Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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2. Aegyptische Sacra.

Isis und Serapis.

Nun mag die Reihe der ausländischen Gottesdienste folgen, wie sie nach einander in dem aufgelockerten Boden Wurzel gefaßt und von Rom aus sich weiter im Westen und Norden verbreitet haben, zunächst der ägyptische oder vielmehr alexandrinische der Isis und des Serapis. Denn nur der tiefere nationale Grund ist altägyptisch, die Einkleidung und der Gottesbegriff ist wesentlich hellenistisch d. h. ein Product der Bildung von Alexandrien, der neuen Haupt- und Handelsstadt der Ptolemäer. Daher die schnelle Verbreitung nicht sowohl im alten Aegypten, wo dieser Gottesdienst anfangs keinen rechten Eingang finden wollte, als vielmehr in dem ganzen griechisch gebildeten Küstengebiete des mittelländischen Meers, welche Gegenden das altägyptische Wesen hier zuerst in einer ihrer Anschauungsweise und den Bedürfnissen der Zeit angemessenen Umbildung kennen lernten.

Die ältere Grundlage ist der Dienst der Isis und des Osiris, einer der ältesten ägyptischen Culte und dabei so volksthümlich und ein so lebendiger Ausdruck der Natur des ägyptischen Landes und seiner Bewohner, daß er schon zur Zeit Herodots durch ganz Aegypten und selbst darüber hinaus verbreitet war. Osiris (ägypt. Hesiri), den die Griechen gewöhnlich mit ihrem Dionysos identificiren, ist der männliche Befruchtungsgott des Landes, als Nil die Bedingung seiner Existenz, als König der Urheber aller Cultur, als Naturprincip dem Wechsel des Jahres unterworfen, wie die leidenden Götter des Orients und der Griechen überhaupt, daher er stirbt und nur in der Unterwelt noch selbst fortlebt, während auf der Erde der Apisstier für sein Bild und seine Incarnation galt. Isis (ägypt. Hes) ist die weibliche Frucht und Culturgöttin neben diesem männlichen Princip, die Demeter der Griechen, das empfangende Land, welches dem Osiris alle Fruchtbarkeit verdankt, deshalb nach seinem Tode der Verzweiflung verfällt: auch sie zugleich eine Göttin der 724 Ober- und der Unterwelt, ja auch die Göttin aller Fluth und Schiffahrt auf dem Nil und auf dem Meere, in welcher Beziehung die sogenannte Isis Pharia d. h. der Isisdienst auf der Insel Pharos, schon ein Gemisch von ägyptischen und phönicischen Culturelementen, zur Erweiterung des ägyptischen Gesichtskreises wesentlich beigetragen zu haben scheint. Andre Figuren dieser Gruppe sind der Sonnen- und Lichtgott Horus (äg. Hor oder Har, als älterer Horus Harver d. i. Arueris), der Sohn der Isis und des Osiris, so lange dieser noch auf der Oberwelt war, ferner Harpocrates (äg. Harpechruti d. i. Horus das Kind), den Isis vom Osiris in der Unterwelt empfangen, der sterbliche Lichtgott, welcher als nacktes Kind mit an den Mund gelegtem Finger abgebildet wird. Ferner Nephthys (Nebti oder Nebteï), welche mit der griechischen Aphrodite und Nike verglichen, aber mehr in der Unterwelt als in der Oberwelt beschäftigt ist und vom Osiris den Anubis (Anup oder Anupu) geboren hat, den Hermes Psychopompos der Griechen, welcher als Wächter und Begleiter der Isis gedacht wird und auf den ägyptischen Monumenten als Mann mit dem Schakalkopfe oder ganz als Schakal erscheint, bei den Griechen und Römern dagegen in der Gestalt des gewöhnlichen Hundes. Endlich Set-Typhon, das böse Princip der ägyptischen Natur, der Feind und Mörder des Osiris, welcher als Gluthwind aus Süden die feuchten Etesien besiegt, den Nil ausdörrt und zuletzt, wenn die Tage immer kürzer werden, das Licht schwindet, das Laub fällt, vollends zur Herrschaft zu gelangen droht: bis Horus ihn besiegt und Osiris wiedergefunden wird und mit ihnen Sonnenlicht und Sonnenwärme und der Frühling und die Befruchtung des Nils zurückkehrt.

