei einer andern Rumon, welches wahrscheinlich wie Almo der Nährende istServ. V. A. VIII, 95, vgl. Virg. A. VIII, 62 Ego sum, pleno quem flumine cernis stringentem ripas et pinguia culta secantem, Caeruleus Thybris, coelo gratissimus amnis, und dazu Servius, wo Rumon erklärt wird quasi ripas ruminans et exedens.. Und zwar müssen solche gottesdienstliche Acte seit sehr alter Zeit bestanden haben, da Romulus als ihr Stifter genannt wird und bei Virgil gelegentlich nach Art des ältesten Cultus von einer heiligen Eiche des Pater Tiberinus die Rede istAen. X, 423, Augustin C. D. IV, 23 ut quid ergo Romulus constituit deos Ianum, Iovem, Martem, Picum, Faunum, Tiberinum, Herculem et si quos alios? Vgl. Seneca ib. VI, 10.. Sonst pflegte man es wohl dahin gestellt sein zu lassen ob seine Wohnung in Rom sei und zwar auf der Insel, wo ihm am 8. Dec. geopfert wurde, oder an seiner Einmündung ins Meer d. h. zu Ostia, welches gleichfalls ein geweihter Ort warKal. Amitern. z. 8. Dec: Tiberino in Insula, vgl. Serv. V. A. VIII, 65 und Merkel z. Ovid Fast. p. CXLVII. Auf einen Hain an der Mündung deutet Virgil Aen. VII, 29 ff., auf eine religiöse Verehrung der Quelle Aen. VIII, 75. Von Ostia sagt Serv. A. I, 13: Ostiam veteres consecratam esse voluerunt sicut Tiberim. Auch bei den Etruskern wurde Tiberinus jedenfalls als Gott verehrt.. Eigne Spiele wurden ihm am 1. Juni jenseits des Tiber von den Netz- und Angelfischern seines Stroms gefeiert, welche dadurch daß sie die Fische zum Opfer des Vulcanus lieferten auch zu diesem Gottesdienste in einer eigenthümlichen Beziehung standen. Bei den Dichtern erscheint er nach griechischer Weise als gehörnter 513 Flußgott oder als majestätischer Wassergreis, welcher zuweilen zwischen den Pappeln seines Ufers aus der Fluth emportaucht, angethan mit einem feinen Linnen von bläulicher Farbe und das Haar mit Schilf bekränztVirg. Aen. VIII, 31 ff.; 77. Vgl. Aen. X, 205 velatus arundine glauca Mincius.. So vergegenwärtigten ihn auch die Künstler in ihren Bildern zu Rom und zu Ostia, von denen das berühmte Bild des liegenden Stromgottes zugleich eine bildliche Andeutung des reichen Lebens giebt, welches sich im Alterthum von der Quelle bis zur Mündung auf seiner Fluth und an den Ufern bewegte, eine lebhafte Schiffahrt und Fischerei, reicher Anbau von Villen und Gärten, und an der Mündung wieder das geschäftige Leben einer Handelsstadt, welche nächst Puteoli lange die bedeutendste an dieser Küste und namentlich unter den Kaisern durch die regelmäßige Kornzufuhr aus Aegypten und Afrika von höchster Wichtigkeit war. Daher auch die Parallele des Nil und Tiber in den bekannten Bildern und bei andern Gelegenheiten, sowohl in Alexandrien als in RomDie Statue des Tiber s. Mus. P. Cl. I, 38, Millin Gal. Myth. I, 74, 308. Auch auf Alexandrinischen Münzen sieht man das Bild des Tiber, s. Eckhel D. N. IV p. 63, vgl. ib. p. 69 Tiber und Nil Ὁμόνοια d. h. Eintracht zwischen Rom und Aegypten, wovon die Kornzufuhr wesentlich abhing. Nach solchen Vorbildern wurden auch der Rhenus, Danubius u. a. Flüsse als liegende Greise mit der Wasserurne und characterisirenden Attributen abgebildet..

