Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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16.

Rauch und Funken flüstern im Kamin:
Unruh ist, wo Feuergeister hausen,
Unruh, wo die kühlen Wolken ziehn –
horch, die halbentlaubten Pappeln brausen.
Horch – da legt sich das Gemurr der Flammen:
ein Weib nimmt all ihr Selbstgefühl zusammen:

Mir sagt der Geist, wir wollen Ruhe haben!
Und sperr ich dir den Weg zur Tat, nun gut:
du sollst nicht sagen, ich sei dein Wankelmut:
geh hin, sei frei! und nimm mein Hab und Gut
in deinen Dienst wie andre Freundesgaben! –
Was stehst du nun und staunst mich lächelnd an?
Lukas! – welch Rätsel bist du, Mann –

Sie will in seinen Augen lesen;
es blaut ein Glanz darin wie nie zuvor.
Die Flammen geistern hell und laut empor.
Ein Mann bekennt sein stillstes Wesen:

Ja, staun ihn an, den Mann – hier steht er, lacht,
der einst mit furchtbar heiligem Ernst gedacht:
ich bin bös gut, ich bin ein Geist,
an dem die Überlebten sterben,
verführt von ihm, sich vollends zu verderben,
damit der Weltlauf schneller kreist –
so macht sich der gebrechlichste Verbrecher
im Handumdrehn zum Richter und zum Rächer,
bis ihn die Welt in seine Schranken weist.
Das war's; drum hatt'ich Helfershelfer von Nöten.
Drum steh ich jetzt und beichte mit Erröten:
gewichtige Mittel zu nichtigen Zwecken,
das ist die Taktik der Gaukler und Gecken –
ein einzig Fünkchen neue Tugend wecken
frommt mehr, als tausend alte Sünder töten.
Und bist du jetzt noch mein mit Hab und Gut,
dann, Fünkchen, hei: hell lacht die Glut!

Die Flammen murmeln eine Wunder-Erzählung;
zwei Geister feiern ihre Vermählung.


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