Auch der Name Serapis oder SarapisDie Griechen schreiben gewöhnlich Σάραπις, die Lateiner Serapis, doch findet sich auch Σέραπις auf griechischen Inschriften. Man declinirt Ἶσις, Ἴσιδος, Ἴσιδι und Ἴσιος, Ἴσι oder Ἴσει, lateinisch Isi, und nach derselben Analogie auch Ὄσιρις und Σάραπις, lat. Serapi, Serapem, Serape. Ueber den Ursprung des Namens s. Lepsius üb. d. ägypt. Götterkreis S. 56 ff., dessen Bedenken sich vielleicht durch die Annahme heben lassen, daß der Name Ὀσόραπις in Memphis der herkömmliche für den Gott Osiris geworden war und deshalb bei der Verschmelzung beider Gottesdienste, des griechischen Pluton und des ägyptischen Osirisdienstes, auf den neuen Cultus übertragen wurde. ist ägyptischen Ursprungs, eigentlich ein Beiname des Osiris. Wahrscheinlich ist er entstanden aus Osorapis d. i. Osiris-Apis, eigentlich Osiris als Stier, weil der Stier das Symbol des Osiris war wie die Kuh 725 das der Isis. Man glaubte nehmlich daß die Seele des Osiris in dem Apisstiere fortlebe, während er selbst nach seinem Tode der König der Unterwelt geworden sei, daher auch der Name Serapis vorzugsweise diesen letzteren, den Pluton der Griechen bedeutete und der Apis selbst als Symbol des verstorbenen Gottes schwarz sein mußte. Auch wird überliefert daß es ein kleineres Heiligthum der Isis und des Serapis auf derselben Stelle, wo unter den Ptolemäern der große Serapistempel erbaut wurde, schon gegeben habe; ja es scheint daß auch Memphis schon vor den Ptolemäern ein Heiligthum des Serapis gehabt hat. Obwohl zu bemerken ist daß dieser Name hieroglyphisch bis jetzt nicht gefunden wurde und selbst der Inschrift von Rosette aus der Zeit des Ptol. Epiphanes noch nicht bekannt ist, dahingegen in den Papyrusurkunden von Memphis aus der Zeit des Philometor Osiris schon ganz von ihm verdrängt ist. Weiterhin sind dann freilich Isis und Serapis auch in Aegypten ganz an die Stelle von Isis und Osiris getreten.

Also ein ägyptischer Name, aber ein alexandrinischer Gottesdienst, an welchen sich das alte Aegypten nur sehr allmälich und lange widerstrebend gewöhnen mochteAuch Macrob. S. I, 7, 14 deutet auf systematischen Widerstand der ägyptischen Geistlichkeit gegen den alexandrinischen Serapisdienst. Später freilich konnte Aristides 42 Heiligthümer des Serapis allein in Aegypten zählen.. Die gewöhnliche Stiftungslegende des Tempels in Alexandrien, als dessen Erbauer bald Ptol. Soter bald Philadelphus genannt wurde, leitete das Tempelbild bekanntlich ab aus Sinope, der alten griechischen Colonie am Pontus, wohin ein Traumgesicht den König gewiesen und woher aus einem alten Tempel des Pluton und der Persephone jenes Bild unter dem Beistande eines attischen Eumolpiden und des Apoll von Delphi geholt sein sollTacit. Hist. IV, 83. 84, vgl. Plutarch Is. et Osir. 28 u. A. bei Parthey z. ds. Schr. S. 213.. Dagegen behaupteten Andre daß der Gott von Seleucia in Syrien nach Alexandrien gekommen sei, eine Andeutung von Vermischung der ägyptischen und syrischen Religionskreise, welche sich nach andern Spuren in noch viel weiterer Ausdehnung nachweisen läßtDie Dienste des Adonis und des Osiris hatten sich sowohl in Amathus auf Cypern als zu Byblus in Phönicien dergestalt durchdrungen daß beide Götter identificirt wurden, und eben so wurden Isis und Astarte