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Brief LIII.

London, den 9. Oktober 1712.

Ich habe Windsor vor zehn Tagen verlassen und stecke tief in Pillen aus stinkendem Asand und in einem bittern Stahlwasser; ich merke, dass es meinem Kopf viel besser geht. Ich fühlte mich stark entmutigt; denn ich war immer drei oder vier Tage hintereinander krank und taumelte, wenn ich gehn wollte. Ich nehme acht Pillen täglich, und ich glaube, ich habe schon hundertundfünfzig genommen. Die Königin, Lord Schatzmeister, Lady Masham und ich waren alle zugleich krank, aber jetzt ist uns allen besser; nur Lady Masham erwartet von Tag zu Tag in Kensington ihre Entbindung. Nie lief in der Stadt ein solcher Haufen von Lügen um wie jetzt. Ich zweifle nicht daran, dass Sie sie in Dublin hören werden, ehe dieser Brief Sie erreicht, und alle haben sie nicht den geringsten Untergrund der Wahrheit. Ich bin durch meine Krankheit in etwas, was ich schreibe, sehr zurückgeblieben, hoffe aber, es wieder einzuholen, so dass ich fertig werde, bis das Parlament zusammentritt. Lord Schatzmeister hat einen scheusslichen Anfall von Rheumatismus gehabt, ist aber jetzt wieder fast ganz wohl. Ich habe neulich abends mit ihm und seiner Familie Einunddreissig gespielt. Er gab uns allen zu Anfang je einen Schilling; das erinnerte mich an Sir William Temple. Ich habe sowohl ihn, wie Lady Masham, ernstlich gefragt, ob die Königin zur Wassersucht neigt? Und sie haben mir fest versichert, sie täte es nicht; dasselbe sagt der Arzt Arbuthnot, der immer um sie ist. Und doch haben diese Teufel ausgesprengt, sie hätte Löcher in den Beinen und Geschwüre am Nabel, und ich weiss nicht was alles. Arbuthnot hat mir aus Windsor eine hübsche Abhandlung über die Lüge geschickt, und ich habe dem Drucker geschrieben, er soll sie abholen. Es ist ein Vorschlag, eine merkwürdige Schrift zu veröffentlichen, die den Titel führt: Die Kunst der politischen Lüge, in zwei Bänden usw. Es wird ein Auszug aus dem ersten Band gegeben, genau wie jene Broschüren, die man »die Werke der Gelehrten« nennt. Bitte, verschaffen Sie sie sich, wenn sie herauskommt. Die Königin hat ein wenig Gicht in der einen Hand. Ich glaube, sie wird noch einen Monat in Windsor bleiben. Lord Schatzmeister zeigte mir den liebenswürdigsten Brief der Welt, den sie ihm geschrieben hat; ich habe ein Geheimnis daraus aufgelesen, dass nämlich bald ein paar Ritter des Hosenbandordens ernannt werden sollen. Sie wissen, einer ist durch Lord Godolphiens Tod gefallen; er wird in ein oder zwei Tagen in der Westminster-Abtei begraben werden. Tom Leigh habe ich in der Stadt einmal gesehn. Der Bischof von Clogher hat seine Wohnung für den ganzen Winter genommen; es geht ihnen allen gut. Ich höre, es sind sehr viele Iren in der Stadt; wenigstens ein halb Dutzend Bischöfe. Der arme, alte Bischof von London, der über achtzig ist, ist auf der Treppe, als er hinaufging, hintenübergestürzt und hat sich, glaube ich, einen Schädelbruch oder eine Gehirnerschütterung geholt; jetzt aber ist er in der Besserung. Die Stadt ist so leer wie im Hochsommer; und wenn ich nicht in der Kur wäre, so wäre ich auch noch in Windsor. Habe ich Ihnen von Lord Rivers Testament erzählt? Er hat etwa zwanzig schäbigen Huren Legate hinterlassen, und nennt sie beim Namen, und kein Freund, kein Diener, und kein Verwandter hat einen Heller erhalten; seinem einzigen Kind, Lady Barrymore, hat er das Vermögen ihrer Mutter genommen, und das ganze seinem männlichen Erben, einem papistischen Priester und entfernten Vetter, hinterlassen; er ist jetzt Graf Rivers, obwohl er ihn in seinem Leben behandelte, wie einen Lakaien. Als Nacherben hat er seine Oberhure und seinen Bastard eingesetzt. Lord Schatzmeister und Lord Oberhofmarschall sind die Vollstrecker seines hoffnungsvollen Testamentes. Ich habe den Mann geliebt und verabscheue sein Gedächtnis. Wir hören noch nichts von einem Frieden; ich glaube wahrhaftig, die Holländer sind so eigensinnig, weil sie hören, dass die Königin nicht mehr lange leben werde. Den Brief der armen MD, Nummer 32, habe ich in Windsor erhalten; aber ich konnte ihn damals nicht beantworten; der arme Pdfr war sehr krank, und ausserdem war es sehr unbequem, von dort aus zu schreiben. Sie wollten noch am selben Tage wieder nach Hause kommen, und blieben dann einen Monat; was beweist, dass der Ort angenehm war. Ein solcher Ausflug würde mir auch gefallen. Ist der Bursche Swanton ein wenig stetiger geworden? Ich sehe, das Mädchen gefällt Ihnen sehr gut. Ich denke mir, sie hat ihr würdiges Gehabe abgelegt. Ich höre eben, Lord Godolphien sei gestern abend begraben worden. O, arme Ppt, legen Sie den Kopf wieder nieder; wahrhaftig, ich denke immer, wenn Sie krank sind, so werde ich davon hören, und wenn Sie also schweigen, so denke ich, das alles gut ist. Ich glaube, ich bin dem neuen Fieber entgangen, und zwar aus demselben Grunde wie Ppt, nämlich, weil mir nicht wohl ist; aber weshalb sollte DD ihm entgehn, bitte? Sie ist gesund, wissen Sie, und sollte das Fieber bekommen; aber ich hoffe, es ist jetzt zu spät, und es wird nicht mehr eintreten. Einige Ärzte reden hier sehr melancholisch und meinen, es sei ein Vorläufer der Pest, die jetzt in Hamburg ist. Ich hoffte, Ppt wäre mit ihrer Krankheit fertig; aber ich glaube, wir haben beide die Eigentümlichkeit, dass wir uns nie von einem Leiden trennen; wir sind sehr treu. Meine Schwindelanfälle habe ich jetzt von Zeit zu Zeit seit dreiundzwanzig Jahren gehabt. Wird Frau Raymond niemals mit dem Gebären fertig? Er hat die Absicht, eine genügende Anzahl von Bettlern zu hinterlassen; denn ich kann wohl sagen, dass er den grössern Teil seines Vermögens schon vergeudet hat, und schuldenfrei ist er auch noch nicht. Ich habe kürzlich einen Brief von ihm gehabt.

