Louis Weinert-Wilton
Die chinesische Nelke
Louis Weinert-Wilton

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53

Tack – tack – tack – . . . machte im gleichen Augenblick auf der nebelverhüllten Themse auch ein anderer Apparat, und der Mann, der seit ungefähr einer Stunde geduldig harrend davor saß, wandte lebhaft den Kopf.

»Die Welle, Sir«, flüsterte er über die Schulter.

»Verdammt . . .«, zischte Admiral Sheridan und lauschte mit einem Gesicht, das seinen ganzen ohnmächtigen Grimm verriet. Dann ließ er den Blick in einen Winkel der engen Kajüte gehen, wo Sir Frederick Legett, den Arm in der Binde, dünn und schweigsam auf einem Deckstuhl hockte. »Da hören Sie nun den Spuk. Man könnte aus der Haut fahren. Da unterhält sich so ein Schweinehund mit wer weiß wem in der Welt über Dinge, die uns wahrscheinlich sehr viel angehen, und wir verstehen nicht ein Wort davon. Aber ich hoffe, daß wir ihm bald ziemlich nahe auf die Bude rücken werden. Ich habe von Reading bis Sheerness und von Enfield bis Brighton acht Stationen mit Rahmenantennen und den feinsten Peilinstrumenten auf der Lauer liegen, und es müßte der Teufel sein Spiel treiben, wenn wir dieses gefährliche Tratschmaul nicht in die Zange bekommen sollten.«

Aus dem Halbdunkel des Raums löste sich eine vierte Gestalt und trat hinter den Funker. »Deserteur!« grollte der übelgelaunte Sir John, aber Donald Ramsay schien es nicht gehört zu haben.

»Haben Sie die Richtung?« fragte er den Mann an den Instrumenten.

»Jawohl – hier . . .«, erklärte dieser und deutete auf eine feine Linie, die er eben auf einem großen Plan von London zog.

Ramsay verfolgte den Strich, dann richtete er sich plötzlich auf. »Stimmt!« sagte er kurz, und in derselben Sekunde verstummte der Apparat.

Admiral Sheridan fuhr so lebhaft in die Höhe, daß er um ein Haar an die niedrige Decke gestoßen wäre, und faßte Ramsay unter dem Arm. »Kommen Sie auch mit, Frederick«, raunte er diesem zu und bugsierte beide vor sich her in eine noch winzigere Deckkabine des unscheinbaren grauen Flußbootes. Dort drückte er den jungen Mann kurzweg in eine Ecke und stellte sich vor ihn hin.

»Stimmt? – Was stimmt?« drängte er gebieterisch; als aber die Antwort auf sich warten ließ schlug er eine sanftere Tonart an. »Wissen Sie, auf Leute, die mir ausreißen, weil sie es bei mir zu langweilig finden, bin ich eigentlich nicht gut zu sprechen. Wenn Sie mir aber in dieser Sache einen Dienst leisten, sind wir wieder die alten Freunde . . .« Und als auch diese verlockende Verheißung nicht nützte, wandte sich der Admiral gekränkt und verärgert an Legett. »Helfen Sie mir doch. Wenn Sie es ihm befehlen, muß er ja damit herausrücken . . .«

Der Herr mit dem kahlen Spitzkopf hob die schmalen Schultern und lächelte dünn. »Meine Herren handeln auf eigene Verantwortung und Gefahr«, erklärte er kaum hörbar. »Und sie pflegen auch mich nicht ins Vertrauen zu ziehen, solange sie mir den betreffenden Fall nicht zuverlässig und in allen Einzelheiten darlegen können.«

»Feine Wirtschaft!« knurrte der enttäuschte Sir John bissig. »Da arbeitet es sich mit Wilkins wahrhaftig viel angenehmer. Bei dem gibt es keine solche Geheimniskrämerei, er hält mich wirklich brav auf dem laufenden.« Er ließ den Blick von einem zum andern gehen, und dann spielte er einen gewaltigen Trumpf aus. »Eben, bevor ich hierher kam, hat er mich wieder angerufen und mir mitgeteilt, daß er nun den berühmten Kahlkopf fassen will.«

