de Laclos, Choderlos
Gefährliche Liebschaften
de Laclos, Choderlos

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Hundertundachtzehnter Brief

Cécile Volanges an den Chevalier Danceny. (Von Valmont diktiert.)

Glauben Sie denn, guter Freund, daß ich das Auszanken nötig habe, um traurig zu sein, während ich weiß, daß Sie sich betrüben? Und zweifeln Sie denn daran, daß ich so wie Sie unter allen Ihren Schmerzen leide? Ich teile sogar die, die ich Ihnen willentlich verursache; und ich muß noch obendrein leiden, weil ich sehe, daß Sie mir keine Gerechtigkeit widerfahren lassen. O, das ist nicht recht! Ich sehe wohl, was Sie erzürnt; daß ich nämlich die beiden letzten Male, wo Sie mich fragten, ob Sie hierher kommen können, darauf nicht geantwortet habe; aber, ist denn darauf eine Antwort so leicht? Glauben Sie denn, ich weiß nicht, daß das, was Sie wollen, recht schlecht ist? Und ich habe schon so viele Mühe, es Ihnen aus der Ferne abzuschlagen, wie wäre es erst, wenn Sie da wären? Und dafür, daß ich Sie für einen Moment habe trösten wollen, müßte ich dann zeitlebens betrübt bleiben.

Da sehen Sie es, ich habe vor Ihnen nichts zu verbergen; das sind meine Gründe, urteilen Sie selbst. Ich hätte vielleicht getan was Sie wollen, ohne das Dazwischenkommen, wovon ich Ihnen berichtet habe, daß dieser Herr von Gercourt, der die Ursache all unseres Kummers ist, noch nicht so bald eintreffen wird; und da mir Mama seit einiger Zeit viel freundlicher begegnet, und ich zu ihr so lieb bin wie ich kann, – wer weiß, was ich von ihr werde erreichen können? Und wenn wir glücklich sein könnten, ohne daß ich mir etwas vorzuwerfen hätte, wäre das nicht viel mehr wert? Wenn ich glauben darf, was man mir so oft gesagt hat, dann lieben die Männer ihre Frauen nicht mehr so sehr, wenn sie sie, bevor sie es waren, zu sehr geliebt haben. Die Furcht davor hält mich noch mehr zurück als alles andere. Sind Sie denn nicht meines Herzens sicher? und wird es nicht immer noch Zeit sein?

Hören Sie mir zu, ich verspreche Ihnen, wenn ich das Unglück, Herrn von Gercourt zu heiraten, nicht vermeiden kann, den ich heute schon, ohne ihn zu kennen, hasse, so soll mich nichts mehr abhalten, Ihnen so sehr wie ich nur kann zu gehören, und sogar vorher schon. Weil mir nur an Ihrer Liebe etwas liegt, und Sie genau sehen werden, daß wenn ich Unrecht tue, es nicht durch meine Schuld ist, so ist das übrige mir ganz gleich – wenn nur Sie mir versprechen, daß Sie mich immer so lieben wollen wie jetzt. Bis dahin aber, mein Freund, lassen Sie mich sein wie ich bin, und verlangen Sie von mir nicht etwas, das nicht zu tun ich gute Gründe habe, und das Ihnen abschlagen zu müssen mir trotzdem leid tut.

Ich möchte wohl auch, daß Herr von Valmont mich nicht Ihretwegen so drängte; das ist zu gar nichts, als mich nur bekümmerter zu machen. O, Sie haben da einen sehr guten Freund, kann ich Ihnen versichern! Er macht alles, wie Sie es selbst machen würden. Aber adieu, lieber Freund, ich fing sehr spät an Ihnen zu schreiben, und habe einen Teil der Nacht damit zugebracht. Ich will zu Bett und die verlorene Zeit wieder einbringen. Ich küsse Sie, aber Sie dürfen mich nicht mehr zanken.

Schloß . . ., den 18. Oktober 17...


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