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Ein Stübchen schwimmt voll Cigarettenduft;
      zwei Menschen hauchen Ringe in die Luft.
      Immer umwölkter blickt und sinnt der Mann
      das Weib an:
      ihren herrischen Wuchs, ihr sorgsam schlicht Gewand,
      ihr schwer zu glättendes Haar, die große Hand,
      den kühnen Hals, das sanft geschwungene Kinn –
      Endlich wirft er gezwungen hin:
Du hast es äußerst talentvoll angestellt,
      dich mir als reiche Frau zu entpuppen;
      ich hoffe, daß mir's immer öfter wie Schuppen
      von den verliebten Augen fällt.
      Ich bin dir dankbar für das charmant posierte
      Schauspiel der Armut, das du mir geboten;
      beinah so dankbar wie der Toten,
      die mir zu Liebe Demut simulierte.
      Nur glaube nicht, mit allerhand geschickten
      Künsten sei Klarheit zu erzielen;
      im Leben führt das Rollespielen
      zu arg verwirrenden Konflikten.
      Da wird die Wahrheit denn statt Ziel
      ein offenherzig Lügenspiel.
Sein Blick wird schärfer; sie hält ihn aus.
      Sie scheucht den Rauch weg, sie sagt klar heraus:
Wundert dich das, du freier Mann?
      Du wolltest doch, ich sollt dir zeigen,
      ob ich verstünde, planvoll zu schweigen;
      du schuldigst deine eignen Künste an!
      Was unterschied mich denn von einer Dirne,
      bevor ich glauben durfte, wir sind Eins?
      Der Schutz des Reichtums! nicht des schönen Scheins:
      ich biete aller Welt die Stirne.
      Die Tote aber lehre uns fürs Leben:
      nur volles Selbstgefühl kann voll sich selbst hingeben!
Sie blickt ins Freie; er hat die Augen geschlossen.
      Zwei Menschen sitzen rauchumflossen.