Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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1. Mars.

Mars war neben Jupiter der eigentliche Haupt- und Stammgott der italischen Bevölkerung. Sowohl bei den Umbrern wurde er verehrt, wie dieses die Urkunden von Iguvium und andre Denkmäler bezeugenVgl. die in der Nähe von Iguvium mit einem Bilde des Mars gefundene Inschrift Marti Cyprio b. Or. n. 4950. 51, Henzen n. 5669, oben S. 249 und Sil. Ital. Pun. IV, 220 Gradivicolam celso de colle Tudertem., als bei den Sabinern, Pelignern, Aequern, Hernikern, Faliskern und Latinern, bei welchen Völkern ihm nach Ovid F. III, 87 ff. ein eigner Monat geheiligt war. Ihm pflegte die alte Gebirgsbevölkerung jene heiligen Frühlinge ihrer Felder, ihrer Weiden und der Landesjugend zu weihen, welche für die älteste Geschichte Italiens so wichtig sind. Von Mars und seinen heiligen Thieren geführt suchte und fand diese geweihte Jugend, sobald sie herangewachsen war, außerhalb der Landesgrenzen eine neue Heimath, die Samniter unter der Führung eines Ackerstiers, die Picenter unter der des Spechtes, die Hirpiner unter der des Wolfes, bis endlich die Mamertiner, der letzte und südlichste Sproß dieses lange anhaltenden Auswanderungstriebes, den Namen und die Verehrung des alten Stammgottes bis hinüber nach Sicilien trugen. Auch die Latiner und vollends die Römer bekannten sich seit alter Zeit vorzüglich zu 296 diesem Gotte. Wie in dem Stammlande der latinischen Aboriginer in einem Orte ein sehr alter Tempel des Mars, in einem andern, Tiora Matiene, ein eben so altes Orakel des Mars genannt wird, wo der Specht auf einer hölzernen Säule sitzend weissagte (Dionys 1, 14), so finden sich entsprechende Anlagen am latinischen Strande zu Laurentum, dem mythischen Königssitze des Picus, dessen Sohn Faunus, der Vater des Latinus, ein Abkömmling des Mars, in der Landessage für den Begründer der Landescultur galt. Rom aber hatte seinen Dienst des Mars sogar aus einer doppelten Quelle bekommen, den Palatinischen Mars mit seiner Umgebung des Picus und Faunus und der Sage von Romulus und Remus von den albanischen Latinern, und den Quirinus d. h. den sabinischen Mars des Quirinals, der später mit dem vergöttlichten Romulus identificirt wurde, von den Sabinern von Cures, welche mit diesem örtlichen Gottesdienste auch den Namen der Quiriten nach Rom gebracht hatten.

Der alte Wortstamm des Namens scheint mar oder mas zu sein und die männliche Kraft eines zeugenden und aufregenden Gottes zu bedeuten, welcher in der älteren Zeit auch Naturgott war, aber den späteren Generationen bei einseitiger Auffassung immer mehr zum Kriegsgotte schlechthin geworden istVgl. Corssen über die Formen und Bedeutungen des Namens Mars in den italischen Dialekten, Ztschr. f. vgl. Sprachforschung Bd. 2 (1853) S. 1–35. Andre etymologische Erklärungen s. b. Mommsen unterit. Dial. S. 276, welcher die Formen Mavors und Maurs für die ursprünglichen und die Bedeutung des Abwendens und Abwehrens, das avortere, für die primitive hält, und b. Bergk Zeitschr. f. A. W. 1856 n. 17 S. 143, welcher Mars für einen Sonnengott erklärt. Vgl. auch A. Kuhn in Haupt's Zeitschr. f. D. Alterth. V, 491 und L. Meyer z. ältesten Gesch. d. griech. Mythol. S. 47, welche den italischen Mars wie den griechischen Ares für einen Gott des Sturms halten und auf die Sanskr. Wurzel marút Sturm zurückgehn.. Aus mar entsteht durch Reduplication Marmar und Marmor, unter welchem Namen der Gott im Liede der Arvalischen Brüder um Schutz und Segen der Felder angerufen wird. In der Declination ist aus demselben Stamme Mar-s Mar-t-is geworden, dahingegen in der Zusammensetzung mit dem patriarchalischen Ehrenprädicate pater die Form MaspiterVarro l. l. VIII, 49, IX, 75, X, 65. Der Genitiv war nach Priscian Maspiteris oder Maspitris. Vgl. Fest. p. 161 Marspedis sive sine r littera Maspedis in precatione Solitaurilium. auf den Stamm mas zurückweist, Marspiter aber die gewöhnliche Zusammensetzung mit der schon zur Declination vervollständigten Form Mars ist. Aus derselben Form Mars ist ferner durch Einschiebung eines V geworden 297 Maurs, welche sich in einer alterthümlichen Inschrift aus Tusculum erhalten hatHenzen z. Or. n. 5674 M.FOVRIO.C.F.TRIBVNOS.MILITARE.DE.TRAIDAD.MAVRTE.DEDET., daraus das gewöhnlichere Mavors. Noch andre Bildungen desselben Stamms sind die Eigennamen Marius und Marcius, desgleichen Mamurius, der Name des Schmiedes der Ancilien, die Adjectivbildung einer Nebenform Mamor; endlich im sabinischen und oscischen Dialect der Name des Mamercus, eines Sohns des Numa, von welchem die Mamerci Aemilii ihren Namen ableiteten, und der Volksname der Mamertini, beide von der Nebenform MamersPaul. p. 131 Mamercus und Mamers, Fest. p. 158 Mamertini, Plut. Numa 8.. Der Wurzelbegriff aller dieser Formen ist wie gesagt die männliche und zeugerische Kraft eines Gottes, welcher sich sowohl in der Natur als unter den Menschen durch kräftigen Trieb und belebende Erregung offenbarte, durch den Frühling in Wäldern und Feldern, durch Befruchtung der Heerden und des ehelichen Bundes, begeisternde Gemüthswirkung, mannhafte Thaten, starkes Heldenthum und siegreiche Kriegsführung.

Das hohe Alterthum dieser Religion bestätigt sich durch die Merkmale eines dem Mars geweiheten Baumcultus und einer mit diesem Dienste eng verbundenen Thier- und andrer Symbolik. Auch dem Mars wurden hin und wieder die ältesten Bäume der Vorzeit geheiligt, Eichen, Feigenbäume und andre BäumeQuercus antiqua Marti sacra, Sueton Vespas. 5, Mars Ficanus b. Henzen n. 7194, vgl. oben S. 98. Auch der angeblich aus einer Lanze des Romulus entsprungene Cornelkirschbaum auf dem Palatin, Plut. Rom. 20, Serv. V. A. III, 46, Arnob. IV, 3, war vermuthlich ein altes Heiligthum des Mars.. Seine beiden heiligen Thiere sind der Wolf und der Specht, jener ein Bild alles grimmigen und gefräßigen Wesens, wie es dem alten Wald und Kriegsgotte am meisten zu entsprechen schien, dieser ein Symbol aller Heimlichkeit des Waldes, wie sie sich in den Orakeln des Mars und des Faunus in dunkeln Stimmen und Sprüchen offenbarte. Der Wolf hieß bei den Römern deswegen schlechtweg lupus Martius oder lupa Martia, sein Bild stand in den Tempeln des Gottes, seine Erscheinung im freien Felde bedeutete die Hülfe des MarsLiv. X, 27, XXII, 1, vgl. Cic. d. Divin. 1, 12, 20, Horat. Od. 1, 17, 9, Virg. Aen. IX, 566, Prop. IV, 1, 55, Justin XLIII, 2, 7, Serv. V. A. 1, 273, II, 355 u. A. Allerlei Aberglaube bei Plin. H. N. XXVIII, 10, 44; 20, 81 und Serv. V. A. IV, 458. Auch glaubte man so gut in Italien wie in Arkadien und Deutschland an Wehrwölfe, s. Varro b. Augustin. C. D. XVIII, 17, Virg. Ecl. VIII, 97, Plin. VIII, 22, 34, Petron. Sat. 62.; allbekannt ist die 298 Theilnahme der Wölfin an der Rettung und Ernährung der römischen Zwillinge. Was die Bedeutung dieses Symbols betrifft, so wird von den Alten natürlich immer am meisten das Grimmige, Blutige, Tückische, den Heerden und aller menschlichen Ansiedelung Feindliche des Wolfes hervorgehoben. Doch scheint dieses Thier wie in den Religionen und Mythologieen andrer Völker, so auch in Italien neben dieser nächsten Bedeutung des blutigen Mörders die allgemeinere des Wüsten und Unheimlichen überhaupt gehabt zu haben, namentlich die des Winters und seiner allegorischen Nebengedanken: wie andrerseits die Götter, deren Symbol der Wolf ist, nicht blos als seine gleichartigen Herrn und Meister, sondern auch als seine Feinde und Ueberwinder, also als Repräsentanten einer belebenden Naturmacht gedacht werden, namentlich als Frühlingsgötter, wie der griechische Apollo λυκοκτόνος und der römische, zum Kreise des Mars gehörige Faunus Lupercus. Einfacher ist das Bild des Spechtes, des picus Martius, wie er gewöhnlich in Italien hieß, und des in den Sagen und Bildern Italiens wie andrer Völker oft mit ihm verwechselten Wiedehopfes. Immer erscheint er als Waldvogel und Waldgräber schlechthin, der einsam wohnt und gräbt und hackt und um allerlei verborgene Kunde und Schätze weiß, dabei aber auch mit seinem mächtigen Schnabel und dem Büschel auf seinem Haupte den Eindruck eines martialischen Thieres machtePlut. Qu. Ro. 21 καὶ γὰρ εὐϑαρσὴς καὶ γαῦρός ἐστι καὶ τὸ ῥύγχος οὕτως ἔχει κραταιόν, ὥστε δρῦς ἀνατρέπειν ὅταν κόπτων πρὸς τὴν ἐντεριώνην ἐξίκηται. Bei den Griechen heißt der Specht wegen seines Schnabels πελεκᾶς, παρὰ τὸ πελεκᾶν τὰ ξύλα, wie der Schnabel des Wiedehopfs πελεκὺς hieß, s. Plin. X, 18, Aelian H. A. 1, 45, III, 26. Als Schatzgräber erscheint er bei Plaut. Aulul. IV, 8, 1 Pici divitiis, qui aureos montes colunt, vgl. Non. Marc. p. 152. Keltisch bedeutete becco den Schnabel des Hahns, s. Sueton Vitell. 18, vgl. in den romanischen Sprachen becco, bec, bicco.. Sein italischer Name picus (umbrisch peiqu) sollte wahrscheinlich den Schall seiner einsamen Schnabelarbeit im Walde ausdrücken, wenn er als Baumhacker (δρυοκολάπτης) im Walde pickt. In dem latinischen Marsdienste und in den entsprechenden Sagen erscheint er zugleich als Seher und als Krieger, in andern italischen Traditionen vorherrschend als der Prophet des Mars. Die am adriatischen Meere ansässigen Picenter mit der Hauptstadt Asculum, ein Zweig der Sabiner, leiteten 299 bekanntlich ihren Namen davon ab daß ihren Vätern beim Auszuge aus der Heimath der heilige Vogel des Mars als Führer vorangezogen seiPaul. p. 212 Picena regio, Strabo V p. 240..