oft synkretistisch verschmolzen. Auch maltesische Inschriften und die Adonienfeier des Theokrit bezeugen diese Verschmelzung des Adonis- und Osirisdienstes., 726 wieder Andre, daß Memphis die eigentliche Heimath auch des alexandrinischen Serapisdienstes sei. Genug es hatten sich in diesem Gottesdienste verschiedene Culturelemente dergestalt durchdrungen, daß sowohl der Cultus als der Begriff des Gottes ein synkretistischer d. h. aus den Elementen verschiedener Religionskreise gemischter war; eben darin bestand sowohl seine Neuheit als seine Eigenthümlichkeit. Griechisch war vorzüglich das neue, von der ägyptischen Art ganz abweichende CultusbildDas Bild war ein Coloss nach Art des griechischen Pluton, mit den Attributen des Modius, des Cerberus und der Schlange, s. Plut. Is. Osir. 28, Macrob. S. I, 20, 13 und die Bilder auf Alexandrinischen Münzen. Der Kopf ist oft von Strahlen umgeben. und die glänzende Architectur des Tempels, welcher, auf der Burg von Rhakotis gelegen, eine der schönsten Zierden von Alexandrien war. Der Begriff des Gottes war so weit, daß sowohl der alte ägyptische Osiris und der griechische Pluton als der griechische Heilgott Aesculap und der höchste und allmächtige Gott des Himmels Zeus oder Jupiter hineinpaßte; ja auch der Sonnengott wird nicht selten in diese Mischung mit hineingezogen, daher Serapis auf griechischen Inschriften häufig Ζεὺς Ἥλιος μέγας genannt wird, auf lateinischen I. O. M. Sol.

Dieser neue Gottesdienst verbreitete sich von Alexandrien aus sehr schnell über das Mittelmeer, theils unmittelbar von dort theils unter Vermittlung der benachbarten Hafenstadt Canopus, deren Incubationsanstalt und Heilorakel des Serapis einen sehr starken Zulauf hatteStrabo XVII p. 801. In Rom gab es später auch eine eigne Form des Serapisdienstes, die aus Pelusium stammte, s. Iul. Capitolin. M. Antonin. Philos. 23. Ueber die Ausbreitung des Isis- und Serapisdienstes in Griechenland s. meinen Aufs. in den Berichten der K. Sächs. G. d. W. z. Leipzig 1854 S. 196.. Die Spuren der neuen Religion lassen sich seit den ersten Ptolemäern von der Küste Kleinasiens und den griechischen Inseln bis nach Athen, Korinth und Paträ verfolgen, von wo sie bald weit in die innern Landschaften des Peloponnes und in die von Böotien und Phokis vordrang und sich durch den ausländischen Reiz ihrer Symbolik, das Geheimniß ihrer Weihe, ihren Anschluß an Schiffahrt und Handel überall beliebt machte. Gewöhnlich wurden Serapis, Isis und Anubis zusammen verehrt, neben ihnen bisweilen auch Harpokrates und Canopus. Serapis galt vorherrschend für einen Heilgott gleich dem Asklepios, Isis für eine Göttin der Frauen und der Schiffahrt und wegen ihrer Kuhgestalt für identisch mit 727 der argivischen Io, was für die Mythologie von beiden seine eigenthümlichen Folgen hatteVarro hielt mit andern Gelehrten der Zeit den Serapis für einen argivischen König Apis, welcher in sehr alter Zeit nach Aegypten gekommen und als Verstorbner zum Gott geworden sei, wobei der Name als eine Entstellung von Sorosapis oder Sorapis erklärt wurde, von σορὸς und Ἆπις. Auch die Gebehrde des Harpokrates, der immer neben der Isis und dem Serapis zu sehen sei, bedeute ut homines eos fuisse taceretur, s. Augustin. C. D. XVIII, 5, Nymphodor b. Clem. Al. Strom. 1 p. 383 P..

