Ferdinand Gregorovius
Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter
Ferdinand Gregorovius

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4.

Nach seinem Tode am 17. Januar 395 und nach der Thronbesteigung seiner Söhne, des Honorius in Rom und des Arkadios in Byzanz, erhoben die Goten Alarich zu ihrem Heerkönige. Der junge Kriegsfürst führte alsbald sein aufständisches Volk gegen Konstantinopel. Die Spaltung der Regierungen des Ostens und Westens, in welche beide Hälften das Reich zerfallen war, oder die Eifersucht der leitenden Staatsmänner Rufinus und Stilicho bewirkte, daß Alarich, vom byzantinischen Minister zum Abzuge vom Bosporos überredet, sein Kriegsvolk erst nach Illyrien und dann nach Thessalien führte. Stilicho war mit dem Reichsheer von Mailand herbeigekommen und den Goten über den Pindus gefolgt, allein der argwöhnische Kaiser Arkadios befahl ihm, das oströmische Gebiet zu verlassen. Wenn er diesem Gebote nicht gefolgt wäre, so würde er, nach der Ansicht Claudians, die Gotenhaufen am Penelos vernichtet und Griechenland gerettet haben. Die ungeheure Katastrophe, welche jetzt über Hellas hereinbrach, war schwerlich die Folge des Verrats vonseiten des Rufinus, sondern der Unfähigkeit der byzantinischen Staatskunst und der eigenen Wehrlosigkeit der Griechen. Rufinus selbst fiel am 27. November 395 durch das Schwert des Gainas in Konstantinopel, was die Regierungsgewalt augenblicklich lähmte, während Alarich die Thermopylen durchzog, deren Schanzen von Gerontius sowenig verteidigt wurden wie Achaia vom Prokonsul Antiochus, dem Sohne des Musonius.

In Hellas und dem Peloponnes lebte zu jener Zeit noch dasselbe im großen und ganzen unvermischte Griechenvolk, wie es Pausanias und Plutarch gekannt hatten. Die Sprache, die Religion, die Sitten und Gesetze der Vorfahren dauerten in Städten und Landschaften fort, und wenn auch das Christentum zu öffentlicher Macht gelangt und der vom Staat verdammte Götterdienst im Schwinden begriffen war, so trug doch Altgriechenland noch das geistige und monumentale Gepräge des Heidentums.

In diese schöne, verwitternde Hellenenwelt brach jetzt Alarich mit seinen räuberischen Horden ein. Böotien und Attika wurden geplündert und verheert, die Einwohner erschlagen oder zu Sklaven gemacht. Nur einige Städte, mehr von ihren festen Mauern als von der griechischen Vaterlandsliebe der Bürger verteidigt, konnten widerstehen. Verzweifelnd, die starken Wälle Thebens und der Kadmeia zu erstürmen, oder, wie Zosimos sagt, voll Ungeduld, Athen zu erobern, wälzten sich die Scharen Alarichs weiter nach Eleusis. Diese berühmte Stadt der Mysterien unterstützte nachdrücklich den letzten Kampf der Philosophenschulen gegen die Lehre des Paulus, da der Dienst der großen Göttinnen Demeter und Kore nicht nur der Mittelpunkt der idealsten Vorstellungen der antiken Religion war, sondern auch mit dem Stadtkultus Athens auf das innigste zusammenhing. Allein die Eleusinien teilten das Schicksal mit allen andern griechischen Tempeldiensten. Erst vom Kaiser Julian hergestellt, dann nach seinem Tode von Jovianus wieder unterdrückt, war der alte Mysterienkultus auf die Bitten des hochangesehenen Prokonsuls Achaias Prätextatus von Valentinian zwar nochmals geduldet, aber schließlich durch spätere Reichsgesetze aufgehoben worden.

Der letzte Hohepriester der Demeter vom vermeintlichen Geschlechte der Eumolpiden hatte infolge eines durch die Christen veranlaßten Aufstandes sein Amt niedergelegt, die Altgläubigen aber in Eleusis und Athen benutzten einen günstigen Augenblick, wahrscheinlich den Tod des Kaisers Theodosios, um den Tempeldienst noch einmal aufzurichten. Sie setzten einen fremden Mithraspriester aus Thespiä zum Hierophanten ein, und dieser Eindringling saß auf dem Hohenpriesterstuhle, als Alarich in Eleusis erschien.Eunapios hat die Katastrophe unter Alarich sogar als Strafgericht der durch diese ungesetzliche Hierophantenwahl beleidigten Götter aufgefaßt. Ich habe diese Vorgänge ausführlich dargestellt in der Abhandlung: Hat Alarich die Nationalgötter Griechenlands zerstört? (Kleine Schriften zur Geschichte und Kultur, Bd. I).