Außer diesen Thieren des Waldes waren aber auch die der Cultur vorzugsweise dem Mars geheiligt, der Ackerstier und das Streitroß, auch die Heerden der Lämmer und der Schweine; wenigstens wurden ihm von allen diesen Thieren Opfer dargebracht und als eine Auswahl des Heerdenreichthums überhaupt vorzüglich ihm die Suovetaurilien, so daß er also jedenfalls eben so sehr Culturgott gewesen ist, namentlich in den Kreisen der Viehzucht, als blutdürstiger Kriegsgott. Der Ackerstier (bos arator), ein Bild alles Ackerbaus und aller darauf beruhenden Cultur, die Mars als arvalis behütet, schritt den Samnitern als ein von Mars gesendeter Führer voran, als sie gen Süden zogen und die Stadt Bovianum gründeten; das kriegerische Streitroß (equus bellator) wurde dem Mars zu Rom nach altem Brauche bei den Feierlichkeiten des 15. Octb. im Marsfelde geopfert. Auch scheint die Pferdezucht, welche im innern Italien bei den vielen Bergweiden sehr gut gedieh, gleichfalls unter dem Schutze des Mars gestanden zu haben, da ihm die sehr beliebten Wettrennen (Equina) gefeiert wurden. Immer ist dabei vorzugsweise an das edle, das ritterliche Streitroß zu denken, welches in der Schlacht, wenn die Trompete ruft, so begeistert und wie zusammengewachsen mit seinem Reiter dahinstürmtVirg. Ge. III, 83, vgl.Lucret. II, 662 lanigerae pecudes et equorum duellica proles und den Ausdruck equus bellator b. Virg. Aen. X, 891, XI, 89, Prop. IV, 4, 14, Ovid F. 1, 698, II, 12, Met. XV, 368 u. A. Wenn die Dichter von den Rossen des Mars sprechen, so ist immer an seinen Kriegswagen zu denken, s. Virg. Aen. XII, 332, Georg. III, 91, Horat. Od. III, 3, 16, Ovid F. II, 856 u. A., eine Zierde des Mannes und das Abzeichen des ritterlichen Standes, wie er durch ganz Italien blühte und sowohl den höheren Wohlstand als die feinere Bildung in sich vereinigte. Nur daß als Schutzpatrone dieses ritterlichen Standes auch in Rom sehr früh nach griechischer Sitte die Dioskuren verehrt wurden, dahingegen Mars als kriegerisches Idealbild entweder Gradivus ist d. h. schwerbewaffneter Kämpfer zu Fuß oder nach Art der griechischen Heroendichtung auf dem Kriegswagen kämpft.

Den Kriegsgott Mars bezeichnete weiter das alte Symbol der Lanze (hasta, curis), sowohl bei den Latinern als bei den Sabinern, in frühester Zeit vermuthlich die einzige bildliche 300 Vergegenwärtigung des streitbaren Gottes. Daher die heilige Lanze des Mars in der Regia zu Rom, welche man schlechthin Mars nannte (Plutarch Rom. 29) und der sabinische Quirinus, dessen Cultus in dem Institute der Salier zu Rom mit dem des Palatinischen Mars früh verschmolzen wurde; weshalb auch die hastae Martiae der Regia, und dieser Plural ist häufiger als der Singular, höchst wahrscheinlich von zwei Lanzen, einer des Mars und einer des Quirinus, wie diese Götter in dem alten Göttersystem des Numa neben einander erscheinen (S. 57), zu verstehen sind. Es gehörte zu den schwersten und bedeutungsvollsten Prodigien, wenn diese Lanzen sich von selbst bewegten. Der Pontifex Maximus, welcher in der Regia wohnte, mußte darüber alsbald an den Senat berichten, welcher dann die Consuln mit der feierlichen Sühnung zu beauftragen pflegteGell. N. A. IV, 6, vgl. Jul. Obseq. 60. 96. 104. 107. 110, Liv. XL, 19.. Und zwar war dieses nicht allein in Rom der Fall, sondern auch in andern latinischen Städten, wie die gleichartige Meldung eines solchen Prodigiums aus Präneste bei Liv. XXIV, 10 beweist. In Rom wurden neben jenen heiligen Lanzen der Regia auch die Ancilia der Salier bewahrt und in gleichem Sinne beobachtet, daher auch von ihnen bei solchen Prodigien wiederholt die Rede istLiv. Epit. LXVIIl, vgl. Iul. Obseq. 104, Dio XLIV, 17, Io Lyd. IV, 42..

Als Gott der Befruchtung war Mars zunächst Frühlingsgott, wie dieses sowohl aus der römischen Märzfeier als daraus erhellt, daß ihm das ver sacrum d. h. der ganze Ertrag des jungen Jahres, namentlich der Monate März und April geweiht zu werden pflegte. Zwar haben die Römer nach ihrer Weise auch den Beginn des neuen Jahres mit dem Märzmonate durch die kriegerischen Eigenschaften des Gottes erklären wollen, s. Fest. p. 150 Martius mensis, Ovid F. 1, 39, III, 79 ff., doch ist der heilige Monat des Mars so deutlich Frühlingsmonat, daß auch dieses nicht verkannt werden konnteVgl. Ovid F. III, 235 ff., und Isidor Orig. V, 33, 5 Martius – propter Martem Ro. gentis auctorem vel quod eodem tempore cuncta animantia agantur ad mares et ad concumbendi voluptatem., und sowohl die Art der Feier als die allgemeine Verbreitung dieses Monats bei den LatinernVerrius Fl. Fast. Praen.: Martius ab Latinorum deo Marte. Appellandi itaque apud Albanos et plerosque populos Latii mos idem fuit ante conditam Romam. Vgl. Ovid F. III, 87 ff., endlich die allgemeine Analogie der Monatsbenennung 301 beweist, daß die Beziehung auf die Natur und die Erneuerung des Jahres die ursprünglichere war. Auch wurde Mars bei vielen andern Gelegenheiten als Gott der natürlichen Production gefeiert, selbst im October, da ihm das Pferd ob frugum eventum dargebracht wurde. So baten auch die Arvalischen Brüder bei der Feier der Dea Dia im Mai den Mars und die Laren der Stadtflur um Schutz und Segen der Aecker und Cato in seiner Schrift über den Landbau nennt den Vater Mars wiederholt unter den mächtigsten Göttern der Viehzucht und des Ackerbaus. Der Viehzüchter soll zum Mars Silvanus im Walde beten und für jedes Stück Rindvieh eine eigne Spende darbringen (83), zum Mars Silvanus aus demselben Grunde, aus welchem in Italien alle Waldgötter zugleich Götter der Viehzucht sind, Faunus, Silvanus und Pales, weil nehmlich die Viehweiden meist im Walde oder zwischen den Wäldern lagen d. h. sogenannte saltus warenVgl. Varro l. l. V, 36 quos agros non colebant propter silvas aut id genus, ubi pecus possit pasci, et possidebant, ab usu salvo saltus nominarunt; haec etiam Graeci νέμη, nostri nemora. Vgl. L. Spengel üb. d. Kritik d. Varron. Bb. d. ling. lat. Münch. 1854 S. 42. Fest. p. 302 Saltum Gallus Aelius l. II significationum quae ad ius pertinent ita definit: Saltus est ubi silvae et pastiones sunt, quarum causa casae quoque. Si qua particula in eo saltu pastorum aut custodum causa aratur, ea res non peremit nomen saltuis. Auch die Hirtengöttin Pales ist silvicola, Ovid F. IV, 746.. Der Ackersmann aber soll bei der ländlichen Ceremonie der Ambarvalien d. h. der Flurweihe also beten (141): »Vater Mars, ich flehe zu Dir und bitte Dich, daß Du mir, meinem Hause, meinem ganzen Hausstande günstig und gnädig sein wollest: zu welchem Behufe ich die Suovetaurilien um meinen Acker, mein Land, mein Grundstück habe herumführen lassen. Daß Du alle Krankheiten, sichtbare und unsichtbare, alle Seuche und Verheerung, Schaden und böse Witterung abhalten, abwehren und abwenden mögest. Daß Du allen Feldfrüchten, allem Korn und dem Weinberge und Baumgarten gutes Gewächs und gutes Gedeihen gewähren, Hirten und Vieh behüten, und mir, meinem Hause und Hausstande gute Gesundheit und alles Heil verleihen mögest«. Allerdings erscheint Mars bei solchen Gebräuchen zugleich als Verleiher des natürlichen Segens und als averruncusAuch der Deus Averruncus bei Varro l. l. VII, 102, Gellius N. A. V, 12, 14 ist höchst wahrscheinlich Mars. d. h. als Abwender alles Schadens den Krankheit, böse Witterung oder auch der Krieg und andre Calamität 302 den Feldern zufügt. Doch würde ihm und andern Göttern diese Macht der Abwendung nachtheiliger Einflüsse nicht zugeschrieben sein, wenn sie nicht ihrem Wesen nach als gute und segnende Götter gedacht worden wären, wie er denn auch am 25. April bei der Feier der Robigalien neben der Robigo als Schutz gegen den Kornbrand angerufen wurdeTertull. d. Spectac. 5 Post hunc (Romulum) Numa Pompilius Marti et Robigini fecit. Vgl. Ovid F. IV, 907 ff., Plin. H. N. XVIII, 29.. Selbst der Umstand, daß der dem Mars geweihte Monat in den verschiedenen Kalendern in verschiedene Jahreszeiten fiel (S. 143), beweist daß bei den verschiedensten Gelegenheiten zu ihm um den Segen des Jahres gebetet wurde.

Noch deutlicher wird diese Beziehung des Mars zur Natur der Dinge und zur Erneuerung des Jahrs hervortreten, wenn wir die verschiedenen Göttinnen ins Auge fassen, mit welchen ihn der Cultus und die in seinem Kreise gleichfalls besonders lebendige Mythologie der Römer in eine nähere Verbindung setzte. Zunächst gehört dahin die Juno, sowohl als Geburtsgöttin (Lucina) als als Göttin der Ehe, daher Mars sowohl an den Kalenden des März als an denen des Juni von den Matronen neben der Juno gefeiert wurde. Die mythologische Begründung ist unklarOvid F. III, 169 Cum sis officiis Gradive virilibus aptus, Dic mihi matronae cur tua festa colant. Vgl. VI, 191 und Verr. Fl. Fast. Praen. 2. März. Ovid giebt F. III, 231 ff. verschiedene Erklärungen., doch scheint es wohl daß man sich später die Juno nach griechischer Weise als Mutter des Mars und den ersten März als seinen Geburtstag dachte; wozu das Mährchen erzählt wurde, daß Juno durch die Berührung einer wunderbaren Frühlingsblume, also ohne Mitwirkung des Jupiter die Mutter des Mars geworden seiOvid F. V, 253. Die Einkleidung der Fabel ist ganz griechisch. Doch wurde Iuno Lucina mit einer Blume in der Hand abgebildet (S. 244) und die Frauen trugen in jenen Tagen Frühlingsblumen in ihren Tempel. Einige erklärten sogar den Namen Gradivus, quia gramine sit ortus. Paul. p. 97.. Der wirkliche Grund mag darin gelegen haben, daß Mars in älterer Zeit und namentlich bei den Sabinern auch als Schutzgott der Ehe und des ehelichen Lebens verehrt wurde, in welcher Hinsicht sein Verhältniß zur Nerio besonders merkwürdig ist. Dieses war eine sabinische Göttin (Nerio Nerienis, wie Anio Anienis), welche bald für die Minerva bald für die Venus erklärt wird, also sowohl die Eigenschaften einer kriegerischen als einer befruchtenden Liebesgöttin gehabt haben 303 muß. Dem Namen nach entsprach sie meist der römischen Virtus, denn Nero bedeutete in der sabinischen Sprache i. q. fortis und strenuus, beide Wörter aber, Nero und Nerio, auch das umbrische nerf der iguvinischen Tafeln, sind zurückzuführen auf den Sanskritstamm nar (nr), mit dem auch das griechische ἀνήρ zusammenhängtGell. N. A. XIII, 23 (22), Sueton Tib. 1, Io Lyd. d. Mens. IV, 42, vgl. Pott etymol. Forsch. 1, 106, Aufrecht und Kirchhoff Umbr. Sprachdenkm. 2, 157, Ebel in der Zeitschr. f. vgl. Sprachf. 1, 307 u. A. Auch die Namen Nerius, Neria, Neratius gehören dahin.. Als die Gattin des Mars und als sabinische Schutzgöttin der Ehe erscheint sie in einem merkwürdigen Bruchstücke älterer römischen Annalen, wo Hersilia bei der bekannten Intercession der Sabinerinnen während des Kampfes der Römer und Sabiner also betet: Neria Martis te obsecro, pacem da, te uti liceat nuptiis propriis et prosperis uti, quod de tui coniugis consilio contigit uti nos itidem integras raperent, unde liberos tibi et suis, posteros patriae pararentGellius a. a. O. Vgl. Roeper im Philologus 1852 S. 591.: wobei wieder zu bedenken ist daß der Raub nur eine alte Form der Brautwerbung war, daher Mars als Anstifter dieses Raubes und Gemahl der Nerio gleichfalls ein Schutzgott und Anstifter der Ehe gewesen sein muß; wie denn auch die matronale Feier des Mars und der Juno am 1. März nach Ovid desselben Raubes der Sabinerinnen dachte (S. 245). Ja es scheint wohl daß die Ehe des Mars und der Nerio selbst in dieser Hinsicht vorbildlich d. h. eine durch Raub geschlossene war; wenigstens wissen verschiedene Schriftsteller von einer heftigen, aber abgewiesenen Liebe des Mars zur Nerio oder MinervaPorphyrion z. Horat. Ep. II, 2, 209 Maio mense religio est nubere et item Martio, in quo de nuptiis habito certamine a Minerva Mars victus est et obtenta virginitate Minerva Nerine est appellata. Vgl. Martian. Cap. 1, 3, 1 certumque esse Gradivum Nerienis coniugis amore torreri. Io Lyd. d. Mens. IV, 42, am 23. werde das Tubilustrium gefeiert, καὶ τιμαὶ Ἄρεος καὶ Νερίνης, ϑεᾶς οὕτω τῇ Σαβίνων γλώσσῃ προσαγορευομένης, ἣν ἠξίουν εἶναι τὴν Ἀϑηνᾶν ἢ καὶ Ἀφροδίτην. Vgl. die M. der Gellia b. Riccio t. 21, 1. 2., während eine Familienmünze der Gellier nach der wahrscheinlichsten Erklärung sogar den Raub der Nerio durch Mars darstellt, dessen Gattin sie auch bei Plautus und andern älteren Dichtern genannt wirdPlaut. Trucul. II, 6, 34 Mars peregre adveniens salutat Nerienem uxorem suam. Vgl. das Fragm. eines älteren Komödiendichters Gellius Imbrex b. Gell. a. a. O. Nolo ego Neaeram te vocent, set Nerienem, cum quidem Mavorti es in connubium data. Aus Ennius im ersten Buche der Annalen wird angeführt: Nerienem Martis, aus Varros Satiren der Vocativ Nerienes.. Noch mehr, auch die gelegentlich erwähnte Here Martea, welche 304 neben dem Mars verehrt wurdePaul. p. 100 Herem Marteam antiqui accepta hereditate colebant, quae a nomine appellabatur heredum et esse una ex Martis comitibus putabatur. Zu vergleichen ist Çerfus Martius und ähnliche Namen in den iguvinischen Urkunden s. Aufrecht und Kirchhoff Umbr. Sprachdenkm. 2, 265., kann von der Nerio nicht wesentlich verschieden gewesen sein, nur daß sie mehr jener andern Seite dieser Göttin entsprach, weswegen dieselbe mit der Venus verglichen wurde. Denn der Name Here wird auf denselben Stamm zurückzuführen sein, zu welchem auch die Herie Iunonis und Hersilia, ferner Herentas d. i. Venus, wahrscheinlich auch die lateinische Quellengöttin Ferentina gehört, denselben der in dem oscischen Worte herest d. i. volet hervortritt, so daß also jene Here Martea eine dem Mars gesellte Göttin der Liebe und des Verlangens gewesen sein muß, wie Hersilia in ähnlicher Bedeutung neben dem Quirinus verehrt wurde.