Die merkwürdigsten Beweise der hohen religiösen Verehrung, welche diesem Stromgott in alter Zeit bei den Römern gewidmet wurde, sind aber einmal die specielle Beziehung des Amtes und Namens der Pontifices zu dem Brückenbau über seinen Strom und zweitens das merkwürdige Opfer der sogenannten Argei. Jene, die Ableitung des Namens der Pontifices a ponte faciendo, wird fast allgemein angenommenVarro l. l. V, 83 Pontifices, ut Scaevola Quintus Pontifex Maximus dicebat, a posse et facere ut potifices. Ego a ponte arbitror, nam ab his sublicius est factus primum ut restitutus saepe, quom in eo sacra et uls et cis Tiberim non mediocri ritu fiant. Dionys H. II, 73, III, 45 καὶ τὴν ξυλίνην γέφυραν, ἣν ἄνευ χαλκοῦ καὶ σιδήρου ϑέμις ὑπ’ αὐτῶν διακρατεῖσϑαι τῶν ξύλων ἐκεῖνος (Ancus Marcius) ἐπιϑεῖναι τῷ Τιβέρει λέγεται, ἣν ἄχρι τοῦ παρόντος διαφυλάττουσιν ἱερὰν εἶναι νομίζοντες. εἰ δέ τι πονήσειεν αὐτῆς μέρος, οἱ ἱεροφάνται ϑεραπεύουσι ϑυσίας τινὰς ἐπιτελοῦντες ἅμα τῇ παρασκευῇ πατρίους. Plut. Num. 9, wo richtiger blos vom Eisen die Rede ist, Suid. v. Ποντίφιξ, Marquardt Handb. IV, 184 ff., und die dagegen erhobenen Bedenken sind in der That von geringem Belang, so 514 deutlich liegt die Zusammensetzung des Worts vor und so wesentlich hängt diese Benennung mit der religiösen Anschauung der alten Zeiten zusammen. Denn überall sind die Elementarkräfte heilig, darunter vorzüglich die fließende Strömung des Wassers, und überall galt es für eine Anmaßung der Menschen, ja unter Umständen für einen Frevel, wenn das von Natur in freier Kraft dahinströmende Element durch Ueberbrückung gleichsam unterjocht wurde, wie in demselben Sinne die Brücke, welche Xerxes über den Hellespont geschlagen hatte, bei den Griechen für einen Frevel galt. Der Tiberstrom war überdies oft ungestüm und gefährlich, daher man, wenn seine Ueberschwemmungen die Stadt beschädigten und die Brücke hinwegrissen, darin um so mehr einen Zorn des Gottes erkennen mochte. Daher das anhaltende, einzig auf religiösen Gründen beruhende Herkommen der Republik, nur den einzigen Pons Sublicius zu dulden und diese Brücke nicht allein nur aus Holz zusammenzusetzen, sondern auch jede Anwendung von Eisen dabei aufs gewissenhafteste zu vermeiden, aus denselben Gründen weshalb auch sonst das Eisen für etwas die heiligen Stätten Verletzendes galt (S. 116). Auch wurden jedesmal, wenn diese Brücke neu geschlagen oder wiederhergestellt werden sollte, allerlei Opfer und Cerimonien an beiden Ufern und auf der Brücke selbst vorgenommen und zwar unter der Oberaufsicht der Pontifices, zu deren Insignien deshalb auch die Axt gehörte. Bedenken wir daß bei solchen Benennungen gewöhnlich eine einzelne Function, früher die angesehenste, herausgegriffen wird, während die Competenz der Behörde sich mit der Zeit erweiterte, wie dieses bei den römischen Pontifices erst nach Vertreibung der Könige der Fall gewesen sein kann, so werden jene Bedenken noch weniger ins Gewicht fallen, auch nicht der Gebrauch desselben Namens pontifices für die priesterliche Oberbehörde in andern Städten von Latium und Italien, wobei ohne Zweifel der römische Sprachgebrauch der bestimmende war. Dahingegen die ähnliche Benennung eines alten priesterlichen Geschlechts in Athen, der Γεφυραῖοι, welche aus Böotien eingewandert auf der heiligen Straße nach Eleusis angesiedelt wurden und die Brücke über den Ilissos unterhielten, wobei sie gewisse ihnen eigenthümliche Sacra beobachteten, schon von den Alten als passende Analogie angeführt wird. Nicht weniger merkwürdig sind die Argei, welche den Cultus und die Stadtchronik von Rom in der doppelten Bedeutung örtlicher Heroen der ältesten Stadtquartiere und in der von menschlichen Figuren beschäftigten, 515 die aus Binsen geflochten und als Aequivalent früherer Menschenopfer an den Iden des Mai in den Tiberstrom geworfen wurden. Gewöhnlich hielt man sie für Begleiter des Hercules, welche mit diesem aus Argos nach Rom gekommen, aber nach seinem Abschiede dort geblieben wären und die Saturnia d. h. die angebliche Stadt des Saturn am Fuße des Capitols (S. 410) bewohnt hättenVarro l. l. V, 45 Argeos dictos putant a principibus, qui cum Hercule Argivo venerunt Romam et in Saturnia