So mag die neue Religion auch ziemlich früh nach dem entlegenen Westen vorgedrungen sein, nach der Insel Malta und nach Sicilien, wo sich weit ältere Spuren eines Verkehrs mit Aegypten nachweisen lassen, dessen Vermittler die Phönicier gewesen, endlich nach dem südlichen Italien und in die Gegend von Neapel, wo Puteoli, Pompeji, Herculanum und andre Punkte noch jetzt so merkwürdige Reste des Isis- und Serapisdienstes erhalten habenUeber das Serapeum in Pozzuoli s. Creuzer z. Archäol. 2, 258. Aus Herculanum stammt das Gemälde b. Böttiger kl. Schr. 2, 210. Vgl. die Inschr. b. Mommsen I. N. n. 2243 aus Pompeji (Böttiger a. a. O. 3, 249), n. 3549 aus Acerrae, n. 3580 aus Capua; n. 4315 aus Aquinum, n. 4833 aus Telesia u. s. w.. Von dort verbreitete er sich weiter über Campanien und Etrurien, wo Isis Regina in Florenz einen angesehenen Tempel hatteEr lag wahrscheinlich da wo jetzt das Kloster des S. Florens steht, s. Bullet. d. Inst. Arch. 1839 p. 184, Osann in der Zeitschr. f. A. W. 1851 n. 4. 5.. In Rom rühmte sich ein später bestehendes Collegium der Pastophoren des Serapis zur Zeit des Sulla entstanden zu sein; eine ganze Reihe von Verboten, die aber immer eigentlich nur die Stiftungen des neuen Glaubens auf dem Capitol und innerhalb der Altstadt betrafen, erging in den letzten Zeiten der Republik. So wurden im J. 58 v. Chr. Serapis und Isis, Harpokrates und Anubis unter heftigem Widerstande der demokratischen Partei vom Capitol verwiesen und die ihnen dort unter stürmischen Auftritten errichteten Altäre zerstörtVarro bei Tertull. ad Nat. 1, 10, Apol. 6; Arnob. II, 73., so sehr waren damals diese fremden Religionen eine Angelegenheit besonders der unteren, mit vielen ausländischen Elementen vermischten Kreise der städtischen Bevölkerung. Im J. 53 erfolgte ein wiederholtes Verbot und die Zerstörung einiger von Privatpersonen in der Altstadt errichteten Heiligthümer, und doch war im J. 50 schon wieder eine ähnliche Execution nöthig, bei welcher, als kein Arbeiter Hand anzulegen wagte, der Consul selbst 728 den ersten Hieb mit der Axt thatValer. Max. 1, 3, wo Marquardt R. A. IV, 85 bei dem Consul L. Aemilius Paulus an den Besieger des Perseus denkt, welcher im J. 182 und 168 Consul war, welche Zeit doch wohl zu früh ist. Vgl. Dio XL, 47, XLVII, 16., desgleichen im J. 48. Cäsars Demokratie und seine Liebe zur Cleopatra mag das ägyptische Wesen in Rom vollends befördert haben, daher die Triumvirn im J. 42 sogar selbst den Bau eines Tempels der Isis und des Serapis beschlossen; vermuthlich war es der im Campus, also in der Vorstadt des Marsfeldes, aber doch nicht weit vom Thore und in einer schon stark bevölkerten Gegend gelegenen Tempel, welcher immer der angesehenste geblieben ist, das Iseum et Serapeum in der Gegend von S. Maria sopra MinervaBecker Handb. 1 S. 645, vgl. die Regionen der St. R. S. 178 und Canina Annal. dell' Inst. 1852 p. 348–353. Noch bei Apulei. Metam. XI p. 810 Oudend. ist die Isis Campensis die angesehenste in Rom.. Selbst Augustus bestand zwar auf dem Verbote dieses Gottesdienstes innerhalb des Pomoeriums, nahm sich aber desselben sonst in soweit an daß er die Wiederherstellung von Privatstiftungen betrieb und sogar selbst einige Heiligthümer wiederherstellteDio LIII, 2, LIV, 6.. Zuletzt wurde unter Tiberius im J. 19 n. Chr. vom Senate und zwar