Diese Neuigkeit tat ihre Wirkung. Sir Frederick hüstelte nervös, Donald Ramsay aber fragte kurz: »Wann?«

Sheridan grinste befriedigt. »Er meint, schon morgen nacht. Es wäre mir zwar nicht lieb, wenn gerade Wilkins diesen Erfolg hätte, aber . . .«

»Darüber kann ich Sie beruhigen, Sir John«, unterbrach ihn Ramsay. »Oberst Wilkins wird diesen Erfolg nicht haben. Wenn er aber morgen nacht wirklich darauf ausgehen sollte, werden Sie noch vor Morgengrauen eine interessante Geschichte zu hören bekommen.«

»Was für eine Geschichte?«

»Eine Geschichte, die Ihnen sagen wird, warum Bexter Sie vor seinem Tod so dringend zu sprechen wünschte, warum Major Foster ermordet wurde, warum Maud Hogarth auf die Anklagebank gebracht wurde – und weshalb es nicht geschehen durfte, daß Oberst Wilkins den Kahlköpfigen faßte. Und wenn Sie die Mitteilungen des Geheimsenders aufbewahrt haben . . .«

»Habe ich . . .«

». . . werden Sie diese in einigen Tagen wahrscheinlich ohne weiteres entziffern können. Dann wird sich ja zeigen, ob und wie viel Unheil damit angerichtet wurde.«

»Don-ner-wet-ter!« Sir John stand sekundenlang wie versteinert, dann breitete er plötzlich die wuchtigen Arme aus und riß den schlanken Gentleman an die breite Brust. Und dann folgte ein Geräusch, als ob irgendwo ein Teppich geklopft würde.

 

In dem stillen Hause unweit der Westminster Brücke gab es eine ziemlich bewegte Nacht. Mrs. Machennan glitt in lautloser Geschäftigkeit unablässig treppauf und treppab, und von Zeit zu Zeit setzte sie sich ans Telefon, um eine besorgte wißbegierige ältere Dame in Notting Hill zu beruhigen.

»Es ist wirklich gar nichts Ernstliches, verehrte Mrs. Derham«, versicherte sie immer wieder. »Miss Hogarth ist während der Rückfahrt von einem leichten Unwohlsein befallen worden und befindet sich in bester Pflege. Es ist absolut nicht nötig, daß Sie sich deshalb herbemühen. Die Patientin bedarf nur völliger Ruhe und eines ausgiebigen Schlafs. Sobald sie hergestellt ist, werde ich sie Ihnen selbst zurückbringen, wenn Sie dies gestatten. Sollte sich inzwischen vielleicht jemand nach ihr erkundigen, so wollen Sie, bitte, sagen, daß sie bereits heimgekommen ist, sich aber nicht ganz wohl fühlt. Miss Hogarth wünscht nicht, daß von ihrem kleinen Mißgeschick zu viel Aufhebens gemacht wird.«

Immerhin fand aber Mrs. Machennan auch noch Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, und als sie wieder einmal aus dem Krankenzimmer in die Küche kam, durfte die begierige Pheny endlich das Gewicht aus dem Mund nehmen und haarklein ihr aufregendes Abenteuer erzählen. Es ging sehr gut, und Madam zeigte sich im allgemeinen recht zufrieden, aber schließlich hatte sie natürlich doch wieder einiges auszusetzen.

»Ich fürchte, Sie haben dem armen Mann schrecklich weh getan«, sagte sie mit einem Seufzer ehrlichen Mitgefühls. »Und vielleicht wird er sich in den nassen Kleidern auch noch eine Grippe oder etwas Ähnliches geholt haben. Wenn ich zu Hause gewesen wäre, hätten wir ihn wenigstens eine Weile an den warmen Ofen gestellt. Und was Ihr Sprechen betrifft, das sie nun endlich weg haben, so klingt es vorläufig noch furchtbar roh und ungebildet. Wenn Mr. Ramsay oder sonst jemand Sie hörte, müßte ich ja vor Scham in den Boden sinken. Lassen Sie es also einstweilen noch sein, bis ich Ihnen beigebracht habe, wie ein Mädchen in einem guten Hause sich auszudrücken hat.«

»Kchchch . . .«, machte Pheny bereitwilligst, denn sie war gar nicht so darauf erpicht, sich anzustrengen und dafür dann auch noch einen Tadel von Madam anzuhören.

