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Hölderlin an Luise Nast

In Friedrich Hölderlins nicht ganz geklärtem Liebesleben nehmen Luise Nast und Diotima die Hauptstelle ein. Die Liebe zu Luise reicht in die Jahre der Maulbronner Klosterschule und des Tübinger Stifts zurück. Die Trennung von dem anmutigen, kindlich-einfachen, liebenswerten Wesen erfolgte von Hölderlins Seite. S. Hölderlins Leben in Briefen. Herausg. v. C. C. T. Litzmann, Berlin 1890. C. Viëtor, Die Briefe der Diotima, Leipzig, Inselverlag, 1921.

Maulbronn, zwischen Ostern u. Pfingsten 1788.

Was wir doch für Menschen sind – Liebe! Ich meine, dieser Augenblick, da ich bei Dir war, sei seeliger gewesen, als alle, alle Stunden, da ich bei Dir. Unaussprechlich wohl war mirs, als ich so oben am Berg gieng, und Deinen Kuß noch auf meinen Lippen fühlte. – Ich blickte so heiß in die Gegend, ich hätte die ganze Welt umarmen mögen – und noch, noch ists mir so! Deine Veilchen stehen vor mir, Louise! Ich will sie aufbewahren, so lang ich kan.

Weil Du den Don Carlos ließst, will ich ihn auch lesen, auf den Abend, wan wenn ich ausgeschafft habe.

Ich mache wirklich über Hals und Kopf Verse – ich soll dem braven Schubart ein Paquet schiken.

Auf meinen Spaziergängen reim' ich allemal in meine Schreibtafel – und was meinst Du? an Dich! an Dich! und dann lösch' ichs wieder aus. Diß hatt' ich eben gethan, als ich vom Berg herab Dich kommen sah.

O Liebe! an Gott und an mich denkst Du in Deinem Stübchen? Bleibe Du so, wann Du schon vielleicht die einzige unter Hunderten bist.

Kommt Deine Jfr. Schwester Wilhelmine heut? Hast Du ihr das Briefchen geschickt? oder giebst Dus ihr erst? Ich höre, sie befindet sich besser. Ich soll Bilfingen auch ein Briefchen schiken – aber ich seh' es ist unmöglich bis morgen. Wann ich nur immer so zufrieden bliebe, wie ich jezt bin. Doch – ich liebe Dich ja unter jeder Laune fort – mein Zustand ist also doch nicht der schlechteste. Denke recht oft an mich. Du weißts – ich bleibe unzertrennlich

Dein Hölderlin.

Luise Nast an Hölderlin.

Maulbronn, um Weihnachten 1788

O lieber Friz! Da siz ich, und habe fast alle Deine Briefe vor mir, das ist mein einges Vergnügen, und da ist mirs so über alles wohl, bin so glücklich wann ich allein seyn kan, es ist schon wirglich 12 Uhr, und doch konnte ich mich nicht satt lesen, o er ist meine liebste Lektüre. Hast recht er ist mir viele Sorge Dein lieber Brief, ganse Nächte konnte ich nicht schlafen, und doch ist es mir so lieb daß ich um aller Welt schaze ihn nicht gebe, o Dich haben, welche Seeligkeit, und Friz noch so lange biß Ostern noch so lange Dich nicht sehen, so lange von dem getrennt sein der mein alles ist. Doch der Gedanke daß Du mein bist mein bleibst, nicht wahr lieber Friz? Auch Jahre lang Trennung macht Dich nicht kalter gegen mich, O nein Du bleibst der l. Friz der Du warst bei Deinem lezten Besuch, ich weiß sie alle noch die liebe Worte tief sind sie in in meinem Herzen auch Du wirst sie noch zurükrufen konnen diese seligen Freuden auch bin ich manchmal so glüklich mir sie vortraumen zu konnen, o und lezhin einen herlichen Traum den ich um alles nicht gebe, Du standst oben wo man ins Kloster geht, wirst es wohl noch wissen ach vergangene Zeiten wo ich Dich so oft sah, strektest Deine Arme sehnend nach mir aus, Gott im Himmel welcher Anblik, Deine schwarze Kutte alles wieder wie vorher, ach und es war ein Traum sie sind entflohen die glükliche Zeiten, stommer Schmerz trit an ihre Stelle, und warum dieß alles diese Klagen? mein Friz ist ja noch mein er ist mir noch so treu wie hier, o er ist noch mein, auch mich soll nichts von Dir trennen kein Unglük kein Schilsal, nur Dich und eine Hütte so schlecht sie ist, – sie ist mir ein Königreich, o mit Dir sind auch dornigte Wege mit Rosen bestreit. O Gott lieber Vater an Deiner Hand werden sie doch auch vorübergehen die Jahre der Trennung, sie flieht ja sonst schnell Deine Zeit, aber der Liebe werden es ewigleiten sein, nicht lange mehr wird wieder ein Paar aus meiner Freundschaft das Band der ewigen Treue knüpfen, das liebe Mädchen ist wirglich hier meine Heinerike, sie scheint recht vergnügt, wir haben schon viel von Dir lieber geschwazt, wir erinnren uns oft an die glückliche Zeiten in L. – und tausendmal dankte ich ihr vor ihre Liebe, das gute Mädchen wan sie nur recht glücklich wird, sie hat es nur an uns verdient, lieber Friz schreib nur recht viel, ich freue mich schon wieder auf negsten Lottentag, o es waren lange Feuertage keinen Brief konnte ich nicht von meinem Friz bekommen, leb wohl schlaf wohl es ist schon recht spath ewig