zugleich gegen die ägyptischen und jüdischen Sacra eingeschrittenTacit. Ann. II, 85, Sueton Tib. 36, Joseph. Antiq. Iud. XVIII, 3, 4., bald darauf in Folge einer schändlichen Kuppelei der ägyptischen Priester diese gekreuzigt, der Tempel zerstört und das Bild der Isis in den Tiber geworfen; wie der Isisdienst denn auch sonst in sittlicher Hinsicht immer übel berüchtigt war. Denn Isis wurde als Heil- und Entbindungsgöttin vorzüglich von Frauen und Mädchen gesucht, am meisten von den zahlreichen Libertinen gemischter Abkunft, welche damals bekanntlich in dem galanten Rom eine große Rolle spielten. Die Dichter des Augusteischen Zeitalters wissen daher viel von den Enthaltungen, welche der Isisdienst ihren Geliebten auflegte, aber auch viel von seinen Kuppeleien zu erzählenTibull. 1, 3, 23 ff., Propert. II, 33, Ovid Am. II, 2, 25; 13, 7, A. Am. I, 77, III, 393, Trist. II, 297, Ep. ex Ponto I, 1, 51. Vgl. Iuvenal VI, 489 iamque exspectatur in hortis aut apud Isiacae potius sacraria lenae, Böttiger Sabina I, 232, kl. Schr. 2, 210 ff., 3, 245 ff., dahingegen der Serapisdienst auch in Rom von dem gemeinen Manne vorzüglich wegen seiner medicinischen Inspirationen gesucht wurdeCic. de Divin. II, 59, 123 vgl. N. D. III, 19. Auch Varro in seinen Satiren eiferte gegen die Medicin des Serapis.. Unter den folgenden Kaisern 729 wurde der ägyptische Cultus und die Weihe der Isis auch in der vornehmen Welt zu einer Sache der ModeSueton. Otho 12, vgl. Lucan VIII, 831 (unter Nero) Nos in templa tuam Romana recepimus Isin etc., bis er unter den Flaviern und vollends unter den Antoninen in der Altstadt zuerst geduldet, dann sogar vom kaiserlichen Hofe aus eifrig befördert wurdeTacit. Hist. III, 74, Iuvenal S. VI, 527 ff., VIII, 29, XII, 28, Lamprid. Comm. 9, Spartian. Pescenn. N. 9, Carac. 9, Eckhel D. N. VII, p. 128. 131.. Endlich war Caracalla ein so entschiedener Anhänger des Serapis, daß er in verschiedenen Quartieren der Stadt neue Tempel für diese Religion stiftete und den Gottesdienst mit größerer Würde und mit größerem Glanze ausstatteteSpartian Carac. 9, vgl. meine Regionen S. 123 und Dio LXXVII, 23, Herodian IV, 6 (8). In Rom gab es auch in der 6. Region, auf dem Quirinal, ein von Caracalla gestiftetes Serapeum, ferner eine Isis Athenodoria in der Gegend der Thermen des Caracalla, eine Isis Patricia in der 5. Region, ein Isium Metellinum auf dem Caelius. Vgl. die auf den Isisdienst in und außerhalb Rom bezüglichen lateinischen und griechischen Inschriften bei Or. n. 1871 ff., 2305 ff., Henzen n. 5832 ff., 6027 ff., C. I. Gr. III, n. 5990 ff. Auch in den Inschriften aus Algier wird der ägyptischen Götter oft gedacht.. Namentlich stammte von diesem Kaiser der T. der Isis und des Serapis, welcher nicht weit vom Colosseum lag und der dritten Region ihren Namen gab. Von Rom aus lassen sich die Spuren desselben Cultus weiter in Spanien, Gallien, der Schweiz, bis an den Rhein und nach Deutschland verfolgen, wo Tacitus eine der ägyptischen Isis verwandte Göttin erwähnt, welche in Wahrheit eine unter verschiedenen Namen verehrte altgermanische Göttin war, deren Cultus in einigen Gebräuchen an die Isis erinnerteGrimm D. M. 236 ff, Lersch in den Jbb. d. A. F. im Rheinl. IX, 100 ff., X, 80 ff., XII, 21 ff., O. Schade die Sage von der h. Ursula S. 71 ff., Raszmann deutsche Heldensage 1, 154..

