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II.

Ein mit Wein erbautes Gotteshaus.

Im Jahre 1388 fing Landgraf Siegobst v. Leuchtenberg an, am Kreckelberg bei Crailsheim Wein zu bauen, und da er das Rebgelände fast steuerfrei ließ, so machten's ihm bald ihrer etliche nach und pflanzten auch an den sonnigen Hang des Berges den Rebstock. Da war's nun in den neunziger Jahren desselbigen Säkulums, daß ein regnerischer Sommer im Land lag, und die Weintrauben am Kreckelberg, die reichlich angesetzt hatten, konnten nicht reifen. Im selbigen Jahr nun hub man zu Crailsheim an, auf dem Markt die Kapelle »Unsrer lieben Frauen« zu bauen, und männiglich steuerte zu dem frommen Werke bei. Ein Bürger aber kam auf einen gar seltsamen Gedanken. »Kann man schon den heurigen Wein nicht genießen,« dachte er, »so mag er leicht zu etwas anderem taugen. Ich stifte meinen Kreckelberger zu »Unsrer lieben Frau«, damit der Maurer mit ihm den Mörtel bereite. Denn solch ein Wein zieht nicht nur das Gesicht in Falten, er zieht auch die Steine zusammen, und will's Gott, so hält das Kirchlein tausend Jahr.« Und im folgenden Frühling, da wieder die Bauzeit begann, fuhren auf dem Marktplatz zu Crailsheim etliche Weinkarren auf, und so ist die Liebfrauenkapelle unsrer Stadt mit Wein erbauet worden.

(C. Schnerring-Crailsheim.)


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