Endlich ist hier des anmuthigen Mährchens vom Mars und der Anna Perenna zu gedenken, zumal da es gleichfalls die Festlichkeiten des Märzmonates betrifft und indirect auf das Bündniß des Mars mit der Nerio zurückweist. Ovid. F. III, 523 ff. hat uns eine lebendige Schilderung von der Feier der Anna Perenna hinterlassen, welche an den Iden des März, also um die Zeit des ersten Vollmonds im neuen Frühlinge, in dem Haine der Göttin am Tiber begangen wurde; derselbe befand sich von der p. Carmentalis an gerechnet beim ersten Meilensteine der via Flaminia, also wahrscheinlich nicht weit von der p. del PopoloKal. Vatic. z. 15. März: Feriae Annae Perennae Via Flam. ad lapidem primum. Von demselben Haine spricht Martial. IV, 64, 16 ff, wo das illic nicht auf den Hain der Anna Perenna zu beziehn ist, sondern auf den Punkt der Aussicht aus dem beschriebenen Garten auf dem Janiculus.. Das Volk zog an jenem Tage hinaus in diesen Hain, warf sich gruppenweise ins grüne Gras, zechte und war guter Dinge, Einige unter freiem Himmel, Andre in Zelten und Lauben. So oft sie tranken, so viele Jahre wünschten sie einander, wobei natürlich Viele über den Durst tranken. Dazu sangen sie die neuesten Weisen, gesticulirten mit beiden Armen, führten taumelnd allerlei Tänze auf, derbe Bursche und geputzte Mädchen, wie man sie bei ähnlichen Volksfesten noch jetzt in Rom beobachten kann. Wenn sie endlich heimzogen, lachten die Begegnenden und freueten sich der lärmenden Neujahrsfeier, welche Laberius in 305 seinen Mimen durch ein eignes nach der Anna Perenna benanntes Stück verherrlicht hatte. Die Erklärung, was dieser Name zu bedeuten habe, fiel in der gelehrten Zeit des Ovid natürlich sehr verschieden aus. Die Gebildeten dachten gewöhnlich an Anna, die Schwester der Dido, von welcher man erzählte daß sie nach dem Tode ihrer Schwester aus Karthago vertrieben und übers Meer an die latinische Küste verschlagen sei. Hier habe Aeneas sie freundlich aufgenommen, Lavinia aber durch ihre Eifersucht so erschreckt, daß sie in der Nacht aus dem Fenster springt, hinab ins Thal rennt und sich in den Numicius stürzt, neben welchem sie fortan als Nymphe verehrt wurdeAus dem Flusse ertönt, als sie gesucht wird, eine Stimme: placidi sum nympha Numici, Amne perenne latens Anna Perenna vocor.. Andre erklärten sie für den Mond (v. 657 sunt quibus haec luna est, quia mensibus impleat annum), Andre für die Themis als Mutter der Horen, noch Andre für die Io, wieder Andre für eine Atlantide und für die Nährerin des Jupiter, bei welcher Erklärung die griechische Vorstellung von den fruchtbaren Plejaden und Hyaden im Spiele ist. Andre wollten wissen, die Feier gelte dem Andenken eines guten Mütterchens aus Bovillae, welche beim Auszuge der Plebs auf den heiligen Berg für die darbende Menge mit geschickter Hand Brod gebacken und das frische und noch dampfende früh Morgens unter den Lagernden ausgetheilt habe: vermuthlich eine Erzählung aus Bovillae, wo man die gute Mutter Anna als eine fruchtspendende Göttin verehren mochte. Ganz seltsam aber sei der Inhalt der Lieder, welche die Mädchen bei jenem Feste unter derben Scherzen zu singen pflegten. Mars habe der Anna seine Liebe zur Minerva d. h. zur Nerio gestanden, Anna ihre Hülfe versprochen. Da habe sich das Mütterchen anstatt ihm zu helfen in der Gestalt jener Göttin und in bräutlicher Verkleidung in seine Kammer geschlichen und den brünstigen Gott hintergangen, der darüber sehr böse geworden sei; aber Anna habe ihn weidlich ausgelacht und Venus sei über das seltsame Paar ganz entzückt gewesen. Also jedenfalls eine nährende und befruchtende Göttin des Frühlings und des jungen Jahrs, bald als alterndes Mütterchen gedacht bald als ein schönes und reizendes Mädchen; auch erscheint ihr Kopf auf den Münzen der Annia et Tarquitia als ein jugendlicher, mit einem Diadem und reichem Haar und Ohrenschmuck. Die Erklärung kann schwanken zwischen der von amnis perennis d. h. der aus beständiger Quelle fließenden Strömung, da sie in Rom am Tiber 306 und bei Lavinium am Numicius verehrt wurde und zwar um die Mitte des März, wenn die Quellen von neuem fließen und alle Flüsse sich von neuem füllenSo erklärt Mommsen unterit. Dial. S. 248.. Oder aber, und dieses scheint mir das Richtigere, Anna ist die wechselnde Mondgöttin des laufenden Jahres, die in jedem Monate alt ist und wieder jung, vollends in dem Frühlingsmonate März, wo sie nicht ohne Grund grade zur Zeit der Iden d. h. des Vollmonds als Freudenspenderin und als Buhle des Mars mit ausgelassener Lustbarkeit gefeiert wurde. Der Name entspricht genau dem griechischen ἔνη καὶ νέα d. i. Alt- und Neu-Mond, daher ἔνος d. i. annus und ἐνιαυτός, δίενος τρίενος d. i. biennis triennis, vgl. ἔναι ἀρχαὶ die Obrigkeiten vom vorigen Jahre im Gegensatze zu den neugewählten. So ist auch Anna Perenna oder Peranna die Alte und die Junge, immer mit specieller Beziehung auf Jahres- und Mondeswechsel, daher man ihr öffentlich und privatim mit dem Gebete ut annare perennareque commode liceret opferteMacrob. S. 1, 12, 6 vom März: eodem quoque mense et publice et privatim ad Annam Perennam sacrificatum itur, ut annare perennareque commode liceat. Vgl. Varro in einer seiner Satiren bei Gell. N. A. XIII, 22 Te Anna ac Peranna, Panda te, Lato, Pales, Nerienes [et] Minerva, Fortuna te ac Ceres. und bei jener lustigen Feier in ihrem Haine in so vielen Zügen einander zutrank als man sich Jahre zu leben wünschte. Auch wird sich weiterhin in dem Mamurius Veturius der Mamuralienfeier an dem Vortage der Iden des März eine Gestalt von entsprechender Bedeutung nachweisen lassen. Selbst die Verehrung dieser Göttin an Flüssen und Bächen und ihr Verschwinden im Numicius tritt erst so in das rechte Licht, da die Mondgöttinnen immer das Wasser lieben und das Abnehmen und Verschwinden des Mondes wiederholt auf dieselbe Weise motivirt wird, z. B. wenn die kretische Diktynna vor der Liebe des Minos ins Meer springt.

Der kriegerische Character des Mars braucht neben diesen Beziehungen zum Naturleben kaum besonders hervorgehoben zu werden, so sehr ist derselbe mit der Zeit im Bewußtsein der Alten zur Hauptsache geworden. Doch mögen auch hier die wichtigsten Thatsachen des älteren und des nationalen Gottesdienstes zusammengestellt werden.

