Johannes Scherr
Michel
Johannes Scherr

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Siebentes Buch

Auf der roten Fluh

Erstes Kapitel

Eine Abschiedsrede Fabians. – Auch eine Art von Patriotismus. – »Ein schöner Stern geht auf«. – Frau Ziegenmilch »enorm fort«. – Der Exdirektor eines Kohlengeschäfts macht dem Autor Beine.

Der Fabian hatte zum Abschied noch zu mir gesagt: »Es ist dem Menschen nicht gut, daß er allein und heimatlos sei. Und dir, lieber Michel, dir ist es gar nicht gut. Du bist nicht gemacht, ein Einsamer und Heimatloser zu sein. Bleibst du beides noch lange, so wirst du ein vertrübter, vergrillter alter Mensch werden. Ich kenne dich. Denk an mich und an das, was ich dir da sagte, und sorge beizeiten, daß du zu mir sagen kannst: Alter Fabiane, siehst du, da bin ich daheim. Dann gehen wir aus der Stube, wo wir beim Mittagstisch saßen, in dein Bücherzimmer hinüber oder hinauf, rauchen zum Kaffee und schwatzen von alten Zeiten. Hierauf kommt deine Frau –«

»Meine Frau?« unterbrach ich den Freund. »Gott tröste dich! Wer sollte meine Frau sein?«

»Wie du nur wieder bist oder tust! Du weißt so gut oder besser als ich, daß, wenn ich dich an der Seite einer Frau denke, nur von einer die Rede sein kann. Den Namen brauch' ich nicht zu nennen, denn, lieber Alter, wenn du jetzt auch ein leidlicher Geschäftsmann sein magst, so praktisch, daß du es bis zum Heuchler gebracht hättest, bist du doch noch nicht geworden. Glaub' mir, ich sehe zur Stunde klarer in deine Sachen hinein als du selbst. Ich habe die Erzählung deiner Erlebnisse, deine zerstreuten Äußerungen und hingeworfenen Blicke summiert. Zwischen dir und der verhätschelten, launischen Tochter Mammons, dieser Julie Kippling, so reizend und verführerisch sie immer sei, konnte sich kein rechtes Verständnis bilden. Der ganzen Anlage deines und ihres Wesens zufolge war das unmöglich. Du bist so geartet, daß nicht die wilde und trübe Lohe der Leidenschaft dein Glück macht – du brauchst Liebe und du weißt, wo du sie findest. Verpasse nicht die beste Zeit! Nach dem, was du mir über die Resultate deiner letzten Geschäftsreise gesagt, darfst du ja kecklich an die Gründung eines eigenen Hausstandes denken. Das ist am Ende doch das Erstrebenswerteste, weil es das Reinmenschlichste ist und ewig sein wird.«

Die Abschiedsworte des Freundes klangen mir nach, als ich nun wieder allein meine Straße zog. Ich mußte ihm in meinen Gedanken immer lauter recht geben.

