Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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13.

Und es ist keine Erde mehr zu sehn.
Über Meeren von Dampf, Schatten, Wolkenschaum
dehnt und wölbt sich der reine Raum.
Höher als die Sonne stehn
zwei Menschen in gährendem Wetterbrodem,
führerlos vom Glanz umbrandet,
der von Berghaupt wild zu Berghaupt strandet:
alle Gipfel wogen. Das Weib zürnt zu Boden:

Lukas, wir haben uns verstiegen.
Lächle nicht! War Das dein Ziel?
mich in stolze Mutterhoffnung zu wiegen,
um dem irren Zufall zu erliegen?
Du bist zu ernst für solch ein Spiel! –
Du kannst in deinem Schwerpunkt ruhn,
du brauchst nicht bodenlos zu gähren;
es ist nicht Flugkraft, wenn Opale tun,
als ob sie Seifenblasen wären.

Sie sucht seinen Blick. Der folgt dem Dampfe.
Zuckend glühn die Narben in seinem Bart;
seine Nüstern spannen sich wie zum Kampfe.
Er fragt sehr zart:

Sprach Das die Frau, die einst fliegen wollte?
Nun: der Morgennebel wird bald zergehn –
dann wirst du die Straßen wiedersehn,
auf denen gestern da unten dein Glücksrad rollte.
Auch die Felswände stehn noch unverrückt,
die meine freie Ebne vermauern –
Lea! Lea! soll ich bedauern,
daß ich Seelen verlassen will, die Mein Glück beglückte?!
Steht der Himmel dir nur im Gleichnis offen?
Mutter Isis?! – Oh –: nun lächelst auch Du!
Ja dann juble, Seele: im Himmel herrscht keine Ruh –
und du wirst noch viel stolzer, viel göttlicher hoffen!
Ah –: sieh die Adler dort, die beiden,
wie sie strahlend den Dunst zerschneiden –

Strahlend blicken zwei Menschen der Sonne zu.


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