Von den Symbolen und Attributen dieses Mars ist schon die Rede gewesen, dem grimmigen Wolf, dem zugleich kriegerischen und weissagerischen Specht, dem Streitroß und dem Speere. 307 Außerdem gehört dahin das Institut der Salier mit der hüpfenden Bewegung (a saliendo) des kriegerischen Waffentanzes, der über die ganze alte Welt verbreiteten Pyrrhiche, wie dieselbe auch sonst bei den Latinern und überhaupt in Italien seit alter Zeit einheimisch war und im Dienste des Mars, des Hercules und andrer kriegerischer Götter geübt wurde. Denn auch in Tibur und in Tusculum gab es seit sehr alter Zeit Salier, zu Tibur im Dienste des Hercules; namentlich wußte man von einem großen Siege der Tiburtiner über die Volsker, bei dessen Feier die Salier mit ihren altherkömmlichen Waffentänzen hervorgetreten waren. Ferner wurde ein König der Vejenter Morrius als Stifter einer Feier der Salier zu Ehren seines Ahnherrn Alesus, des Eponymen der Falisker genannt, dessen Lob in den Liedern dieser Salier gesungen wurdeServ. V. A. VIII, 285. Daß Mars einer der wichtigsten Götter von Falerii war, folgt aus Ovid F. III, 89. Salier in Alba s. Or. n. 2247. 2248, in Lavinium, Mommsen I. N. n. 2211. Dionys II, 71 vergleicht mit dem Tanze der Salier ganz richtig den κουρητισμὸς der ludiones bei der Prozession der römischen Spiele und im Theater: ἐπιχώριον δὲ Ῥωμαίοις καὶ πάνυ τίμιον ὁ κουρητισμός, ὡς ἐκ πολλῶν μὲν καὶ ἄλλων ἐγὼ συμβάλλομαι, μάλιστα δ’ ἐκ τῶν περὶ τὰς πομπὰς τάς τε ἐν ἱπποδρόμῳ καὶ τὰς ἐν τοῖς ϑεάτροις γινομένων· ἐν ἁπάσαις γὰρ αὐταῖς πρόσηβοι κοῦροι χιτωνίσκους ἐνδεδυκότες ἐκπρεπεῖς, κράνη τε καὶ ξίφη καὶ πάρμας ἔχοντες στοιχηδὸν πορεύπονται, καί εἰσιν οὗτοι τῆς πομπῆς ἡγεμόνες, καλούμενοι πρὸς αὐτῶν – ludiones, εἰκόνες ὡς ἐμοὶ δοκεῖ τῶν Σαλίων.. Solche Lieder pflegen immer einen mythischen oder historischen Inhalt zu haben, und so mögen denn auch, wie die Salier von Tibur jenes Sieges über die Volsker gedachten, die von Rom des Romulus und T. Tatius, so die von Veji das Andenken jenes alten Königs Morrius erhalten haben, dessen Name dem des Mars (Mamor, Mamurius) verwandt zu sein scheint und dessen Abstammung von Falerii vermuthen läßt, daß von diesem Orte aus einmal eine ähnliche Eroberung und Erneuerung von Veji erfolgt war, wie sie in Rom von dem sabinischen Cures aus erfolgte. Genug in allen diesen Städten und wohl noch in vielen andern gab es seit unvordenklicher Zeit Sodalitäten der Salier, welche bei besondern Veranlassungen mit Opfern und Gebeten für das Wohl ihrer Stadt hervortraten und dazu den alten nationalen Waffentanz aufführten und Lieder sangen, in denen sich die Erinnerung an die Sagen und Thaten der Vorzeit fortpflanzten, vornehmlich immer im Culte des Mars, welcher Gott ohne Zweifel selbst als Salier gedacht wurde. Ja er wird in dem alten Liede der Arvalischen Brüder als solcher 308 geschildert: Satur furere limen sali, sta berber d. h. Satt vom Rasen spring über die Schwelle und stelle die Geißel: eine Aufforderung das kriegerische Toben der Schlacht vom Kriegswagen herab zu lassen und im Waffentanze triumphirend heimzukehren in die friedliche Stadt und in seinen Tempel, wo er die Geißel einstweilen aus der Hand legen mögeVgl. Ovid F. III z. A. Bellice depositis clipeo paulisper et hasta Mars ades et nitidas casside solve comas.. Auch entspricht diesem Mars der Salier der oft genannte Mars Gradivus, ein altes von dem Sturmschritt der Schlacht hergenommenes Epithet des KriegsgottesPaul. p. 97 Gradivus Mars appellatus est a gradiendo in bello ultro citroque. Serv. V. A. III, 35 Gradivum, ϑούριον Ἄρηα i. e. exsilientem in proelia.. So erschien der Gott den Römern in einer heißen Schlacht gegen die vereinigten Bruttier und Lucaner im J. 472 d. St. (282 v. Chr.), als der Consul nicht anzugreifen wagte. Da schritt ein Jüngling mit der Sturmleiter voran mitten durch die Feinde bis zu ihrem Lager, dessen Wall er rasch erstieg, um von der Höhe herab seine Römer zum muthigen Sturme herbeizurufen, bei welchem er selbst dann so fürchterlich wüthete, daß die Zahl der getödteten und gefangenen Feinde alles Maaß überstieg. Als man am andern Tage nach dem Krieger mit doppeltem Helmbusch, den Alle gesehen hatten fragte, war er verschwunden und es blieb nichts übrig als den Gott mit Dankgebeten zu feiernVal. Max. 1, 8, 6, Ammian. Marc. XXIV, 4, 24, Liv. Epit. XI.. Auch der Mars vor der p. Capena in Rom war der Gradivus, s. Liv. XXII, 1, Serv. V. A. 1, 292. Die Dichter beschreiben ihn nicht selten, wie er bald zu Fuß bald zu Wagen in der Schlacht erscheint, umgeben von der Bellona und seinen Gesellen, dem Pavor und Pallor, welche seit Tullus Hostilius in Rom verehrt wurden, obwohl bei solchen Beschreibungen sonst die Vorbilder des griechischen Epos einzuwirken pflegenVirg. Aen. VIII, 700 ff., XII, 331 ff., vgl. Sil. Ital. IV, 430 ff. u. A. Ob die Molae oder Moles Martis, deren Gellius XIII, 23 (22) nach alten römischen Gebetsurkunden gedenkt, sich auf den Krieg bezogen, muß dahingestellt bleiben. Vgl. den Iupiter Pistor oben S. 173.. Auf den römischen Familienmünzen, bei denen wenigstens einheimische Vorbilder vorauszusetzen sind, obwohl auch diese meist von griechischen Künstlern gearbeitet gewesen sein mögen, erscheint Mars immer jugendlich und behelmt, der Helm oft sehr schön verziert und mit einem stolzen Federbusch versehen, welcher auch in Italien der gewöhnliche Schmuck des Helmes warVgl. Liv. IX, 40 in der Schilderung der auserlesenen Samniter: galeae cristatae, quae speciem magnitudini corporum adderent und den Helm des Romulus bei Virg. Aen. VI, 779 viden' ut geminae stant vertice cristae?. 309 Oder sie zeigen ihn auf sturmschnell dahin eilendem Zwei- oder Viergespann, die Lanze schwingend oder mit dem Siegeszeichen der Spolien.

Dieser kriegerische Mars war es auch, der in der gewöhnlichen, beinahe von Jahr zu Jahr wiederholten und durch so viele ruhmvolle Erinnerungen geheiligten Kriegspraxis der Römer vor jedem Auszuge der Bürger und vor und nach jeder Schlacht durch Gebet und Opfer, Gelübde und Gaben des Dankes und in seinem Namen ertheilte Auszeichnungen verdienter Krieger gefeiert wurde, daher er zuletzt sowohl in dem öffentlichen als in dem Familienleben der Römer neben dem Capitolinischen Jupiter der eigentliche Staats- und Nationalgott geworden und mit allen Momenten der römischen Geschichte von ihrem Ursprunge an aufs innigste verwachsen war. Beim Ausbruch jedes Krieges wurde er feierlich zur Theilnahme aufgefordert, indem der Feldherr der Legionen in das alte Heiligthum der Regia ging und dort zuerst an die Ancilia, dann an den Speer des Mars schlug und dazu den feierlichen RufServ. V. A. VIII, 3 vgl. VII, 603 und Virg. Aen. X, 228 Vigilasne deum gens Aenea? Vigila et velis immitte rudentes. ertönen ließ: Mars vigila! Auch während des Feldzuges und vor der Schlacht wurde ihm viel geopfert (Sueton Octav. 1), und in seinem Namen vorzüglich wurden auch die kriegerischen Ehren nach erfochtenem Siege ertheilt, namentlich die höchste aller militärischen Auszeichnungen, die corona graminea oder obsidionalis, welche immer nur von dem ganzen Heere und zwar nach der Errettung aus einer verzweifelten Gefahr dem Retter in der Noth ertheilt wurde. Das Gras zu diesem Kranze wurde von dem Boden des Platzes genommen, wo das errettete Heer sich in so verzweifelter Lage befunden hatte: eigentlich ein sinnbildlicher Ausdruck der völligen Uebergebung dieses Platzes an den ErretterPlin. H. N. XXII, 3, 4 namque summum apud antiquos signum victoriae erat herbam porrigere victos h. e. terra et altrice ipsa humo et humatione etiam cedere, quem morem etiam nunc durare apud Germanos scio. Vgl. die Formel Herbam do in der Bedeutung victum me fateor, cedo victoriam, Serv. V. A. VIII, 128, Paul. p. 66, Placid. p. 470 und Michelsen über die festuca notata S. 12. 20. 23. Auch bei den Verbenen der Fetialen scheint ein ähnlicher Zusammenhang zu Grunde zu liegen, s. oben S. 219., denn das Gras oder sonst ein Theil des Bodens pflegt bei derartigen symbolischen Handlungen den Boden selbst zu bedeuten; daher die 310 Angabe, daß das Gras dem Mars heilig gewesen seiServ. V. A. XII, 119, Paul. p. 97., ihren Grund nur entweder in dieser herkömmlichen Symbolik der feierlichen Uebergabe eroberter Gebiete oder in jenem Ehrenzeichen der corona graminea haben kann. Auch scheint es bei dieser seit dem Vorgange des größten Helden der römischen Kriegsgeschichte, des L. Siccius Dentatus, herkömmlich geworden zu sein daß der mit dieser höchsten Ehre Ausgezeichnete dem Mars ein feierliches Dankopfer darbrachteVarro bei Fulgent. p. 560 et ipsum primum sacrum fecisse Marti. Vgl. Plin. H. N. VII, 28, Val. Max. III, 2, 24 und Liv. VII, 37, Plin. XXII, 5, 5, wo P. Decius dem Mars einen ihm vom Consul geschenkten auserlesenen weißen Stier mit vergoldeten Hörnern opfert, die übrigen 100 Ochsen des Ehrengeschenks aber seinen Kameraden in der Schlacht überläßt.. Auch von der Beute pflegten immer gewisse Stücke dem Mars dargebracht zu werden, daher der Ausdruck aere Martio von der Beute in einer alterthümlichen Inschrift aus CoraZeitschr. f. A. W. 1845 S. 787.. So pflegte man ihm auch Spolien und die in der Schlacht getragenen Waffen zu weihenPropert. IV, 3,71 armaque quae tulero portae votiva Capenae. Sehr oft wird Mars auf den römischen Münzen als tropaeophorus abgebildet.. Ueberhaupt wurde dieser Mars je länger desto mehr zum Schutzpatron des gesammten Waffenhandwerks und von allem was damit zusammenhing, also der Soldaten, der Gladiatoren und was sich sonst dazu bekannte; daher die von den Inschriften hin und wieder erwähnte Verehrung eines Mars Campester und Militaris der römischen Lager und Legionen, denn campus ist nach römischem Sprachgebrauche speciell campus Martius, das militärische UebungsfeldOr. n. 1355. 1356. 3496, Henzen n. 5672. Das Amphitheater war dem Mars und der Diana geweiht, weil dort außer den Kämpfen der Gladiatoren auch die Hetzjagden der wilden Thiere gegeben wurden, s. Tertull. de Spectac. 12.. Andre Inschriften, auch die Münzen, nennen Mars mit Hinsicht auf die verschiedenen Wechselfälle der Schlacht und des Krieges Custos, Conservator, Invictus, Victor, Pacifer d. h. den durch Krieg zum Frieden führenden, als welcher sein Bild zugleich bewehrt und mit dem Oelzweige geziert war, Amicus et Consentiens u. s. w. Nur Jupiter war auch in solchen Fällen über ihm, theils als höchster Entscheider der Schlacht und des Sieges (S. 176) theils als höchster Schwurgott sowohl bei allen kriegerischen als bei allen friedlichen Veranlassungen. So wurden 311 nach einem Gesetze Numas die höchsten Spolia opima dem Jupiter Feretrius, die zweiten dem Mars, die dritten dem Janus Quirinus mit gewissen vorgeschriebenen Opfern geweiht (Fest. p. 189) und selbst in solchen Fällen, wo die heiligen Speere in der Regia sich bewegt hatten (Gell. N. A. IV, 6) und sonst bei kriegerischen Veranlassungen wurde zuerst dem Jupiter, dann dem Mars geopfert, ganz in der seit Numa herkömmlich gewordenen Folge der Götter. Und so mag in ähnlichen Fällen auch bei beiden geschworen sein, nur daß auch dann immer Jupiter der höchste Gott blieb. Selbst bei dem merkwürdigen und alten, durch ganz Italien verbreiteten Kriegsgebrauche, in besondern Fällen heilige Schaaren zu bilden, deren Mitglieder sich unter den furchtbarsten Eiden zum absoluten Gehorsam gegen den Feldherrn und zum Kampfe auf Leben und Tod verpflichteten, wurde Jupiter vor allen übrigen Göttern der alten Schwur- und Verwünschungsformel genanntLiv. IV. 26, IX, 39, X, 38. Vgl. den gleichartigen Fall bei Liv. II, 45 Centurio erat M. Flavoleius, inter primores pugnae flagitator. Victor, inquit, M. Fabi revertar ex acie. Si fallat, Iovem Patrem Gradivumque Martem aliosque iratos invocat deos..