Die Periode der Kraftgenialität lag hinter mir, Nachdenken und Erfahrung hatten mich gelehrt, daß, wie schön auch Weltverbesserungsträume der Jugend stehen mögen, der gereiftere Mann, dessen Talente und Stellung ihn nicht befähigen, in die großen Geschicke tätig einzugreifen, sich bescheiden muß, in beschränkterer Sphäre das Tüchtige zu wollen und das Rechte zu tun, sich selbst und den Seinigen zu Glück und Freude. Nur wenige, sehr wenige können Helden der Menschheit sein, aber viele, alle vermögen, jeder in seiner Art, ein tüchtiges Glied der unendlichen Kette zu sein, welche die Gesellschaft ausmacht. Im Egoismus, und wäre es auch der Egoismus der Familie, zu verknöchern, ist freilich Philisterei. Aber in sich selbst und seiner Familie die Anlagen und Tugenden seines Volkes zur Entwickelung, die nationale Bildung zur Erscheinung zu bringen, und so, selbst aus dem kleinsten Kreise heraus, nach Gelegenheit und Kräften für das allgemeine Beste zu wirken, das ist auch Patriotismus und zwar, scheint mir, ein besserer und befruchtenderer als jener, welcher in den Zeitungen Phrasen und auf der Rednerbühne Gesten macht. Uns Deutschen vollends ist, glaube ich, dieser Patriotismus der angemessenste. Denn mag man es auch beklagen, es ist nun einmal doch so: wir haben zwar zeitweilig und, wenn es sein muß, vollständig das Zeug dazu, die heldische Seite der Geschichte zu vertreten und zu entwickeln; aber doch ist es unser eigenster Beruf, die humane zu pflegen. Und wir dürfen fürwahr uns rühmen, daß wir hierfür schon Großes und Größtes getan. Die Deutschen sind die menschlichsten Menschen, und was humane Freiheit sei, nur wir wissen und schätzen es. Wenn wir, wie ich in jeder Fiber meiner Seele hoffe, einmal dazu gelangen, ein in sich geschlossener und festgefügter Nationalstaat zu sein, wenn Deutschland, das erste Kulturland Europas, auch dessen erste Großmacht sein wird, dann wird und mag der Schatz von Humanität, welchen der Genius unserer großen Denker und Dichter und die stillgeduldige und rastlose Arbeit unseres Volkes durch die Jahrhunderte herab mitsammen angehäuft haben, in alle Welt hinausgetragen werden und in größerer Fülle und Mächtigkeit, als jetzt schon geschehen und geschieht, der ganzen Menschheit zugute kommen.

In diesem Gedankengange lag für mich viel Klärung und Beruhigung. Selbst die Sehnsucht nach Isolde, welche Fabians Rede in mir wachgerufen, hatte nichts von der ungestümen Hast und dem wilden Verlangen, welche die Nähe von Julie Kippling, und der Umgang mit ihr in mir aufgestürmt hatten. In dem Maße, in welchem Zeit und Entfernung den Glanz der berauschenden Stanhopea verblassen ließen, ging der keusche Stern meiner Jugend leuchtender und verheißungsvoller mir in der Seele auf. Er sollte jetzt nicht mehr hinter der »wilden, trüben Lohe der Leidenschaft« verschwinden; ich fühlte es wohl.

Und sein Leuchten war so groß und schön, daß es mich viel Selbstüberwindung kostete, nicht von meinem Wege nach Süden abzuweichen, als ich drüben in der Ferne die Berge der Heimat meiner Kindheit blauduftig ragen sah. Ich hätte Isolde sehen, ihr sovieles, alles sagen mögen, aber ich bezwang mir das Herz in der Brust. Du hast ihr versprochen, durch eigene Kraft etwas zu werden, daher gedulde dich! Noch ein paar Jahre Arbeit, und du wirst ihr sagen dürfen, daß du Wort gehalten.

So heischte es mein Stolz, und ich gehorchte ihm. Aber doch nicht so ganz. Denn in der Grenzstadt, durch welche mich mein Weg führte, setzte ich mich hin und schrieb an Isolde einen langen Brief, in welchem ich mein ganzes Herz vor ihr ausschüttete. Ich machte das teure Mädchen bis ins einzelste hinein zum Zeugen des Kampfes, welchen ich durchgekämpft. Ich verschwieg nichts, beschönigte nichts, beichtete alles, selbst jene nächtliche Szene auf dem See, denn wie ich annehmen durfte, hatte mich ja Julie gerade durch die Mitteilung des Abenteuers an Isolde meines Gelübdes der Verschwiegenheit entbunden. Dann fragte ich Isolde, ob sie mir verzeihen, ob sie mich lossprechen könnte, und zuletzt deutete ich an, welche selige Hoffnung ich auf diese Absolution bauen möchte und würde.

Ich fühlte mich ordentlich leicht und froh, als ich den Brief zur Post trug, und wollte von da noch hinaus auf den Hafendamm, um das Abendrot auf dem schönen Bodensee liegen zu sehen und noch einmal zu den heimischen Gestaden hinüberzublicken.

Wie ich aber zur Einfahrt des Posthauses herauswollte, fuhr ein aus dem Innern der Schweiz kommender Eilwagen daselbst vor, und aus dem Schlage rief eine bekannte Stimme meinen Namen. Ich folgte dem Wagen in den Hof zurück, und als er hielt und der Schlag geöffnet wurde, fand ich mich keiner geringern Person als meinem ehemaligen Prinzipal gegenüber.

