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Grillparzer an Katharina Fröhlich

Das seltsame Liebesverhältnis Grillparzers zu Katharina Fröhlich ist nur psycho-analytisch zu erklären (sie glühten, aber »ach sie schmolzen nicht«). S. Glossy u. Sauer, Grillparzers Briefe u. Tagebücher.

Jamnitz, 14. Oktober 1823.

Schönster Engel!

Da Sie mir selbst keine Nachrichten von Ihrem Befinden geben, so muß ich schon andere Leute schicken, die im Nachrichtgeben genauer sind, als Sie (oder Du).

Der Überbringer dieses Briefes ist Herr Flury, Erzieher des jungen Grafen Stadion; ein Mann, der mir besser gefallen hat, als noch leicht irgend ein anderer und von dem ich wünschte, daß er Dir auch gefiele; doch verstehet sich, nicht gar zu sehr.

Ich befinde mich wohl. Dank sei es dem wackern Flury, der mir teils die Langeweile meines hiesigen Aufenthaltes ertragen half, teils selbst durch seinen ärztlichen Rat mir von Nutzen war. Eines der Heilmittel, die ich auf seinen Rat anwendete, wird Dir zwar nicht sehr gefallen, er hat mich nämlich zum – Tabakraucher gemacht; aber man muß sich eben in alles finden.

Den Tag meiner Ankunft in Wien kann ich mit Bestimmtheit noch nicht angeben. Mein Graf ist so sehr in den Landaufenthalt verliebt, daß er auch jetzt, da alles schon abgereist ist, bis auf mich und ihn (stelle Dir die Unterhaltung vor), noch nicht ans Nachhausegehen denkt und sich gern hier einschneien ließe, wenn's anders seine Geschäfte erlaubten. Doch hoffe ich etwa bis Sonnabend oder Sonntag zurück zu sein und bis heute über acht Tage mich schon wenigstens achthundertmal mit Dir gezankt zu haben. Oder nicht? Bist Du nicht mehr zanksüchtig? nicht mehr zornig? nicht mehr ..? nicht mehr ...? nicht mehr ...? Auf diese drei letzten Fragen werde ich mir mündlich die genaueste Antwort ausbitten.

Ich küsse Dich in Gedanken aufrichtig, in Wirklichkeit wär' es mir lieber! Ich bin rasend in Dich verliebt geworden. Ich habe in Jamnitz ganz vergessen, welch ein Ungeheuer Du bist. Eigentlich bleibst Du denn doch ein lieber Narr. Adieu! baldiges Wiedersehen! Grüße die Schwestern, und den Vater und Bogner.

Grillparzer.

Katharina Fröhlich an Grillparzer.

2. September 1843.

Aus Ihrem soeben erhaltenen humoristischen Briefe ersehe ich mit Freude, daß Sie gottlob! gesund und mit ihrer Reise noch zufrieden sind; nur war ich anfangs betroffen, zur Aufschrift Fräulein zu lesen und ich glaubte schon eine Verwechslung hätte stattgefunden, da ich weiterlesend mich aber überzeugte, daß er doch an mich war, so danke ich herzlich für die beruhigende Nachricht und bitte als Aufschrift zu setzen: lieber Grillparzer! oder lieber Alter! oder lieber Lieber! kurz, jedes beliebige Dir freundliche Wort, so wie auch meine Person ganz demütig bittet um eine ähnliche Titulatur. Was mein Leben betrifft, so bin ich so ziemlich ohne körperliche Schmerzen, webe – Socken, spiele zwischen zwei und drei Klavier – – war mit den Schwestern und Leopold in Lucia, wo ich an Erl viel Vergnügen hatte, und machte gestern, Sonntag, eine große Tour, wo ich rechtes Herzweh hatte, ich mußte nämlich bei den schönen Wiesen, herrlichen Aussichten, und so lieben Aun immer an Dich, lieber Alter, denken. Sonst geht alles seinen alten Gang. – – –

– – – – – – – Mit den Neuigkeiten bin ich zu Ende, aber nicht mit der Bitte, mir recht bald zu schreiben, viel, lieb, gut, kurz alles, womit Sie so glücklich machen

Ihre

Katty.

Grillparzer an Katharina Fröhlich.

Wien, am 25. November 1847.

Hochschätzbares, verehrtes, beinahe vergöttertes Fräulein!

Einer Ihrer zahllosen, höchst geheimen Verehrer findet am heutigen Jahrestage des Dienstbotennamens Katharina Gelegenheit, seine Gefühle durch äußerliche Zeichen auszudrücken. Er wußte lange nicht, wie er das ins Werk setzen sollte. Ihnen ein Kleid zu kaufen, ging nicht an, da er weiß, daß Sie Kleiderstoffe so lange im Kasten liegen lassen, bis durch den Wechsel der Mode Zeug und Dessein lächerlich geworden sind, oder sie, bereits gemacht, Ihrer schmutzigen Schwester Pepi schenken, welche er ihrer bösen Eigenschaft wegen verabscheut und welcher er überdies an ihrem noch weit entfernten Namenstage auch ein Geschenk zu machen vornimmt. Es verlautet, daß Sie einen Schreibtisch wünschen, was übrigens kaum zu glauben ist, da Sie die Schreibkunst so wenig ausüben, daß Sie nach vierzehn Tagen in Ihren Einkaufsrechnungen selbst nicht mehr lesen können, was Sie vierzehn Tage vorher geschrieben. Einen »Tand« von Gold oder Silber hielt er Ihren erhabenen Gesinnungen durchaus unwürdig. Er beschloß daher, Ihnen beiliegendes Windischgräzische Los zu verehren. Wenden Sie nicht ein, daß dieses einen bestimmten Geldbetrag ausdrücke. Umsonst bekommt man gar nichts, und alles, was man schenkt, drückt daher einen Geldwert aus. Die Ursache, warum er aber gerade ein Lotterielos wählte, ist folgende: Sie haben unter Ihren Schwestern eine Zauberin, welche die Zukunft aus den Patiencekarten voraussagt. Sie weiß jedesmal, wer die achtzigtausend Gulden gewinnt. Wenn Sie daher ihre Kunst zu Hilfe nehmen, so kann Ihnen das große Los nicht entgehen und die ganze Welt wird dadurch glücklich. Sie selbst können Ihre Neigung zur Wohltätigkeit und zum Schnupftabak auf die schrankenloseste Art befriedigen. Ihr fauler Neffe braucht gar nichts mehr zu lernen. Ihre Schwestern sind nicht mehr genötigt, durch Holzstehlen und Wucher sich den Lebensunterhalt zu erwerben und selbst der Schreiber dieser Zeilen hofft dadurch den Anspruch auf täglich drei große Äpfel zu begründen, die er sich pflichtschuldig jedesmal abholen wird.

Warum er übrigens ein Windischgräzisches und nicht ein Esterhazysches Los gewählt, hat zur Ursache, daß ersteres wohlfeiler ist und er, der überhaupt viele Ähnlichkeit mit Gott besitzt, ihm auch darin gleicht, daß er gerne große Wirkungen mit kleinen Mitteln hervorbringt.

Ergebenst, untertänigst
Ein Tabakschnupfer.


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