Nach drei Uhr morgens kam Ramsay heim und erschrak zunächst, als er das ganze Haus wach und in derartiger Bewegung fand. Aber Mrs. Machennan flüsterte ihm einen langen, sehr befriedigenden Bericht ins Ohr und mußte es sich wieder einmal gefallen lassen, daß der Gentleman nach ihrer kleinen zarten Hand griff und diese in der seinen behielt . . .

»Ich danke Ihnen, liebe Mrs. Machennan«, sagte er überschwenglich. »Sie haben mir einen sehr großen Dienst erwiesen. Ich . . . Sie müssen nämlich wissen . . .«

Diesmal war es der sonst so selbstsichere junge Mann, der sich verhaspelte und nicht weiter konnte, und es war seine sonst so schüchterne Hauswirtin, die mit einem verständnisvollen Lächeln der verlegenen Pause ein rasches Ende machte.

»Der Arzt meinte, daß Miss Hogarth in den ersten Vormittagsstunden erwachen und zwar noch sehr schwach, aber völlig hergestellt sein wird«, ergänzte sie hastig ihren Bericht. »Sie darf dann auch schon Besuche empfangen, und ich werde Sie sofort benachrichtigen, Mr. Ramsay.«

»Danke, liebe Mrs. Machennan«, sagte Ramsay nochmals, und die kleine zarte Hand verspürte wiederum einen sehr herzlichen Druck. »Ich habe Ihnen schrecklich viel Unruhe ins Haus gebracht, und diese Nacht werden Sie mir nun schon ganz opfern müssen. Um sechs Uhr kommt nämlich Brook. Es handelt sich um eine wichtige und dringende Sache. Inzwischen werde ich ein Bad nehmen und mich umkleiden.«

»Oh, und natürlich frühstücken«, fügte Mrs. Machennan mit hausfraulichem Eifer hinzu, indem sie ihre Hand schweren Herzens aus dem freundlichen Druck löste und in die Küche eilte. Auf ihren Wangen lag ein so frischer Hauch, und ihre Augen leuchteten so lebhaft und klar, als ob sie gerade einen längeren, erquickenden Schlummer hinter sich hätte.

Gegen Morgen, als sie den säuberlich rasierten Mr. Brook einließ, machte Mrs. Machennan darüber einige Bemerkungen. Zunächst allerdings bekam der Mann mit dem gelangweilten Gesicht wieder einen sehr vorwurfsvollen Augenaufschlag ab, der jedoch durch die Begleitworte einigermaßen gemildert wurde.

»Guten Morgen, Mr. Brook«, begrüßte sie ihn mit ihrer sanften Stimme. »Mr. Ramsay ist noch nicht fertig, und Sie müssen sich daher eine Weile gedulden. Vielleicht nehmen Sie mit mir eine Tasse Tee. Sie werden gewiß auch noch nicht gefrühstückt haben.«

Sie deutete einladend nach der offenen Tür zum Speisezimmer, und der überraschte Brook dankte mit eifrigen und sehr ehrerbietigen Bücklingen. Mrs. Machennan hatte zwar die hübschen Augen niedergeschlagen, merkte aber doch ganz genau, daß er plötzlich aufgeregt war, und empfand darüber große Befriedigung.

»Eigentlich sollte ich sehr böse auf Sie sein, weil Sie geplaudert haben«, sagte sie mit einem koketten Schmollen, nachdem sie den wirklich hungrigen Mann erst einmal in aller Ruhe das Frühstück hatte verzehren lassen. »Mr. Ramsay wäre gewiß nicht auf den Einfall gekommen, mich mit der Sache zu betrauen, denn er hatte ja keine Ahnung . . .«

Brook hatte noch ein halbes Brötchen im Munde und konnte daher zunächst nur durch eine lebhafte Geste widersprechen. »Er hatte bereits sehr viel von Ihnen gehört«, würgte er dann mit rotem Kopf hervor.

