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Die Herrgottskirche bei Creglingen.

Im Jahre 1384 am Laurentiustage, so erzählt die Sage, wurde an der Stelle, wo jetzt zu Creglingen an der Tauber die Herrgottskirche steht, von einem Bauern eine Hostie aus dem Boden geackert, und »sind hernach an dieser Stätte viele wunderliche offenbare Zeichen geschehen«. Aus diesem Grunde erbauten die Grafen zu Brauneck, Konrad und Gottfried, zu deren Gebiet Creglingen gehörte, »dem hochwürdigen Sakrament zu Lob und Ehre« eine Kapelle, »zu unsrem Herrn Gotte«, später kurzweg Herrgottskirche genannt. Reich begabt mit Ablässen, lockte das Kirchlein viele Wallfahrer herbei und dies namentlich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts, da frommer Sinn das Gotteshaus mit einem herrlichen Marienaltar geschmückt hatte.

Außerhalb der Herrgottskirche und an sie angebaut tritt ein hohes achteckiges Türmchen hervor. Sein Altar ist zierlich durchbrochen und bietet Platz für einen Redner. Von hier aus soll einst der Dominikanermönch Tetzel den zu seinen Füßen am Berghang gegen Münster zu lagernden Scharen der Gläubigen den Ablaß gepredigt haben, und noch jetzt nennt das Volk dieses Türmchen die »Tetzelkanzel«.

Das Innere des Kirchleins birgt eine merkwürdige Reliquie. Es ist dies ein an der Empore befestigtes, aus rohen Balken gezimmertes Kreuz. In diesem stecken 55 Nägel. Mit diesem Kreuze hat es folgende Bewandtnis. Gottfried v. Brauneck hatte seines Bruders Söhnlein auf der Jagd versehentlich tödlich verwundet. Aus Gram darüber starb die Mutter des Kindes, und der Vater ging ins Kloster. Herr Gottfried aber machte, seine Sünde zu büßen, eine Wallfahrt nach Rom. Dort beichtete er und bat um Ablaß. Der Papst legte ihm auf, als echter Nachfolger Jesu Christi ein Kreuz auf sich zu nehmen und dieses auf seinen Schultern in die Heimat zu tragen. In 55 Klöstern rastete der Pilgrim auf dem weiten Wege zwischen Rom und Creglingen, und in jedem dieser Klöster ließ er, seine Bürde zu mehren, einen starken eisernen Nagel in sein Kreuz schlagen. Nach Jahresfrist kam er in die Heimat zurück. Aber am Marienaltar der Herrgottskirche sank er während der ersten Andacht ermattet zusammen und verschied. Da nahmen die Leute das Bußkreuz und befestigten es an der Empore des Kirchleins, und dort hängt es bis auf den heutigen Tag.

(C. Schnerring.)


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