Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Brief XXXVI.

London, den 1. Dezember 1711.

Mein letzter ist heute abend aufgegeben worden. Ich dachte heute bei Herrn Masham zu essen und sprach in Whites Schokoladenhaus vor, um zu sehn, ob er dort wäre. Lord Wharton sah mich an der Tür, und ich sah ihn, nahm aber keine Notiz von ihm und wollte wieder gehn; doch er kam durch das Gedränge herbei, rief mir nach und fragte, wie es mir ginge usw. Das war hübsch; und ich glaube, er wünschte, dass jedes Wort, das er sprach, ein Halfter gewesen wäre, um mich daran aufzuhängen. Masham ass nicht zu Hause; so ass ich denn bei einem Freund in der Nähe. Der Drucker hat mir die zweite Auflage noch nicht geschickt; den Grund weiss ich nicht, denn erschienen ist sie heute sicher; vielleicht ist man ihrer schon überdrüssig. Ich fand einen Brief von Lord Harley auf meinem Tisch; er sagt mir, sein Vater wünsche, dass ich zwei kleine Änderungen machte. Ich will fleissig sein usw.

2. Morgens. Sehn Sie diesen Schnitzer! Nach der obigen Zahl mache ich den Tag zum 37. des Monats. Also ich warte hier auf den alten Frowde, der heute morgen vorsprechen wollte; ich bin fertig angezogen, um in die Kirche zu gehn; ich vermute, er wagt sich nur Sonntags Da sind keine Schalterhaftungen zulässig. hinaus. Heute früh war der Drucker bei mir und sagte, die zweite Auflage sei gestern in fünf Stunden ausverkauft gewesen; er müsse morgen eine dritte Auflage bereit haben, denn er hätte inzwischen schon wieder eine halbe verkaufen können. Seine Leute sind sämtlich an der Arbeit, obwohl Sonntag ist. Dieser alte Narr kommt nicht, und ich werde die Kirche versäumen. Morgen, Burschen. – Abends. Ich war heute bei Hofe; die Königin ist wohlauf, und sie ging durch die Hälfte der Säle. Ich habe bei dem Staatssekretär gegessen und einige Arbeit erledigt. Er sagte mir, der holländische Gesandte habe die Absicht, wegen der Broschüre Klage zu führen. Das Aufsehen, das sie erregt, ist ganz ausserordentlich. Es ist nur richtig, dass sie die Mühe lohnt, die ich mit ihr gehabt habe. Ich denke mir, sie wird auch in Irland gedruckt werden. Einige schreiben sie Prior zu, andre dem Staatssekretär St. John, aber ich bin immer der erste, dem alles zugeschrieben wird. Ich will schlafen gehn usw.

