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Brief LVI.

London, den 12. November 1712.

Da haben wir eine dolle Geschichte; ein Brief von MD nicht beantwortet; nie so was erlebt. Ich schreibe langsamer und MD schreibt schneller; aber das lag an DD's Schein. Weshalb konnte der nicht früher geschickt werden, bitte, wie? Wird es DD so schwer, zu beweisen, dass sie noch lebt? Ich beteure feierlich, dass ich vor andrer Arbeit ausserstande bin, an MD zu schreiben, aber mit dem nächstenmal will ich wieder meine Tagebuchmethode aufnehmen. Ich merke, es ist leichter, obgleich dann nichts darin steht, als wo ich esse und was am Tage geschieht. Ich will jetzt nur noch alle drei Wochen schreiben, bis ich diese Arbeit los bin; ich denke, sie muss spätestens in sechs Tagen fertig sein. O, Ppt, ich weiss noch, wie Sie mich schalten, weil ich mich in andrer Leute Angelegenheiten mischte; ich habe jetzt gründlich genug davon. Hier sind zwei Weiber je sechsmal bei mir gewesen; ich habe sie noch nie gesehn. Die erste habe ich mit einem Brief abgefertigt; die andre muss ich empfangen, um ihr zu sagen, dass ich nichts für sie tun kann; sie ist die Frau eines gewissen Connor, eines alten Universitätsbekannten, und sie kommt in einer törichten Sache, mit alten Ansprüchen, die durchdringen werden, wenn ich einmal Lord Schatzmeister bin. Ich bin zwei Treppen hoch in möblierte Zimmer gezogen und habe all meine Freunde gebeten, nicht zu verraten, wo ich bin; und doch plagen mich jeden Morgen zwei oder drei Dummköpfe, und mein jetziger Diener hat die Lektion noch nicht gelernt, mich zu verleugnen. Ich habe hundertunddreissig Folioseiten geschrieben, die gedruckt werden sollen, und ich muss noch dreissig schreiben, dann ist es ein dickes Vierschillingbuch. Ich wollte, ich wüsste von einer Gelegenheit, Ihnen einigen Schnupftabak zu schicken. Ich will aufpassen, wer nach Irland geht, und es tun, wenn es möglich ist. Ich habe einen Brief von Parvisol und sehe, dass er meine Einkünfte sehr niedrig angesetzt hat. Oberst Hamilton, der Sekundant des Herzogs von Hamilton, steht heute vor Gericht. Ich vermute, dass er davon kommt, habe aber noch nichts gehört. Ich habe beim Lord Schatzmeister gegessen, ihn aber um neun verlassen und ein paar Leute besucht. Lady Betty, seine Tochter, wird nächsten Montag (so vermute ich) dem Marquis von Caermarthen angetraut. Ich wusste nicht, dass Sie nach Portrain aufs Land gegangen waren, bis Sie es mir in Ihrem letzten sagten. Hat Swanton es Wallis abgenommen. Dieser Wallis war ein ernster, sehr weiser Narr. Gott sei Dank, dass Ppt ihre Unpässlichkeiten los ist. Gott gebe, dass es so bleibe. Die Broschüre über die politische Lüge stammt von Dr. Arbuthnot, dem Verfasser des John Bull; sie ist sehr hübsch, aber nicht so leicht zu verstehn. Higgins, erster Kaplan des Herzogs von Hamilton? Ei, der Herzog von Hamilton hat nie von einem Kaplan geträumt, und ich glaube, nie von Higgins gehört. Sie sind wunderbare Neuigkeitskrämer da in Irland: Dechant Francis, Sir Richard Levinge, Quatsch: und Pratt nochmals Quatsch. Unser schöner Frost hier ist vorüber; und Abel Roper sagt mir, Sie hätten in Dublin Überschwemmung; hallo, wirklich? Oho! Swanton hat Portrain gepfändet, jetzt verstehe ich Sie. Ja, ja, jetzt sehe ich auch Portrain an der Spitze Ihres Briefes. Ich hatte noch gar nicht darauf geachtet. Jetzt zu Ihrem zweiten, Nummer 36. Also haben Sie einen der Grubstreetberichte über die Bänderschachtel gelesen. Die whiggistischen Zeitungen sind