subsederunt. Vgl. Dionys I, 34, Macrob. I, 7, 27, Ovid F. V, 650 ff. Ἀργεῖος ist die griechische Form, vgl. Tibur Argeum b. Horat. Od. II, 6, 5, Ovid Am. III, 6, 46, denn auch Tibur galt für eine Gründung argivischer Ansiedler.. Hernach stürzen sie sich aus Sehnsucht nach ihrer Heimath in den Strom und werden seitdem als Heroen in 24 durch die Altstadt zerstreuten Capellen verehrt, welche man ihre Gräber nanntePaul. p. 19 Argea loca Romae appellantur, quod in his sepulti essent quidam Argivorum illustres viri. Vielmehr nannte man auch diese Capellen im sacralen Sprachgebrauche Argei, s. Liv. I, 21, wo Numa diesen Cult einsetzt: multa alia sacrificia locaque sacris faciendis, quae Argeos pontifices vocant, dedicavit. Dionys. I, 39 zählt dreißig solcher Capellen, Varro l. l. V, 45 sieben und zwanzig, dahingegen er VII, 44 nur von 24 Binsenmännern spricht. Vgl. Schwegler R. G. I, 376 ff., Marquardt Handb. IV, 200 ff., offenbar als Ortsgenien (Laren oder Indigeten) der 24 oder mehr Quartiere, in welche die Altstadt bis zu der neuen Eintheilung der Stadt durch August zerfiel. Bei diesen Capellen wurde am 16. und 17. März von den Priestern ein Umzug gehalten, bei welchem die Flaminica Dialis mit ungekämmtem Haar, also in Trauer erschienOvid F. III, 791, Gell. X, 15, 30 u. A.: wahrscheinlich ein Gedächtniß zum Andenken an diese Heroen, welche den Compitallaren nahe verwandt gewesen sein mögen, in einer Zeit wo der Abschied von dem Winter und die Nähe des Frühlings sich in allerlei Sühnungs- und Freudefesten aussprach. Am 15. Mai aber fand ein gleichfalls nach ihnen benanntes Sühnungsfest auf dem Pons Sublicius statt, bei welchem die Beziehung auf den Stromgott der Stadt unverkennbar ist; und auch hier waren vornehmlich die Pontifices betheiligt, sie und die immer eng mit ihnen verbundnen Vestalischen Jungfrauen. Zuerst brachten die Pontifices gewisse vorbereitende Opfer, dann stürzten die Vestalinnen in Gegenwart der Prätoren und andrer bürgerlicher Magistrate 24 von Binsen geflochtene Menschen-Puppen, die man Argei nannte, mit zusammengeschnürten Händen und Beinen 516 von der Brücke in den StromVarro l. l. VII, 44, Paul. p. 15 Argeos, Dionys I, 38, vgl. Ovid F. V, 621 ff., Plut. Qu. Ro. 32, Macrob. S. I, 11, 47., angeblich zur Erinnerung an jene Begleiter des Hercules oder weil dieser den stellvertretenden Gebrauch anstatt der früheren Menschenopfer eingeführt habe. Und in der That sollen früher bei dieser oder einer andern Gelegenheit wirkliche Menschen, und zwar sechzigjährige Greise in den Strom gestürzt worden sein; wenigstens wird das Sprichwort sexagenarii de ponte von den Alten u. a. von einem solchen Gebrauche erklärt und auch wohl unmittelbar auf das Argeeropfer bezogenFest. p. 334 Sexagenarios, Paul. p. 75 Depontani. Zu vergleichen wären die bei der Austreibung des Todes ins Wasser geworfenen Puppen, s. Grimm D. M. 728 ff., doch paßt die Jahreszeit des römischen Opfers nicht zu dieser Vorstellung. Eher paßt der alte und weit verbreitete Glaube, daß der Stromgott, der Nix oder die Nixe, sein jährliches Opfer fordere, s. ib. 462.. Die Erklärung des griechischen Namens für diese ältesten Viertelsgenien der Stadt ergiebt sich von selbst, wenn wir annehmen, daß sie ursprünglich nach italischer Weise ohne bestimmtere Personification und Benennung verehrt wurden, wie der bei dem Cultus des römischen Hercules zu Grunde liegende Genius der Stadt und der Stadtflur, den man später mit dem argivischen Hercules identificirte. War dieses einmal geschehen, so lag nichts näher als jene ihm gleichartigen Viertelsgenien für seine Begleiter zu halten. Die andre Tradition, nach welcher sie für Saturnii galten, erklärt sich durch dieselbe Voraussetzung, daß sie die Bedeutung von örtlichen Aboriginern und segnenden Genien hatten, denn Saturnus und sein Geschlecht ist ja nur das Collectivbild für jene älteste Zeit einer paradiesischen Segensfülle. Die Binsenmänner, welche in den Strom geworfen wurden, können ursprünglich nicht die Viertelsgenien selbst, sondern nur die nach ihnen benannten Stadtviertel vertreten haben, von denen vermuthlich jedes ein solches Bild, früher also wohl einen Menschen zu dem Gesammtopfer zu stellen hatte.