3. Ich habe Patrick befohlen, keinen Burschen zu mir hinaufzulassen, und ein Bursche wollte mich durchaus im Namen des Sir George Prettyman sprechen. Ich hatte noch nie von ihm gehört und wollte den Boten nicht empfangen; schliesslich aber stellte sich heraus, dass dieser Sir George seinen Besitz verkauft hat und jetzt ein Bettler ist. Carrier, der Bote von Farnham, brachte mir heute einen Brief von Ihrer Mutter, der drei Papiere in der Handschrift der Lady Giffard enthielt; eins war eine Schatzkammeranweisung über 100 Pfund für Stella; eine zweite über 100 Pfund, die sie von Ihnen hat und die ich Ihnen für Mariston übermacht habe; und eine dritte über 300 Pfund, diese auf Stempelpapier. Ich denke mir, sie bleiben am besten, bis Lady Giffard stirbt, in guten Händen in England; und ich werde, bevor ich heimkehre, auf jemanden sinnen. Ich habe Smithers nach allen Leuten in Farnham gefragt. Frau White hat ihre Stellung als Kammerfrau aufgegeben; sie leidet an Lähmung und geschwollenen Beinen und geht selten aus; aber ihr Mann, der alte Galgenvogel, ist so rüstig wie nur je. Ich war heute morgen wegen etwas, was er in der Broschüre anders haben wollte, beim Lord Schatzmeister; es ist aber erst in der vierten Auflage möglich, die bald kommen wird, glaube ich; denn ich habe bei dem Drucker gegessen, und er sagt mir, er habe die halbe dritte schon verkauft. Frau Percival und ihre Tochter sind seit drei Wochen in der Stadt, und ich habe erst heute davon gehört; und auch Frau Wesley ist in die Stadt gekommen, um Dr. Radcliffe zu konsultieren. Die Whigs, höre ich, sind entschlossen, die Broschüre im Oberhaus unter Anklage zu stellen, damit sie verurteilt wird. Aber der Drucker will für sie eintreten und den Verfasser nicht nennen; er muss sagen, er habe sie durch die Stadtpost erhalten. Manche Leute reden, als würde das Oberhaus irgend eine ärgerliche Geschichte machen, denn die Whigs haben jetzt eine grosse Majorität, und unsre Minister vernachlässigen dergleichen zu sehr. Ich habe es nie versäumt, sie zu warnen; einige von ihnen sind sich dessen auch bewusst; aber der Lord Schatzmeister steht zu sehr auf seinen eignen Beinen. Ich denke mir, sein Glück wird ihm in allen Dingen treu bleiben; aber eigentlich sollte ich denken, dass dieses Ministerium sehr wenig fest steht; wenn sie einen Friedensschluss durchsetzen, so mögen sie sich halten; sonst, glaube ich, nicht.

4. Herr Staatssekretär schickte heute zu mir, ich möchte allein bei ihm essen; aber es waren noch zwei andre da, was mich daran hinderte, Geschäfte zu erledigen. Ich war heute morgen bei dem jungen Harcourt, dem Sekretär unsrer Gesellschaft, um ein Zimmer für unsre wöchentlichen Versammlungen zu mieten; der Bursche verlangte fünf Guineen wöchentlich, damit wir einmal die Woche dort dinieren dürfen. War das nicht hübsch? Wir haben die Unterhandlungen abgebrochen und sollen nächsten Donnerstag bei Harcourt essen (er ist der Sohn des Lord Siegelbewahrer). Sie haben mehr als die Hälfte der dritten Auflage verkauft, und es erscheinen schon Erwiderungen; der holländische Gesandte lehnte es ab, bei Dr. Davenant zu essen, weil er im Verdacht stand, die Broschüre geschrieben zu haben; ich habe in jeder Auflage Änderungen gemacht, und bisher hat mich das seit dem Druck mehr Mühe gekostet als vorher. Sie wird nach Irland hinübergeschickt, und ich denke mir, dass sie dort nachgedruckt werden wird.

5. Man druckt jetzt die vierte Auflage, was als ganz ausserordentlich gilt, denn es ist ein teures Schillingsbuch, das nicht von der Partei in Mengen zum Austeilen aufgekauft wird, wie es die Whigs machen; sondern es geht ganz auf Grund seiner eignen Kraft. Ich habe einen Schuhputzer angeleitet, damit er wieder einen Examiner schreibt, und der Staatssekretär und ich wollen ihm hin und wieder Ideen schicken; aber wir möchten, dass er ein wenig nach Grub Street riecht, damit er diesen Skribenten gewachsen ist. Ich habe heute um fünf beim Lord Schatzmeister gegessen; er ass nach seiner Familie ganz allein; und er trinkt aus Furcht vor seinem Rheumatismus noch keinen Rotwein wieder, obwohl er fast ganz gesund ist. Er war sehr lustig, wie er es immer ist; und doch denke ich mir, dass ihn die gegenwärtige Lage der Dinge nicht ganz unberührt lässt. Der Gesandte des Kurfürsten von Hannover hat eine heftige Note gegen den Friedensschluss überreicht und drucken lassen. Die Whigs ringen im Oberhaus mit allen Kräften nach einer Majorität für Freitag, und wenn sie können, so wollen sie eine Adresse an die Königin gegen den Friedensschluss durchsetzen. Lord Nottingham, ein berühmter Tory und Redner, ist zu den Whigs übergegangen; man lässt ihn täglich leben, und Lord Wharton sagt: »Finster (so nennen sie ihn nach seiner Miene) wird England schliesslich retten.« Lord Schatzmeister liess eine Andeutung fallen, als wünschte er, dass über ihn eine Ballade gemacht würde, und ich will bis morgen eine aufsetzen. Er gab mir ein pöbelhaftes Flugblatt in schlechten Versen, die ihn unter dem Namen des englischen Catilina verhöhnten; ich musste sie der Gesellschaft vorlesen. Heute war sein Geburtstag, was er niemandem sagen wollte, aber Lord Harley flüsterte es mir zu.

