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VII.

Stiftung des Klosters Hirsau.

Ums Jahr 645, da kaum das Christentum in den Wäldern Alemanniens Eingang gefunden hatte, lebte zu Calw die fromme Gräfin Helizena. Als kinderlose Witwe hatte sie den einzigen Wunsch, sich ganz dem Himmel zu weihen. Darum lag sie oft in heißem Gebet vor Gott, er möchte ihr doch offenbaren, wie sie ihren großen Reichtum zu seinem Wohlgefallen anwenden könne. Da begab sich's einmal in der Nacht, daß sie im Traum über einem einsamen Tale, worin drei aus einem Stamm gewachsene Fichtenbäume standen, eine Kirche in den Wolken erblickte. Eine Stimme rief: »Helizena, dein Gebet ist erhört worden! Baue bei den Fichtenbäumen die Kirche, die du hier siehest!« Als sie morgens vom Schlaf erwachte, stand ihr der Traum so lebhaft vor der Seele, daß sie nicht zweifelte, Gott wolle ihr ein Zeichen durch ihn geben. In stiller Demut zog sie aus, um die Stelle zu suchen. Talabwärts an der Nagold, nicht ferne von Calw, fand sie ein liebliches Feld und darauf drei Fichtenbäume, die aus einem Stamme gewachsen waren. Vor Freude weinend eilte sie auf die Bäume zu, küßte den Boden und legte all' ihren köstlichen Schmuck darauf nieder, um damit anzuzeigen, daß sie ihr zeitliches Gut dieser Stelle schenke. Dann kehrte sie nach Hause zurück und machte sich sofort daran, die Kirche zu bauen. Schon nach drei Jahren war sie vollendet. Aus ihr ist das berühmte Kloster Hirschau oder Hirsau herausgewachsen, das zuerst auf der rechten Seite der Nagold stand, dann im Jahr 1083 des schädigenden Wassers wegen auf einen Hügel des gegenüberliegenden Tales verlegt wurde. Im Jahr 1692 von den Franzosen zerstört, ist das Kloster jetzt eine Ruine, aus deren zerfallenen Mauern die von Uhland besungene Ulme ihren mächtigen Wipfel dem Leben spendenden Sonnenlichte entgegenreckt.

(Nach Schönhuth von R.)


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