Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Wilhelm und Caroline von Humboldt

Neben der Erregtheit der Briefe Caroline von Humboldts muten die Wilhelm von Humboldts an sie trocken, nüchtern an, während er an Henriette Herz gefühlvollere Töne zu finden scheint. S. Anna von Sydow, Wilhelm und Caroline von Humboldt, Brief aus der Brautzeit, 1787-1791, Berlin 1906.

Caroline an Humboldt.

Erfurt, den 27. Januar 1790.

Ich denkt so oft an die Zukunft, aber nicht immer vermag ich's, Hoffnung und Freude aus ihr zu schöpfen – mir ist's immer, als würde sie doch nie mein werden, dann kehre ich wehmütig und still zur Erinnerung zurück. Was hat auch der Mensch, was kann er mit Wahrheit sein nennen, als diese Bilder, die ihn tröstend umschweben, wenn es trübe in seiner Seele ist. Mir ist so bang und so weh. – Deine Liebe – sie hat mir alles gegeben – und wenn ich noch heute von dem Schauplatz des Lebens abtreten müßte, so würde mein letztes Wort ein Bekenntnis sein, daß Deine Liebe mir den höchsten Genuß gereicht hat, dessen ein menschliches Herz empfänglich ist. Die unnennbare Seligkeit dieses Genusses ist es auch nur allein, die mich zweifeln macht, ob er hier je dauernd mein werden kann. Es gibt einen Grad des Glücks, dessen Dasein die Seele nur in Momenten wie die, die ich dir danke, ahndet, und zu dessen Hoffnung sie sich nur in ihrem kühnsten Flug aufschwingt. – Wilhelm, und dieses seltene, kaum erträumte Glück ist für mich einzig allein in Deinen Armen, in dem Gefühl Deines glücklichen Daseins durch meine Liebe – o, vergib, wenn Deiner Caroline vor dieser Höhe schwindelt, Deine Liebe wird die Zaghafte heben und halten.

Schlafe wohl, mein Wilhelm. Ich werde morgen ein süßes Erwachen durch die Hoffnung haben, einen Brief von Dir zu bekommen. Meine Seele, lebe wohl.

Humboldt an Caroline.

Berlin, Sonnabend, 1. Januar 1791.

Mit einer sonderbar frohen und wehen Stimmung beginne ich das Jahr. Daß nun zwölf lange Monate verflossen sind, seitdem zuerst auch ein äußeres Band uns umschlang, macht mich so glücklich, aber der Schleier, der die Zukunft deckt, erfüllt mich mit Bangigkeit, und nimmer hat mich die Erinnerung mit so glühender Sehnsucht erfüllt als jetzt, da die Tage wiederkehren, die wir in Weimar miteinander genossen. Da fühlt ich zuerst, daß Du mich liebtest, und mit welcher heiligen, nie verlöschenden Glut. Nie wird wieder etwas an diese Tage reichen. Wohl waren die Burgörnerschen glücklicher und freudegebender, aber mit einem so frohen Staunen, mit einer so überraschenden Aussicht auf die Zukunft ergriffen sie mich nicht. Mein Herz ruhte schon so sanft und gewiß in dem Schoß Deiner tragenden Liebe ... Mein ganzes Wesen ist ja allein und ewig Dein, mein einziges Streben, das Ringen aller meiner Kräfte ist, tiefer in Dich mich zu versenken, inniger in mich Dich aufzunehmen und Dich aufblühn zu sehen an meiner Seite, in der höchsten, ungebundensten Freiheit, in der jugendlichsten Schöne, ist das Ideal meines Glücks. Ja, frei und ungebunden soll jede Idee, jedes Gefühl in Dir sein, die Empfindung meiner Liebe soll jede Schranke hinwegräumen, die sonst den Menschen das Dasein einengen. O! und Du, die Du das würdest, was Du jetzt bist, in dieser beklommenen, mit tausend bangen Gefühlen erfüllenden Lage, was mußt Du sein, wenn Du immer umweht vom Odem der Liebe allein Dir lebst und dem Einziggeliebten. Dieser Gedanke war meine höchste, nie ausgesprochene Wonne schon da, als ich nicht dieser Geliebte zu sein zu glauben wagte, und jetzt, da ich fühle, daß ich es bin, da jeder Laut Deines Wesens mir sagt, daß nur für mich das Schicksal Dich schuf, so wie allein für Dich mein Wesen hervorging, ach! jetzt – nun, Dein Herz, emporgetragen von der Liebe heiligstem Gefühle, wie das meine, ahndet die Seligkeit, die mich durchglüht. – Laß mich aufhören!

Wilhelm von Humboldt an Henriette Herz.

(Frankfurt a. d. Oder) Montag Abend um 12 Uhr.

O! Henriette! welch einen glücklichen Tag hat mir Ihr letzter Brief gemacht! So viel Vertrauen, so viele Liebe, Gott wie verdien' ich das alle! Ich kann Ihnen dafür nicht danken; was sind Worte dagegen. Aber meine Handlungen, mein ganzes Leben soll Ihnen danken, mein Herz soll ewig nur das Ihre sein. Nicht bloß auf gleiche Gefühle, gleiche Gesinnungen gründet sich unsre Liebe, theure Henriette, nein, von meiner Seite auch auf Dankbarkeit, auf unerlöschbare Dankbarkeit. Ihnen danke ich das Glück meines Lebens, Ihnen jede frohe Minute, die ich genieße. O! wie glücklich werd' ich noch an Ihrer Seite sein. Wäre ich doch jetzt bei Ihnen. Ein Blick würde Ihnen besser als tausend Worte sagen, wie herzlich ich mich Ihrer Liebe freue, wie innig mein ganzes Herz Ihnen dafür dankt. O Ihre Ruhe, sagen Sie, wäre auf ewig dahin, wenn je Kunth oder ich Sie täuschte. Gewiß, Sie werden sie nie verlieren, diese allein beglückende Ruhe. Schon der Gedanke, Sie, Henrietten, Sie die mir Ihr ganzes Vertrauen giebt, die mir keinen Ihrer Fehler, keine Ihrer kleinsten Schwachheiten versteckt, Sie täuschen zu können, kann ich nicht ausdenken. Nein, Henriette, meine Liebe für Sie ist gewiß rein und schuldlos; ist die Liebe, die Seele mit Seele, Herz mit Herz verbindet; und eine solche Liebe hängt nicht von zufälligen Umständen, nicht von Jugend, nicht von Schönheit ab...«


 << zurück weiter >>