6. Ich war heute morgen mit der Ballade beschäftigt; zwei Stufen über Grub Street; mittags habe ich Frau Masham einen Besuch gemacht und ging dann zum Diner unsrer Gesellschaft. Der arme Lord Siegelbewahrer ass unten, ich vermute, nur ein Stück Hammelbraten. Wir haben zwei Mitglieder gewählt; elf waren beisammen, die grösste Versammlung, die wir je gehabt haben; nächste Woche soll ich Lord Orrery einführen. Ehe wir aufbrachen, kam der Drucker und brachte die Ballade, über die wir ein Dutzend Mal recht herzlich lachten. Er will von der Broschüre in kleinem Format eine fünfte Auflage drucken, die von Freunden abgenommen und aufs Land geschickt werden soll. Eine Sechspence-Antwort ist erschienen, taugt nichts, errät aber unter andern mich als den Verfasser. Morgen ist der verhängnisvolle Tag für den Zusammentritt des Parlaments, und wir sind voller Hoffnungen und Befürchtungen. Wir denken, dass wir im Oberhaus eine Majorität von zehn Stimmen haben werden; und doch konnte ich sehn, dass Frau Masham ein wenig unruhig war; sie versicherte mir, dass die Königin unerschütterlich ist. Der Herzog von Marlborough hat die Königin seit einigen Tagen nicht mehr gesehn; Frau Masham freut sich darüber, denn sie sagt, er erzähle seinen Freunden hundert Lügen über das, was sie zu ihm sage; einen Tag ist er demütig, den andern tanzt er auf dem Seil. Der Herzog von Ormond, sagt man, wird heute nacht um zwölf in der Stadt eintreffen.

7. Da heute der Tag ist, an dem das Parlament zusammentritt und an dem die grosse Frage entschieden wird, so ging ich mit Dr. Freind zum Essen in die Stadt, und zwar eigens, um abseits zu sein; wir schicken unsern Drucker hin, um zu sehn, welches unser Schicksal wäre; aber er erstattete uns einen höchst melancholischen Bericht. Der Graf von Nottingham begann und sprach gegen den Friedensschluss und bat, in die Adresse einen Absatz einzuschieben, in dem sie der Königin den Rat gäben, ohne Spanien keinen Frieden zu schliessen; darüber wurde debattiert, und die Whigs siegten mit sechs Stimmen; und all das ist einzig die Folge der Versäumnis des Lord Schatzmeisters, der nicht rechtzeitig dafür gesorgt hat, all seine Kräfte aufzubieten, obwohl wir alle ihn genügend warnten. Nottingham ist sicherlich bestochen worden. Die Sache ist bis jetzt nur erst in einer aus dem ganzen Hause bestehenden Kommission durchgegangen, und wir hoffen, wenn sie morgen vor das Haus selber kommt, dass wir da eine Majorität haben, weil einige schottische Lords in die Stadt kommen. Immerhin ist es für den Schatzmeister ein gewaltiger Schlag und eine Einbusse an seinem Ruf, der zu seinem Sturz führen kann. Ich höre die Sache nur so, wie der Drucker sie uns brachte, denn er war bei der Debatte zugegen; wie aber die Minister sie aufnehmen und welches ihre Hoffnungen oder Befürchtungen sind, das kann ich nicht eher sagen, als bis ich sie gesehn habe. Ich werde morgen in der Frühe zum Staatssekretär gehn, und dann will ich Ihnen mehr sagen; und morgen werde ich auch dem Bischof von Clogher ausführlich Bericht erstatten, und wenn ich Zeit habe, auch dem Erzbischof von Dublin. Ich bin augenblicklich mutlos. Ich sehne mich danach, zu erfahren, wie Lord Schatzmeister dies aufnehmen wird und welches Auskunftsmittel er bereit hat. Der Herzog von Ormond ist heute in die Stadt gekommen und war dort.