Deine Louise.

Diotima an Hölderlin.

(1798)

Ich muß Dir schreiben Lieber! Mein Herz hält das Schweigen gegen Dich länger nicht aus. Nur noch einmal laß meine Empfindung sprechen vor Dir, dann will ich, wenn Du es besser findest, gerne, gerne still sein. Wie ist nun, seit Du fort bist, um und in mir alles so öde und leer, es ist als hätte mein Leben alle Bedeutung verloren, nur im Schmerz fühl ich es noch.

Im offenen freien Feld ist mir noch am besten, und ich lehne mich beständig hinaus, wo ich den lieben Feldberg sehe, der Dich Böser wie eine Wand sanft aufhält, daß Du mir nicht weiter entfliehest! Komm ich aber wieder nach Hause, ist es nicht mehr wie sonst; sonst wurde es mir so wohl, wieder in Deine Nähe zu kommen, jetzt ists, als ginge ich in einen großen Kasten mich da einsperren zu lassen; kamen sonst meine Kinder von Dir zu mir herunter, wie stärkte es mein oft träumend Wesen, wenn eine sanfte Röte, ein tieferer Ernst, eine Thräne im Aug mir noch den Einfluß von Dir verriet, jetzt haben sie nicht mehr diese Bedeutung für mich und ich muß oft meine Gefühle für sie zu rechte weisen.

(1798)

Du kennst mich ja und hast tausend Beweise, wie mein Herz Dir hingegeben ist; und Du weißt, daß, wenn man gegen die Liebe fehlt, man sich selbst am meisten verwundet.

(1798)

Der Himmel ist so klar heute. Morgen kömmst Du gewiß, wenn ich nur Nachricht von Dir kriege, gute Nachrichten! Wie ist die Zukunft mir so dunkel. Es komme aber, wie es wolle, Dich lasse ich nie, mich findest Du immer wieder!

(1799)

Denke nur nicht, Lieber, daß das Schicksal unsrer Liebe mich empören oder gänzlich niederdrücken möchte. Ich weine wohl oft bittre, bittre Tränen, aber eben diese Thränen sind es, die mich erhalten. So lange Du lebst, mag ich nicht untergehen. Fühlte ich nicht mehr, wäre die Liebe aus mir verschwunden, und was wäre mir das Leben ohne Liebe, ich würde in Nacht und Tod hinabsinken. So lange Du mich liebst kann ich mich nicht verschlimmern, Du hältst mich empor und führest mich den Weg zur Schönheit! Habe Glauben an mich, und baue fest auf mein Herz. So lebe denn wohl, liebstes teurestes Herz, und denke wie ich, daß unser liebstes innerstes Wesen unveränderlich sich gleich bleiben und sich angehören wird!


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