Neben dem Tiber wurden in jenem Gebete der Augurn, leider weiß man nicht bei welcher Gelegenheit, auch einige seiner kleineren Nebenbäche in der Nähe der Stadt genannt, namentlich der Spino, Almo und Nodinus (Cic. N. D. III, 20, 52), besondre Gebräuche von derselben priesterlichen Behörde aber namentlich bei dem Uebergange jedes höheren Beamteten der Stadt über jeden, auch den kleinsten Nebenfluß des Tiber beobachtet: worin sich wieder der Glaube an ein jedem fließenden 517 Gewässer einwohnendes Numen deutlich ausspricht. Man nannte in diesem priesterlichen Sprachgebrauche jedes aus beständiger Quelle fließende Wasser fons manalisFest. p. 157, Paul. p. 128., hielt es aber nur dann für nöthig besondre Uebergangs-Beobachtungen, die man auspicia peremnia nannteFest. p. 245 Peremne dicitur auspicari qui amnem aut aquam, quae ex sacro oritur, auspicato transit. Das sacrum ist die Quelle, der fons manalis, vgl. Horat. Od. I, 1, 21 nunc ad aquae lene caput sacrae. Cic. N. D. II, 3, 9 klagt über die Vernachlässigung der peremnia auspicia., anzustellen, wenn aus einer derartigen Quelle der Bach zu einem amnis wurde d. h. in ein größeres Flußsystem abfloß; wie diese Auspicien denn namentlich hinsichtlich der Petronia amnis im Marsfelde erwähnt werden, welcher Bach von den Magistraten bei allen im Marsfelde vorzunehmenden Geschäften überschritten werden mußteFest. p. 250 Petronia amnis. Die Quelle dieses Bachs hieß Cati fons, Paul. p. 45. Die Augurn hatten überhaupt viel mit den Flüssen und fließendem Wasser zu thun, s. Serv. V. A. IX, 24 secundum augurum morem, apud quos fuerat consuetudo ut, si post acceptum augurium ad aquam venissent, inclinati haurirent exinde ctmanibus et fusis precibus vota promitterent, ut visum perseveraret augurium, quod aquae intercessu disrumpitur..

Auch die größeren Nebenflüsse des Tiber sind ohne Zweifel auf ähnliche Weise wie er selbst, der für ihren gemeinschaftlichen Herrn und Vater galt, verehrt worden, z. B. der schweflige Nar und der liebliche Anio, welche sammt dem Avens das sabinische Heimathland in der Gegend von Reate durchströmten, wo auch der l. Velinus und der See von Cutilia durch manche alte Sage und manchen alten Brauch geheiligt waren (S. 360). Doch hören wir von diesen Gewässern nur gelegentlich und selbst von einer religiösen Verehrung des Anio, der bei Sublaqueum (Subiaco) und Tibur vorbei das Bett des Tiber sucht, ist etwas Bestimmteres nicht überliefert. Wenn anders nicht vielleicht der bei Tibur und an dem Wasserfalle des Anio verehrte Tiburnus oder TiburtusHorat. Od. I, 7, 12 domus Albuneae resonantis et praeceps Anio ac Tiburni lucus et uda mobilibus pomaria rivis. Sueton v. Horatii: domus eius ostenditur circa Tiburni luculum. Vgl. Stat. Silv. I, 3, 74, Plin. H. N. XVI, 44, 87., welcher für einen der Gründer von Tibur galt, eigentlich der als Divus Pater und Indiges verehrte Stromgott Anio war, welcher bekanntlich jetzt allgemein Teverone heißt. Dazu kommt die Verehrung der weissagenden Nymphe oder wie man sie später nach dem Vorbilde der 518 Cumanischen Sibylle und andrer Seherinnen nannte der Sibylla Albunea, welche zu Tibur am Ufer des Anio ein Heiligthum hatte, in dessen Strom der Sage nach ihr Bild mit einem Buche in der Hand gefunden war. Ihre früher auf der Burg von Tibur im Tempel des Hercules aufbewahrten Sprüche wurden vom römischen Senat später auf das Capitol in die allgemeine Niederlage solcher Runen (sortes) geschafftLactant. I, 6, 12 nach Varro, vgl. Serv. V. A. VIII, 336 alii etiam Tiburtem dictam sc. Carmentam, Tibull. II, 5, 69, Stat. Silv. I, 3, 79, Einige übersetzten den Namen Albunea in den griechischen Leucothea, wobei man gleichfalls an Schwefel dachte; Serv. V. A. VII, 83. Die späteren Bäder heißen immer aquae Albulae, s. Strabo V, 3; 11, Vitruv. VIII, 3, Plin. XXXI, 2, 6, Sueton Octav. 