Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XVI

Am folgenden Tage, kaum graute der Morgen, zog der kleine Ritter nach Kniahin aus, woselbst es mit den Spahis zu einem Treffen kam, und wobei er den Buluk Pascha, einen berühmten türkischen Kriegshelden, zum Gefangenen machte. Den ganzen Tag über währte der Kampf, aber selbst als die Nacht anbrach, fand Wolodyjowski keine Ruhe, da Kriegsrat bei dem Herrn Potocki gehalten wurde. Schon krähte der Hahn, als der kleine Ritter endlich sein müdes Haupt zur Ruhe legen konnte, kaum war er aber in tiefen, erquickenden Schlaf verfallen, so erweckte ihn lauter Kanonendonner. In demselben Augenblicke stürzte auch Pietka, ein Samogitier und der vertraute Diener, ja, fast der Freund Wolodyjowskis, in dessen Stube.

»Euer Liebden!« rief Pietka, »der Feind steht vor der Stadt.«

Mit gleichen Füßen sprang Wolodyjowski empor.

»Was für Geschütze sind dies?«

»Die unseren, durch die wir die Heiden zu verscheuchen suchen. Ein starker Streifzug ist es, der das Vieh von der Weide mit sich forttreibt.«

»Besteht der Streifzug nur aus Janitscharen oder auch aus Reiterei?«

»Er besteht nur aus Reiterei, o Herr, und lauter Schwarze sind es. Mit dem heiligen Kreuze müssen sie verscheucht werden, denn wer weiß, ob es nicht gar Teufel sind.«

»Ob es nun Teufel sind oder nicht, wir müssen gegen sie ausziehen!« erklärte der kleine Ritter. »Du begiebst Dich sofort zu meiner Gattin und meldest ihr, ich sei in das Feld gerückt, habe aber nichts dagegen einzuwenden, wenn sie auf das Schloß kommen und den Kampf mit anschauen wolle. Doch dürfe sie dies nur in Begleitung von Herrn Zagloba thun, in dessen weise Bedachtsamkeit ich großes Vertrauen setze.«

Schon eine halbe Stunde darauf unternahm Herr Wolodyjowski einen Ausfall an der Spitze seiner Dragoner und mit einer bestimmten Anzahl Adeliger, die sich freiwillig gestellt hatten, weil sie hofften, sich in diesem Scharmützel rühmlich auszeichnen zu können. Von dem alten Schlosse aus konnte die gegen zweitausend Reiter zählende feindliche Kavallerie, die teils aus Spahis, zum größten Teile aber aus der ägyptischen Leibwache des Sultans bestand, ganz genau beobachtet werden. In der letzteren dienten mächtige und edelherzige Mamelucken von dem Strande des Nils. Der glänzende Schuppenpanzer, das buntfarbige, reich mit Gold gestickte Keffihe, der weiße Burnus, die mit Edelsteinen gezierten Waffen ließen sie als die prächtigste Reiterei der Welt erscheinen. Gar gut wußten sie die stark gekrümmten Säbel und Dolchmesser, sowie ihre auf knotigem Rohre aufgesteckten Wurfspieße zu schwingen. Auf ihren herrlichen Rossen flogen sie, einer in allen Farben des Regenbogens spielenden Wolke vergleichbar, mit Windeseile über das Gefilde dahin. Die in dem Schlosse Anwesenden konnten sich nicht satt an ihnen sehen.

Unverweilt sprengte Herr Wolodyjowski mit seinen Dragonern gegen sie heran, doch die blanke Waffe konnte nicht gebraucht werden, da die Türken durch das Geschützfeuer der Feste am Vorrücken verhindert wurden, während der kleine Ritter sich außer dem Schutzbereiche der eigenen Kanonen nicht in ein Gefecht mit dem Feinde einlassen wollte, der ihm an Zahl so sehr überlegen war. So ritten denn die einen wie die andern geraume Zeit hindurch fortwährend hin und her, indem sie sich unter donnerndem Zuruf mit den Waffen drohten. Endlich wurde den feurigen Wüstensöhnen das fruchtlose Drohen offenbar unerträglich, denn plötzlich sprengten einzelne Reiter aus den Reihen hervor, näherten sich den Dragonern und forderten diese durch alle möglichen Zurufe heraus. Dann jagten sie aber wieder auf dem Gefilde dahin, buntfarbigen Blumen gleichend, die der Wind nach allen Richtungen zerstreut. Wolodyjowski warf einen raschen Blick auf die Seinen.