8. Ich war heute morgen in der Frühe beim Staatssekretär und habe die Geschichte mit ihm besprochen. Er hoffte, wenn die Sache heute im Oberhaus referiert würde, würde es andrer Meinung sein als seine Kommission, und so würden sie mit einer kleinen Einbusse des Lord Schatzmeisters an seinem Ruf davonkommen. Ich ass bei Dr. Cockburn, und nach dem Essen kam ein schottisches Parlamentsmitglied; das sagte uns, der Absatz sei gegen das Ministerium mit fast zwei Stimmen gegen eine angenommen worden. Ich ging auf der Stelle zu Frau Masham, und da ich Dr. Arbuthnot begegnete (dem Lieblingsarzt der Königin), so gingen wir zusammen. Sie kam eben von der Königin, der sie bei ihrem Diner aufgewartet hatte, und wollte an ihr eignes gehn. Sie hatte noch nichts davon gehört, dass die Sache wider uns entschieden worden war. Es scheint, als sei der Lord Schatzmeister so nachlässig gewesen, dass er zu der Königin ging, als im Oberhaus die Frage gestellt wurde. Ich sagte Frau Masham auf der Stelle, entweder hätten sie und der Lord Schatzmeister sich mit der Königin verbündet, um uns zu verraten, oder sie wären beide von der Königin verraten worden; sie beteuerte feierlich, jenes sei nicht der Fall, und ich glaubte es ihr; aber sie liess einige Andeutungen fallen, die mir den Argwohn eingeben, dass die Königin ihren Sinn geändert hat. Denn als die Königin gestern das Haus verliess, wo sie der Debatte zugehört hatte, fragte sie der Herzog von Shrewsbury, der Kammerherr, ob er oder der Oberhofmarschall Lindsay sie hinausgeleiten sollte. »Keiner von Ihnen«, erwiderte sie, und reichte dem Herzog von Somerset die Hand, der im Hause lauter als irgend jemand sonst, für den Absatz gegen den Friedensschluss gesprochen hatte. Sie gab mir noch ein oder zwei ähnliche Indizien an, die mich überzeugen, dass die Königin falsch ist oder mindestens sehr schwankt. Herr Masham bat uns, zu bleiben, weil der Lord Schatzmeister kommen würde, und wir waren entschlossen, wegen seiner Nachlässigkeit in der Sorge für eine Majorität über ihn herzufallen. Er kam und schien wie immer gut gelaunt, aber mir war, als sei sein Ausdruck sehr niedergeschlagen. Ich zog ihn auf und sagte ihm, er solle mir seinen Stab geben, was er auch tat; ich sagte ihm, wenn er ihn mir auf eine Woche verschaffen wolle, so würde ich alles in Ordnung bringen; er fragte, wie? Ich erwiderte, ich würde auf der Stelle Lord Marlborough, seine beiden Töchter, den Herzog und die Herzogin von Somerset und Lord Chomondely all ihrer Ämter entheben; und ich glaube, er habe keinen Freund, der nicht der gleichen Ansicht wäre. Arbuthnot fragte, wie es käme, dass er nicht für eine Majorität gesorgt habe. Er konnte nichts erwidern, als dass es nicht seine Schuld sei, wenn die Leute lögen und meineidig würden. Eine erbärmliche Antwort für einen grossen Minister. Ihm entschlüpfte ein Ausdruck der Schrift: »Unerforschlich sind die Herzen der Könige«. Ich sagte ihm, eben das fürchte ich, und aus seinem Munde sei es die schlimmste Nachricht, die er mir geben könnte. Ich bat ihn, mich wissen zu lassen, woran er sich noch halten könne; er zögerte ein wenig; aber schliesslich sagte er, ich solle keine Furcht haben; es würde noch alles gut werden. Wir wollten ihn dazu bringen, dass er mit uns ein wenig ässe, aber er wollte nach Hause, es war nach sechs; ich musste ihn begleiten. Bei ihm fanden wir seinen Bruder und den Staatssekretär. Er liess von seinem Sohn eine Liste all der Mitglieder des Unterhauses aufstellen, die Ämter haben, und doch gegen das Ministerium stimmen würden; es sah aus, als sollten sie ihre Stellungen verlieren; ich fürchte, er ist nicht imstande, das durchzusetzen. Lord Siegelbewahrer kam auch auf eine Stunde; dann gingen sie in Geschäften fort. Ich verliess ihn und kehrte zu Frau Masham zurück; sie hatte Besuch, und ich wollte nicht bleiben. – Dies ist ein langer Tagesbericht und zwar über einen Tag, der vielleicht grosse Änderungen bringt und an dem Englands Verderben auf dem Spiel steht. Die Whigs sind in hellem Triumph; sie hatten prophezeit, wie es kommen würde, aber wir hielten es für Prahlerei. Ja, sie sagten, das Parlament würde noch vor Weihnachten aufgelöst, und vielleicht wird es das. Das ist das Werk Ihrer verdammten Herzogin von Somerset. Ich habe sie vor neun Monaten davor gewarnt, und seither wohl hundertmal; der Staatssekretär hat es immer befürchtet. Ich habe dem Lord Schatzmeister gesagt, ich würde etwas vor ihm voraus haben, denn er würde den Kopf verlieren, und ich würde nur gehängt und nähme also meinen Leib ungeteilt mit ins Grab.