82, Martial. I, 13 u. A.. Offenbar ist sie die Nymphe, die Fauna der Solfatara von Tibur, deren bereits oben S. 339 auf Veranlassung des alten und im latinischen Alterthum weitberühmten Faunusorakels von Tibur gedacht ist. Selbst der Flußgott Anio galt wegen dieses Orakels später für einen Sohn des Apollo, noch bestimmter aber wird der andre Gründer von Tibur Catillus als ein dem Faunus verwandter Prophet dadurch characterisirt, daß ihn die Sage bald einen Begleiter des arkadischen Evander, bald einen Sohn des argivischen Propheten Amphiaraos nannteSolin. 2, vgl. Horat. Od. I, 18, 2 circa mite solum Tiburis et moenia Catili, Virg. Aen. VII, 670. Catilus oder Catillus ist i. q. Catus, der Gescheute, der Seher. Es scheint daß er speciell als Gründer der Burg von Tibur verehrt wurde, wo der T. des Hercules lag.. Später waren diese Sagen freilich meist verschollen, der alte Cultus durch die Zeit verdunkelt, dagegen die Quelle zu einem häufig besuchten Heilbade geworden, dessen sich schon August bediente. Es war eine kalte Schwefelquelle, in der man entweder badete oder man trank das Wasser, namentlich sollen die Bäder zur Stärkung der Nerven und bei Verwundungen sehr heilsam gewesen sein. Eine aus diesem Orte erhaltene Inschrift spricht den Dank eines rüstigen Jägers aus, der sich in Etrurien auf der Eberjagd eine Wunde geholt hatte und bei jener Quelle Heilung fand, worauf er zum Dank sein Bild, wie er zuerst wieder zu Pferde saß, in Marmor ausgehauen neben der Quelle aufstellteS. die von Haupt und Lachmann hergestellte Inschrift bei Mommsen I. N. n. 7146. Mehr über die Quelle und die Bäder bei Canina sull' antico edifizio dei bagni delle acque Albule, Bullet. dell' Inst. Arch. 1855 p. XXXIII, die letzte Arbeit des würdigen und vielverdienten Mannes, welcher selbst in diesen Bädern Heilung suchte..

Wie man auf dem Lande die Quellen verehrte, davon giebt 519 das liebliche Gedicht des Horaz eine Vorstellung, durch welches er die Quelle seines sabinischen Landgutes, die durch ihn berühmt gewordne Quelle der Bandusia verherrlicht hat, Od. II, 13. Man bekränzte sie mit Blumen, schüttete Wein in das Wasser und schlachtete bei festlichen Gelegenheiten auch wohl ein BöckleinOder ein zartes Schweinchen, Martial. VI, 47., dessen Blut man gleichfalls in das Wasser tropfen und mit diesem dahinfließen ließ. Von der Verehrung größerer Bäche ist die des Clitumnus in Umbrien ein lehrreiches Beispiel, nach der Beschreibung des jüngern Plinius ep. VIII, 8. Seine Quelle war sehr reich und voll, das Wasser bis zur Durchsichtigkeit klar und dabei frisch wie Schnee, das Ufer reichlich mit Bäumen bestellt, die Felder der benachbarten Stadt Mevania durch diesen Fluß reich gesegnet und durch eine Zucht von weißen Stieren berühmt, deren für den Gebrauch des Gottesdienstes geweihte Farbe man der Wirkung dieses Wassers zuschriebVirg. Ge. II, 146 und dazu Philarg., Prop. II, 15, 25, Sil. Ital. IV, 544 ff., VI, 647. Vgl. Sueton Calig. 43.. Daher ein vor vielen angesehener Cultus dieses Flußgottes, dessen die Alten oft gedenken. Der Hain mit einem Tempel befand sich in der Nähe der Quelle, darin das Bild des Gottes und sogenannte sortes d. h. auf Blättern oder auf Stäben geschriebene Orakelsprüche wie die der Albunea von Tibur oder der Fortuna von Praeneste. Um den Tempel sah man viele kleinere Capellen für eben so viele Götter zweiten Ranges, deren jeder seinen Namen und seinen besondern Cultus hatte; zum Theil waren es die Götter kleinerer Quellen, die sich in den Clitumnus ergossen und als deren Herr und Vater er verehrt wurde. Ihn selbst nannte man Iupiter d. h. Divus Pater Clitumnus, welches nach Analogie des Pater Tiberinus, Pater Reatinus und ähnlicher Fälle zu erklären ist (S. 84). Ueber den Strom war eine Brücke geschlagen, welche die Grenze zwischen dem heiligen und dem profanen Theile des Flusses bildete, in welchem letzteren man baden durfte. Viele Inschriften des Danks und der Huldigung bedeckten die Säulen und die Wände des Tempels.

