Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebentes Kapitel.

Weßhalb denn prahlst du mit der Seele Kraft,
Sie wechselt stets und wird dir oft entrafft.

      Hawkins Brown.

 

Maltravers lag, von seinen Hunden umgeben, unter einer Buche, welche ihre Zweige über einen der ruhigen Seen ausbreitete, welche das Wäldchen von Burleigh schmückten, als Oberst Legard vom Reitwege aus, welcher durch den Park zum Hause führte, ihn erspähte. Der Oberst stieg ab und warf die Zügel über seinen Arm. Maltravers wandte sich beim Schall der Hufe um, sah den Besucher und stand auf. Er hielt Legard die Hand hin und begann sogleich, von gleichgiltigen Dingen zu sprechen.

Legard war verlegen, indessen sein Wesen war nicht solcher Art, daß er das Schweigen seines Wohlthäters über die Angelegenheit hätte nachahmen sollen.

»Herr Maltravers,« sagte er mit anmuthiger Rührung, »obgleich Sie mir noch keine Gelegenheit boten, darauf anzuspielen, so glauben Sie nicht, daß ich wegen des mir erwiesenen Dienstes undankbar bin.«

Maltravers sah ernst aus, gab aber keine Antwort.

Legard begann wieder mit erhöhter Röthe: »Ich kann mein Bedauern nicht genug ausdrücken, daß es noch nicht in meiner Gewalt liegt, meine Schuld abzutragen, aber –«

»Thun Sie das, wenn Sie es können; bitte, sprechen Sie nicht mehr davon. – Begeben Sie sich in die Pfarrei?«

»Nein, heute Morgen nicht; morgen muß ich B–shire verlassen. – Die Mertons sind eine angenehme Familie.«

»Und Miß Cameron?«

»Ist gewiß schön und sehr reich. Wie kann sie nur daran denken, Lord Vargrave zu heirathen, der um so viel älter ist, als sie; – sie, die so viel Bewunderer haben wird?«

»Sicherlich nicht, so lange sie an einen Andern verlobt ist?«

Dieß Zartgefühl verstand Legard nicht durchaus, obgleich er ein ehrenwerther Mann war.

»O,« sagte er, »das war ein Einfall eines sonderbaren, alten Verwandten, ihres Stiefvaters, wie ich glaube. Sind Sie der Meinung, daß sie durch ein solches Verlöbniß gebunden ist?«

Maltravers gab keine Antwort, sondern amüsirte sich, einen Stock in's Wasser zu werfen und denselben durch einen Hund holen zu lassen.

Legard sah gern zu und suchte, nach seinem für Zuneigung empfänglichen Charakter, Eröffnungen zu machen, welche indeß etwas Zurückhaltendes im Benehmen von Maltravers mit Kälte zurückwies.

Als Legard fort ging, folgte ihm Maltravers mit seinen Blicken.

»Dieß also ist der Mann, den Eveline lieben sollte, wie Cleveland glaubt. Ich könnte ihr verzeihen, Vargrave zu heirathen; abgesehen von dem Gefühl der Gewissenhaftigkeit, welches zu diesem Verlöbniß gehört, besitzt Vargrave Witz, Talent und Verstand; dieser Mann aber hat nichts, als seine Pantherhaut. That ich Unrecht, ihn zu retten? Nein! Jedes menschliche Leben, wie ich vermuthe, hat seinen Nutzen, aber Eveline könnte ich verachten, wenn ihr Herz der Narr ihres Auges wäre.«

Diese Bemerkungen waren ungerecht gegen Legard, zeigten jedoch gerade diejenige Art von Ungerechtigkeit, welche der Mann von Talent öfters gegen den Mann von äußeren Vorzügen begeht, und welche der Letztere dem Mann von Talent noch öfters zurückgibt. Während Maltravers so dachte, trat Herr Cleveland zu ihm hin.

»Kommen Sie, Ernst! Sie müssen diese unglücklichen Mertons nicht länger links liegen lassen. Wissen Sie, was die Welt und Frau Hare sagen werden, wenn Sie dieß Benehmen fortsetzen?«

»Nun was?«

»Daß Sie von Miß Merton einen Korb bekommen haben!«

»Das wäre in der That eine Verleumdung,« sagte Ernst lächelnd.

»Oder daß Sie in Miß Cameron hoffnungslos verliebt sind.«

Maltravers stutzte, sein stolzes Herz schwoll; er zog den Hut über die Stirn und sagte nach einer kurzen Pause:

»Gut, Frau Hare und die Welt soll den Stoff zur Klatscherei nicht haben; also, wenn Sie hingehen, werde ich mit Ihnen gehen.«


 << zurück weiter >>