Was endlich die einzelnen Acte, Veranlassungen und Heiligthümer des römischen Mars betrifft, so waren von den letzteren die beiden ältesten das in der Regia und das im Marsfelde; wenigstens scheinen beide aus der Zeit des Numa herzurühren. Das in der Regia, wo sich die heiligen Speere und die Ancilien befanden, wird wiederholt sacrarium, einmal sacrarium Regiae genannt, so daß es als innerstes Heiligthum dieses alten priesterlichen Königssitzes zu denken sein wird, in welchem unter der Oberaufsicht des Pontifex Maximus jene alten Symbole der Vorzeit aufbewahrt wurden, später aber auch ein Pulvinar des Mars und sogar ein vollständiges Bild des Gottes mit einer Lanze in der Hand aufgestellt zu sein scheintGell. N. A. IV, 6, Iul. Obseq. 78, Serv. V. A. VIII, 3, vgl. Becker Handb. I, 228 ff. Auch bei Iul. Capitolin. Antonin. Ph. 4 ist vermuthlich von diesem sacrarium Regiae die Rede.. Im Marsfelde bildete ein alter, schon in einem Gesetze des Numa erwähnter und ziemlich in der Mitte des Feldes gelegner AltarVgl. Fest. p. 189 a 16 und meine Regionen der St. Rom S. 171 ff. den religiösen Mittelpunkt der dortigen Octoberfeier und der bei jedem Lustrum vorgenommenen Reinigung der bewaffneten Bürgerschaft, welche mit einem Opfer des Mars beschlossen wurde. Das Marsfeld selbst war bekanntlich die alte, dem Mars geweihte Uebungsstätte 312 für die körperlichen, kriegerischen und ritterlichen Uebungen der römischen Jugend. Ein schönes, seit der Vertreibung der Tarquinier vom Quirinal bis zum Flusse sich hinstreckendes Feld, welches mit der Zeit, namentlich seit August und unter den Kaisern bei fortgesetztem Anbau freilich sehr beengt und eingeschränkt wurde; doch haben jene Heiligthümer der Mitte, der alte Altar, neben welchem später auch verschiedene Tempel des Mars erwähnt werdenDio LVI, 24, Ovid F. II, 858, vgl. Becker a. a. O. S. 630., eine Rennbahn für die Rennen, ein größerer Platz, welcher zu gymnastischen und militärischen Uebungen diente und nicht bebaut werden durfte, sich bis in die letzten Zeiten des alten Roms erhalten. Endlich ein drittes, wahrscheinlich auch sehr altes Heiligthum des Mars befand sich beim ersten Meilensteine vor der p. Capena an der südlichen Hauptstraße, der via Appia, in einer Gegend wo sich bald eine lebhafte Vorstadt bildeteDer Tempel lag gleich vor der spätern p. Appia, jetzt p. S. Sebastiano. Die ganze Vorstadt hieß ad Martis. Vgl. Becker S. 511, meine Regionen S. 116, Canina im Bullet. Arch. Ro. 1850 p. 85.. Es ist dasselbe Heiligthum des Gradivus, dessen ich bereits erwähnt habe; der Tempel, worin das Bild des Gottes zwischen zwei Wölfen stand, scheint gleich nach dem Abzuge der Gallier geweiht worden zu sein (Liv. VI, 5), was die ältere Existenz eines Haines oder eines Altares nicht ausschließt. Seine überwiegend kriegerische Bestimmung zeigt sich auch darin daß Waffen und Stücke der Beute vorzüglich dahin geweiht wurden, so wie bei andern GelegenheitenVgl. Propert. IV, 3, 71 und die alterthümliche, in jener Gegend gefundne Inschrift b. Grut. p. 56, 7, Mommsen I. N. n. 6766 MARTEI | m. CLAVDIVS M. f. | c ONSOL DED et. Dort versammelt sich die junge Mannschaft bei Liv. VII, 23, dort beginnt der Zug der Ritter b. Dionys VI, 13. Später wurde dort ein arcus Traiani und andre Triumphbögen errichtet. Es war eben der Haupteingang von der Südseite.. Der Umstand daß diese beiden dem Publicum am besten bekannten Heiligthümer, das im Marsfelde und das der Via Appia, sich außerhalb der Stadt befanden, das eine in der südlichen das andre in der nördlichen Vorstadt, hatte sogar mit der Zeit die unbegründete Meinung zur Folge, daß Mars als Kriegsgott vor August in der Stadt gar nicht verehrt worden seiServ. V. A. 1, 292, vgl. Vitruv. 1, 7 Marti extra urbem, sed ad campum.. Und doch scheint selbst jener Mars vor der p. Capena kein bloßer Kriegsgott gewesen zu sein, sondern in älterer Zeit auch für einen befruchtenden Gott gegolten zu haben, da bei seinem Tempel der sogenannte 313 lapis manalis aufbewahrt wurde, ein Cylinder welchen die Priester in Zeiten großer Dürre durch die Stadt schleiften, worauf wie man glaubte alsbald Regen erfolgtePaul. p. 123 Manalem vocabant lapidem etiam petram quandam, quae erat extra p. Capenam iuxta aedem Martis, quam quum propter nimiam siccitatem in Urbem pertraherent, insequebatur pluvia statim, eumque quod aquas manarent manalem lapidem dixerunt. Vgl. ib. p. 2 aquae licium, Serv. V. A. III, 175 lapis manalis, quem trahebant pontifices quoties siccitas erat, und Varro bei Non. Marc. p. 547 trulleum, nach welchem man lapis manalis und manale sacrum in derselben Bedeutung sagte wie urceolus aquae manalis, ein Krug aus dem das Wasser strömt, vgl. Paul. p. 128 manalem fontem dici quod aqua ex eo semper manet.. Also ein aquilicium so gut wie jene im Culte des Jupiter erwähnten Beschwörungen (S. 173); auch wissen wir daß die Anwendung ähnlicher Steine bei dürrer Jahreszeit überhaupt in Italien, namentlich auf dem Lande herkömmlich warLabeo in seinem Werke über die etruskischen Ritualbücher b. Fulgent. p. 559 Fibrae iecoris sandaracei coloris dum fuerint, manales tunc vertere opus est petras i. e. quas solebant antiqui in modum cylindrorum per limites trahere pro pluviae commutanda inopia., wie man sich bei andern Völkern, den Griechen, Serben und Deutschen zu demselben Zwecke andrer Ceremonien bediente. Möglich daß jenes Schleifen und Walzen der Steine ursprünglich nur eine sinnbildliche Darstellung des über die Felder und Raine dahin strömenden Wassers gewesen warVgl. den alterthümlichen Ausdruck »Wie Kugel walzt und Wasser rinnt« zur Bezeichnung einer Markscheide nach der Schneeschmelze bei J. Grimm Deutsche Grenzalterthümer, Abh. der Berl. Ak. 1843 S. 124 und die verwandten Gebräuche andrer Völker bei J. Grimm D. M. 560 ff., Bötticher Baumcultus S. 409.; wenigstens ist es bei solchen Gebräuchen in den meisten Fällen weniger auf einen Zauber abgesehn als auf einen bildlichen Ausdruck dessen was man durch die begleitenden Gebete und Gelübde zu erlangen hoffte, z. B. wenn man Wasser über ein junges, mit Gras, Blumen und Kräutern bekleidetes, also die Erde darstellendes Mädchen ausgoß, oder über die Brunnensteine u. dgl. m.