Kein Geschichtsschreiber meldet, daß der Barbarenkönig die Brandfackel in das Heiligtum der Demeter geschleudert habe.Wie Fallmerayer mit vieler Emphase behauptet hat: Gegen seine Ansicht über die Zerstörung der Götterkulte ist die genannte Abhandlung gerichtet. Aber so viel ist zweifellos, daß der Einbruch der Goten den eleusinischen Mysterien ein Ende machte. Der schöne Tempel selbst mußte schon nach dem Tode des Kaisers Julian und besonders während der Heidenverfolgung unter Theodosios Verwüstungen erlitten haben. Wenn solche damals von den Goten fortgesetzt worden sind, so werden diese doch die völlige Zerstörung der großen Heiligtümer in Eleusis dem Fanatismus der Christen, den Erdbeben und Elementen überlassen haben.

Von Eleusis zog Alarich durch die Pässe des Korydallos nach Athen. Ein dämonisches Verhängnis hat diesen kühnen Gotenkönig als Eroberer in die beiden heiligsten Städte der Menschheit geführt, erst nach Athen und dann nach Rom, und hier wie dort hat ein guter Genius seinen Grimm zu entwaffnen vermocht. Wenn auch die altersschwachen Mauern des Themistokles nicht die Unterstadt Athen schützen konnten, so war doch die Akropolis des Widerstandes fähig. Begeisterte Anhänger des Heidentums erfanden das schöne Märchen, daß der gegen Athen andringende Barbarenkönig den Heros Achill erblickt habe, gepanzert vor den Mauern stehend, und die Athena Promachos in Waffen diese Mauern umschreitend. Da habe Alarich, von solcher Erscheinung erschreckt, mit der erlauchten Stadt einen Vertrag geschlossen und sie friedlich betreten.Auch die alten Griechen glaubten, wie später die Christen, an die Erscheinung rettender Heroen. Pausanias sah in der Poikile Theseus, Athene und Herakles gemalt, wie sie den Griechen in der Perserschlacht beistanden. Wyttenbach, Annot. zu Eunapios' ›Vita Prisci‹, ed. Boissonade, p. 67, bemerkt, daß die Erscheinung der Minerva beim Zosimos an jene der Belagerung Pellenes durch die Ätoler erinnert. – Später verteidigte die hl. Jungfrau in Person die Mauern Konstantinopels gegen die Avaren. Chron. Paschale z. Jahr 626 (I, 716ff.). Das Seitenstück zu dieser Sage des Zosimos ist die berühmte Legende von St. Petrus und Paulus, welche dem schrecklichen Attila erschienen, als er im Begriffe war, gegen Rom zu ziehen. Es ist für beide Hauptstädte der antiken Welt bezeichnend, daß in Athen es die alten Götter und Heroen sind, welche die noch immer heidnische Stadt beschützen, während das christliche, vom Papst geistlich regierte Rom seine Rettung den Apostelfürsten verdankt.