Es war nichts Außerordentliches, einem Geschäftsmann in einer Grenzstadt zu begegnen; allein Herr Oskar Ziegenmilch sah, wie ich bemerkte, viel unruhiger und aufgeregter aus, als einem so gewiegten Geschäftsmanne anstand. Er nahm sich auch nicht Zeit, nach seinem Gepäcke zu sehen, sondern zog mich beiseite und fragte hastig:

»Haben Sie schon von dem Unglück, von dem enormen Unglück gehört?«

»Von was für einem Unglück? Ich kam vor kaum ein paar Stunden von drüben her hier an.«

»Ah so! Sie kommen aus Deutschland?«

»Ja.«

»Und Sie haben dort von ihnen keine Spur gesehen?«

»Von was für ›ihnen‹ denn?«

»Ja so, Sie wissen nicht ... Ich bin noch immer so verwirrt, so enorm verwirrt ... entschuldigen Sie!«

»Gern; aber was hat es denn gegeben?«

»Enormes, ganz niederträchtig Enormes! Meine Lelia – ach was, zum Henker mit der Lelia! Das Romanzeug ist an allem schuld! – Meine Liseli ist fort.«

»Frau Ziegenmilch fort?«

»Fort, sag' ich, enorm fort.«

»Wohin denn?«

»Ja, wer weiß das? Vermutlich nach Deutschland.«

»Wie kam denn das?«

»Wie es eben kommt, wenn die Weiber ihren Männern durchgehen.«

»Was zum Kuckuck! Madame ist Ihnen durchgegangen.«

»Durchgerumpelt, würde ich sagen, wenn das eine Sache zum Spaßen wäre, das heißt sie ist mit dem Kerl, mit dem sauberen Rumpel, welcher Tische und Weiber verrückt machte, auf und davon.«

»Was? Die sittsame und gefühlvolle Frau Ziegenmilch ist mit dem alten Bummler fortgelaufen?«

»Fortgefahren mit Extrapost. Hat ihren Schmuck und eine hübsche Summe von Wertpapieren mitgenommen, die ich ihr nach und nach gegeben hatte, so zur Beschwichtigung, wenn sie sich mittels kleiner und großer Eifersüchteleien unangenehm machte – Sie verstehen mich? Es ist eine richtige Entführung – enorm, ganz enorm!«

»In Wahrheit, das geht über die gewöhnlichen Bummlerschnurren des alten Jungen hinaus. Die ehrsame Hälfte von Oskar Ziegenmilch und Komp. samt Schmuck und Wertpapieren entführen, da hört der Spaß auf.«

»Ja, ich weiß schon, wer den Schaden hat, bekommt den Spott noch gratis dazu – eine alte, eine enorm alte Geschichte.«

»Ich verspotte Sie nicht, mein Lieber; aber ich erlaube mir doch, Sie daran zu erinnern, daß ich Ihnen seinerzeit hinsichtlich dieses verteufelten Rumpel einen warnenden Wink gab. Wie ich sehe, wäre es gut gewesen, wenn Sie denselben beachtet hätten.«

»Ja, wer konnte aber auch von einem so enorm praktischen Kerl, wie dieser kahlköpfige Schubiak ist, so 'was erwarten?«

»Warum denn nicht? Herr Rumpel machte in Ihrer schönen Stadt erst in konservativer Politik, dann in Religion und Mystik. Darauf erschien es ihm noch gewinnbringender, in Entführung zu machen, und er griff zu. Herr Rumpel ist ein praktischer Mensch –«

»Das ist wahr, ein enorm praktischer Mensch ist er.«

»Gut, als solcher hat er nur Ihren eigenen Grundsätzen gemäß gehandelt, als er mit Beiseitesetzung der ›Katechismusmoral‹ ein Entführungsgeschäft machte, weil es lukrativ war. Geschäft ist Geschäft, und praktisch muß man sein, wie Sie wissen.«

