Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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14.

Doch bei Halblicht, grau um etwas Dunkles,
hocken Menschen in einem Raum, der dumpf ist,
wie Kaninchen um eine Schlange.
Denn da läßt von allen möglichen Geistern
ein berühmtes Medium sich bemeistern,
und man lauscht ihm immer neugierbanger.
Und nun zuckt die Schlafende, wimmert, röchelt;
und ein Weib, das eben stolz noch lächelte,
rauscht zum Saal hinaus, blaß, fliehend,
hastig einen Mann mitziehend.
Draußen, tief ausatmend, haucht sie glühend:

Empörend – schamlos – diese entmenschten Augen!
Nun weiß ich, daß ich nicht zum Vampyr tauge;
verzeih mein Bitten, dies Schauspiel zu besehn!
Erniedrigend! Noch fühl ich mein Herz mitpochen
mit diesem Weibsbild, als könnt's mich unterjochen –

und Dich? Auch? Sprich doch! – Sie späht ihn an im Gehn;
um sie braust die Weltstadt, zur Nacht auf, lichtdurchbrochen.
Mich? fragt er ruhig und bleibt hell stehn:

Was schiert mich diese feile Verzückte,
was diese geflissentlich Verrückten,
die wichtig tun mit dem Geschäfte,
den überirdischen Geist zu fassen,
um dann vom Dunst der irdischen Säfte
ihr bißchen Geist noch benebeln zu lassen.
Hol sie der Teufel, die hirnschwachen Tröpfe,
die mit dem Anspruch gottgleicher Geschöpfe
vor lauter Tiefsinn danach gieren,
zurückzukehren zu den Tieren!
Ein Pferd, das Nachts die Ohren spitzt,
wo Wir, die's lenken, froh sind Nichts zu hören,
weiß mehr von derlei Geisterchören
als solch ein Mensch, das Od ausschwitzt.
Komm, fasse dich! Das Unfaßbare
bedeutet nur; bring Dich ins Klare!

Zwei Menschen schreiten weiter, lichtumblitzt.


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