Ehe wir eins der wichtigsten und heiligsten Feste des römischen Kalenders, die Feier des Mars in dem ihm heiligen Monate, dem ersten des Jahres, näher ins Auge fassen, muß von dem römischen Institute der Salier, wie dasselbe seit Numa bestand, ausführlicher die Rede seinVgl. Plut. Numa 13, Dionys II, 70, Paul. p. 131 Mamuri Veturi, Ovid Fast. III, 357 ff.. Als der fromme Numa eines Morgens früh vor der Regia stand und seine Hände betend zum 314 Himmel emporhob, fiel aus demselben ein Schild in seine Hände, welches er wegen seiner zu beiden Seiten ausgeschnittenen Gestalt ancile nannteVarro l. l. VII, 43 Ancilia dicta ab ambecisu, quod ea arma ab utraque parte ut Thracum incisa. Paul. p. 131 ancile i. e. scutum breve, quod ideo sic est appellatum, quia ex utroque latere erat recisum, ut summum infimumque eius latius medio pateret. Also von an oder am in der Bedeutung von ἀμφίς, utrimque, vgl. anfractus und ancaesa i. e. vasa caelata, quod circumcaedendo talia fiunt, Paul. p. 20. In dem zweiten Worte cilia ist l wie oft für d eingetreten, vgl. caelare und incilia i. e. fossae, Paul. p. 107. Man sieht die Ancilien der Salier abgebildet auf Denaren des P. Licinius Stolo und auf Erzmünzen des Antoninus Pius, s. Eckhel D. N. VII p. 13, Riccio t. 27, 19, 20, endlich auf einer Gemme des Mus. Florent. II, 23. Auch der Schild der Iuno Lanuvina ist im Wesentlichen von derselben Bildung.. Zugleich erscholl eine Stimme, der von ihm neugeschaffene Staat werde so lange blühn und alle übrigen an Macht übertreffen, als er diesen Schild, ein gewisses Unterpfand des himmlischen SegensPaul. l. c. unaque edita vox omnium potentissimam fore civitatem quamdiu id in ea mansisset. Ovid F. III, 346 imperii pignora certa dabo. Florus 1, 2 ille ancilia atque palladium, secreta quaedam imperii pignora (dedit). Vgl. Serv. V. A. VII, 188. Nach den späteren Dichtern, namentlich Lucan IX, 475, Stat. Silv. V, 2, 132 fielen alle Ancilia vom Himmel, nicht blos das eine Prototyp., bewahren werde. Daher Numa, um jeder Entwendung zuvorzukommen, zu jenem Wunderschilde elf andre hinzuverfertigen läßt: welche Aufgabe einem wunderbar begabten Künstler, dem Mamurius Veturius so gut gelingt, daß Numa selbst das himmlische Schild nicht mehr von den irdischen zu unterscheiden vermag. Diese zwölf Ancilien wurden seitdem in der Regia neben den heiligen Speeren bewahrt; zur Obhut aber über diese Schilde und zu dem feierlichen Umzuge mit ihnen durch die Stadt im Laufe des Märzmonates stiftete Numa die zwölf Palatinischen Salier, welche ihre Curie auf dem Palatin hattenCuria Saliorum Palatinorum s. Cic. de Div. 1, 17, Dionys fr. XIV, 5, Val. Max. 1, 8, 11, welche ihrer sämmtlich auf Veranlassung des Wunders gedenken, daß der dort aufbewahrte lituus Romuli nach einer Feuersbrunst, die das Gebäude verzehrt hatte, unbeschädigt wiedergefunden wurde.. Tullus Hostilius fügte dem sabinischen Quirinus auf dem Quirinale zu Ehren ein entsprechendes Collegium von zwölf Agonalischen oder Collinischen Saliern hinzu, welche auf dem Agonalischen oder Collinischen Hügel d. h. dem Quirinal ihren Sitz hatten und wie die Palatinischen dem Jupiter und den beiden alten Stammgöttern, Mars und Quirinus, geweiht warenServ. V. A. VIII, 663 Salii sunt in tutela Iovis, Martis, Quirini, vgl. oben S. 57 und Liv. V, 52 quid (loquor) de ancilibus vestris, Mars Gradive tuque Quirine Pater? Ueber die Stiftung des Tullus Hostilius s. Liv. 1, 27, Dionys II, 70, III, 30, Serv. V. A. VIII, 285 duo sunt genera Saliorum, sicut in Saliaribus carminibus invenitur. Dio Cass. 1, 7. Wie sie ihre eigne Curie hatten, nehmlich auf dem Quirinal, so hatten sie auch ihr eignes Archiv, Varro l. l. VI, 14 in libris Saliorum quorum cognomen Agonensium.. Beide Collegien waren wie die übrigen priesterlichen 315 Sodalitäten organisirt d. h. sie ergänzten sich durch Cooptation aus den besten und edelsten Familien der Stadt und zerfielen unter sich in jüngere und ältere Mitglieder, von denen jene in ihren religiösen Obliegenheiten, den Gesängen, Formeln u. s. w. von diesen unterrichtet wurden. An der Spitze stand wie gewöhnlich ein MagisterIul. Capitolin. M. Antonin. Philos. 4, vgl. Valer. Max. 1, 1, 9, Stat. Silv. V, 3, 180, Fest. p. 270 redantruare., neben welchem noch die Würde eines Praesul d. h. des Vortänzers und eines Vates d. i. vermuthlich des Vorsängers erwähnt wird. Noch zur Zeit des Polybius gehörten sie zu den angesehensten priesterlichen CollegienPolyb. XXI, 10 τῶν τριῶν ἓν σύστημα, δι ὧν συμβαίνει τὰς ἐπιφανεστάτας ϑυσίας ἐν τῇ Ῥώμῃ συντελεῖσϑαι τοῖς ϑεοῖς. Hier sind die Pontifices, die Decemviri Sacris Faciundis und die Salii gemeint. Später galten für die 4 summa oder amplissima collegia die Pontifices, Augures, XV viri S. F. und die VII viri Epulones, wozu als fünftes unter Tiberius die Sodales Augustales hinzutraten.; werden die Salier später auch nicht mehr unter diesen genannt, so rechneten es sich doch immer noch selbst die Kaiser zur Ehre zu ihnen zu gehören. Ihre priesterlichen Functionen bestanden zunächst in gewissen Opfern: namentlich ist von einem Opfer in der Regia die Rede, welches der Pontifex Max. mit Hülfe sogenannter Salischer Jungfrauen, die dazu gemiethet und nach Art der Salier costümirt wurden, darbrachteFest. p. 329 Salias virgines Cincius ait esse conducticias, quae ad Salios adhibeantur cum apicibus paludatas: quas Aelius Stilo scripsit sacrificium facere in Regia cum Pontifice paludatas cum apicibus in modum Saliorum.; leider ist nicht gesagt an welchem Tage, doch ist zu vermuthen daß es im Zusammenhange mit der Märzfeier stand und daß auch die Salier selbst dabei zugegen waren. Um so häufiger wird ihrer Umzüge durch die Stadt gedacht, bei denen sie in einem eigenthümlichen, halb kriegerischen halb priesterlichen Costüme auftraten und gewisse altherkömmliche Tänze und Gesänge aufführtenLiv. I, 20 Salios item duodecim Marti Gradivo legit tunicaeque pictae insigne dedit et super tunicam aeneum pectori tegumen caelestiaque arma, quae ancilia appellantur, ferre ac per Urbem ire canentes carmina cum tripudiis solemnique saltatu. Vgl. Dionys II, 70 und Plut. N. 13. Die bunten Tuniken, χιτῶνες ποικίλοι erinnern an die tunicae versicolores der auserlesenen samnitischen Krieger bei Liv. IX, 40. Ueber die trabea, welche aus der Zeit der Könige stammte und später nur von den Priestern im Dienste der Götter und den Augurn getragen wurde, s. Serv. V. A. VII, 187, Isid. Orig. XIX, 24.. Jenes Costüm bestand in einer 316 bunten Tunica, über welche ein breiter eherner Gurt geschnallt wurde, einer Trabea mit purpurnem Vorstoß und dem sogenannten Apex, der gewöhnlichen priesterlichen Kopfbedeckung mit dem auf der Spitze befestigten heiligen Zweige, bei den Saliern in der Form eines Helms. Ferner trug jeder an seiner Seite ein Schwerdt und am linken Arme das heilige Schild, in der rechten Hand aber eine kleine Lanze oder einen Stab, um damit auf dasselbe zu schlagenAußer den solennen Acten des Tanzes und Opfers d. h. bei den Umzügen durch die Stadt trugen sie die Ancilien auf dem Rücken, oder sie wurden ihnen von Bedienten nachgetragen, s. Dionys II, 71, Lucan 1, 603, Stat. Silv. V, 2, 129.. Der Tanz bestand aus Umgängen um die Altäre der Götter und aus allerlei verschlungnen Figuren, bei denen bald alle zusammen bald verschiedene Abtheilungen abwechselnd auftraten; der Rhythmus war der des herkömmlichen dreimaligen Auftretens (tripudium), zu welchem eine Flöte den Takt angabDionys l. c. κινοῦνται γὰρ πρὸς αὐλὸν ἐν ῥυϑμῷ τὰς ἐνοπλίους κινήσεις, τοτὲ μὲν ὁμοῦ τοτὲ δὲ παραλλὰξ, καὶ πατρίους τινας ὕμνους ἄδουσιν ἅμα ταῖς χορείαις. Plut. l. c. κινοῦνται γὰρ ἐπιτερπῶς ἑλιγμοὺς καὶ μεταβολὰς ἐν ῥυϑμῷ τάχος ἔχοντι καὶ πυκνότητα μετὰ ῥώμης καὶ κουφότητος ἀποδιδόντες. Serv. V. A. VIII, 285 Salii sunt qui tripudiantes aras circumibant – ritu veteri armati. Horat. Od. 1, 36, 12 neu morem in Salium sit requies pedum, wozu ein altes Scholion: Salii dicuntur – ab exsilitione, eo quod in circuitu ararum deorum tripudiando salitarent. Od. IV, 1, 28 pede candido in morem Salium ter quatient humum. Seneca Ep. 15, 4 saltus – Saliaris aut ut contumeliosius dicam fullonius. Diomed. p. 473 Numam Pompilium – hunc pedem pontificium appellasse memorant, cum Salios iuniores aequis gressibus circulantes induceret spondeo melo patrios placare Indigetes. Bei Censorin d. d. n. 12 non cum tibicine aut triumphus ageretur Marti ist wohl zu lesen avitus triumphus, mit Beziehung auf die Salierfeier.. Zu dem Tanze sangen sie die oft erwähnten Lieder, von denen oben S. 126 die Rede gewesen ist, ein durch den Ursprung von Numa und religiöse Weihe geheiligtes Ganze von verschiedenen Strophen und Anrufungen zunächst der alten römischen Staatsgötter, des Janus, des Jupiter mit der Juno und Minerva, des Mars und Quirinus u. s. w., darauf der berühmtesten Namen und Helden der Vorzeit, namentlich des Romulus und Remus (S. 86, 111) zu denen seit August auch die Namen der Kaiser und einzelner Mitglieder der kaiserlichen Familie, endlich die der Divi 317 hinzugefügt wurdenMon. Ancyr. II, 18 nomenque meum inclusum est in Saliare carmen. Dio LI, 20 ἐς τοὺς ὕμνους αὐτὸν ἐξ ἴσου τοῖς ϑεοῖς ἐσγράφεσϑαι. Vgl. Tacit. Ann. II, 83, IV, 9 Capitolin. Antonin. Ph. 21.. Den Schluß des ganzen Liedes bildete eine Anrufung jenes Schmiedes der Ancilien, des Mamurius VeturiusBei Ovid F. III, 389 bittet sich Mamurius aus: Merces mihi gloria detur nominaque extremo carmine nostra sonent, d. h. in dem Anrufe: Mamuri Veturi.. Die Zwölfzahl der Schilde entspricht offenbar der Zwölfzahl der Salier, welche sich als Normalzahl solcher Sodalitäten bei den Arvalischen Brüdern und vermuthlich auch bei den Luperci wiederfindet. Doch mögen die Recht haben, welche bei der Zwölfzahl der Ancilien zugleich eine sinnbildliche Beziehung auf das System der zwölf Monate annahmen, wie dasselbe von Numa geordnet wurdeIo Lyd. de Mens. IV, 2 δυοκαίδεκα πρυτάνεις πρὸς τοῦ Νουμᾶ τοῦς καλουμένους Σαλίους ὀρισϑῆναι φασιν, ὑμνοῦντας τὸν Ἰανὸν κατὰ τὸν τῶν Ἰταλικῶν μηνῶν ἀριϑμόν. Vgl. Corssen in der oben S. 296, 643 angeführten Abhandlung.; namentlich scheint die Benennung des Mamurius Veturius und eine eigenthümliche Cerimonie, welche am Vortage der Idus des März d. h. des Frühlings-Vollmondes vorgenommen wurde, darauf hinzuweisen. Es wurde nehmlich an diesem Tage ein mit Fellen bekleideter Mensch durch die Stadt geführt und mit langen weißen Stäben aus der Stadt hinausgeprügelt, indem man ihn Mamurius Veturius nannte und für eben jenen Schmied der Ancilien erklärte, der darüber sogar zum Sprichworte geworden warIo Lyd. l. c. III, 29, IV, 36, vgl. das Kal. Constantini prid. Id. Mart., Serv. V. A. VII, 188 cui et diem consecrarunt, quo pellem virgis caedunt ad artis similitudinem (weil auch der Schmied hämmert, nur freilich nicht mit Ruthen), Minuc. Fel. Octav. p. 223 Nudi cruda hieme discurrunt (die Luperci), alii incedunt pileati, scuta vetera circumferunt, pelles caedunt (die Salii). Auch das Kal. rust. Farnes. bemerkt im März das Sacrum Mamurio. Die Regionen nennen eine statua Mamuri in der sechsten Region, zwischen den Thermen des Constantin und dem T. des Quirinus. Auch hat sich das Andenken eines clivus und eines vicus Mamuri in den Umgebungen des Quirinals erhalten.: ein Gebrauch welcher so entschieden an das in Deutschland, bei den Slaven und sonst gebräuchliche Austreiben des Winters im Monat März erinnertJ. Grimm D. M. 724 ff., daß man eine ähnliche Bedeutung, wenn sie sich durch andre Gründe unterstützen läßt, nicht abweisen wird. Nun ist Mamurius offenbar eine Adjectivbildung von Mamor d. i. Mars und Veturius hängt eben so offenbar mit vetus zusammen, dessen ursprüngliche Bedeutung die eines abgelaufenen Jahres, einer vergangenen Zeit 318 gewesen sein muß, denn vĕtus ist = Ϝέτος d. i. annusPott etymol. Forschungen 1, 108. 230. Die Alten erklärten den Namen durch vetus memoria, Varro l. l. VI, 45 itaque Salii quod cantant Mamuri Veturi significant veterem memoriam. Mamurius Veturius repräsentirt also eigentlich den Mars vom alten Jahre, weil Mars im Sinne des älteren römischen Kalenders der Monatsgott schlechthin war, der Anführer der zwölf Monate, welche zusammen das römische Jahr ausmachten, wie später Janus der Jahresgott schlechthin wurde; wobei zu beachten ist daß die Feier der Mamuralien am Vorabende des ersten Vollmonds im neuen Jahre stattfand, an welchem Tage von den Mädchen im Volke in der Anna Perenna, die mit dem jungen Mars des neuen Jahres buhlt, eine entsprechende Gestalt gefeiert wurde. Ward dieser Mamurius Veturius zugleich für den Urheber der elf nachgemachten Schilde gehalten, während das einzige ächte, das wahre Unterpfand des Heils, für ein vom Himmel gefallenes, also für eine Gabe des Jupiter galt, so hatte dieses wohl keine andre Bedeutung als daß die ewige Regel alles Wechsels der Monde, die sich an jedem Idustage mit jedem Vollmonde von neuem ankündigte, von Jupiter als dem Urheber alles Lichtes und dem höchsten Gotte im Himmel abgeleitet werden sollte, das Vergängliche aber und Ablaufende in dieser Erscheinung, indem aus zwölf Monaten ein Jahr wurde und darauf dem alten Jahre ein neues folgte, von dem endlichen und irdischen Künstler.

