Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

II.

Die Gründung der Oberhofer Kirche zu Göppingen.

Auf dem Hohenstaufen hat man schon öfters große Knochen gefunden, die wahrscheinlich von einem der großen urweltlichen Tiere, dem Mammut, dem Ur oder Elch stammen. Die Sage bringt sie aber in Verbindung mit Riesen, die zu der Zeit, da unsere Voreltern noch Heiden waren, auf dem Hohenstaufen eine Zeitlang gehaust haben sollen. Sie waren wilde und rohe Gesellen und hatten ihre Freude daran, die Leute in Schaden und Angst zu bringen. Zu ihrem Zeitvertreib rissen sie Steine und mächtige Felsblöcke aus dem Berg und warfen sie in großem Bogen hinaus ins Land, daß Felder und Häuser zerstört und Menschen und Tiere erschlagen wurden. Niemand konnte ihrem wüsten Treiben Einhalt tun, denn die Riesen waren mächtiger als alle Menschen zusammen und spotteten selbst der Götter, zu denen die Leute in ihrer Not riefen.

Nun lebten in dem Walde Hochfürst, nicht weit von der jetzigen Stadt Göppingen entfernt, drei edle Jungfrauen. Sie hatten an einer klaren Quelle des Waldes ihr schimmerndes Haus, spannen und woben und führten ein frommes Leben. Sie erbarmte die Not der Leute, und sie beschlossen, dem starken Gott der Christen eine Kirche zu bauen. Als Platz für dieselbe wählten sie den hochgelegenen Ort Oberhofen, von wo aus das Gotteshaus weithin sichtbar war. Bald ertönten von den Türmen der neuen Kirche die Glocken und luden die Leute zum Beten ein.

Den Riesen war aber der Glockenton ein Greuel. Sie kamen in große Wut und warfen mit einer großen eisernen Kugel nach der Kirche, um sie zu zerstören. Einer der beiden Türme wurde auch getroffen und am Dache schwer beschädigt. Doch sonst konnten sie der Kirche nichts anhaben. Aus Grimm darüber verließen sie das Land. Die Kugel aber liegt seit jener Zeit in dem Turm und kann nicht daraus entfernt werden. Schon öfters hat man versucht sie fortzuschaffen, aber jedesmal ist sie von selbst wieder an ihren alten Platz zurückgekehrt. Selbst als Kaiser Friedrich der Rotbart sie einmal gegen die Sonne schoß, ist sie wieder in die Kirche zu Oberhofen niedergefallen. Auch die Löcher am Hohenstaufen, aus denen die Riesen einst die Wurfsteine gerissen haben, sind noch vorhanden. Das Volk nennt sie die »Heidenlöcher« und behauptet, daß sie tief in den Berg hinein sich erstrecken. Das untere Loch soll sogar bis zum Hohenrechberg gehen; »denn ein Hahn, den man auf Hohenstaufen einmal in diese Höhle laufen ließ, kam bei Hohenrechberg wieder zum Vorschein«. Auch nach Oberhofen und nach dem Kloster Lorch sollen unterirdische Gänge vom Staufen aus führen.

Die Kirche von Oberhofen erweiterte sich mit der Zeit zu einem Chorherrnstift. Aus den umliegenden Höfen, die in sie eingepfarrt wurden, ist die Stadt Göppingen entstanden. Noch 1620 war die Oberhofer Stiftskirche die Göppinger Stadtpfarrkirche, und heute noch befindet sich um sie her der Gottesacker der Stadt, die sich unten an der Fils von Jahr zu Jahr weiter ausdehnt.

(Nach Meier von R.)


 << zurück weiter >>