»Wohledle Herren,« sprach er hierauf, »man fordert uns heraus! Wer will sich an dem Scharmützel beteiligen?«

Als erster sprengte der feurige Kavalier, Herr Wasilkowski, hervor, ihm folgte Herr Muszalski, der treffliche Bogenschütze, welcher sich aber auch als hervorragender Fechter in jedem Scharmützel auszeichnete, dann meldete sich Herr Miazga, der den Wappen Prus führte, und der selbst während des raschesten Laufes seines Pferdes beim Ringstechen niemals das Ziel verfehlte, und sofort hinter Herrn Miazga ritten Herr Feodor Padrewski, Herr Oziewicz, Herr Szmlud-Plocki, der Knäs Owsiany, Herr Markos-Szeluta und noch verschiedene andere wackere Kavaliere, sowie ein Häuflein Dragoner, die, angelockt von der Aussicht auf reiche Beute, vor allem wegen der unbezahlbaren arabischen Pferde sich auch an dem Scharmützel beteiligen wollten. An der Spitze der Dragoner befand sich der grimme Lusnia, und während er an seinem fahlgelben Schnurrbart kaute, hafteten seine Augen fortwährend auf dem Feinde, damit er sich ja nicht das prächtigste der Pferde entgehen lasse.

Es war ein herrlicher, klarer Tag, von dem Schlosse aus konnte alles genau beobachtet werden. Rasch nacheinander stellten die Geschütze auf den Wällen das Feuer ein, bis endlich alle verstummten, da die Kanoniere einerseits befürchten mußten, die eigenen Leute zu treffen, andererseits aber auch weit mehr Lust verspürten, dem Scharmützel zuzusehen, als auf die einzelnen feindlichen Scharmuzierer zu schießen. Die Gegner ritten vorerst im Schritt, sodann im Trab aufeinander zu, doch nicht in einer Linie, sondern zerstreut, wie es jedem gerade gelegen war. Erst nachdem sie sich ganz nahe gegenüber standen, hielten sie die Pferde an und begannen sich, wohl um ihren Zorn, ihre Empörung recht anzufachen, mit Schmähreden zu überhäufen.

»Nicht fett sollt Ihr werden, Ihr ungläubigen Hunde!« riefen die polnischen Scharmuzierer den Feinden zu. »Ihr seid verloren, denn auch Euer schändlicher Prophet wird Euch nicht retten.«

Die Heiden aber schrieen in türkischer und arabischer Sprache auf die Polen ein. Gar mancher der letzteren verstand beide Sprachen, weil viele gleich dem berühmten Bogenschützen lange Jahre in der Sklaverei verbracht hatten. Da nun aber die Heiden in ihrer schamlosen Ueberhebung die Jungfrau Maria lästerten, da sträubten sich die Haare auf den Dienern Marias, und sie trieben ihre Pferde an, um wegen der Mißachtung der heiligen Jungfrau Rache zu nehmen.