Der Cultus bestand theils in einem täglichen Morgen- und Abend-Gottesdienste theils in jährlich wiederkehrenden Festen, welche im Frühlinge bei Eröffnung der Schiffahrt und im Spätherbste vor dem Eintritt des Winters gefeiert wurden. So wurde nach dem späteren römischen Kalender am 5. März das »Schiff der Isis« (Isidis Navigium) gefeiert, von welchem Feste Apulejus nach seinen Beobachtungen in Korinth eine lebendige Schilderung hinterlassen hatMetam. XI p. 768 sqq., vgl. das Kal. Const. z. 5. März, das Kal. Farnes. rust. und Lactant. I, 11, 21 certus dies habetur in Fastis, quo Isidis navigium celebratur. Das Kal. Constant. bemerkt zum 20. März Pelosia, was auch auf einen den ägyptischen Göttern geweihten Tag deutet, s. S. 726, 1976.. Es war Frühling und Vollmond, das 730 Meer im Begriff sich zu beruhigen. Am frühen Morgen begab sich ein Festzug ans Meer, der aus einer großen Menge Volks mit Fackeln, Lichtern und Lampen, Musik und Chorgesang, der Schaar der Geweihten, den Priestern mit den Attributen und Symbolen der GötterAlle Priester sind ganz in Leinen gehüllt. Der erste trägt eine brennende Lampe, der zweite 2 Altäre, die man auxilia nannte, weil sie die Hülfe und Providenz der Isis vergegenwärtigten, der dritte die Palme des Siegs und den Stab des Friedens, der vierte das Sinnbild der göttlichen Billigkeit, die geöffnete linke Hand (S. 629) und ein goldnes, wie eine weibliche Brust gebildetes Gefäß, aus welchem Milch träufelte, der fünfte eine goldne Wanne, neben ihm ein andrer eine Amphora. Als Götter und Heiligthümer werden genannt Anubis in der Gestalt des Hundes, Isis in der der Kuh, neben ihr die Lade mit den verborgenen Heiligthümern, endlich der heilige Krug, ein Sinnbild der Entstehung der Dinge aus dem Feuchten, vgl. Vitruv praef. l. VIII., endlich den Göttern und Heiligthümern selbst bestand, denen zuletzt der Oberpriester folgte. Am Ufer des Meeres wurde ein nach ägyptischer Weise bemaltes Schiff zuerst geweiht und darauf als Bild und Gelübde der neu eröffneten Schiffahrt festlich geschmückt und von allem Volke mit Specereien gefüllt und mit reiner Milch besprengt dem Meere übergeben, worauf man sein Verschwinden auf der Höhe desselben abwartete und endlich in Procession nach der Stadt und zum Tempel der Isis zurückkehrte. Hier wurde noch ein Gebet für das Wohl des Kaisers, des Senats, der Ritter, des ganzen römischen Volkes gesprochen und endlich mit den Worten Λαοῖς ἄφεσις das Volk entlassen, welches nun mit Jubel einfiel und mit Zweigen, Kränzen und Blumen in den Tempel eilte um dort die Füße eines silbernen Bildes der Isis zu küssen. Dieses Fest und Isis als Schutzpatronin der Schiffahrt scheint damals weit und breit an allen Küsten des Mittelmeeres gefeiert worden zu seinVgl. Petron Sat. 114 intpp.. Andre Feste, namentlich ein Tag der Isis Pharia und ein andres des Serapis, fielen in den April, doch wissen wir von diesen nichts NäheresDas Kal. Farnes. rust. notirt z. April: Sacrum Phariae, item Sarapia, das Kal. Constant. zum 25. April Serapia. Das herkömmliche Bild der Isis Pharia war ein sehr alterthümliches, s. Tertull. Apolog. 16 Et tamen quanto distinguitur a crucis stipite Pallas Attica et Ceres (d. i. Isis) Pharia, quae sine effigie rudi palo et informi ligno prostant?. Dann aber folgte im Herbst, gegen den Ausgang des October und zu Anfang des NovemberDas Kal. Constant. bemerkt Isia vom 28. Octb. bis zum 1. Nov., in welchem Monate auch das Bild mit dem Tetrastichon des Ausonius auf die Isisfeier anspielt. Vermuthlich gehören auch die Ter Novena und die Hilaria am 2. und 3. Nov. in diesem Kalender zu derselben Feier, welche im Kal. Farnes. rust. einfach Heuresis genannt wird., das 731 mythologische Hauptfest der Isis und des Serapis, indem in diesen Tagen nach herkömmlicher Weise die Geschichte der Göttin aufgeführt und das Gemüth wie gewöhnlich bei solchen mit der Jahreszeit correspondirenden Festen zuerst in heftigster Trauer aufgeregt, dann in eben so ausgelassener Freude des Wiederfindens beruhigt wurde. Es ist die Klage der Isis um den verlorenen und ihr und des Volkes Jubel über den wiedergefundenen Osiris oder Serapis; wenigstens wird das Fest von verschiedenen christlichen Schriftstellern in dieser Art beschriebenLactant. 