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Die Karschin an Gleim

Wenn man ein Bild von den Seelenfreundschaften des 18. Jahrhunderts haben will, die mehr sind als bloße Liebeständeleien, darf man die empfindsamen Briefe der Karschin nicht vergessen. S. Pröhle, aus dem Briefwechsel zwischen der Karschin, Gleim und Uz. Zeitschr. für preuß. Gesch. u. Landesk. 1845. Bd. 12.

den 2. Juni 1761

Mein süßer Freund

sind Ihre Gedanken der gesellschafft treu geblieben, Ich zweifle, denn ich wandelte gestern spät unter den rosen im garten umher, sanffte kühle Lüffte flüsterten nahe bey mir, und ich glaubte Ihre Gedanken darunter zu hören, der Mond machte auch mit Seinem halben antlitz den abend prächtig und ich dachte Tausendmahl meinem Gleim, o mein liebster Freund, ich war in der That krank, Sie glauben nicht, was ich alles mit dem Suchen im Thiergarten ausstand, ich zürnte auf die schattichten Räume und auf die Singenden Vögel, ich lieff mit den schritten Eines Flüchtlings, und mein Herz empfand den angreiffendsten Verdruß, so gewis ist es daß alles daß was unsere Seele leidet auch den Cörper schmerzhafft wird, und nichts gewießr ist als daß Ich Ihnen heute sehen mus, o könnt ich alle Dinge möglich machen, was wird ich alles vor wunderwerke thun um Verdienste genug zu haben

Ihre beste Freundin zuseyn Sappho.

Aus dem Briefe der Karschin an Gleim:

Berlin, den 25. Juny 1761

Laßen Sie mir die Wollust daß ich ihnen lieb habe.

8. Juni 1762

mit der ganzen ungeduld des Herzens suchte ich Ihnen mein liebster Freund, ich durchstrich die schattichten Gänge sich küßender Birken, ging bei die Bildsäule, blickte dreymal hinauf, horchte Einen Augenblick wie die Nachtigall sang und ging wieder vorüber, ich fand Ihnen und wie kurz war diese kostbahre Stunde, warum musten Sie sich fortreißen, Ich glaube den Widerwillen bemerkt zu haben mit welchem Sie gingen, oder irr ich mich, war in ihrem Auge Verdruß wegen der Tändeleyen die ich Ihnen gab laßen Sie mir doch diese kleine Enthusiästerey in der Freundschaft die mir so süß ist und nehmen Sie zuweilen Ein Blat, das vor Ihnen allein Schön ist, ach kein Herz empfindet die zärtliche sprache so wie das Ihrige, aber wann seh ich Sie mein Empfindbahrer Freund; denken Sie daß es nicht zu bald geschehen kann und niemahls zu lange, erinnern Sie sich an Roden und an meine Bitte, o Eine unsichtbare Mahlerin hat Ihre Züge noch eigentlicher getroffen als die Madame Gazko, ich sehe Ihnen in diesen augenblick, Sie sitzen bey mir, ich überreiche Ihnen noch Einmahl die besungene Dose und ich wiederhohle diese Worte auf die Sie gestern nicht acht hatten ich sage,

Gefällt die Dose Dir so gut wie das Gedichte
O Freund so sey sie dein,
Sie würde mir um Gold von doppeltem Gewichte
Nie feil gewesen sein,
Dir aber gäb ich, säß ich jetzt auf einem Throne,
Zuerst mein Herz und dann von meinem Haupt die Crone

Warum bin ich nicht groß? angesehen, mächtig, Eitler
Wunsch, wozu nützt Er, ich bin ja doch Sapho.

Ich bin Ihre zärtliche Freundin A. L. R.

laßen Sie mich wissen, wenn wir uns sehen.


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