Wer war es aber nun, der den ersten tödlichen Streich austeilte, der einen Feind des Lebens beraubte? Herr Muszalski war es, dessen Pfeil den jungen Bey mit der purpurroten Keffiihe und dem silbernen, wie Mondlicht schillernden Schuppenpanzer traf. Das tödliche Geschoß drang diesem unter dem linken Auge bis zur Hälfte ein, so daß er, das schöne Haupt nach rückwärts neigend, mit ausgebreiteten Armen vom Pferde stürzte. Der Bogenschütze aber sprengte, den Bogen unter den Schenkeln bergend, auf ihn zu, um ihm noch das Schwert in den Leib zu stoßen. Dann nahm Herr Muszalski die prächtige Waffe des Besiegten an sich, trieb sein Pferd mit der flachen Klinge zurück und rief in arabischer Sprache:

»Gott gebe, dies wäre des Sultans Sohn! Vermodern möge er hier, bis Ihr Eure letzte Kindya spielt.«

Als die Türken und die Aegypter diese Worte hörten, wurden sie von wildem Zorn ergriffen. Unverweilt sprengten zwei Beys gegen Herrn Muszalski vor, doch von der Seite anstürmend, verlegte ihnen der ob seines Ingrimms dem Wolf vergleichbare Lusnia den Weg und streckte einen derselben tot zu Boden. Zuvörderst traf sein Säbel des Gegners Arm, und als sich nun dieser bückte, um die seiner Hand entfallene Waffe wieder aufzunehmen, da trennte ein mächtiger Hieb in den Nacken dessen Kopf fast gänzlich vom Rumpfe. Als nun der andere Bey dies gewahr ward, jagte er auf seinem flinken Roß davon wie der Sturmwind, doch umsonst. Herr Muszalski hatte schon wieder seinen Bogen unter den Schenkeln hervorgezogen und sandte dem Fliehenden einen Pfeil nach, der, diesen erreichend, sich tief in dessen Rücken bohrte.

Den dritten Feind besiegte Herr Szmlud-Plocki, indem er jenem mit seinem spitzen Streitkolben einen Hieb über den Helm versetzte, und so gewaltig führte er den Schlag, daß die gekrümmte Spitze des Streitkolbens, das Silberblech und den Sammt des Helmes durchschneidend, tief in den Schädelknochen des Getroffenen eindrang. Nur mit der größten Mühe vermochte ihn Herr Szmlud-Plocki wieder herauszubekommen.

Andere kämpften mit wechselndem Glück, doch neigte sich der Sieg fast stets den Edelleuten zu, welche die Geübteren in derartigen Kämpfen waren. Zwei Dragoner fielen indessen von der Hand des mächtigen Hamdi-Bey, durch dessen krumme Sarazenenklinge auch der Knäs Owsiany den Todesstoß erhielt. Den heimatlichen Boden mit seinem Blute tränkend, stürzte der Knäs zur Erde, worauf sich Hamdi-Bey gegen Herrn Szeluta wandte, dessen Pferd mit den Füßen in ein Hamsterloch geraten war. Angesichts der ihm drohenden Gefahr sprang Herr Szeluta vom Pferde, um zu Fuß den Zweikampf mit dem furchtbaren Reiter aufzunehmen. Doch Hamdi ritt so nahe zu ihm heran, daß er ihn zu Boden warf, und versetzte ihm hierauf mit seinem Säbel einen Hieb auf den Arm, der sofort schwer herabsank. Von neuem aber suchte dann der Bey mit dem oder jenem Feinde anzubinden.

Gar manchem fehlte aber der Mut, sich mit ihm zu messen, so augenfällig übertraf er an Kraft alle andern Krieger. Von dem Winde aufgebläht, ähnelte sein weißer Burnus den Flügeln eines Raubvogels, sein güldener Schuppenpanzer warf einen eigentümlichen Schein auf sein dunkles Gesicht mit den wilden, leuchtenden Augen, der krumme Säbel aber erglänzte über seinem Haupte wie die Mondessichel in einer heiteren Nacht.

Schon hatte der vielberühmte Bogenschütze zwei Pfeile gegen Hamdi-Bey abgeschossen, allein beide waren, mit einem fast klagenden Klang an dessen Schuppenpanzer abprallend, in das Gras gefallen. Nun erwog Herr Muszalski, ob er einen dritten Pfeil etwa in den Hals des Pferdes jagen, oder ob er den Bey mit dem Säbel in der Faust angreifen solle, allein während er noch darüber nachsann, bemerkte ihn jener und stürmte auf seinem schwarzen Renner auf ihn los.

