Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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7.

Kaminfeuer und blauer Tag
liebkosen ein hohes Damengemach,
die Wärme scheint schier frühlingshell;
zwei Menschen ruhn auf einem Eisbärfell.
Der Mann bestarrt die meergrün seidnen Wände,
das Weib faßt zärtlich seine Hände:

Quälst dich schon wieder mit Alltagssachen?
Lukas! mein Traumprinz! sollst doch lachen!
Sollst uns mit Märchennamen taufen;
nit so hinterm Leben herlaufen,
nit so häßlich auf deiner Hut sein.
Weißt? wenn du lachst, Lux, muß alle Welt dir gut sein.

Er lacht und küßt die schmeichelnden Fingerspitzen,
fährt durch den dunkeln Haarbusch sich,
und seine grauen Augen blitzen:

Ja – wenn ich traurig bin, hass'ich mich;
dann wird wohl auch die Welt mich hassen.
Jetzt aber will ich dich beim Worte fassen,
Lea: sehr eigen tauf' ich dich.
Es tut nicht not, daß man dem Alltag trotzt;
es giebt kein Wort, das nicht von Märchen strotzt.
Drum bleibe nur das Wunder, das du bist,
und ich bin Lukas dein Evangelist.
Du bist die Fürstin Isabella Lea,
die Löwin und die Gottbeschwörerin;
aus deiner schwarzen Mähne, mea Dea,
lauscht Mutter Isis, Mutter Gäa
zum Lichtbringer Osiris hin.
Denn hier thront Lukas Luchs, dein Sekretär,
das dunkle Raubtier mit den hellen Lichtern,
der Große Geist-Luchs der Indianermär,
verhaßt wie Lucifer den Blaßgesichtern.
So tauf' und krön' ich dich mit neuem Sinn:
komm, meine große Geistbeschwörerin!

Er schlägt das weiße Fell um sie und sich.
Zwei Menschen freun sich königlich.


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