Verfolgen wir die ganze Feier des Märzmonats, welche während der längsten Dauer der Republik eine der heiligsten und populärsten in Rom war, durch ihre einzelnen Acte und nach ihrem vollständigen Zusammenhange, so ist damit zurückzugehn bis auf die Lupercalien des 15. Februar, welche als Reinigungs- und Befruchtungsfest des dem Palatinischen Mars nahe verwandten Faunus Lupercus in älterer Zeit gewiß auch in directer Beziehung zur Frühlings- und Neujahrsfeier im Monate März standen. Zwei Tage darauf wurden die Quirinalien gefeiert und in derselben Zeit bis zum 21. Februar die Feralien als Todtenfest des alten Jahrs, endlich am 23. die Terminalien zum Beschluß der ganzen abgemessenen Frist der letzten Vergangenheit (S. 230). Bald darauf, am 27. FebruarEs ist dieses die Zeit wo die ersten Schwalben nach Rom kamen, gewöhnlich am 21. Febr. Fast überall gilt der März für den eigentlichen Frühlingsmonat. Auch die alten Slaven begannen ihr Jahr mit ihm, s. Grimm D. M. 734. 741., begann mit den Equirien im Marsfelde der erste Act der Feier des Mars, in älterer Zeit 319 vielleicht ein Wettrennen, wie es noch jetzt beim Carneval zu Rom im Corso gehalten wird, später aber ein Wettfahren, wie die gewöhnlichen circensischen UebungenOvid F. II, 855 ff. spricht bestimmt von Wagen. Unbestimmter drückt sich Varro l. l. VI, 13 aus: Equiria ab equorum cursu; eo die enim ludis currunt in Martio campo. Vgl. Paul. p. 81 Equiria.. Gewöhnlich wurde es im Marsfelde, in der Nähe jener alten ara Martis gehalten, ausnahmsweise, wenn die in dieser Jahreszeit nicht seltenen Ueberschwemmungen des Tiber das Rennen an jener Stelle unthunlich machten, in der Gegend des Caelius, vermuthlich beim LateranPaul. p. 131 Martialis campus. Unter Augustus wurden sie einmal auf dem forum Augusti gehalten, Dio LVI, 27.. Darauf begann an den Kalenden des März die eigentliche Frühlings- und Neujahrsfeier, mit der mehrfach erwähnten Feier der Matronen zu Ehren des Mars und der Juno (S. 244) und vielen andern Neujahrsgebräuchen, welche später zum Theil auf die Kalenden des Januar verlegt wurden, großentheils aber doch für immer an denen des März haften blieben. So wurde an diesem Tage noch später das Feuer der Vesta neu entzündet, die Thüren der Regia und des Vestatempels, auch die der Curien und der Häuser der Flamines mit frischem Lorbeer bekränzt, den Lehrern das Jahresgeld bezahlt, von Senat und Bürgerschaft eine kurze Sitzung zum guten Anfang gehalten und vom Senate an diesem Tage auch die Verpachtung der sogenannten Vectigalia d. h. der Nutzungen und indirecten Steuern vorgenommenOvid. F. III, 135 ff., Macrob. S. 1, 12, 6. 7.. Auch die Salier scheinen gleich an diesem Tage ihre Opfer und feierlichen Umzüge mit den Ancilien begonnen zu haben; wenigstens wissen wir daß sie während der ganzen Dauer des März durch ihre religiösen Verpflichtungen in Anspruch genommen wurdenDie Salier durften sich im Laufe des Monats März, 30 Tage lang κατὰ τὸν καιρὸν τῆς ϑυσίας, nicht mit profanen Dingen beschäftigen noch von dem Orte entfernen, wo sie sich eben befanden, eigentlich wohl nicht aus Rom, s. Polyb. XXI, 10, 12, Liv. XXXVII, 33; daher es sich von selbst verstand, daß Consuln und Prätoren, so lange sie diese Aemter bekleideten, von den Verpflichtungen des Saliats frei gesprochen wurden. Auch Dionys II, 70 nennt die Feier der Salier eine ἑορτὴ – δημοτελὴς ἐπὶ πολλὰς ἡμέρας ἀγομένη., und einige Kalender nennen den ersten März ausdrücklich als den Geburts- d. h. Stiftungstag des Mars und den Tag, wo das Ancile vom Himmel gefallen seiDas Kal. Constantini nennt den ersten März den Natalis Martis, vgl. oben S. 139 und die Kalender der Mss. des Ovid bei Merkel Ovid F. p. LV, wo einer zu demselben Tage bemerkt Casus Ancilis, ein andrer: Festum Martis, Ancilia feruntur., was also auf die Stiftung des 320 sacrarium Martis in der Regia deutet. Am 7. März fand wieder eine Feier des Mars statt, diesmal in Verbindung mit Jupiter und VejovisKal. Praen. IOVIS MARTIS VEDIOVIS INTER DVOS LVCOS, s. oben S. 237. Das Kal. Constant. bemerkt zwei Tage darauf, zum 9. März: Arma Ancilia movent., doch bleibt der nähere Zusammenhang unklar. Einen neuen Aufschwung nahm die Feier mit den Idus, dem alten Festtage des Jupiter, zu dessen Verherrlichung die Salier nicht weniger als zu der des Mars und Quirinus bestimmt waren. Schon am Tage vor den Idus gab es nicht blos die Feier der Mamuralien, sondern auch ein neues Wettrennen im MarsfeldeOvid F. III, 519 ff., vgl. Kal. Maff. und Vatic.. An den Idus folgte jene volksthümliche Feier der Anna Perenna (S. 304) und ein feierliches Opfer des Jupiter auf dem Capitole unter der Oberaufsicht des Pontifex Maximus und der Virgo Maxima, bei welchem für das Heil des Staates geopfert und um allen guten Segen für das neue Jahr gebetet wurde, jedenfalls unter Betheiligung der Salier, da unter den verschiedenen Gegenden der Stadt, die sie mit ihren Umzügen berührten und an denen sie ihre heiligen Tänze aufführten, ausdrücklich das Comitium und das Capitol genannt wirdDionys a. a. O. Vgl. Io Lydus de Mens. IV, 36 εἰδοῖς Μαρτίαις ἑορτὴ Διὸς διὰ τὴν μεσομηνίαν καὶ εὐχαὶ δημόσιαι ὑπὲρ τοῦ ὑγιεινὸν γενέσϑαι τὸν ἐνιαυτὸν. ἱεράτευον δὲ καὶ ταῦρον ἐξέτη ὑπὲρ τῶν ἐν τοῖς ὄρεσιν ἀγρῶν (d. i. pro saltibus, für die Viehweiden) ἡγουμένου τοῦ ἀρχιερέως καὶ τῶν κανηφόρων τῆς μητρόχου, d. i. die Virgo Maxima. Nach Augustin C. D. IV, 23 wollten beim Bau des Capitols nicht weichen Mars, Terminus und Iuventas, so daß immerhin auch ein altes Heiligthum des Mars der Salier auf dem Capitole angenommen werden darf.. Auch der Umstand daß die Consuln in den besten Zeiten der Republik, vom Jahre 531 bis 601 d. St., an den Iden des März ihr Amt antraten, ist ein Beweis der hohen Bedeutung dieses Tags, an welchem also damals auch jene später auf die Kalenden des Januar verlegten Opfer und Gebete der zuerst amtlich auftretenden Consuln (S. 161) stattgefunden haben werden. Am 17. März folgte eine Frühlingsfeier des Liber Pater, bei welcher die Salier gleichfalls mitwirkten; wenigstens wurden an diesem Tage neben den Liberalia auch Agonia gefeiert, welche speciell den Mars und die Salier angingen, namentlich die Agonalischen Salier des QuirinalsVarro l. l. VI, 14 in libris Saliornm, quorum cognomen Agonensium, forsitan hic dies ideo appelletur potius Agonia, vgl. Kal. Vatic. und Macrob. S. 1, 4. 15 Masurius etiam secundo Fastorum Liberalium dies, inquit, a Pontificibus agonium Martiale appellatur. Auch der Name Mons Agonus f. Quirinalis, p. Agonalis f. Collina, endlich der Salii Agonales oder Agonensis scheint mit diesem Opfer zusammenzuhängen. Vgl. über die Agonia oben S. 159, 256.. Zwei Tage darauf, am Tage der Quinquatrus (S. 260) 321 finden wir die Salier mit den Pontifices und dem Tribunus Celerum auf dem Comitium beschäftigt, sie tanzend, während die Pontifices vermuthlich opfertenKal.Vat. z. 19. März: QVINQ. FERIAE MARTI, Verr. Fl. Fast. Praen . . . . fACIVNT IN COMITIO SALTVs adstantibus ponTIFICIBVS ET TRIB CELERum. Vgl. Varro l. l. V, 85 Salii a salitando, quod facere in Comitio in sacris quotannis et solent, et debent. Auch Dionys l. c. sagt: ἑορτὴ δ’ αὐτῶν ἐστι περὶ τὰ Παναϑήναια, das sind die Quinquatrus, so daß um diese Zeit wohl die bedeutungsvollsten Acte der Feier stattfanden, vermuthlich speciell die Feier des Mars und der Minerva Nerio., vielleicht zur Erinnerung an den Bund des Romulus und T. Tatius, welcher der Sage nach auf dem Comitium abgeschlossen worden war und sowohl von der Sage als in dem Rituale des von Numa begründeten Cultus mit dem Raube der Sabinerinnen und der Frühlingsfeier des Mars in unmittelbare Verbindung gebracht wurdeFest. p. 372 Vernae qui in villis vere nati, quod tempus duce natura feturae est et tunc rem divinam instituerit Marti Numa Pompilius pacis concordiaeve obtinendae gratia inter Sabinos Romanosque ut vernae viverent neu vincerent: d. h. daß sie wie Söhne eines Frühlings, also wie Brüder zusammenleben sollten. Vgl. das Gebet der Tiburtiner b. Serv. V. A. 1, 7 Iuno curulis – tuere meos curiae vernulas sanos, und Martial. X, 76 de plebe Remi Numaeque verna. Ueber das comitium und die mythische Bedeutung des Raubes der Sabinerinnen s. Plut. Rom. 19 und oben S. 245. 303.. Weiter folgte am 23. März, dem Tage des Tubilustrium, ein neuer Umzug der Salier und eine gemeinschaftliche Feier des Mars und der Nerio (S. 303, 663), während das Tubilustrium selbst ein Reinigungsfest der beim Gottesdienste gebrauchten Tuben und anderes heiliges Geräthes war, welches in dem sogenannten Schusterhofe (Atrium Sutorium) auf dem Palatin begangen wurdeVarro l. l. VI, 14 und Verr. Fl. Fast. Praen. zum 23. März. Es waren die Tubi, quibus in sacris utuntur, welche dann lustrirt wurden, und zwar geschah es mit dem Opfer eines Lamms, s. Fest. p. 352, Paul. p. 353, und durch die s. g. tubicines sacrorum, eine eigne zum priesterlichen Stande gehörige Zunft, welche bei Fest. l. c, Gell. N. A. 1, 12 und in verschiedenen Inschriften erwähnt wird, s. Marquardt Handb. d. R. A. IV, 376. Auch der lituus Romuli und die litui überhaupt wurden wegen ihrer Gestalt zur Gattung der tubi gerechnet, ein Wort welches ursprünglich eine weitere Bedeutung gehabt haben muß als tuba, vgl. Gellius V, 8, 8, Cic. de Divin. 1, 17, 30. Also wurden auch die litui an diesem Tage lustrirt, vermuthlich auch die Ancilia, s. Charis. 1 p. 62 Quinquatrus a quinquando i. e. lustrando, quod eo die (er versteht die Quinquatrus in der späteren Bedeutung als fünftägiges Fest) anna Ancilia lustrari sint solita.. Endlich waren die 322 Salier auch bei einer zweiten Feier auf dem Comitium, einem Sühnopfer welches am 24. März unter der Leitung des Rex Sacrorum vollzogen wurde, betheiligtFest. p. 278 Regifugium, vgl. Müller p. 403 und Marquardt a. a. O. S. 265.. Also eine ganze Reihe von gottesdienstlichen Acten, wo je nach der Bedeutung des Tags neben Mars andre Götter gefeiert wurden, an den Kalenden Janus und Juno, an den Nonen Vejovis, an den Iden Jupiter, an den Quinquatrus Minerva oder Nerio, und dabei wahrscheinlich immer Umzüge mit den Ancilien und Tänze der Salier bald bei diesen bald bei jenen örtlichen Heiligthümern der Stadt aufgeführt wurdenDionys a. a. O. ἐν αἷς διὰ τῆς πόλεως ἄγουσι τοὺς χοροὺς εἴς τε τὴν ἀγορὰν καὶ τὸ καπιτώλιον καὶ πολλοὺς ἄλλους ἰδίους τε καὶ δημοσίους τόπους. Auch die Lieder der Salier gedachten verschiedener Opfer, von denen in dieser Zeit auch eins auf dem pons Sublicius stattgefunden zu haben scheint, s. Varro l. l. V, 110, Fest. p. 141 molucrum, Serv. V. A. II, 165, Catull. 17, 5.. Diese ganze Zeit hindurch war das alte Heiligthum des Mars in der Regia geöffnet und die Ancilia in Bewegung (movebantur), bis sie endlich wieder zur Ruhe gebracht (condebantur) d. h. in jenem Heiligthume wieder aufgehängt und das Heiligthum selbst wieder geschlossen wurdeServ. V. A. IV, 301 Moveri sacra dicebantur cum solemnibus diebus aperiebantur templa instaurandi sacrificii causa, cuius rei Plautus in Pseudolo 1, 1, 107 meminit. – Hoc vulgo apertiones appellant. Vgl. Sueton Otho 8, Tacit. Hist. 1, 89.: eine Zeit der kriegerischen Bewegung und Aufregung der ganzen Stadt, in welcher sich die ältere Zeit eben deshalb aller wichtigeren Unternehmungen enthielt. Auch galten alle in dieser Zeit abgeschlossenen Ehen für bedenklich, da sie eine stürmische Zukunft befürchten ließen, und die Gemahlin des Flamen Dialis mußte während der ganzen Dauer dieser Umzüge ihr Haar ungekämmt lassen. Während der Umzüge aber wurden die Ancilia an verschiedenen Stellen aufbewahrt, wie sie sich z. B. am Vorabende der Idus des März, an welchen Cäsar ermordet wurde, bei diesem als Pontifex Max. befandenDio Cass. XLIV, 17 τά τε γὰρ ὅπλα τὰ Ἄρεια παρ’ αὐτῶ τότε ὡς καὶ παρὰ ἀρχιερεῖ κατά τι πάτριον κείμενα ψόφον τῆς νυκτὸς ἐποίησε, wo das Wort τότε beweist, daß die Ancilia nicht immer dort waren, sondern eben nur in dieser Nacht, da am folgenden Tage der Zug aufs Capitol und das dortige Opfer unter der Leitung des Pontif. M. erfolgte. Nun wohnte der Pontif. M. zwar in der Regia, aber das Sacrarium Martis, wo die heiligen Speere und die Ancilia gewöhnlich aufbewahrt wurden, war jedenfalls ein andrer Raum als seine Wohnung. Dieses gegen Becker Handb. 1, 230., zu andern Zeiten in eigens zu diesem Zwecke 323 gestifteten Mansiones Saliorum d. h. Einkehrshäusern der Salier und der Ancilien für die Nacht und die Zeit der Mahlzeiten, welche immer so prächtig und üppig ausfielen, daß sie wie die der Pontifices in ihrer Art sprichwörtlich geworden warenOr. n. 2244 Mansiones Saliorum Palatinorum a veteribus ob armorum annalium (l. ancilium) custodiam constitutas longa aetate neglectas pecun. sua reparaverunt Pontifices Vestae etc. Fest. p. 329 Salios, – quibus per omnis dies ubicumque manent quia amplae ponuntur cenae, si quae aliae magnae sunt, saliares appellantur. Vgl. Cic. ad Att. V, 9, Horat. Od. 1, 37, 2, Sueton. Claud. 4. 33 u. A..

