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Brief LII.

Windsor, den 15. September 1712.

Nie habe ich solange nicht an MD geschrieben wie jetzt, nie, seit ich sie verlassen habe; und so lange ich imstande bin, zu schreiben, werde ich es auch nie wieder tun. Ich habe von einer Woche auf die andre erwartet, dass in meinen eignen Angelegenheiten etwas geschehn würde; aber es ist nichts geschehn; und ich weiss auch nicht, wann es dazu kommen wird und ob überhaupt, so langsam sind die Leute, wenn es gilt, eine Gunst zu erweisen. Ich bin letzthin vielfach nicht wohl gewesen; der alte Schwindel in meinem Kopf. Vor zwei Tagen habe ich ein Brechmittel dagegen eingenommen; und in ein oder zwei Tagen will ich es wiederholen. Ich habe sehr wenig Obst gegessen, und werde es in Zukunft völlig meiden. Ich bin mit einer langen Arbeit beschäftigt und habe an ihr getan, was ich kann; jetzt erwarte ich von den Ministern ein paar Papiere mit dem Material für den Rest; sie halten mich hin, als bäte ich sie um eine Gunst; so bin ich denn seit einer Weile schon müssig gewesen; und es traf sich zur rechten Zeit, als mir zu wenig wohl war, als dass ich hätte arbeiten können. Tausend unberechenbare Dinge in den öffentlichen Geschäften reissen einen fortwährend aus der Stimmung; und wenn ich mit ein paar Freunden rede, so können wir nicht begreifen, wie die Dinge so weitergehn sollen. Gott allein weiss es, aber es ist ein sehr melancholisches Thema für die, die eng daran beteiligt sind. Ich bemühe mich, wie im letzten Jahr, von neuem, die Leute daran zu hindern, dass sie an tausend Missverständnissen auseinander brechen. Man kann sie nicht davon abhalten, dass sie verschiedene Wege gehn, während der Feind sie belauert, um sie beide zu vernichten. Sehn Sie nur, wie sich mein Stil dadurch verändert hat, dass ich statt an meinem Kanal, auf meinem Flusspfad und bei meinen Weiden, unter diesen Leuten lebe und denke und schwätze. Ich verliere hier all mein Geld an die Damen, so dass ich, da ich des Verlustes sicher bin, wenn ich es vermeiden kann, niemals mehr spiele. Ich habe in den fünf Wochen, seit ich hier bin, fünf Pfund verloren; ich hoffe, Ppt ist glücklicher beim Picquet mit dem Dechanten und Frau Walls. Der Dechant hat aber meinen Brief immer noch nicht beantwortet. Ich habe vollständig vergessen, ob ich in einem meiner letzten Briefe für ME eine Anweisung geschickt habe. Ich glaube doch; bitte, lassen Sie es mich wissen und schicken Sie mir stets rechtzeitig Bescheid. Ich warte hier nur noch ab, was man für mich tun wird; und so wie ich bei einer Verleihung übergangen werde, komme ich hinüber, so wahr ich hoffe, selig zu werden.