9. Ich war heute morgen beim Staatssekretär; wir sind beide der Meinung, dass die Königin falsch ist. Ich sagte ihm, was ich gehört hatte, und er bestätigte es durch weitere Einzelheiten. Dann ging ich zu meinem Freund Lewis, der zu mir geschickt hatte, er möchte mich sehen. Er spricht von nichts mehr, als davon, sich auf sein Gut in Wales zurückzuziehn. Er gab mir Grund zu dem Glauben, dass die ganze Geschichte zwischen der Königin und den Whigs abgekartet ist; er hört, Lord Somers soll Schatzmeister werden und glaubt, ehe sie die Herzogin von Somerset entlasse, werde sie das Parlament auflösen, um ein whiggistisches zu erhalten, was sich durch die Leitung der Wahl machen lässt. Die Dinge stehn jetzt in der Krisis, und ein oder zwei Tage bringen die Entscheidung. Ich habe ihn gebeten, dem Lord Schatzmeister ein Versprechen abzunehmen, dass er mich, sobald der Ministerwechsel beschlossen ist, als königlichen Sekretär irgendwohin ins Ausland schicken wird, wo ich bleiben kann, bis mich die neuen Minister abberufen; dann will ich auf fünf bis sechs Monate krank werden, bis der Sturm sich ausgetobt hat. Ich hoffe, das wird er mir gewähren; denn ich möchte mich der Gnade meiner Feinde nicht gern anvertrauen, solange ihr Grimm noch frisch ist. Ich habe heute beim Staatssekretär gegessen; er trägt gespielte Heiterkeit zur Schau und scheint zu hoffen, dass noch alles gut wird. Ich nahm ihn nach Tische beiseite und sagte ihm, ich hätte ihnen gedient und keinen Lohn verlangt, aber ich dächte, ich könnte Sicherheit verlangen; dann stellte ich ihm dieselbe Bitte, dass ich nämlich vor einem Ministerwechsel ins Ausland geschickt würde. Er umarmte mich und schwor, er würde für mich sorgen wie für sich selber usw., aber er hiess mich Mut haben, denn in zwei Tagen würde des Lord Schatzmeisters Weisheit grösser dastehn als je; er habe alles, was geschehn sei, absichtlich geschehen lassen, und er hätte Vorkehrungen getroffen, um es zum Vorteil zu wenden. Ich erwiderte: Gott gebe es! Aber ich glaube keine Silbe davon; und soweit ich es beurteilen kann, ist das Spiel verloren. Ich werde bald mehr erfahren, und meine Briefe werden wenigstens eine gute Geschichte bilden, die Ihnen die einzelnen Schritte dieses Ministerwechsels zeigt.