wegen der Bänderschachtel über mich hergefallen. Gott stehe mir bei, was konnte ich tun? Ich habe doch mein Leben aufs Spiel gesetzt. Ein genauer Bericht darüber steht im Postboten und in der Abendpost jenes Tages. Dem Lord Schatzmeister ist der Siegel zugeschickt worden, mit dem die Schachtel versiegelt war; und ferner Anweisung, wo die andre Pistole in einem Baum in St. James's Park zu finden wäre; Lord Bohngbrooks Gerichtsdiener hat sie denn auch gefunden; wer aber den Brief geschickt hat, ist noch nicht bekannt. Der Herzog von Hamilton hat den Streit so sehr wie möglich vermieden; gemäss den albernen Ehrenregeln, die in Geltung sind. Was bedeutet es, dass Sie Filby einen ärgerlichen Brief geschrieben haben? Ich hoffe, Sie haben nichts davon gesagt, dass Sie von mir gehört haben. Ach! Schreiben Sie bei Kerzenlicht? Undezogene, undezogene, undezogene Dirne, hundertmal, wenn Sie das tun. O, wahrhaftig, DD, ich kann mich in acht nehmen! Die Königin ist in der Stadt, und in zwei Tagen ist das Wochenbett der Lady Masham vorüber. Ich war Montag bei der Taufe. Ich konnte nicht durchsetzen, dass das Kind nach dem Lord Schatzmeister Robin getauft wurde; es heisst Samuel nach dem Vater. Mein Bruder Ormond schickte mir heute einige Schokoladen. Ich wollte, Sie hätten Ihren Anteil davon; man sagt, sie werden mir gut tun, und ich denke sie morgens zu trinken. Unsre Gesellschaft tritt am nächsten Donnerstag zusammen, da jetzt die Königin in der Stadt ist; Lord Schatzmeister versichert mir, dass die Gesellschaft zur Vereinigung der Sprache bald gegründet werden soll. Ich habe heute zehn Schilling an Diener verschenkt. Was für ein Aufruhr herrscht hier um Ihre Gesellschaft und Ihre Besuche! Reizende Gesellschaft zweifellos; ich habe keine Gesellschaft und wünsche mir keine. Ich gehe nie mehr ins Kaffeehaus oder in die Taverne, und seit ich Windsor verlassen habe, habe ich keine Karte mehr angerührt. Ich mache wenig Besuche und gehe auf keine Levers; die einzige Ausschweifung ist die, dass ich spät bleibe, wo ich esse, wenn mir die Gesellschaft gefällt. Die Herzogin Shrewsbury und Hamilton und mehrere andre habe ich fast fallen lassen. Lord Schatzmeister, der Herzog von Ormond und Lady Orkney, das sind alle, die ich sehr oft sehe. O, ja, und Lady Masham und Lady Bolingbrooke und ein oder zwei private Freunde. Ich spiele nur noch bei Hofe eine Rolle, und dort wende ich mich oft absichtlich von einem Lord zum geringsten meiner Bekannten, und ich gehe Sonntags gern dorthin, um mir die Welt anzusehn. Aber die Wahrheit zu sagen, so werde ich des Ganzen müde. Mir missfallen im Gang der öffentlichen Angelegenheiten Millionen von Dinge; und wenn ich noch viel länger hier bliebe, so bin ich überzeugt, dass ich mich mit Bemühungen, sie zu bessern, zugrunde richten würde. Jeden Tag lasse ich mich in Pläne hineinlocken, aber ich finde keine, deren Erfolg wahrscheinlich wäre. Es ist unmöglich, die Leute gegen ihren eignen Willen zu retten, und ich habe mich schon zuviel mit Flickarbeit abgegeben. Verstehn Sie all dies Zeug? Nein. Nun gut, Sie sind jetzt zu Ihrem Ombre und zum Dechanten und zu Weihnachten zurückgekehrt; ich wünsche Ihnen ein recht fröhliches; und bitte, verlieren Sie Ihr Geld nicht und spielen Sie nicht Watt. Welch's Spiel. Nacht, Burschen, fubbedoll spät, ich will lapidehn; ich tan nicht dut lapi, und deshalb trinke ich nach Tisch nie mehr Kaffee oder Tee, aber modens, da möchte ich immer dern lapi. Das machen die Zeit und die Jahre. Nacht, liebe Burschen.