Fast inmitten des Kampfplatzes stießen die beiden aufeinander. Von dem Wunsche getrieben, seine große Körperkraft zu zeigen, wollte Herr Muszalski seinen Gegner lebendig gefangen nehmen; indem er also durch einen von unten geführten kräftigen Streich dessen Säbel emporschnellte, warf er sich auf ihn, packte mit der einen Hand dessen Hals, ergriff mit der andern die Helmspitze und suchte auf solche Weise Hamdi-Bey an sich zu ziehen. Da riß unglücklicherweise der Sattelgurt von Muszalskis Pferd. Der unvergleichliche Bogenschütze glitt mit dem Sattel zur Seite und fiel zur Erde, worauf ihm Hamdi-Bey unverweilt mit dem Griffe seines Säbels einen Schlag auf den Kopf versetzte, durch den Herr Muszalski vollständig betäubt ward. Die Spahis und die Mamelucken, die wegen Hamdi-Bey schon in großer Besorgnis gewesen waren, stießen ein lautes Freudengeschrei aus, während die tiefbetrübten Polen in Schweigen verharrten. Von beiden Seiten sprengten aber nun die Reiter herbei, die einen, um den Bogenschützen mit sich fortzuschleppen, die andern, um wenigstens dessen Leib zu beschützen.

Bis jetzt hatte sich der kleine Ritter von dem Scharmützel ferngehalten, weil ihn dünkte, seine Würde als Obrist gebiete ihm das, doch nun, nach der Niederlage des Herrn Muszalski und dem Siege von Hamdi-Bey, entschloß er sich, den trefflichen Bogenschützen zu rächen und alles zu thun, um den Mut seiner Leute wieder zu heben. Von diesem Gedanken getragen, spornte er sein Roß an und jagte mit der Schnelligkeit dem Feinde entgegen, mit der ein Habicht auf einen über einem Kornfelde kreisenden Schwarm von Dohlen niederstößt. Von der Brustwehr des alten Schlosses aus konnte ihn Basia durch das Fernrohr ganz genau sehen, und so rief sie denn auch sogleich dem neben ihr stehenden Herrn Zagloba zu:

»Michal fliegt geradezu herbei, Michal fliegt geradezu herbei!«

»Jetzt wirst Du ihn erst recht kennen lernen!« erklärte der alte Krieger, »gieb nur acht, gieb nur acht, wie er losschlägt! Und nur keine Furcht, nur keine Furcht!«

Das Fernrohr zitterte in Basias Hand. Wohl war das Musketenfeuer verstummt, wohl schwirrten keine Pfeile mehr umher, so daß sie nicht um das Leben ihres Gatten übermäßig sorgen mußte, allein Begeisterung, unruhevolle Spannung erregten sie aufs höchste. Ihre ganze Seele, ihr ganzes Herz strebten dem geliebten Manne zu. Tiefe Röte überzog ihre Wangen, sie atmete schwer. Herr Zagloba mußte sie mit den Armen umfassen, damit sie nicht in den Schloßgraben falle, so weit beugte sie sich über die Zinne vor, indem sie rief:

»Zwei sprengen auf Michal zu!«

»Bald werden zwei weniger auf Erden wandeln!« warf Herr Zagloba ein.

Thatsächlich ritten auch zwei große, hochgewachsene Spahis auf den kleinen Ritter zu. Sie hatten in ihm sofort den höheren Offizier erkannt und hofften nun, im Kampfe mit diesem unansehnlichen Krieger sich billigen Ruhm erwerben zu können. Die Thoren! Dem sicheren Tode eilten sie in die Arme! Denn als sie in der Nähe von andern Reitern aufeinander stießen, da hielt Wolodyjowski nicht einmal sein Pferd an, sondern erteilte einem jeden der Spahis dem Anscheine nach einen so leichten Hieb, daß man hätte glauben können, eine Mutter versetze im Vorübergehen ihren beiden unfolgsamen Kindern einen Schlag. Nichtsdestoweniger aber stürzten die Getroffenen zu Boden, wühlten sich mit den Fingern krampfhaft in die Erde ein und zuckten wie zwei Luchse, die von einem tödlichen Schusse getroffen worden sind.