10. Ich war heute morgen bei Lewis, der meint, man werde das Parlament sitzen lassen, bis das Geld bewilligt ist, und es dann im Frühjahr auflösen und das Ministerium sprengen. Er hat mit dem Lord Schatzmeister über das gesprochen, worum ich ihn gebeten hatte. My Lord bat ihn, mir allen Ernstes zu versichern, dass alles gut gehn würde und dass ich nichts zu fürchten hätte. Ich habe mit einem Freund in der Altstadt gegessen. Heute sind die Mitglieder des Unterhauses mit ihrer Adresse zur Königin gegangen, und all die Lords, die für den Frieden sind, schlossen sich ihnen an, um ihren Eifer zu zeigen. Ich habe jetzt ein paar weitere Beweise dafür, dass die Königin falsch ist, und es beginnt auch, bekannt zu werden.

11. Zwischen zwei und drei Uhr ging ich zu Frau Masham; während ich dort war, ging sie in ihr Schlafzimmer, um einen Rock anzuprobieren. Lord Schatzmeister kam, um sie zu sprechen, und als er mich im Vorzimmer sah, begann er mich zu verspotten. »Sie sollten lieber mir Gesellschaft leisten als einem Burschen wie Lewis, der noch nicht einmal die Seele eines Kückens oder das Herz einer Mücke hat.« Dann ging er zu Frau Masham hinein, und als er zurückkam, bat er sie um Erlaubnis, mich zum Essen mitnehmen zu dürfen. Er fragte, ob ich keine Angst davor hätte, mich mit ihm sehen zu lassen. Ich erwiderte, den Lord Schatzmeister hätte ich in meinem Leben noch nicht geschätzt und würde also stets vor Herrn Harley oder vor Lord Oxford die gleiche Achtung haben. Er schien zuversichtlich zu reden, als dächte er, dass all dies sich noch zum Guten wenden würde. Ich konnte mir die Andeutung nicht versagen, dass er der Königin nicht sicher sei, und dass diese Halunken, die hungernden Lords niemals gegen das Ministerium zu stimmen gewagt hätten, wenn Somerset ihnen nicht versichert hätte, dass es der Königin gefallen würde. Er sagte, das sei richtig, und Somerset habe das wirklich getan. Ich blieb bis sechs; dann kam De Buys, der holländische Gesandte, zu ihm, und ich ging. Nach Tisch war Prior eine Weile bei uns. Ich sehe, dass er und sie alle niedergeschlagen sind, obgleich sie sich damit abzufinden suchen.

12. Ford ist in die Stadt gekommen; ich sah ihn gestern abend; er hat keine Angst, sondern ist ganz zuversichtlich, obwohl ich ihm vom Stand der Dinge gesagt habe. Dieser Wechsel gleicht dem letzten so sehr, dass ich immer staune, wie man es nicht bemerken kann Beide Male spielte die Rivalität zweier Kammerfrauen die entscheidende Rolle.. Gestern schickte der Staatssekretär zu mir, ich möchte bei ihm essen, aber ich war ausgegangen; ich hoffe, dass er mir etwas zu sagen hatte. Es ist Morgen, und ich schreibe im Bett. Ich gehe zum Herzog von Ormond, den ich noch nicht gesehn habe. Morgen, Burschen. – Abends. Ich habe heute morgen den Herzog von Ormond besucht; er stellte mir in seiner höflichen Art zwei oder drei Fragen, die sich auf Irland bezogen. Schliesslich sagte ich ihm, seit ich ihn zuletzt gesehn hätte, habe ich nicht ein einziges Mal mehr an irische Angelegenheiten gedacht. Er flüsterte mir zu, er hoffe, ich habe hier einiges Gute getan. Ich sagte, wenn nur jeder die Hälfte davon getan hätte, so ständen wir nicht, wo wir stehn; dann gingen wir beiseite und sprachen über die Geschäfte. Ich sagte ihm, wie alles steht, und riet ihm, was zu tun sei. Dann ging ich und sass noch eine Stunde bei der Herzogin; dann ebenso lange bei Lady Oglethorp, die ein so schlauer Satan ist, dass ich glaube, sie könnte noch einen Ausweg finden, wenn man ihren Rat befolgen wollte. Gegessen habe ich bei Hofe bei einem Freund.

