Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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34.

Und sie sehn sich schimmern, ruhend vom Bade.
Und schimmernd ruht das öde Gestade
im warmen Wind. Sie lauschen ihm nach:
lauschen, wie die Weiten sich rühren,
wie alle Tiefen zu Höhen führen –
wie die Möven zwischen den Wellen
schwimmend auf und nieder schnellen –
Und des Weibes Lächeln wird zur Sprache:

Lux, mein Leuchtender, wenn wir so liegen,
ich mit meinem schwarzen Windsbrauthaar,
du wie ein Flußgott der See entstiegen,
und jeder Wogenkamm bringt uns Liebreize dar,
und mir versinkt die letzte Schranke,
die zwischen Leib und Seele noch blieb,
denn dein kleinstes Härchen ist mir so lieb,
so wert wie dein größter Gedanke –
und ich denk an gestern und strahle vor Ehren,
daß ich dir Haar und Bart durfte scheren –
ach, und heut Nacht, du, hört'ich dich schnarchen
wie einen braven Patriarchen
und konnt nit lachen – Herr meines Lebens,
es war mir lieb als Äußerung Deines Lebens –
und ich sag dir dann mit fröhlichem Mut:
ich bin auch deinem Töchterchen gut –
und frag dann ohne ein Lächeln des Spottes:
bin ich nun reif zur Mutter Gottes,
zu jeder Lebensmeisterschaft
tauglich, tüchtig, tugendhaft –

Dann, mein himmlisches Freudenmädchen du,
– reckt sein narbiger Arm sie der Sonne zu –
dann sag'ich lachend ohne Spott:

wir Götter brauchen keinen Gott!

Er läßt sie thronen auf seinen Knien;
und sie, mitlachend, schaukelt ihn,
die Brüste zum Triumph gestrafft.
Zwei Menschen schwelgen in ihrer Kraft.


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