1, 21, 20, Minuc. Fel. p. 163 Ouz., Iul. Firmicus 2 p. 2 Burs. Nach Diod. 1, 25 ward Horus wie Zagreus von den Titanen zerrissen, von der Isis aber wieder ins Leben gerufen und seitdem unsterblich., nur daß von Einigen nicht Osiris, sondern Horus oder Harpokrates, der Sohn der Isis genannt wird, welcher somit ganz an die Stelle des eleusinischen Iacchos oder des Orphischen Zagreus getreten war. Zuerst wird der verschwundne Sohn oder der verstorbne Gemahl gesucht, dann klagen mit der Isis ihre Priester und die Geweiheten, heulen und schlagen sich die Brust. Darauf heißt es plötzlich: »Wir haben ihn gefunden! Wir freuen uns mit ihr!« und nun jubelt Alles mit der glücklichen MutterIuvenal S. VIII, 29 exclamare libet populus quod clamat Osiri invento. Serv. V. A. IV, 609 sicut in Isidis sacris, ubi est imitatio inventi Osiridis. Der griechische Ruf war: Εὑρήκαμεν Συγχαίρομεν. und mit Anubis, welcher der suchenden Mutter als Spürhund gedient hat.

Neben dieser populären Seite des Gottesdienstes gab es endlich eine Weihe der Isis und des Osiris, welche in den Zeiten der römischen Kaiser gleichfalls allgemein und namentlich auch in Rom und dem römischen Reiche verbreitet war. Die Geweiheten hießen Ἰσιακοί und Ὀσιριακοί, waren am linnenen Kittel und dem geschorenen Haupte zu erkennen und befleißigten sich eines heiligen LebenswandelsPlut. de Is. et Osir. 3. 27. 35.. In jener von Apulejus beschriebenen Procession bilden sie eine besondere Schaar, Männer und Frauen von jedem Alter und von jedem Stande, alle in linnenen Gewändern, die Frauen verschleiert, die Männer geschoren, alle mit Sistren von Erz, Silber oder Gold klappernd. Derselbe Apulejus beschreibt auch die Einweihung seines Lucius ausführlich, obwohl novellistisch und mit einem starken Anfluge von Ironie; doch erkennt man darin den 732 gewöhnlichen Gang solcher Einweihungen von einem Grade zum andern, durch allerlei symbolische Schrecknisse der Finsterniß und des Todes zum Licht und zur Verklärung, mit einem seltsamen Wechsel von sinnlicher AufregungAuch fehlte es nicht an initiirenden Tafelfreuden, s. Apulei. Metam. XI p. 806. Auch Tertull. Apolog. 39 spricht von dem Dunste einer nächtlichen coena Serapiaca. und geistiger Beruhigung. Die letzte Weihe erhält Lucius in Rom, worauf er in das dort seit Sulla bestehende Collegium der Pastophoren aufgenommen wird. Die Christen wollten in manchen Gebräuchen dieser und andrer Weihen eine Entstellung ihrer eignen Gebräuche finden, z. B. des Sacraments der TaufeTertull. de Baptismo 5 Nam et sacris quibusdam per lavacrum initiantur Isidis alicuius aut Mithrae., auch ist es nicht zu verkennen daß die Symbole, Ideen und ascetischen Uebungen der verschiedenen Religionskreise, mit Inbegriff der jüdischen und christlichen, sich damals mannichfach berührten und durchkreuzten. Das letzte Ziel und ein besondrer Reiz solcher Mysterien bestand für die Gebildeten immer in einer Art von reinerer und monotheistischer Gotteserkenntniß, d. h. einer solchen soweit ihrer das Heidenthum mit seinen synkretistischen und pantheistischen Combinationen überhaupt fähig war. Interessant sind in dieser Hinsicht die Berichte des Rhetors Aristides und des Macrobius