Pierre Loti
Ein Seemann
Pierre Loti

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Fünfzigstes Kapitel

Auch das Hinuntersenken verlief nebensächlich.

An einem finsteren Morgen bei Tagesanbruch wurde der in die Leinwandhülse eingenähte Körper mühsam an Kopf und Füßen von zwei Mann heraufgeschleppt.

»Was ist denn das Harte in dem Sack bei ihm?« fragte einer. »Bücher?«

Es waren die Geometriehefte, Briefe, der Deckel und die Trümmer seiner Kiste; ein armer junger Kerl, der weder lesen noch schreiben konnte, hatte frommen Sinns Jeans ganze Habe mit eingenäht! Es machte große Schwierigkeiten, ihn bei dem furchtbaren Schlingern des Schiffs heraufzuschleppen, und unfreiwillig verfuhr man roh mit der Leiche, deren auf ewig verhülltes Haupt bald da, bald dort aufschlug. Durch eine rasch aufgehobene Luke bot man ihn den Obenstehenden, die danach griffen und ihn vollends heraufzerrten.

Der Priester, ein alter, kränklicher Mann, konnte bei dem gefährlichen Unwetter seine Kabine nicht verlassen; so wurden nicht einmal die Totengebete gesprochen. Das kleine Trauergefolge stand einsam auf dem von Sturzseen überspülten Deck.

Als eine besonders hohe See das Schiff zur Seite drückte, warf man ihn in einen von den Wasserschlünden, die sich so rasch öffnen und schließen. Trotz der an seinen Füßen befestigten Bleigewichte schleuderte ihn die nächste See hoch aufspritzend wieder gegen die Schiffswand, daß ihm die Knochen zersplittern mochten, dann verschwand er sofort, auf ewig in Schweigen getaucht, die endlose Fahrt antretend in die unergründeten dunkeln Tiefen . . .


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