Im weitern Verlaufe des Jahrs brachte, soviel wir wissen, der römische Kalender nur im Juni und im October neue Feste des Mars, an den Kalenden des Juni jene gemeinschaftliche Feier der Juno und des Mars, bei welcher diesem namentlich in dem Tempel an der Appischen Straße gehuldigt wurde (Ovid F. VI, 191), an den Iden des October neue Rennen im Marsfelde und dabei das merkwürdige Opfer des OctoberpferdesFest. p. 178 October equus, Paul. p. 220 Panibus, Plut. Qu. Ro. 97. Im Kal. Constant. Id. Octob. Equus ad Nixas fit ist dasselbe Opfer gemeint, s. meine Regionen d. St. R. S. 173.. Der ganze Zusammenhang dieses alten Gebrauchs scheint dieser gewesen zu sein. Zuerst fand wie gewöhnlich das Rennen zu Ehren des kriegerischen und ritterlichen Gottes statt, dann wurde das Handpferd des Gespanns, welches bei diesem Rennen gesiegt hatte, an jenem alten Altare des Mars geopfert, und zwar ob frugum eventum d. h. zum guten Gedeihn der neuen Aussaat; daher das Haupt des zu opfernden Pferdes mit einem Kranze von Broden behangen wurde, wie beim Feste der Vesta die Esel als Gehülfen der MüllerLactant. 1, 21, 26. Am 21. Decb. wurde nach Macrob. S. III, 11, 10 dem Hercules und der Ceres geopfert sue praegnante, panibus, mulso. Vgl. die panes laureati der fratres Arvales bei Marini p. 526.. Dem Haupte und dem Schwanze des geopferten Pferdes wurde eine besondre Kraft der Sühnung zugeschrieben, daher sich um das Haupt ein hitziger Kampf zwischen zwei der ältesten Stadtquartiere erhob, dem der Subura und dem der Sacra Via. Die Bewohner von jenem nagelten es, wenn sie es erlangten, an den Mamilischen Thurm, die der Sacra Via an die Mauer der RegiaFest. l. c. Vgl. das Abschneiden und Annageln des Pferdehaupts in Deutschland, Grimm D. M. 41 und 624 ff. Auch sonst wurden bei den Alten Weihgeschenke, Theile von Opferthieren u. dgl. an Heiligthümer angenagelt, s. Bötticher Baumcultus S. 69., vermuthlich weil man 324 glaubte daß das dort angenagelte Haupt seinen Segen über das ganze Quartier verbreiten werde. Der Schwanz wurde so schnell als möglich in die Regia getragen, wo man das Blut auf den Altar der Vesta träufeln ließ, worauf die Vestalinnen aus diesem geronnenen Blute und andern Ingredienzien das Räucherwerk bereiteten, dessen man zu den Sühnungen der Palilien bedurfteProp. IV, 1, 19, Ovid F. IV, 731.. Es war eine schreckliche Parodie dieses alterthümlichen Gebrauchs, als nach den Triumphen Cäsars im J. 46 v. Chr., wie es scheint zur Sühne einer Meuterei unter den Soldaten, auf dem Marsfelde zwei Menschen von den Pontifices und dem flamen Martialis geopfert und ihre Köpfe gleichfalls an der Regia, wo Cäsar als Pontifex Max. wohnte, angenagelt wurden (Dio XLIII, 24). – Endlich scheint auch das am 19. Octb. gefeierte Armilustrium vorzugsweise dem Mars gegolten zu haben, eine im Armilustrium am Aventin begangene Cerimonie, welche aus einem Opfer unter dem Schall der heiligen Trompeten und einem Umzuge mit den zu lustrirenden Waffen bestand, für welche Varro l. l. VI, 22 die Ancilien nenntVgl. Paul. p. 19, Kal. Maff. Amitern..

Inzwischen fand mit der Zeit auch in diesen Kreisen immer mehr die griechische Kunst und die griechische Fabel Eingang, so daß die älteren Culte des Palatin und Quirinal zuletzt vergessen und verkannt und dafür mit neuen Ideen und nach neuen Mustern auch dem Mars neue Tempel und neue Culte gestiftet wurden. Schon der T. des Mars, den D. Iunius Brutus Callaicus, der Consul des J. 138 v. Chr. auf Veranlassung eines kriegerischen Erfolges gelobt und der griechische Architect Hermodor aus Salamis in der Nähe des Circus Flaminius erbaut hatte, scheint speciell zur Aufnahme von griechischen Kunstwerken, namentlich eines sitzenden Colosses des Mars von der Meisterhand des Scopas gedient zu habenCorn. Nepos b. Priscian VIII, 4 p. 370, vgl. Plin. H. N. XXXVI, 5, 26.. Ganz im Sinne der neuen Zeit und im Familieninteresse des Julischen Geschlechtes, welches zugleich die Venus und den Mars verehrte, erfolgte dann die Stiftung eines neuen Dienstes des Mars Ultor durch Augustus. Schon Cäsar hatte, da er die Venus Genitrix auf seinem Forum verherrlichte, auch einen T. des Mars von solcher Pracht und 325 Größe, wie man ihn sonst nirgends fände, erbauen wollenIm Marsfelde, vermuthlich in der Gegend des Pal. Farnese, s. Sueton Caes. 39, 44, Dio XLIII, 23, meine Regionen S. 160. 218., August nahm diesen Gedanken seines Adoptivvaters wieder auf, indem er zugleich dessen persönliches Andenken und das an die göttliche Strafe, welche seine Mörder getroffen hatte, damit vereinigte. Er gelobte nehmlich in dem Kriege gegen Brutus und Cassius 42 v. Chr. dem Mars einen T. pro ultione paterna, daher der Name Mars Ultor, dessen glänzender Tempel zugleich mit dem forum Augusti in Angriff genommen wurde, aber erst im J. 2 v. Chr. eingeweiht werden konnte. Inzwischen erfolgte im J. 20 die Rückgabe der von Crassus an die Parther verlornen Feldzeichen, zu deren Aufnahme August einen kleineren Tempel des Mars Ultor auf dem Capitole erbauen ließ, ein Gegenstück zu dem wiederhergestellten T. des Jupiter Feretrius, in welchem sich, wie man aus häufigen Abbildungen auf römischen und asiatischen Münzen der Zeit sieht, außer den wiedergewonnenen Feldzeichen auch ein Standbild des Mars befand, der in der R. einen Legionsadler, in der L. ein andres Feldzeichen trug. Die Einweihung dieses Tempels erfolgte schon im J. 19 oder 18 v. Chr., also geraume Zeit vor der des größerenDio LIV, 8, vgl. Becker Handb. 1, 371 und Pinder in der S. 178, 303 angeführten Abhandlung.. Dieser letztere, welcher auf dem gewöhnlich forum Augusti, ausnahmsweise auch f. Martis genannten Platze lag und in einigen Trümmern noch vorhanden ist, war einer der prächtigsten in der ganzen Stadt, von innen und von außen geziert mit vielen kriegerischen Ehrenzeichen, kostbaren Kunstwerken und mit Erinnerungen an Aeneas und die Ahnen des Julischen Geschlechts bis hinab zum Divus Julius, während die beiden göttlichen Ahnen dieses Geschlechts, Mars und Venus, in seinem Innern durch eine entsprechende Gruppe vergegenwärtigt warenOvid Trist. II, 296 stat Venus Ultori itincta, vir (d. i. Vulcan) ante fores, nach der Emendation von Haupt b. Lachmann z. Lucret. p. 199. Vgl. Ovid F. V, 550 ff. Auch das Schwerdt des Divus Iulius wurde in diesem T. aufbewahrt, s. Sueton Vitell. 8.. Das Einweihungsfest dieses Tempels wurde am 12. Mai unter persönlicher Betheiligung des August mit außerordentlich kostbaren und glänzenden Spielen begangenVgL Vellei. Pat. II, 100, Kal. Maff. zum 12. Mai, Ovid F. V, 597. Nach dem Kal. Venus. war der 14. Mai dem Mars Invictus heilig.; die bei Dio LV, 10 in einem 326 Auszuge erhaltene ConsecrationsurkundeVgl. Sueton Octav. 29. bestimmte unter andern Auszeichnungen, daß die jungen Cäsaren nach Anlegung der toga virilis in diesem Tempel opfern, der Senat in ihm über Krieg und Frieden und über zu ertheilende Triumphe berathen, die zur Verwaltung der Provinzen bestimmten Magistrate von hier in dieselben abgehen, die zurückkehrenden Sieger hier die Attribute ihres Triumphs niederlegen sollten; auch sollten in seiner Nähe alle Triumphatoren älterer und neuerer Zeit in ehernen Bildsäulen verewigt, in ihm alle etwa verlornen und wiedereroberten Feldzeichen aufgestellt werden. So wesentlich war es hier, wie sonst bei den Stiftungen des August, auf eine Verschmelzung des Ruhms der Julier und der Ansprüche ihrer Dynastie mit dem des römischen Namens überhaupt abgesehn.


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