S. I, 20 vom Serapis. Jener schildert ihn als den Gott der Götter, der alle Welt und alle Gottheit in sich umfasse, von dem für die Seele Weisheit, für den Leib Gesundheit und in allen Dingen alles Gute komme. Er sei mächtig im Himmel und auf Erden und auf dem Meere, wo er Stürme errege und besänftige, wie er am Himmel die Sonne lenke und den Segen der Wolke spende und aus der Tiefe der Erde Reichthum und allen Segen für Menschen und Vieh emporsende. Sowohl das Licht als das Dunkel sei sein Gebiet, Leben und Tod, Freude und Trauer, und immer sei er der Allgütige, ganz Menschenfreundliche. Macrobius, der nach seiner Art vorzüglich auf Sonnendienst ausgeht, führt ein Orakel des Serapis an, durch welches er auf eine Anfrage des Königs Nikokreon von Cypern nach seinem Wesen geantwortet habe, sein Haupt sei der Himmel, sein Leib das Meer, die Erde seine Füße, seine Ohren ruheten im Aether, sein Auge sei die strahlende Sonne. Neben ihm wird Isis auf ähnliche Weise als Allgöttin beschrieben in der bekannten Stelle des Apulejus (Metam. XI), wo es von ihr heißt, die Phryger verehrten sie als Große Mutter, Athen als Minerva, Cypern als Paphische Venus, 733 Kreta als Dictynna, Sicilien als Proserpina, Eleusis als Ceres, Andre als Juno, als Bellona, als Hecate u. s. w., doch sei sie eigentlich das weibliche Alles in AllemVgl. die Inschr. aus Capua bei Mommsen I. N. n. 3580 Te tibi una quae es omnia Dea Isis.. So ist neuerdings auf der Insel Andros ein griechischer Hymnus auf die Isis gefunden worden, welcher sich für die Uebersetzung der Inschrift einer Denksäule vor dem Tempel der Isis zu Memphis ausgiebt und die Vorstellungen dieser späteren Zeit gleichfalls gut vergegenwärtigtH. Sauppe H. in Isin, Turici 1842, Welcker kl. Schr. 3, 260 ff.. Isis wird hier gepriesen als die Gründerin ihrer Mysterien und ihres Cultus, als Tochter des Kronos, Schwester und Gemahlin des Osiris, als Stifterin aller milden Sitte und aller Cultur auf Erden, Herrscherin über die Bahn der Sonne und des Mondes, Urheberin der Schiffahrt, des RechtesIsis ist auch die erste Muse und die personificirte Gerechtigkeit, s. Plut. Is. Osir. 3 und die Ἶσις Δικαιοσύνη der Inschrift aus Delos bei Böckh C. I. Gr. n. 2295., der Ehe, der Geburt und der Kinderzucht. Sie ist zugleich Erdgöttin, himmlische Göttin und Meeresgöttin. Sie läßt die Inseln aus dem Meere aufsteigen, schafft Berge, Ackerland und Weidegrund u. s. f. Ein Bild welches sich nach andern Schriftstellern und Inschriften noch weiter ausführen ließeVgl. Diod. 1, 25, wo namentlich auch von dem Verdienste der Isis um die Heilkunde und ihren Heilungsorakeln die Rede ist, die sie mit dem Serapis gemein hatte Andre Prädicate geben die Inschriften bei Or. n. 1876 ff. Isi Myrionymae, Victrici, Fructiferae, Reginae, Salutari, Hosiri et Fortunae Superae, Deo Invicto Serapi Servatori, I. O. M. Soli Serapidi u. s. w. Auch als Götter des Grabes und der Unterwelt werden sie gefeiert, s. Fabretti Inscr. p. 466.. Auch scheinen hin und wieder wirklich Berührungen zwischen dem alexandrinischen Serapisdienste und dem dortigen Judenthum und Christenthum eingetreten zu sein; wenigstens waren die Heiden geneigt an eine Verwandtschaft dieser principiell so ganz verschiedenen Bekenntnisse zu glaubenSo behauptet der Brief des Kaisers Hadrian bei Vopisc. Saturnin. 7, daß die Serapisdiener in Alexandrien Christen seien und umgekehrt, vgl. Aristides in Sarap. I p. 91 ed. Ddf. Ihrerseits behaupteten die Christen daß der ägyptische Serapis mit seinem Fruchtmaaß auf dem Kopfe eigentlich Joseph in Aegypten, der Sohn der Sarah sei, s. Tertull. ad Nat. II, 8, Suid. v. Σάραπις, Iul. Firmicus 13 p. 18, B..


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