Zosimos hat die dem Alarich erscheinende Athene als »Promachos« bezeichnet. Er sah diese, so erzählt er, die Mauern umschreiten, gewaffnet, wie sie in den Bildwerken zu sehen ist.εώρα περινοστου̃σαν τὴν πρόμαχον ’Αθηνα̃ν, ως έστιν αυτὴν ορα̃ν εν τοι̃ς αγάλμασιν, ωπλισμένην... Lib. V, c. 6. Man hat deshalb an den Promachos genannten Erzkoloß des Phidias gedacht und aus den Worten des Geschichtsschreibers, welcher in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts schrieb, geschlossen, daß sich diese Figur noch zu seiner Zeit auf der Akropolis befunden hat. Wenn er aber an dieselbe gedacht hätte, so würde er nicht gesagt haben: wie sie »in den Bildwerken«, sondern wie sie »in ihrem Bildwerk« gesehen wird.Man behauptet, daß bei Zosimos an den Typus der Athena Polias zu denken sei, welchen Münzen und Bildwerke wiedergeben. Curtius, Zur Periegese der Akropolis von Michaelis (Mitteil. des Deutsch. Instituts in Athen II, 2, 1877, S. 87ff.). Nach Curtius ist der Name Promachos für den Koloß keine volkstümliche Benennung älterer Zeit, sondern erst spät entstanden. Eine Nachbildung der Pallas mit der Nike auf der Hand fand man am Barbakeion zu Athen im Jan. 1881. Ich darf Kenner nicht an die berühmte athenische Münze erinnern, welche den Erzkoloß zwischen dem Parthenon und den Propyläen darstellt (Leake, Topogr. Athens, Tafel I, Fig. I.). Im übrigen ist es unzweifelhaft, daß der Koloß des Phidias noch zur Zeit Alarichs aufrecht stand.

Der Anblick dieser göttlichen Hüterin der Burg hat auf die Einbildungskraft des furchtbaren Kriegers, welcher arianischer Christ war, schwerlich einen so tiefen Eindruck gemacht, wie Zosimos behauptet;Leake, Topogr. Athens, deutsch von Baiter u. Sauppe, p. 251, glaubt daran. doch liegt der von diesem oder von Eunapios erfundenen Fabel eine Tatsache zugrunde, nämlich die Schonung Alarichs, der nach andren Berichten die Stadt wirklich einnahm.Zosimos V, 6, verschleiert diese Einnahme: δω̃ρα λαβὼν, ανεχώρει τήν τε πόλιν αβλαβὴ καὶ τὴν ’Αττικὴν πάσαν καταλιπών. Leider ist das von ihm benutzte Geschichtswerk des Eunapios verlorengegangen. Dagegen sagt Philostorgios XII, 2: ’Αλαρίκος τὰς ’Αθήνας ει̃λεν. Schon Meursius, De Fortuna Athenar., p. 107, bezweifelte, wie Corsini, die Angaben des Zosimos und berief sich auf Hieron., Ep. 60 an Heliodoros, und auf Claudian., In Rufinum. So viel ist gewiß, daß sie sich dem Gotenfürsten ergab, nachdem er sie durch Herolde dazu aufgefordert hatte und von beiden Seiten die Bedingungen des Vertrages beschworen waren. Wie ehedem zur Zeit des Sulla, Cäsar und Octavian war der Rest der attischen Redekunst noch stark genug, um das Herz selbst eines nordischen Heerkönigs zu erweichen; doch erkauften die Athener die Schonung ihres Lebens und Eigentums zugleich mit großen Summen Geldes. Immerhin waren sie glücklicher als die Römer, welche fünfzehn Jahre später die Plünderung ihrer Stadt durch denselben Eroberer erleiden sollten. Alarich bequemte sich dazu, Athen nur mit seinem Gefolge zu betreten, und Zosimos erzählt, daß er mit Ehren empfangen wurde, in der Stadt ein Bad nahm und mit den angesehensten Männern tafelte.Tillemont (Hist. des Emp. V, art. 7) stellt die geistreiche Vermutung auf, daß diese freundliche Aufnahme Alarichs erst stattfand, als derselbe Griechenland verließ in der Eigenschaft als General Illyriens. Allein um diese Hypothese zu halten, müßte man den Zusammenhang der Dinge beim Zosimos zerstören. Was aber hatte Alarich auf seinem Abzuge aus dem Peloponnes in Athen zu tun gehabt? Sein Rückzug führte ihn sicher aus dem Golf von Korinth nach Akarnanien.

Man darf sich vorstellen, daß der Gotenkönig in der Stimmung war, die Sehenswürdigkeiten Athens zu bewundern. Ein damaliger Perieget hatte noch viel zu tun, wenn er einem Fremden die Mirabilien der Stadt auch nur auf der Akropolis zeigte; denn diese waren seit dem Besuche des Pausanias kaum gemindert worden. Die prachtvollen Tempel standen, wenn auch geschlossen und verödet, unversehrt da. Das Dionysos-Theater auf dem Südabhange diente vielleicht noch zu dramatischen Aufführungen, und die Heiligtümer des Asklepios waren noch nicht zerstört. Viele alte Weihgeschenke und Denkmäler des Kultus dauerten auf der Burg fort, denn später sah Himerius daselbst sogar noch den heiligen Ölbaum der Göttin und die Salzquelle des Poseidon, während dreiste Fremdenführer noch das Haus des Demosthenes und die Aula des Sokrates in der Unterstadt den Leichtgläubigen vorwiesen.Himerius, Oratio XVIII (Dübner).

