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V.

Die Blaubeurer Madonna.

Vor Zeiten stand am Ufer der Blau ein schmuckes Kirchlein, St. Nikolaus geweiht. Nebenan lebte ein Einsiedler, der hütete als köstlichsten Schatz ein gnadenreiches Bild der Jungfrau Maria. Doch als das Kloster ward erbaut, da brachte man das Bildnis der benedeieten Gottesmutter unter frommen Gesängen hinüber in die Klosterkirche. Und allda kamen die Frommen zuhauf und hatten, dieweil der Glaube selig macht, der himmlischen Gnaden gar viele zu erfahren. Da geschah es nun, daß ein Priester befahl, man solle Mariä Gnadenbild den sündigen Augen der Menschen entziehen und es an einen andern Ort verbringen. Aber siehe, sowie man daran ging, diesen Befehl zu vollziehen, da fingen allsobald die Wasser des Blautopfs, die doch eben noch still aus der geheimnisvollen Tiefe gestiegen waren, an zu kochen und zu zischen, und der Schreckensruf lief durch die Stadt: »Der Topf siedet!« Die Leute erschraken nicht wenig und liefen zusammen. Als gar das Blauflüßchen über seine Ufer trat, begann man, die Habseligkeiten zusammenzupacken.

Der Blautopf tobte solange, bis Mariä Wunderbild wieder an seinen Platz im Kloster gestellt worden war; dann gingen die Wasser zurück und liefen wieder friedlich zu Tal wie ehedem. Seit dieser Zeit aber steht die Gottesmutter immer an ihrem Ort, und alljährlich fahren an Mariä Heimsuchung der frommen Waller viele zu der gütigen Madonna von Blaubeuren.

(C. Schnerring.)


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