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An Jakob Kneip

Schützengraben, den 13.4.15

Mein lieber Jakob,

Gewehr – pi-ij kam es fast die ganze Nacht zu uns herüber. – Leuchtkugeln stiegen alle paar Minuten über uns hoch, machten Feuerwerk und sanken unter ihrem Fallschirm langsam ins Dunkel; natürlich wütendes und nutzloses Feuer der Franzosen dabei.

Dann sangen beim Hellwerden, am Ende der ermüdenden, ganznächtigen Wache, Lerchen auf.

Tagsüber sehr starkes Granatensausen über unsern Köpfen, das aber glücklicherweise meistens von unsern Kanonen kam.

Und jetzt ist's ruhig.

Man plaudert, raucht, schreibt oder spielt Karten, sorglos unbekümmert. Eben erzählte mir der Unteroffizier, der von mir hört, daß ich »Schriftsteller« bin, einen Vers. Sie mußten im Winter, bei der Ablösung, durch knietiefen Schlamm in ihren Graben krabbeln; der eine, ein Bäcker (wie der Unteroffizier hinzufügt) machte dann den Vers (Walzertraum-Parodie):

Leise, ganz leise
Geiht dör 'en Lehm
Een achtern Annern,
Dat mößt mal sehn.

Solche und ähnliche Sachen fliegen hier in größerer Zahl wie Granaten hin und her.

»Wi sünd hier an de Grenz van Dütschland, un dat könnt de Annern nich hebben.«

»Glieks kümmt een (Granate) tweespännig achter an.« Du siehst, daß wir in guter Stimmung sind. Jetzt ist's ruhig; Frühlingsvögel singen in der Sonne.


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