Der kleine Ritter aber wandte sich jetzt gegen die andern auf dem Gefilde umherschweifenden Reiter und wütete gewaltig unter ihnen. Gleichwie nach beendeter Messe der Chorknabe, aus der Sakristei hervortretend, mit einem auf einem Stiele befestigten blechernen Deckel eine Altarkerze nach der andern auslöscht, so daß der Altar in dunklen Schatten versinkt, so blies auch Wolodyjowski nach rechts und links den stattlichen türkischen und ägyptischen Kriegern das Lebenslicht aus, und die Schatten des Todes senkten sich über sie. Jetzt erst erkannten die Heiden in ihm den Meister aller Meister, jetzt erst erstarrten ihre Herzen vor Angst und Furcht. Schon suchte der und jener, seinem Pferde die Sporen gebend, dem Schreckensmanne zu entkommen, doch umsonst! Der giftigen Wespe gleich verfolgte er die vor ihm Fliehenden, einen nach dem andern mit seinem Stachel durchbohrend.

In laute Jubelrufe brach die Bedienungsmannschaft der Geschütze über diese Heldenthaten aus. Etliche der Soldaten eilten auf Basia zu und küßten voll Entzücken den Saum ihres Kleides, andere wieder riefen den Türken laute Spottreden zu. »Basia, Basia, beherrsche Dich!« bat Zagloba, der Frau Wolodyjowski noch immer umfangen hielt, stets von neuem, denn Basia, gleichzeitig lachend und weinend, klatschte in die Hände, stieß fortwährend Freudenschreie aus und wäre wohl am liebsten ihrem Gatten ins Feld nachgeeilt.

Der kleine Ritter streckte aber unentwegt Spahis und ägyptische Beys nieder, bis endlich der Ruf: »Hamdi, Hamdi!« weithin ertönte. Die Bekenner des Propheten forderten demnach mit mächtiger Stimme den gewaltigsten ihrer Krieger auf, sich im Zweikampfe mit dem kleinen Ritter zu messen, welcher der leibhaftige Tod zu sein schien.

Längst schon hatte Hamdi den kleinen Ritter beobachtet, und bange Furcht hatte ihn ergriffen. Er vermochte sich nicht mit dem Gedanken vertraut zu machen, seinen Ruhm und sein Leben gegen einen solch gefährlichen Gegner aufs Spiel zu setzen, deshalb that er absichtlich, als ob er ihn nicht sehe und ritt beständig ganz auf der entgegengesetzten Seite des Gefildes umher. Soeben hatte er den Sieg über den Herrn Jalbrzyk und den Herrn Kos davongetragen, als die verzweifelten Aufschreie: »Hamdi! Hamdi!« an sein Ohr schlugen. Da ward es ihm mit eins klar, daß er sich nicht länger fernhalten dürfe, daß ihm nichts anderes übrig bliebe, als sich entweder hohen Ruhm zu erwerben, oder das eigene Leben zu opfern. Ohne sich deshalb noch länger zu besinnen, stieß er einen solch durchdringenden Schrei aus, daß die Felsenwände davon widerhallten, und jagte auf seinem leichtfüßigen Rosse in vollstem Laufe auf den kleinen Ritter los.

Wolodyjowski, den Anstürmenden sofort bemerkend, spornte nun gleichfalls seinen braunen Wallach an. Bei allen andern aber trat Waffenruhe ein. Trotz des blinden Vertrauens, das Basia in die unübertreffliche Fechtkunst des kleinen Ritters setzte, erbleichte sie doch nun sichtlich, da sie es ja mit angesehen hatte, welche Waffenthaten von dem furchtbaren Hamdi vollbracht worden waren. Allein Herr Zagloba büßte auch nicht einen Augenblick seine bisherige Gemütsruhe ein.