Wie sich der Erzkoloß des Phidias erhalten hatte, so mußten auf der Akropolis neben zahllosen Statuen von Marmor auch andre Kunstgebilde von Erz noch aufrecht stehen: dieselben Werke, welche Pausanias bewundert hatte, das Viergespann, die Löwin, das trojanische Pferd, der Perseus von Myron, die Artemis Leukophryne, ein Weihgeschenk der Söhne des Themistokles, der Erechtheus und Eumolpus am Tempel der Athene Polias, der Kylon, die ehernen Statuen der drei großen Tragiker, die Lykurgos, der Sohn des Lykophron, im Theater aufgestellt hatte, und viele andere. Alarich ist nicht auf den frevelhaften Gedanken gekommen, diese Kunstschätze zu rauben.

Athen litt bei der westgotischen Eroberung offenbar minder als zur Zeit des Dexippos. Selbst diejenigen Geschichtsschreiber, die von der Einnahme der Stadt wissen, sagen nichts von ihrer Plünderung. Wenn Claudian Scharen gefesselter Athenerinnen aufführt, so ist das entweder dichterische Vorstellung, oder er dachte an Frauen der attischen Landschaft, welche in die Gefangenschaft der Goten kamen.In Rufin. II, v. 186ff., sagt er: Wenn Stilicho nicht in Thessalien dem kaiserlichen Befehl abzuziehen gefolgt wäre, so würden die griechischen Städte gerettet worden sein; »nec fera Cecropias traxissent vincula matres«. Denn die Versicherung des Zosimos, daß ganz Attika von der Verwüstung frei geblieben sei, ist nicht glaublich. Bei der Belagerung Athens werden Greueltaten genug geschehen sein. Manche Athener kamen durch die Barbaren um. Eunapios erzählt, daß ein damals berühmter Maler, der Bithynier Hilarius, welcher lange in Athen gelebt hatte, bei Korinth von den Goten mit allen den Seinigen ermordet wurde und daß auch Proterios von Kephallenia das Leben verlor, während dem mehr als neunzigjährigen Philosophen Priskos der Gram um den Untergang der griechischen Heiligtümer das Herz soll gebrochen haben.Eunap., Vita Prisci, p. 67. Wyttenbach, Annot. zu dieser Stelle bemerkt, daß Eun. nicht sagt, wo Priskos seine Schule hatte, und er glaubt, derselbe sei nicht in jener Katastrophe umgekommen, überhaupt Athen 396 nicht erobert worden. Das έξω τω̃ν ’Αθηνω̃ν des Eunap. beweise, daß alle, die in Athen blieben, verschont wurden. Dagegen sieht Sievers (Studien, S. 347) das έξω als Gegensatz zu dem Ort des Proterios an und glaubt diesen in Athen getötet. Corsini, Fast. Att. IV, p. 198, will aus Eunapios gegen Meursius herauslesen, daß alle anderen Athener das gleiche gotische Verderben erlitten, da nicht einmal Hilarius, obwohl außerhalb sich befindend, davon frei blieb. Allein die κοινὴ συμφορά des Eunapios ist doch auf Griechenland, nicht auf Athen zu beziehen.

In der Tat erging eine furchtbare Katastrophe über Altgriechenland. Alarich zog von Athen ab, ohne dort eine Besatzung zurückzulassen, aber als Gebieter der Stadt.Hieron., Ad Heliodorum, nennt Athen dem Alarich untertan wie Korinth und Sparta. Er erstürmte Megara beim ersten Anlauf, und da Gerontius die Isthmusschanzen preisgab, hielten die Goten ihren Einzug in den Peloponnes, dessen Städte das Erdbeben meist entmauert hatte. Korinth, Nemea, Argos wurden geplündert und verwüstet. Sparta schützten nicht die Waffen der entarteten Enkel von Helden. Fast alle Landschaften der Halbinsel, ihre Städte und Dörfer erlitten namenlose Schrecken der Plünderung, Ermordung und Sklaverei ihrer Einwohner.Zosimos V, 6. Claudian., In Rufinum lib. II, v. 186ff., redet in Hyperbeln:

Oppida semoto Pelopeia marte vigerent,
Starent Arcadiae, starent Lacedemonis agri,
Non mare fumasset geminum flagrante Corintho,
Nec fera Cecropiae traxissent vincula matres.
Unzweifelhaft wurden manche Städte durch Feuer zerstört und dadurch auch die monumentalen Reste des Altertums gemindert. Allein, es ist eine arge Übertreibung, den Goten als Verbündeten fanatischer Christen die absichtliche Zerstörung der Tempel und Heiligtümer, ja selbst der festen Akropolen Altgriechenlands zuzuschreiben und von Alarich den Untergang der Nationalgötter der Hellenen herzuleiten.Siehe meine Abhandlung: Hat Alarich die Nationalgötter Griechenlands zerstört?

Wenn nach der gotischen Verheerung ein zweiter Pausanias Altgriechenland bereist hätte, so würde er neue Ruinen zu verzeichnen gehabt, aber doch mit Genugtuung bemerkt haben, daß manche berühmte Altertümer auch im Peloponnes verschont geblieben waren. Selbst von Olympia kann dies gelten. Denn die Goten haben dort den Zeus des Phidias in seinem Tempel schwerlich mehr vorgefunden; vielmehr scheint derselbe schon im Jahre 394, als Theodosios die olympischen Spiele für immer untersagt hatte, mit andern hellenischen Kunstwerken nach Konstantinopel gebracht worden zu sein, wo er später im Palast des Lausus verbrannt sein soll.Kedrenos I, 364. Zum letzten Mal wird er im Jahr 384 bemerkt. Lasaulx, S. 110. In seiner bekannten Monographie über den Untergang des Hellenismus hat Lasaulx der Goten nicht mit einer Silbe gedacht. Der olympische Tempel selbst stand noch zur Zeit Theodosios' II. (408–450) aufrecht; unter seiner Regierung soll ihn ein Brand zerstört haben.Lasaulx, S. 110.

Ein ganzes Jahr lang schalteten die Goten im Peloponnes, und Alarich konnte daran denken, sich in Griechenland ein Reich aufzurichten.Daß ganz Griechenland in seiner Gewalt war, sagt Hieron., Ad Heliodorum, Epitaphium Nepotiani: »Romanus orbis ruit et tamen cervix nostra erecta non flectitur. Quid putas nunc animi habere Corinthios, Athenienses, Lacedemonios, Arcadas, cunctamq. Graeciam, quibus imparant Barbari?« Hieron. (Migne) Ep. I, 60, p. 600. Der Brief ist 396 oder 397 geschrieben. Indes, Stilicho eilte als Rächer vom adriatischen Meer herbei, landete im Golf von Korinth, sperrte den Goten den Rückzug über den Isthmus und schloß sie im arkadischen Gebirge Pholoe ein. In welcher Weise hierauf der bedrängte Gotenkönig entrann, ob durch eigene Klugheit oder infolge eines Vertrages, bleibt ungewiß.Orosius VII, 37, läßt ihn mit Zustimmung des Stilicho entkommen. Siehe dazu Pallmann, Völkerwanderung, S. 217; Wietersheim, S. 188; Carl Simonis, Versuch einer Gesch. des Alarich, Göttingen 1858, S. 22. Er durfte, mit der Beute Griechenlands beladen, nach Epiros abziehen, und der Kaiser Arkadios errötete nicht, den Verderber jener Provinzen sogar zum General und Statthalter Illyriens zu ernennen. Zu dieser großen westlichen Präfektur des Reichs aber gehörten ganz Hellas und der Peloponnes als Diözese Makedonien mit der Hauptstadt Thessalonike, wo der Präfekt residierte, während der Sitz des Prokonsuls von Achaia Korinth war.Wenn der Brief des Hieronymus I, 60, 397 geschrieben ist, so würde damals auch Griechenland unter dem Befehle Alarichs gestanden haben. Die Schmach des Reichs, den Verwüster der illyrischen Lande dort zum Generalissimus zu machen, hat Claudian empfunden in Eutrop. II, 214f. De Bello Pollentino, v. 535f.


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