18. Ich habe heute ein Brechmittel genommen und hoffe, mir wird besser werden. Mir ist sehr schwindlig gewesen, seit ich obiges geschrieben habe; aber nicht wie sonst; häufiger, aber nicht so heftig. Gestern wurden wir durch eine Unpässlichkeit der Königin in Schrecken versetzt; sie hatte einen Fieberanfall; und solche Gesichter wie unsre, solche düstere Melancholie haben Sie noch nie gesehn. Man liess ihre Ärzte aus der Stadt holen; aber gegen Abend wurde ihr besser; heute blieb ihr Anfall aus, und sie stand auf; wir sind jetzt nicht mehr in Angst; schlimmstenfalls wird es ein Wechselfieber; und wir hoffen, dass selbst das nicht wiederkehrt. Lord Schatzmeister wollte nicht aus London herüberkommen, weil es Aufsehn erregen würde, wenn er vor seiner gewohnten Zeit, Samstags käme; Montags kehrt er in der Regel wieder. Die Whigs haben im Grafen von Godolphien Siehe Band I Einleitung zum Appendix.N1 eine grosse Stütze verloren. Es ist ein guter Scherz, wenn man jetzt hört, wie menschlich und mitleidsvoll die Minister von ihm reden, seit er tot ist, und ihnen nichts mehr schaden kann. Lady Orkney, die Maitresse des verstorbenen Königs (sie lebt in einem schönen Hause fünf Meilen von hier namens Cliffden) und ich, haben eine sehr vertraute Bekanntschaft geschlossen. Sie ist die gescheiteste Frau, die ich je gesehn habe; und Lord Schatzmeister hat bei dem letzten Wechsel der Dinge von ihrem Rat viel Gebrauch gemacht. Ich hörte, Lord Marlborough erkrankte wieder an seiner Diabethes; wenn es wahr ist, so kann sie ihn bald befördern; und dann hat das Ministerium etwas mehr Ruhe. MD hat lange nicht mehr an Pdfr geschrieben, obgleich sie nicht denselben Anlass hat; es sind sieben Wochen her, seit ich Ihren letzten in der Hand hielt; es war Nummer 32, damit Sie sich nicht irren. Ich hoffe, Ppt hat sich nicht schlecht befunden. Sie tranken Wasser. Der Doktor sagt mir, ich muss eine Stahlkur durchmachen, obgleich ich nicht an der Milz leide; dazu werden sie mich niemals bringen, obgleich ich soviel Anlass dazu habe, wie nur irgend einer. Bernages Regiment ist aufgelöst worden; aber er bezieht seinen Halbsold. Ich habe ihn seit langem nicht mehr gesehn; aber ich vermute, er ist von Melancholie überwältigt. Lord Shrewsbury ist sicherlich zum Lord Statthalter von Irland bestimmt; und ich glaube, die Herzogin wird den Leuten dort sehr gefallen. Die Führer der irischen Whigs versprechen sich von dieser Regierung grosse Dinge; aber wenn möglich, soll dafür gesorgt werden, sie zu hindern. Frau Fenton Swifts Schwester. hat mir geschrieben, dass sie gezwungen war, wegen eines Rheumatismus Lady Giffard zu verlassen, und in die Stadt zu gehn; diese Lady hebt es nicht, mit kranken Leuten geplagt zu werden. Sie hat sich zu Frau Povey zurückgezogen. Lebt meine Tante noch? Und sehn Sie sie jemals? Ich denke mir, sie hat den Verlust ihres Sohnes vergessen. Ist Raymonds neues Haus ganz fertig? Und verschwendet er immer noch sein Geld wie früher? Hat er das Vermögen seiner Frau jetzt ganz vergeudet? Ich höre, fünf oder sechs Leute bemühen sich sehr um meine Beförderung; Gott helfe ihnen! Aber wenn mir der Hof jemals etwas geben sollte, so würde ich Raymond dem Herzog von Ormond empfehlen; nicht aus besondrer Freundschaft, sondern einzig, weil es passend wäre, dass der Pfarrer von Trim Laracor erhält. Sie können jetzt die juwelenbesetzte, goldene Schnupftabaksdose behalten; denn mein Bruder Hill, der Gouverneur von Dünkirchen, hat mir die schönste geschickt, die Sie je gesehn haben. Man gibt bei Hofe zu, dass keine Dose in England ihr gleichkommt, obgleich sie nicht mehr als zwanzig Pfund gekostet hat. Die Herzogin von Hamilton hat mir Taschen dafür gemacht, wie Frauentaschen, mit einem Gürtel und einer Schnalle (denn Sie wissen, ich trage im Sommer keine Weste), und sie haben mehrere Abteilungen, und eine eigens für meine Dose, ohoh! Wir haben die ganze Woche hindurch wundervolles Wetter gehabt, aber Übelkeit und Erbrechen haben mich gehindert, es auszukosten. Lady Masham hat die Königin veranlasst, mir aus Kensington ein wenig von ihren Ingwerkonserven holen zu lassen, die ich morgens nehme; ich hoffe, sie werden mir gut tun. Frau Brent hat mir durch einen Jungen Burschen, einen Drucker, einen Brief geschickt und bittet, ich möchte ihn hier empfehlen; Sie können ihr sagen, dass ich das getan habe; aber ich kann nicht versprechen, was danach kommt; denn es ist nötig, dass sie hier einmal frei werden, ehe sie benutzt werden können. Ich entsinne mich, ich hatte den Burschen als Lehrling zu Brent gegeben. Ich hoffe, Parvisol hat meine Zehnten dies Jahr gut angelegt; er hat mir nichts darüber geschrieben; bitte, reden Sie mit ihm, wenn Sie ihn sehn und lassen Sie ihn mir Bericht erstatten, wie die Dinge stehn. Ich vermute, das Korn ist jetzt eingefahren. Ich hoffe, er hat das grosse, hässliche Pferd verkauft. Weshalb verkaufen Sie ihm nicht? Er lässt für Pferde bezahlen, die ich niemals reite; Ihr's ist zu gross und wird nie zu etwas taugen. Die Königin wird hier, denke ich, noch einen Monat länger bleiben; aber Lady Masham wird in zehn Tagen nach Kensington gehn, zu ihrer Entbindung. Das arme Geschöpf! Neulich ist sie hier auf dem Hofe gestürzt. Sie wollte ihn zu Fuss überschreiten, weil sie mit ihren Sänftenträgern Unannehmlichkeiten hatte; und fast wäre sie so kurz vor ihrer Zeit zu Schaden gekommen; aber wir hoffen, dass sie mit einem schwarzen Auge und einer schmerzenden Seite davon kommt; ich freilich werde keine Ruhe haben, bis sie entbunden ist. Ich sehe, ich kann auch ohne Tagebuch, so oder so, noch einen Brief füllen. Wenn ich nicht von Natur heitern Geistes wäre, so wäre ich über tausend Dinge sehr unzufrieden. Ich bete zu Gott, er möge MD's Gesundheit erhalten, und Pdfr's auch, und ich möge dem Neide und der Unzufriedenheit entrinnen, wie sie all jene heimsuchen, von denen man annimmt, sie besässen bei Hofe mehr Einfluss, als sie in Wirklichkeit besitzen. Haben Sie Pdfr lieb, denn er liebt MD über alle Dinge. Leben Sie wohl, Liebste, zehntausendmal liebste MD, MD, MD, FW, FW, ME, ME, ME, ME. Lala, lala, lala, lala.


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