Indem wir mitsammen nach dem Gasthaus gingen, wo ich abgetreten war, erzählte mir Herr Ziegenmilch die Entführungsgeschichte, soweit er sie nämlich kannte. Da war sie denn kurz beisammen: Herr Ziegenmilch war für einige Tage in Geschäften verreist gewesen. Bei seiner Nachhausekunft hatte er seine Frau nicht mehr getroffen. Sie war in eine der abendlichen Versammlungen gegangen, wo Herr Rumpel den odisch-magnetischen Mystagogen spielte, und war von da nicht wieder heimgekommen. Statt ihrer war am folgenden Tage ein Brief eingelaufen, worin sie ihrem Herrn Gemahl erklärte, ihr gefühlvolles Herz habe der Einladung des erleuchteten Propheten und Apostels Cyrillus Chrysostomus Theophil Rumpel, ihn auf einer Missionsreise zur Ausbreitung des odisch-magnetischen Heils zu begleiten, nicht zu widerstehen vermocht, um so weniger, da sie überzeugt sein müßte, Herr Ziegenmilch werde sich in Gesellschaft seiner Ladenjungfern leicht über ihre Abwesenheit trösten.

»Ich hätte nicht geglaubt,« fügte Herr Ziegenmilch seiner Erzählung fast melancholisch hinzu, »nein, ich hätte nicht geglaubt, daß mein sanftes Liseli so boshaft, so enorm boshaft sein könnte.«

»Ich glaube auch nicht, daß Madame es war, welche diesen Trumpf ausspielte. Sicherlich hat ihr der erleuchtete Cyrillus Chrysostomus Theophilus den Brief diktiert.«

»Da könnten Sie recht haben, Herr Hellmut, enorm recht. Und denken zu müssen, daß so ein infamer Halunk über besagten Schmuck und besagte Wertpapiere verfügen soll!«

»O, Sie praktischer Mensch und Shylock!«

»Shylock? Shylock? Kenne keine Firma dieses Namens. Was wollen Sie damit sagen?«

»Weiter nichts, als daß Sie fähig wären, Shylocks Äußerung hinsichtlich der entführten Jessika zu parodieren und zu sagen: Ich wollte, meine Liseli läge tot vor mir, den Schmuck und die Wertpapiere in den Händen.«

»Da tun Sie mir unrecht, enormes Unrecht. Ich wollte nur, ich hätte meine Frau wieder. Was sie mitgenommen, mag meinetwegen zum Henker gehen. Oskar Ziegenmilch und Komp. können so etwas schon als Bagatelle ansehen. Wir« – Herr Ziegenmilch hatte nämlich bereits von Herrn Kippling gelernt, im majestätischen Plural von sich zu sprechen – »wir sind, Gott sei Dank, in der Lage, ein Verlüstchen verschmerzen zu können. Aber, unter uns, seit mein Fräuli fort ist, merk' ich erst recht, daß ich sie eigentlich enorm gern habe. Sie war im Grunde doch ein gutes Tierli.«

»Wirklich? Und warum fällt Ihnen das jetzt erst ein? Eine vernachlässigte Frau verfällt auf allerlei dumme Schrullen. Das ist nur logisch. Besagte Ladenjungfern –«

»Bitte, nichts mehr von diesem Artikel! Ein so viel beschäftigter Mann wie ich, hat zuweilen so seine kleinen Anwandlungen von Zerstreutheit. Aber, wie gesagt, mein Liseli fehlt mir jetzt enorm und hat mir das Essen gar nicht geschmeckt, seit ich ihr liebes dickes Gesicht bei Tische nicht mehr gegenüber habe. Es ist ein enormes Pech! Ich meine, daß ich sie mit offenen Armen aufnähme, käme sie nur wieder zurück.«

»Haben Sie denn schon die nötigen Nachforschungen angestellt?« »Soviel ich konnte. Schon seit vier Tagen fahre ich deshalb in der Welt herum. Ein Spur der Flüchtigen wies ins Gebirge hinein, verlor sich aber bald. Eine andere, die auf den Bodensee deutete, hab' ich bis zur letzten Poststation verfolgt, wo sie ebenfalls ausging.«

