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II.

Einstmals wollte Eppelein Erkenbrechtshausen bei Crailsheim überfallen. Im dortigen Schloß lebte ein Edelmann, genannt Fritz Gaymann v. Crailsheim. Der war reich, und die Silberstücke waren in seiner Schatzkammer simriweise aufgeschichtet. Auf diese Schätze hatte es Eppelein abgesehen. Aber nicht immer ist das Glück den Wagehälsen hold. Eppeleins Anschlag mißlang, und er wäre um ein kleines gefangen genommen worden. Mit leeren Taschen mußte er abziehen und in eiliger Flucht davonjagen. Verfolgt, wurde er vom Dorf aus gegen das Jagsttal getrieben. Nun hat sich aber der Jagstfluß unweit Erkenbrechtshausen ins Gelände eine tiefeingeschnittene Rinne gegraben und zieht unter jähen, fast senkrechten Felsabstürzen dahin, hier schien es, als sei kein Entrinnen mehr für Eppelein, und als müßte er sich den nachstürmenden Feinden ergeben. Von allen Seiten drangen sie auf ihn ein: vor ihm gähnte der Abgrund. Da faßte der Kühne noch im letzten Augenblick den todesmutigen Entschluß, in die Tiefe zu setzen und sich so seinen Verfolgern zu entziehen. »Appele, hopp!« erklang sein Kommandoruf, und alsobald trug das Tier seinen Herrn davon und hinab in die grausige Tiefe. Die Wasser des Jagstflusses schlugen über dem Reiter zusammen, aber unversehrt tauchten Roß und Mann aus den Fluten des Flusses empor und jagten bald im Talgrund dahin, als wäre nichts besonderes vorgefallen. Auf dem großen Felsblock aber inmitten des Flußbettes zeigte man noch nach Jahrhunderten die Spuren der Hufeisen, die Eppeleins Rappe ins Gestein geschlagen. Nunmehr ist der Steinblock in ein Bauernhaus zu Bölgental eingemauert worden. Der Wanderer aber, der vom »Beierlesstein« bei Erkenbrechtshaufen, der Stelle, an der Eppelein seinen kühnen Sprung getan haben soll, in die Tiefe schaut, kann sich eines geheimen Schauderns nicht erwehren.

III.

Etliche Jahre darnach stattete Eppelein von Gailingen der Stadt Crailsheim einen Besuch ab. Diesmal hatte er es auf den freiherrlich v. Ellrichshausenschen Edelhof und dessen Schätze abgesehen. Aber ebenso klug als kühn band er sein Pferd im Ellrichshausenschen Edelsitz zu Crailsheim nicht, wie andere Besucher taten, in den Gaststall, nein, außen in der Freiung des ummauerten Hauses ließ er sein Tier umhergehen, wahrend er keck in die Kammern und Zimmer vordrang. Aber nicht lange, so wurde er entdeckt, und ein Troß Knechte war hinter ihm her. Er wurde von Gelaß zu Gelaß gejagt und erreichte nur mit genauer Not wieder das Freie. Hurtig schwang er sich auf sein Pferd, und dieweil das Tor inzwischen verschlossen worden war, rief er sein »Appele, hopp!« und wieder trug das treue Tier seinen Herrn rasch und sicher über die Mauerbrüstung hinweg. Bei diesem gewaltigen Sprung verlor das Pferd eines seiner Hufeisen. Es flog auf das Dach eines Nachbarhauses, und hier blieb es mehr denn fünf Jahrhunderte liegen. Erst in den 1880iger Jahren wurde es von dem damaligen Hausbesitzer entfernt.

Durch solch tolle Streiche kam Eppelein bald in den Ruf eines Zauberers und Hexenmeisters, dem eben alles möglich sei. Endlich aber, im Jahre 1381, erreichte ihn sein Schicksal. Da wurde er mit etlichen Helfershelfern gefangen genommen und auf das Rad geflochten. Aber noch heute geht im Frankenland von ihm das Sprüchlein:

»Eppele Gaile von Dramaus
Reit't allzeit zu vierzehnt aus.«

(C. Schnerring-Crailsheim. Nach mündlichen Berichten.)


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