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Heinrich mit dem goldenen Pfluge.

Eticho der Welf liebte die Freiheit dergestalt, daß er seinem Sohne Heinrich heftig abriet, je von dem Kaiser Land zum Lehen zu nehmen. Heinrich aber, dessen Schwester mit Ludwig dem Frommen vermählt war, ließ sich durch Zureden bestimmen, in des Kaisers Schutz und Dienst zu treten, und erwarb vom Regenten die Zusage, daß ihm soviel Landes geschenkt sein solle, als er mit seinem Pflug zur Mittagszeit umgehen könne. Heinrich ließ darauf einen goldenen Pflug schmieden, den er unter seinem Kleid verbarg, und um die Mittagszeit, da der Kaiser Schlaf hielt, zog er aus. Er hatte aber zuvor an verschiedene Örter flinke Pferde aufstellen lassen, auf daß, wenn das eine ermüde, er gleich wieder ein ausgeruhtes besteigen könne. Und so sprengte er mit seinem Pflug unterm Wams dahin. Zuletzt, wie er eben einen Berg überreiten wollte, kam er an ein böses Mutterpferd, das gar nicht zu bezwingen war, so daß er es nicht besteigen konnte, daher der Berg der Mährenberg heißt bis auf den heutigen Tag. Mittlerweile war der Kaiser aufgewacht, und Heinrich mußte einhalten. Er ging mit seinem Pfluge an den Hof und erinnerte den Kaiser an sein Wort. Dieser hielt es auch, wiewohl es ihm leid tat, daß er so überlistet und um ein groß Stück Land gebracht worden war. Seitdem führte Heinrich den Namen eines Herrn von Ravensburg, denn Ravensburg lag in dem umpflügten Gebiet. Seine Vorfahren hatten bloß die Herren von Altdorf (Weingarten) geheißen.

Als nun Eticho hörte, daß sich sein Sohn habe belehnen lassen, machte er sich traurig auf aus Schwaben und zog über Land, und niemals mehr wollte er seinen Sohn Heinrich sehen.

(Grimm, Deutsche Sagen.)


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