13. Ich war heute morgen bei dem Staatssekretär; er will durchaus reden, als würde alles gut. »Werden Sie es glauben«, fragte er, »wenn Sie diese Leute entlassen sehn?« Ich erwiderte: Ja, wenn ich den Herzog und die Herzogin von Somerset entlassen sähe. Er schwor, wenn sie es nicht bald wären, so wolle er demissionieren. Heute hat unsre Gesellschaft bei Sir William Wyndham gespeist; wir waren dreizehn. Lord Orrery und zwei weitere Mitglieder wurden eingeführt; ich verliess sie um sieben. Ich vergass, Ihnen zu erzählen, dass der Drucker mir gestern sagte, Morphew, der Verleger, sei vor jenen Lord Oberrichter geladen worden, der gegen Sacheverell plädierte; der habe ihm zwei oder drei Flugblätter und Broschüren gezeigt; unter andern auch mein »Verhalten der Verbündeten«; er habe ihm gedroht, gefragt, wer der Verfasser sei, und ihn auf die nächste Sitzung vorgeladen. Er würde dazu nicht die Unverschämtheit besitzen, wenn er nicht voraussähe, was bei Hofe geschehn wird.

14. Heute morgen war Lord Shelburn bei mir, um sich über den Stand der Dinge zu erkundigen; er bat mich, all seine Einwände gegen einen Frieden zu widerlegen; das war schnell getan, denn er liess mir keine Zeit, auch nur ein einziges Wort einzuschieben. Er ist ein Mann von viel Verstand; aber er redet so heftig, dass er sich heut oder morgen die Schwindsucht holen wird. Er bittet, dass ich mich nicht verleugnen lasse, wenn er mich besucht; ich habe es versprochen, werde es aber nicht halten. Leigh und Sterne sind Montag vor einer Woche nach Irland aufgebrochen; ich vermute, dass sie längst bei Ihnen sind. – Ich habe heute abend in sehr schäbiger Gesellschaft sehr guten Wein getrunken; wenigstens einige waren schäbig; ich wurde hineingezogen, werde aber in Zukunft vorsichtiger sein; es ist spät usw.

15. Morgens. Man sagt, die Occasional Bill komme heute vor das Oberhaus; aber ich weiss es nicht. Ich will meinen Brief jetzt schliessen und selbst auf die Post bringen. Dies wird ein denkwürdiger Brief sein, und ich werde seufzen, wenn ich ihn in ein paar Jahren sehe. Dies sind die ersten Schritte zum Verderben eines ausgezeichneten Ministeriums; denn ich sehe sie als bestimmt zu Grunde gerichtet an; und Gott weiss, welches die Folgen sein mögen. – Ich sage jetzt meinen teuersten MD Lebewohl, denn es kommt Gesellschaft, und ich muss mittags im Bureau Lord Dartmouth sein. Leben Sie wohl, teuerste MD. Ich wünsche Ihnen beiden ein fröhliches Weihnachten; ich glaube, Sie werden dies etwa um jene Zeit haben. Behalten Sie Presto lieb, der MD tausendmal über alle Dinge liebt. Leben Sie nochmals wohl, teuerste MD, usw.


 << zurück weiter >>