»Weit lieber möchte ich der Erbe dieses Heiden sein,« sagte er in bedächtigem Tone zu Basia, »als in der Haut dieses Heiden stecken.«

Pietka aber, ein bedächtiger Samogitier, schien seines Herrn völlig sicher zu sein, denn auch nicht ein Schatten von Besorgnis spiegelte sich auf seinem Antlitz, ja, er begann beim Anblick des dahinrasenden Hamdi das Volkslied anzustimmen:

»Armer Hund, auf dich nun balde
Stürzt der Wolf sich aus dem Walde,
Glaubst umsonst, ihn zu besiegen –
Nein – du wirst ihm unterliegen.«

Wolodyjowski und Hamdi aber stießen so ziemlich in der Mitte des Gefildes zusammen. Zwei Reihen von Zuschauern hatten sich in geraumer Entfernung von ihnen eingestellt. Während eines Augenblickes schien der Herzschlag aller zu stocken. Plötzlich leuchtete es über den Köpfen der beiden Fechter wie ein schlangenförmiger Blitz im hellen Sonnenscheine auf: der krumme Sarazenensäbel war es, der, aus Hamdis Hand geschlagen, wie ein von der Bogensehne abgeschnellter Pfeil emporflog. Hamdi selbst jedoch bückte sich im Sattel, wie wenn ihn schon die feindliche Waffe getroffen habe und schloß die Augen. Da packte ihn Herr Wolodyjowski mit der Linken am Genick, schob seine Säbelspitze unter dessen Achsel und jagte mit ihm in der Richtung der Seinen davon. Der also Besiegte leistete nicht nur nicht den geringsten Widerstand, sondern spornte selbst noch sein Pferd an, sobald er die Säbelspitze in der Achselhöhle unter seinem Schuppenpanzer spürte. Wie betäubt ritt er dahin, während seine Arme schlaff herabhingen, während seinen Augen Thränen entströmten. Nachdem ihn Wolodyjowski in die Hände Lusnias ausgeliefert hatte, kehrte er selbst wieder auf den Kampfplatz zurück.

Auf Seiten der Türken erscholl indessen Trompeten- und Pfeifenklang, als Zeichen für die Scharmuzierer, sich in geschlossenen Scharen zurückzuziehen, und so begaben sie sich wieder zu ihren Abteilungen, darniedergedrückt durch die erlittene Schmach und voll banger Erinnerung an den schrecklichen Gegner.

»Das war der Böse,« sprachen die Spahis und Mamelucken zu einander. »Wer mit ihm zusammentrifft, der erleidet den Tod. Der Böse war's, kein anderer!«

Die polnischen Scharmuzierer blieben noch eine Weile an Ort und Stelle, um damit anzuzeigen, daß sie das Feld behauptet hatten, und verließen erst nach mehrmaligem lautem Triumphgeschrei unter dem Schutze der Kanonen, die Herr Potocki von neuem spielen ließ, den Kampfplatz. Bald darnach war auch von den Türken nichts mehr zu sehen. Wohl schimmerten noch eine Zeitlang ihre Burnusse, ihre buntfarbigen Kopfbedeckungen und ihre glänzenden Helme in dem lichten Sonnenscheine, schließlich aber war alles den Blicken entschwunden. Auf dem Kampfplatze blieben nur noch die gefallenen Polen und Türken zurück. Aus der Feste aber kamen nun die Troßknechte herbei, um die erschlagenen Polen zu bergen und zu begraben, und Schwärme von Raben zogen heran, um über die Heiden herzufallen. Doch nicht lange währte ihr Leichenschmaus, denn schon gegen Abend wurden sie durch neue Scharen des Sultans verscheucht.


 << zurück weiter >>