Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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15.

Windfackeln lodern. Rot rauschen die Bäume
um scharrende Pferde, bunt blinkernde Zäume;
hoch leuchten die Blätter in die Umnachtung.
Hoch Wimpel und Seile! und drüber die Sterne!
so zeigen die fahrenden Leute gerne
die Künste ihrer Todesverachtung.
Froh staunt das Dorfvolk unten im Kreise.
Abseits lehnt ein Paar. Ein Mann rühmt leise:

Ja, sie tun mir wohl, diese Vogelfreien,
mit ihrer Geistesgegenwart.
Als ob eine uralte Mannszucht sie feie:
jeder Griff bedacht, zielbedacht, willenshart.
Nur auf sich bedacht – klar im Wirbel des Traums
der Mitgefühle: nur die Tat gilt, die Tat!
So üben sie auf schwankem Draht,
im Flitter der Armut Beherrscher des Raums,
die großen Tugenden der Zeit:
Gefaßtheit und Gelassenheit!

Und erregt, als ob er mitschwingen möchte,
umspannt sein Blick ihr Spiel immer funkelnder.
Und des Weibes Blick schwankt immer verdunkelter.
Heftig faßt sie seine vernarbte Rechte:

Lux! was schwärmst du! – Scheinen dir Deine Ziele
auf einmal nur noch Träume und Spiele?
bin Ich's, die dein Gefühl entzweit?
Ich denke anders von deinen Handlungen!
Mir winkte strahlend aus all deinen Wandlungen
die große Tugend der Ewigkeit:
die Kraft, den Willen der Welt zu fassen
und Nichts, rein Nichts beim Alten zu lassen!
Und da ist mein Stern still dem deinen genaht:
wie du mich fühlst, ist das nicht meine Tat?!

Und da schmettern Trompeten und Trommelton,
und das Volk klatscht Beifall den kühnen Springern;
und sie bitten stolz um den kleinen Lohn.
Zwei Menschen geben mit hastigen Fingern.


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