Um so leichter wird uns die Verehrung des Flusses Numicus oder NumiciusBeide Formen kommen vor, s. Drakenborch z. Liv. I, 2, 6. Der Name scheint verwandt zu sein mit dem des Numa und des Numitor, des frommen Bruders des wilden Amulius. bei Lavinium verständlich werden, welcher 520 die Sage und Dichtung der Latiner und Römer so viel beschäftigte. Es ist der geweihte Fluß der Vesta und der Penaten von Lavinium, in dessen Wellen Aeneas verschwunden war: ein Fluß den die Sage in früheren Zeiten reichlich und voll durch den fruchtbaren Grund von Lavinium strömen und erst später, nachdem der Gottesdienst vernachläßigt worden sei, so erbärmlich zusammenschrumpfen läßtVirg. Aen. VII, 150 Serv. Es ist entweder der Rio di Turno bei Pratica, dem alten Lavinium, oder der Rio Torto zwischen Pratica und Ardea.. Merkwürdig sind die Erzählungen wie Aeneas in diesem Flusse und durch die Kraft seines Wassers zum Indiges oder Iupiter Indiges geworden, denn als solcher wurde er an seinem Ufer in einem Haine verehrt, in welchem man den Grabeshügel des troischen Helden zeigte. Entweder opfernd oder in einem siegreichen Gefechte mit den Feinden Latiums verschwindet er plötzlich in dem Strome, worauf jenes Heiligthum gestiftet wird, bei welchem die römischen Pontifices jährlich mit den Consuln opferten. Dabei wird immer dem Wasser des heiligen Stromes die Kraft, zugeschrieben, durch welche der sterbliche Aeneas zum unsterblichen Gott geworden seiTibull. II, 5, 45 illic sanctus eris, cum te veneranda Numici unda deum coelo miserit Indigetem. Iuvenal. XI, 60 von Aeneas und Hercules: alter aquis alter flammis ad sidera missus. Vgl. Ovid Met. XIV, 588 ff. und die beiden, oben S. 83 angeführten Stellen b. Dionys I, 64 und Arnob. I, 36. Bei Liv. I, 2 und Plin. H. N. III, 5, 9 heißt der am Numicius verehrte Gott Iupiter Indiges, und dies scheint der wirkliche Cultusname gewesen zu sein. Es scheint nicht daß der Name Aeneas im Cultus hinzugefügt wurde., ja dieser Aeneas Indiges wird hin und wieder geradezu wie der im Numicius waltende und herrschende Flußgott beschrieben, so daß er ursprünglich wohl nichts Anderes gewesen ist als der Divus Pater Numicius, der Flußgott als Indiges und als Stifter der Penatenstadt Lavinium gedacht, deren Vestadienst mit diesem Culte durch den Gebrauch seines heiligen Wassers eng verbunden war. Vielleicht war es nur die Folge einer Namensverwechslung, hier und in andern Fällen, daß Aeneas, als die Sage von ihm einmal eingedrungen war, mit diesem Indiges identificirt wurde, so gut wie bei der Anna Perenna, wobei zuerst gewiß nur die beständige Strömung (amnis perennis) der Numiciusquelle gemeint war, dann aber die karthagische Anna durch die geschäftige Sage herbeigezogen wurdeOvid F. III, 647 ff., vgl. oben S. 305 und Sil. Ital. VIII, 50 ff. Da das Wort und der Begriff amnis zugleich männlich und weiblich ist und in der älteren und ländlichen Sprache wohl auch etwas anders gelautet hat, vgl. Mommsen Unterit. Dial. S. 248, so könnte der amnis Numicius wohl auch den Namen des Aeneas herbeigezogen haben. Hat man in gläubigen Zeiten doch selbst das Janiculum des Namens wegen für eine Gründung des Aeneas erklärt..

521 Unter den Flüssen Campaniens hat jedenfalls der Volturnus d. h. der sich Wälzende, der Rollende, von volvere (Vol–t–urnus, wie Sae–t–urnus, Iu–t–urna) einen lebhaften Cultus der ganzen Umgegend veranlaßt, wie sich davon auch noch in dem feriale Capuanum einige Spuren erhalten habenS. oben S. 146. Am 1. Mai und am 25. Juli sind Lustrationen am Fluß d. h. am Volturnus vorgeschrieben, die erste bei Casilinum, an derselben Stelle, wo das jetzige Capua liegt, die andre bei der Brücke der Dianenstraße, welche von Capua in nordöstlicher Richtung zum Flusse und zum T. der Diana auf dem Berge Tifata führte.. Auffallend ist es daß wir denselben Cultus auch in Rom finden, wo noch die Kalender der Augusteischen Zeit am 27. August eine Feier der Volturnalia anmerken und dieselbe in einem dieser Kalender ausdrücklich für ein dem Flusse Volturnus dargebrachtes Opfer erklärt wirdAlle Kalender bemerken zum 27. Aug. VOLT oder VOLTVRN., das Kal. Capranic. nach der Ausg. von Mommsen I. N. n. 6748 setzt hinzu: VOLTVRN. FLVMINI SACRIFICIVM. Auch bei Varro l. l. VI, 21 ist deshalb zu schreiben Volturnalia a deo Volturno, cuius feriae tum, vgl. Paul. p. 379 Volturnalia Volturno suo deo sacra faciebant, cuius sacerdotem Volturnalem vocant, d. i. der flamen Volturnalis s. oben S. 400. Freilich konnten beide Namen, Volturnus und Vortumnus, in der Aussprache leicht verwechselt werden., welcher nicht wohl ein andrer sein kann als der durch ganz Italien bekannte Fluß von Capua oder Volturnum, wie diese Stadt in früherer Zeit geheißen hatteLiv. IV, 37. Es gab auch eine römische Colonie Volturnum unweit der Mündung des gleichnamigen