»Oh, er hatte bereits von mir gehört . . .«, flüsterte Mrs. Machennan. »Da haben Sie es! Wahrscheinlich lauter übertriebene Räubergeschichten. Ich muß mich ja schämen . . . Aber eigentlich bin ich doch ein bißchen froh, daß es so gekommen ist«, gestand sie dann. »Die kleine Abwechslung nach so langer Zeit hat mich nämlich sehr befriedigt. Vielleicht hätte ich mich doch nicht so ganz zurückziehen sollen. Das ›Haus im Schatten‹ schickt mir ja immer wieder sehr nette Mieter, aber nur von fern zuzusehen, ist doch nicht das Richtige. Ohne jede Beschäftigung kommt man sich als alleinstehende Frau furchtbar unnütz vor . . .«

Mrs. Machennan seufzte ein klein wenig, und der feinhörige Mr. Brook fand, daß jetzt oder nie die Gelegenheit war, von seinen zurückgelegten zweitausendachthundert Pfund zu sprechen.

Da es sich um eine reale und unverfängliche Sache handelte, hob die sanfte Schottin den Blick und hörte mit großer Aufmerksamkeit zu.

»Das ist eine ganz hübsche Summe«, sagte sie anerkennend. »Und Sie scheinen ja ein sehr solider und sparsamer Mann zu sein. Das trifft man selten. Hoffentlich haben Sie aber das Geld auch gut angelegt. Das ist heutzutage fast noch schwieriger, als etwas zu ersparen. Gottlob kenne ich mich in diesen Dingen ein wenig aus. Meine Dreitausendzweihundert stecken in sicheren Industriepapieren und tragen mir durchschnittlich sechseinhalb Prozent. Wenn Sie in dieser Hinsicht einmal einen Rat brauchen sollten . . .«

»Sechseinhalb Prozent . . .«, murmelte Brook mit einem Gesicht, aus dem alle Langweile gewichen war. »Ich wäre Ihnen herzlich dankbar, liebe Mrs. Machennan . . .«

Die liebe Mrs. Machennan nickte. »Das gefällt mir an Ihnen, daß Sie den Wert des Geldes so zu schätzen wissen, lieber Mr. Brook. Wenn Sie also gelegentlich Zeit haben, können wir darüber sprechen. Ich bin fast jeden Nachmittag zu Hause und nehme den Tee um fünf. Und wenn Sie einmal an einem Sonntag zu einem einfachen Mittagessen kommen wollen, so bitte um ein Uhr. Aber in diesem Falle wäre es mir lieb, wenn Sie sich vorher ansagten.«

Mr. Brook konnte nur heftig nicken, und Mrs. Machennan war mit dieser Antwort völlig zufrieden.

 

Maud Hogarth versuchte vergeblich, sich in der fremden Umgebung, in der sie plötzlich erwacht war, und in den Geschehnissen, die sie hergebracht hatten, zurechtzufinden. Ihr Kopf war noch so benommen, daß ihr jeder Gedanke sofort wieder entglitt, und sie schloß und öffnete immer wieder die matten Augen, um sich zu vergewissern, daß dies alles nicht bloß ein wirrer Traum war. Aber das fremde Bild blieb – und auch das vertraute Männergesicht, das sie dicht vor sich sah, schwand nicht. Es war mit einem Ausdruck besorgter Zärtlichkeit über sie gebeugt und weckte in ihr allmählich so liebe, vertraute Erinnerungen, daß sich ein ganz, ganz kleines Lächeln in ihre Mienen stahl.

Und dann fühlte sie plötzlich einen frischen Mund auf ihren fiebrigen Lippen, auf den schweren Lidern und der heißen Stirn, und eine kühle Hand strich ihr liebkosend über die zuckenden Finger.

Es währte noch eine geraume Weile, bis Maud völlig in die Wirklichkeit zurückfand, aber dann sprudelte sie mit einem Mal eine Menge aufgeregter, ängstlicher Fragen hervor.

