Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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1.

Zwei Menschen reiten durch maihellen Hain,
galopp, galopp, von Schatten zu Sonnenschein;
alle Blätter sind grüne Flammen.
Wenn der Himmel erscheint, wenn die Pferde aufschnauben,
sehn sich die Beiden mit jauchzenden Augen
immer wieder beisammen
und werfen den Kopf wie die Tiere.
Immer wieder streckt durch die goldnen Strahlen
auf dem schmalen
Moosweg zwischen den hohen Stämmen
dann ein dunkler Schemen
halb Chimäre halb Drache
hopp alle Viere.
Da müssen sie lachen
und werfen dem Untier Kußhände zu.
Und das Weib kann den Jubel nicht länger dämmen,
laut scheucht ihr Ruf die Mittagsruh:

Echo! Echo! stimm ein, stimm ein –
es wollt eine Seele sich befrein,
da band das Glück ihr die Hände!
O Meiner, hilf mir die Arme breiten!
halt mich gefangen, du, ohne Ende!
ach könnt ich ewig so weiter reiten!

Und der Mann, plötzlich die Sporen gebend,
in die Brusttasche greifend, im Sattel sich hebend,
Jagt vor ihr her fort:

komm, ich nehm dich beim Wort!
Und wenn ich die Freiheit drüber verliere;
hier – es lebe die Tat – ist das nöt'ge klein Geld!
voilà, madame: Banknoten! – gelt;
die sind doch mehr wert als Archivpapiere?!

Er schwenkt die blauen Lappen in der Sonne;
er lacht, daß ein fast schreckhaft Echo gellt.
Sie hat kaum zugehört vor Frühlingswonne.
Aufbäumend gleißt ihr Rappe in der Sonne;
zwei Menschen reiten in die Welt.


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