»Haben Sie auch die Polizei in Requisition gesetzt?«

»Die Polizei? Wo denken Sie hin! Gott bewahre! Wir müssen auf unsern Ruf achten. Was gäbe das für ein Geschrei und Gelächter, wenn Oskar Ziegenmilch und Komp. mit Landjägern und sonstiger Polizei auf seine Gemahlin vigilieren gingen! Nein, nein! Ich habe deshalb auch zu Hause gesagt, Madame habe eine Badereise angetreten. Wir müssen das Geschäft, das Verfolgungsgeschäft mit äußerster Diskretion betreiben, mit enormer Feinheit und nur so unter der Hand. O, wir waren immer ein praktischer Mann, wir; aber die wahre Finesse, wie man seine Fortune poussieren muß, haben wir doch erst losgekriegt, seit wir die Ehre hatten, mit Herrn Gottlieb Kippling in Geschäftsverbindung zu treten. Ein großer Mann, der Herr Oberst und Kantonsrat – groß, enorm groß!«

»Ja, wie ist denn das Kohlenlager-Erfindungsgeschäft ausgefallen?«

»Kolant, enorm kolant, kolossal, wie der Schuft sagen würde, der Rumpel – aber ich will den Kerl nun gar nicht mehr nennen. Die Leute waren wie toll. Der Kurs unserer Kohlenaktien flog hinauf, als wollte er ein Loch in den Himmel stoßen.«

»Und Sie sind also noch Direktor der Köhlerei?«

»Nein, so unpraktisch waren wir nicht. Als das Unternehmen so recht im Flor stand, schlug Herr Gottlieb Kippling seine Aktien los und zog sich von der Kompagnie zurück. Das war ein enormer Schlag ins Kontor, begreiflich! Wurde uns auch nicht wenig schwül bei der Sache. Fürchteten schon, erfahren zu müssen, daß mit großen Herren nicht gut Kirschen essen sei. Aber der Herr Oberst und Kantonsrat, welcher unsere Qualitäten kennen gelernt hatte, ließ uns nicht stecken, sondern zog uns bei guter Zeit, samt unserem Schäfchen, will sagen unserem Gewinnst, aufs Trockene.«

»Und die anderen hatten das Nachsehen?«

»Die anderen haben ihre Aktien. Mögen sehen, was sie damit anfangen. Praktisch muß man sein. Wundert mich aber doch, unter uns gesagt, wie ein so enorm praktischer Mann, wie der Herr Oberst und Kantonsrat ist, so darauf versessen sein kann, seine einzige Tochter so einem fremden Grafen oder Baron, was er ist, der wohl nicht viel mehr hat als sein Wappen und seine Sporen, an den Hals zu werfen.«

»Ist diese Verbindung schon eine öffentliche?«

»So ziemlich. Kennen Sie den Herrn von Rothenfluh? Er ist hochmütiger als zehntausend Millionäre zusammengenommen. Gab mir kaum eine Antwort, als ich vorige Woche die Ehre hatte, bei Herrn Gottlieb Kippling zu dinieren.«

»Der Freiherr befindet sich gegenwärtig wieder im Kipplingschen Hause?«

»Ja, er kam neulich.«

»Und seine Verlobung mit der Tochter des Hauses hat stattgefunden?« »Wenn sie nicht schon statthatte, so steht sie doch bevor. Das kann jeder sehen, der nicht blind ist. Denn die stolze junge Dame ist ja augenscheinlich ganz enorm verliebt in den Junker, und sie wickelt ihren Vater um den kleinen Finger. Unpraktisch das, enorm unpraktisch! Oder es muß was dahinter stecken. Man munkelt in der Stadt davon, es werde eine Doppelheirat geben, denn der Herr Baron habe eine wunderschöne Schwester und die –«

»Was?«

»Nun, die würde die Frau von Herrn Theodor Kippling werden.«

»Das ist 'ne Lüge, 'ne dumme, verdammte Lüge!«

»Ei, wie sehen Sie aus, Herr Hellmuth, und was machen Sie für Augen! Was haben Sie denn?«

»Nichts. Aber ich muß Sie jetzt verlassen, Herr Ziegenmilch, denn ich habe kaum noch Zeit, meine Sachen nach der Post zu schaffen. Will mit dem Nachtwagen fort, um morgen bei guter Zeit in der Stadt zu sein. Adieu und viel Glück zu Ihrem dermaligen Geschäft!«


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