Flusses, Varro l. l. V, 29.. Also bleibt nichts Anderes übrig als eine Uebertragung dieses Cultus von Capua nach Rom anzunehmen. Vermuthlich geschah es in der Zeit (seit dem J. 543 d. St., 211 v. Chr.), wo die Römer die Stadt Capua gänzlich aufhoben und von ihrem reichen Gebiete in solcher Weise Besitz ergriffen, daß Rom fortan an die Stelle von Capua tratLiv. XXVI, 16. Daher die Capuanischen Münzen mit dem Namen der Römer.: bei welcher Gelegenheit also jener Cult des Flußgottes und alten Eponymen der Stadt nach Rom übertragen worden wäre, wie bei andern Gelegenheiten die Culte von Alba, von Veji, von Lanuvium u. s. w. Wie sehr im Uebrigen durch ganz Campanien und überhaupt im südlichen Italien die Flüsse und Quellen den Glauben und die 522 Einbildungskraft der Bevölkerung beschäftigten, beweisen theils die Münzen der griechischen Städte z. B. die von NeapelDessen Flußgott Sebethus auf Münzen und Inschriften als Gott erscheint, s. Or. n. 1647, Mommsen I. N. n. 2445 und die Münzen im Bullet. Arch. Napol. 1852 n. 3. 6. 8. t. IV. Vgl. die Inschriften aus der Umgegend von Neapel bei Mommsen I. N. n. 2599 Numini Nympharum und Or. 1648 Nymphis Aufidi Servatric. Sacr. Eine interessante Sammlung von großgriechischen Münzen mit verschiedenen Bildern von Flußgöttern giebt Riccio repert. delle monete di città antiche Nap. 1852 t. 1., theils die hin und wieder erzählten Fabeln von sterblichen Menschen, welche in die Quelle eines Flusses gestürzt zu gehörnten Flußgöttern geworden (S. 85, 109), oder von Flußgöttern, denen ein Silvan entspringt (S. 351) u. dgl. m.

Eine andre Reihe von gottesdienstlichen Beobachtungen und entsprechenden Sagen schließt sich an die vielen Warmbäder und Heilquellen, welche durch ganz Italien sehr zahlreich waren und im Alterthum auch von Leidenden aller Art überall sehr fleißig besucht wurden. Die warmen Bäder waren insgemein nach griechischer Sitte dem Hercules geweiht, daher sich die Fabel von der Geryonsfahrt und seiner Wanderung durch Italien auch in Padua festgesetzt hatteSueton Tib. 14. Vita Theodorici p. 149. Thermen des Hercules bei Caere erwähnt Liv. XXII, 1, zu Allifae in Samnium eine Inschrift b. Mommsen I. N. n. 4758.. Anderswo hielt man solche Heilquellen oder Gewässer von heilender Kraft für eine Gunst der Ortsgottheit und warf allerlei fromme Gaben für sie ins Wasser, Münzen, kleine Götterbilder, Köpfe oder andre Gliedmaßen des menschlichen Körpers, welche geheilt worden waren: von welcher Sitte sich ein merkwürdiges Beispiel in einem Alpensee auf Mte Falterona, auf welchem der Arno entspringt, erhalten hatS. Braun im Bullet. dell' Inst. 1842 p. 179–184, G. Dennis die Städte und Begräbnißpl. Etruriens S. 431 ff.. Wo dagegen vulkanische Wirkungen, namentlich aufsteigende Schwefeldämpfe beobachtet wurden, an denen Italien so reich ist und im höhern Alterthum noch reicher war, da pflegte man die Mefitis anzubeten, welcher wir als einer alten italischen Gottheit im mittleren Italien nicht selten begegnen, z. B. beim See von Amsanctum im Waldgebirge der Hirpiner, neben welchem sich eine der Mefitis geheiligte Höhle befand, aus welcher wie aus der Höhle am Averner See bei Cumae (S. 463) erstickende Dämpfe aufstiegen, daher man auch hier an einen Eingang in die Unterwelt glaubteDie schöne Beschreibung des Orts b. Virg. Aen. VII, 563 ff., zu welcher Stelle Servius bemerkt, daß Varro alle gleichartigen Stätten in Italien aufgezählt hatte. Vgl. Plin. H. N. II, 93 und 107, Cic. de Divin. I, 36, 79, Claudian r. Proserp. II, 350. Amsanctum ist, wie Serv. A. VII, 565 richtig erklärt, locus amsanctus i. e. omni parte sanctus.. Auch in Tibur wurde 523 Mefitis verehrt und zwar als Mann neben der AlbuneaVirg. A. VII, 84 Albunea nemorum quae maxima sacro fonte sonat saevamque exhalat mefitim. Dazu Servius: Mefitis proprie est terrae putor, qui de aquis nascitur sulfuratis – Alii Mefitim deum volunt Leucotheae (d. i. Albuneae) connexum., desgleichen in Rom, wo es einen lucus Mefitis auf den Esquilien gab, ein sicherer Beweis daß auch dort einst gasartige Dämpfe aufgestiegen warenVarro l. l. V, 49, Fest. p. 351 a., ferner zu Benevent in Samnium, zu Potentia in Lucanien, zu Atina in Campanien u. s. w., auch zu Cremona in der LombardeiTacit. Hist. III, 33, vgl. Mommsen I. N. n. 376–378, 1403, 4540, Henzen n. 5808 ff.. Auf der Insel Ischia hatte man bei vollkommner Hellenisirung des Orts die gleichartigen Heilquellen dem Heilgotte Apoll und den Nymphae oder Lymphae Nitrodes oder Nitrodae gewidmet, welche aus Bildwerken und Inschriften bekannt sindL. Stephani Ind. Schol. Dorp. a. 1850, Braun Ant. Marmorw. II t. Vb, Gerhard Neap. Ant. Bildw. S. 142 n. 546. 547, Mommsen I. N. n. 3513–3518. Der Ort heißt noch jetzt Nitroli. Den Bildwerken zufolge scheinen dort auch gymnische und musische Spiele gefeiert worden zu sein..