Ramsay schüttelte jedoch mit dem Kopf und verschloß ihr den Mund. »Morgen, Liebling«, vertröstete er sie. »Vorläufig mußt du Ruhe haben.«

»Ich werde keine Ruhe finden, bevor ich nicht alles weiß«, schluchzte sie auf und krampfte ihre Finger um seine Hand. »Alles. Auch wieso Sie – wieso du mir jenes Versprechen geben konntest. Wenn du dich vielleicht täuschst – wenn es vielleicht doch geschehen könnte – wenn alles umsonst gewesen wäre . . .«

Sie war in fieberhafte Erregung geraten, so daß Ramsay über ihren Zustand erschrak. Glücklicherweise durfte er aber nun die Sorge, die sie am meisten bedrückte, von ihr nehmen. Oberst Wilkins wollte ja bereits in der kommenden Nacht allen Rätseln ein Ende machen, und es bedeutete daher keine Gefahr mehr, wenn das arme, gequälte Mädchen um einige Dinge wußte.

»Nein, Maud, ich täusche mich nicht«, sagte er bestimmt. »Und wenn du nur ein klein wenig nachdenkst, wirst auch du alles in einem ganz anderen Licht sehen.« Er schob den Arm stützend unter ihren halb aufgerichteten Kopf und blickte in die dunklen Augen, die in erwartungsvoller Spannung an seinen Lippen hingen. »Ist es dir denn noch nie aufgefallen, daß Onkel Bexter sich mühsam so viele Worte abgerungen hat, als er dir die Papiere anvertraute?« fragte er. »Während doch ein einziges genügt hätte – wenn sie für ihn von jener schlimmen Bedeutung gewesen wären, die du befürchtest. Wenn er selbst schon nicht mehr imstande war, es zu tun, so hätte er sicher bloß das eine Wort ›Vernichten‹ gesprochen, und die Gefahr wäre aus der Welt geschafft gewesen . . .«

Maud lag reglos mit starr geweiteten Augen. »Ja«, nickte sie.

»Ja«, bestätigte auch Ramsay. »Statt dessen aber hat er von dir verlangt, daß du den Umschlag gut aufbewahren und niemandem geben solltest. Und dann wollte er noch etwas sagen . . .«

»Ja . . .«

»Dieses Etwas war auch nur ein einziges Wort, Liebling, und es war ein furchtbares Verhängnis für dich, daß er es nicht mehr aussprechen konnte. Wahrscheinlich hätte er dir unter anderen Umständen überhaupt bloß dieses eine Wort gesagt, aber in jener Stunde schien es ihm nicht sicher genug. Denn dieses Wort war ein Name, und der Mann, der ihn trägt, war damals nicht zu erreichen.«

»Wer?«

»Sheridan. Erinnere dich an die Telefongespräche. Onkel Bexter hatte mit den Papieren der ›Chinesischen Nelke‹ nichts anderes zu tun, als daß sie ihm durch einen Zufall in die Hände gekommen waren. Dann hat er sie entziffert, und als er ihre Bedeutung erkannte, wollte er sofort Sir John verständigen. Aber er hörte, daß dieser über See sei. Und als noch in derselben Stunde die Katastrophe eintrat, fürchtete Bexter wohl, du könntest für die Weitergabe des gefährlichen Materials einen falschen Weg wählen, wenn er dir nur den Namen nannte. Er wollte dir wahrscheinlich sagen: ›Niemandem – außer Sheridan.‹ Ich nehme an, daß sich in dem Umschlag auch einige Zeilen an den Admiral finden werden. Das Telefongespräch sollte ihm die wichtige Sendung wohl bloß ankündigen. So war es, Liebling . . .«

In Mauds totenblassem Gesicht arbeitete es. »Und – und – der Zettel . . .?« brachte sie endlich mühsam hervor.

»Eine Fälschung oder eine geschickte Täuschung. Damit wollte man dich zwingen, die Papiere herauszugeben.«

Maud Hogarth schien nicht ganz begriffen zu haben, denn sie verharrte noch lange in unheimlicher Ruhe. Aber plötzlich rang sich ein Aufschrei von ihren Lippen, und der bestürzte Ramsay fühlte sich von zwei Frauenarmen stürmisch umfangen . . .


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