Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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4. Syrische und Punische Gottesdienste.

Auch die Gottesdienste von Syrien, Phönicien, Palästina und den benachbarten Gegenden geriethen durch die Herrschaft der Seleuciden und die hellenistische Cultur in eine neue Bewegung. Es sind die alten, aus der h. Schrift und Herodot bekannten Götter des Himmels, Baal und Astarte, von denen jener durch Saturnus und Jupiter, diese durch die Juno und Venus Caelestis übersetzt zu werden pflegt, ferner Derketo oder Atargatis, eine Göttin der Erde und Fluth, welche aus dem Feuchten schafft, die Mutter der Semiramis, welche von den Philistern zu Askalon in Fischgestalt verehrt wurde. Andre orientalische und griechische Götter des Himmels und der Erde schlossen sich ihnen an, Apollo und Diana, der Sonnen- und der männliche Mondgott (Deus Lunus), welcher in Mesopotamien und Phrygien viel verehrt wurde, und viele andre. Nirgends war das Heidenthum so götzendienerisch und grausam, lüstern und sinnlich ausschweifend als in diesem nationalen Kreise, welcher den Juden und Griechen seit alter Zeit vertraut, den Römern vorzüglich durch die Eroberungen des Pompejus, später durch die des Vespasian bekannt wurde, obwohl einzelne Formen des syrischen Gottesdienstes, z. B. die Weissagung seiner Prophetinnen schon früher nach Rom gedrungen 743 warVgl. die syrische Weissagerin Martha beim Marius, Plut. Mar. 17, Val. Max. 1, 2. 3. Ueber die Juden in Rom s. Marquardt R. A. IV S. 90.. Weiter verschafften die syrischen Mädchen und Frauen als gefällige Wirthinnen und Bajaderen mit ihren weichlichen Tänzen und GesängenVgl. die Caupona Syra bei Lucilius und Virgil Copa 1–4 und die Ambubalarum collegia bei Horat. S. 1, 2, 1 von abub, ambub. d. i. die Flöte der syrischen Adonisklage, daher Adonis selbst Abobas hieß und der Klagegesang der Venus Salambo d. i. fistula canora, vgl. Sueton. Nero 27. 56, Lamprid. Heliog. 6. auch ihren Göttern und Göttinnen, der syrischen Venus und dem Adonis immer mehr Eingang, wie z. B. Nero vorzüglich solche Umgebungen liebte. Unter den Flaviern hatte dieses syrische Wesen dergestalt um sich gegriffen, daß Juvenal III, 62 ff. sagen konnte, schon längst habe sich der syrische Orontes d. i. der Fluß an welchem Antiochia liegt, in den Tiber ergossen und Sprache, Sitten und Musik verdorben. Vespasian erfuhr seine Bestimmung zur Weltherrschaft zuerst auf dem Carmel, Trajan befragte auf seinem Zuge gegen die Parther den Jupiter von Heliopolis auf dringendes Anrathen seiner Freunde, welche die außerordentlichsten Beweise von seiner Macht empfangen haben wollten, Hadrian opferte dem Jupiter Casius auf seiner heiligen Höhe bei AntiochienSueton. Vespas. 5, Macrob. Sat. I, 23, 14, Spartian Adrian 13.. Der größte Triumph war diesen Göttern aber in dem Zeitalter der Antonine vorbehalten, zumal in dem der Pseudo-Antonine syrischer Abkunft. Antoninus Pius baute den prachtvollen Tempel zu Heliopolis, unter Commodus war Jupiter Dolichenus bereits auf dem römischen Aventin angesiedelt, dann holte sich Septimius Severus, durch die Verheißungen einer großen Zukunft bestimmt, seine zweite Frau aus Emesa, seit welcher Zeit deren Familie eine Zeitlang den römischen Hof beherrschte. Selbst die abscheuliche Unzucht und Frechheit des Heliogabal scheint nur die höheren Stände ein für allemal abgeschreckt zu haben, denn in den niederen dauerten die Einflüsse des Handels und der Legionen fort und namentlich diese letzteren haben zur Verbreitung solcher Culte wesentlich beigetragen. Verschiedene Legionen waren nehmlich kürzere oder längere Zeit in Syrien stationirt gewesen, daher sie später, wenn sie nach dem Occident verlegt wurden oder einzeln in ihre Heimath zurückkehrten, den ihnen vertraut gewordenen Gottesdienst dahin verpflanzten. Die einzelnen Götter, welche hier in Betracht kommen, sind folgende. 744


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