Auch der Cultus der Paliken in Sicilien mag sich hier anschließen, da er mehr der einheimischen Bevölkerung als den Griechen angehört zu haben scheint und diese Paliken wesentlich Dämonen von Schwefelquellen waren, die von vulkanischen Kräften getrieben wurden, freilich unter sehr eigenthümlichen und auffallenden Bedingungen, welche dem Naturgefühl der Alten um so mehr imponirten. Aeschylus hatte sie in einer seiner Tragödien verherrlicht und ältere und neuere Reisende und Gelehrte haben sich oft mit dieser Erscheinung beschäftigtMacrob. S. V, 19, 15 ff. Vgl. G. Michaelis, die Paliken, ein Beitrag zur Würdigung altitalischer Culte, Dresd. 1856.. Der Ort befand sich im Oberlande des Flusses Symäthos, schon im Innern der Insel, zwischen Enna und Syracus; wahrscheinlich ein zusammengestürzter Krater, in dessen innerster Senkung sich noch jetzt bei nasser Jahreszeit Wasser zu sammeln pflegt, welches durch vulkanische Dämpfe, die aus der Tiefe durch verschiedene Löcher aufsteigen, emporgetrieben wird. In alter Zeit muß diese Wirkung und Erscheinung weit energischer gewesen 524 sein, da gewöhnlich von zwei Becken (Krateren) in diesem Grunde die Rede ist, aus denen das heiße und erstickende Dämpfe verbreitende Schwefelwasser bei unergründlicher Tiefe immer von neuem aufgähre und in hohen Sprudeln emporspringe. In der Nähe dieses Phänomens wurden jene Paliken als wohlthätige Dämonen verehrt, obwohl sie eigentlich nur die personificirte Naturerscheinung selbst waren. Bald hießen sie Kinder des Adranos, eines durch ganz Sicilien von der indigenen Bevölkerung verehrten Halbgottes, bald des Vulcan und der Nymphe Aetna, bald, und dieses war die durch Aeschylus verherrlichte Fabel, nannte man sie Söhne des Zeus und der Thalia, einer Tochter des Vulcans vom Aetna, welche sich aus Angst vor der eifersüchtigen Juno in die Erde flüchtet, worauf diese anstatt ihrer die Paliken gebiertDaher der Name, πάλιν γὰρ ἵκουσ’ ἐκ σκότους τόδ’ εἰς φάος, wie es bei Aeschylus hieß. Vgl. die Beschreibungen der Sprudel b. Strabo VI, p. 275, Silenos b. Steph. B. v. Παλική. Es ist eine Nachbildung der böotischen Fabel von der Geburt des Tityos. Vermuthlich ist weder der Name Delli noch der der Palici griechischen Ursprungs.. Doch unterschied man an dem Orte selbst zwischen den beiden Sprudeln, die man Delii nannte, und den göttlich verehrten Paliken, welche für Heilgötter und gute Genien des Ackerbaus und der Schiffahrt galten. Bei jenen Sprudeln pflegten auch Reinigungseide unter eigenthümlichen Gebräuchen abgelegt zu werden, indem man die Schrecknisse des Orts zur Erschwerung des Gewissens und das Auf- und Niedersteigen der Schwefelsprudel zu einer Art von Gottesurtheil benutzte, dahingegen das benachbarte Heiligthum der Paliken auch als Orakel und Asyl für Sklaven häufig aufgesucht wurde, auch in dem sicilischen Sklavenkriege, welcher hier sogar recht eigentlich seinen Heerd hatte. 525


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