11. Oktober. Gestern und vorgestern schickte Lord Schatzmeister nach mir, damit ich zu ihm käme, denn ihm ist nicht ganz wohl genug, um auszugehn; und so konnte ich meinen Brief nicht beenden. Wie zum Henker kam ich dazu, mit ME's Geld so genau zu sein? Genau siebzehn Schilling und acht Pence mehr, als fällig waren; ich glaube, Sie betrügen mich. Wenn Hawkshaw die Zinsen nicht bezahlt, so will ich das Kapital haben; bitte, sprechen Sie mit Parvisol und holen Sie seinen Rat ein, was ich dabei tun soll. Empfehlung für Frau Stoyte und Katharina und Frau Walls. Ppt schickt mit vielen Entschuldigungen eine Petition. John Danvers, wissen Sie, ist Lady Gifforts Freund. Von den andern habe ich noch nie gehört. Ich will Ihnen etwas sagen, wie die Dinge gegenwärtig liegen, kann ich unmöglich für irgend jemand mit dem Schatzmeister reden. Mehr brauche ich Ihnen nicht zu sagen. In meinen eignen Angelegenheiten wird etwas oder nichts geschehn; wenn etwas, so will ich für Ihre Schwester vermitteln; wenn nichts, so bin ich für ewig mit allen Höfen fertig. Wenn man mich gut behandelt, so werden mir oft Gelegenheiten in den Weg kommen, und dann will ich das zu meiner Aufgabe machen. Es ist meine ganze Freude, für Leute, die es nötig haben, und es verdienen Gutes zu tun; und es ist eine zehnfache Freude, es für einen Verwandten von Ppt zu tun, dessen Angelegenheiten ihr so sehr am Herzen hegen. Ich habe mir seinen Namen und seine Sache notiert (nicht ihre Sache); und sobald sich die Zeit bietet, will ich tun, was ich kann; das genügt, wenn ich nicht mehr tun kann; und ich bitte Sie tausendmal um Entschuldigung, dass ich nichts Bessres tun kann. Ich hoffe, der Dechant von St. Patrick ist von seinem Fieber genesen; er hat mir niemals geschrieben; ich freue mich darüber, bitte, sagen Sie ihm nicht, dass er schreiben soll. Ich habe Ihre Anweisung voraus datiert, junge Frauen, weil sie erst am nächsten 1. November beginnen darf. O, wahrhaftig, ich muss vorsichtig sein; ja, gewiss, das muss ich; sonst wird ME Pdfr betrügen. Sind Sie haushälterisch und lesen Sie? Gehn Sie spazieren? Dass Sie spielen, weiss ich. Trinken Sie? ... Sie? O Dott, o Dott, mehr darf ich nicht sagen, sonst mache ich die feinen Damen böse. Parvisol hat mir kein Wort darüber geschrieben, wie er die diesjährigen Zehnten angesetzt hat. Bitte, fragen Sie ihn, ob die Zehnten dieses Jahr gut oder schlecht stehn. Bischof von Killala sagt mir, die Wolle stehe in Irland gut im Preise; aber wie ist es mit dem Korn? Ich habe gestern bei Lady Orkney gegessen, und wir haben von zwei bis elf Uhr allein beisammen gesessen. Sie haben von ihr gehört, vermute ich. Ich habe zwanzig Briefe auf dem Hals und bin so träge und so beschäftigt, dass ich sie nicht beantworten kann, und seit mehreren Monaten häufen sie sich unablässig. Habe ich Äpfel in Laracor? Es ist doch merkwürdig, dass sie jedes Jahr brandig werden, während ich doch so sehr für Schutz gesorgt habe. Lord Bolingbroke sitzt seit 14 Tagen müssig in seinem Landhaus, und das bringt mich in einer Arbeit, die ich vorhabe, zurück. Ich bin in ein gewöhnliches Zimmer zwei Treppen hoch gezogen, und sehe niemanden, wenn ich es vermeiden kann; und doch haben mich ein paar Gelbschnäbel gefunden; mein Diener ist kein solcher Künstler im Verleugnen, wie Patrick. Patrick hat gebeten, wieder kommen zu dürfen, aber vergeblich. Der Drucker war hier, mit einigen der neuen Grillen, die gedruckt sind, und er hat mir meine Zeit genommen. Ich will gerade ausgehn, und kann Ihnen nur noch Lebewohl sagen. Leben Sie wohl, liebste kleine MD, MD, MD, MD, FW, FW, FW, FW, ME, ME, ME, ME. Lala liebe ME, lala, lala, lala, beide Burschen.


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