13. Morgens. Ich bin morgens immer so sehr schläfrig, dass mein Diener mich mehr als zehnmal wecken muss; und jetzt kann ich Ihnen von heute keinerlei Neuigkeiten erzählen. (Hier schreit ein rastloser Hund Kohl und Wirsing aus; der plagt mich jeden Morgen um diese Zeit; jetzt ist er wieder dabei. Ich wollte, ihm stäke sein grösster Weisskohl im Hals.) Ich wohne gegenüber dem Haus in Little Rider Street, in dem DD gewohnt hat. Entsinnen Sie sich nicht, Madame? Heute abend muss ich den Abbé Gautier aufsuchen, um Einzelheiten für meine Geschichte in Erfahrung zu bringen. Er wurde von Frankreich zuerst für die Friedensunterhandlungen benutzt, und ich habe in diesem Monat noch keine Zeit gehabt, ihn aufzusuchen. Auch ist er nur ein Gelbschnabel. Eben hat Lady Orkney geschickt, um mich zum Essen einzuladen; sie hat mir den Schlafrock fürs Bett nicht geschenkt; ausserdem bin ich sehr davon abgekommen, im Bett zu schreiben, obwohl ich es in diesem Augenblick tue; aber ich warte nur, bis mein Feuer brennt. Mein Rost ist sehr breit; zwei Scheffel Kohlen die Woche; aber ich spare es an der Wohnung. Lord Abercorn ist nach London gekommen und wird mich plagen; und dabei kann ich ihm nicht helfen. Der Herzog von Shrewsbury geht in ein oder zwei Tagen nach Frankreich; vielleicht auch schon heute. Wir werden sehr bald Frieden haben; die Holländer sind fast ganz einverstanden, und wenn sie nicht wollen, so schliessen wir ihn ohne sie; das ist schon lange beschlossen. Ein gewisser Squire Jones, eine Halunke aus meinem Kirchspiel, hat an mich geschrieben und mich gebeten, ich möchte Joe Beaumont dazu bringen, dass er ihm für die Wahl als Parlamentsmitglied seinen Einfluss zur Verfügung stelle; bitte, sagen Sie Joe das; und wenn er bereits die Absicht hatte, für ihn zu stimmen, so mag er Jones sagen, ich hätte seinen Brief erhalten und Joe geschrieben, er möchte es tun. Wenn er sich aber für einen andern verpflichtet hat, so mag er tun, was er will; und Parvisol mag sagen, er hätte mit Joe gesprochen, aber Joe sei schon versagt usw. Ich habe jüngst von Jor drei Paar feiner Zwirnstrümpfe erhalten. Bitte, danken Sie ihm, wenn Sie ihn sehn; und ich hätte gesagt, sie wären fein und gut. (Ich habe sie freilich noch nicht einmal angesehn, aber das tut nichts.) Es ist ein schöner Tag. Bei dem Schillingswetter ruinieren mich Wagen und Sänften. Ich muss um elf Lord Ormond aufsuchen, und dann die Herzogin von Hamilton, bei der ich, wie ich fürchte, in Ungnade bin, da ich sie seit zehn Tagen nicht mehr gesehn habe. Ich schicke dies heute ab und muss es jetzt beenden; und vielleicht werden noch Leute kommen und mich hindern, denn es ist zehn Uhr (aber kein Rasiertag), und um elf Uhr muss ich unterwegs sein. Abbé Gautier schickt mir Bescheid, dass ich ihn heute abend nicht sprechen kann; die Pest soll ihn holen! Mir liegt nur an einem einzigen Brief von Petecum, den er besitzt und der die Halunkerei der Holländer zeigt. Hat das Verhalten der Verbündeten Sie nicht zu grossen Politikern gemacht? Wahrhaftig, ich glaube, Sie sind nicht ganz so unwissend, wie ich glaubte. Ich freue mich, zu hören, dass Sie auf dem Lande soviel spazieren gegangen sind. Liest DD Ihnen mitunter vor, junge Frau? O, wahrhaftig! Ich werde seltsame Geschichten finden, wenn ich nach Hause komme! Jetzt kommt einer, den ich empfangen muss, und der eine kleine Stellung haben will; der Sohn der ältesten Tochter Vetter Rookes, die vor vielen Jahren gestorben ist. Er ist da. Leben Sie wohl, liebste MD MD MD ME ME ME FW FW FW lala.


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