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VIII

Am selben Tag noch meldete sich der kleine Ritter bei dem Hetman, welcher ihn sogleich mit den Worten empfing: »Ich bin genötigt, Ruszczyc nach der Krim zu entsenden, auf daß er sehe, was sich dort alles vorbereitet und damit er bei dem Khan wegen Einhaltung der Verträge anpoche. Willst Du wieder Dienste nehmen und Ruszczycs Nachfolger im Kommando sein? Du, Wilczkowski, Silnicki und Pivo, Ihr werdet den Dorosz im Auge behalten, sowie die Tataren, denen niemals zu trauen ist ...«

Herr Wolodyjowski wurde plötzlich traurig. Er hatte die Blüte seiner Jahre im Dienst zugebracht. Jahrzehntelang hatte er nichts von Ruhe gewußt; sein Leben war im Schlachtengetümmel, im Pulverdampf verflossen, unter Mühseligkeiten aller Art, Hunger, schlaflosen Nächten unter Gottes freiem Himmel, oft ohne eine Handvoll Stroh zum Lager. Gott allein wußte, wieviel Blut schon sein Schwert vergossen hatte. Er besaß weder ein Weib noch einen sicheren Herd. Leute von weit geringerem Verdienst waren bereits im Genusse des panem pene merentium, waren zu Ehren, Aemtern, Starosteien gelangt. Er aber war reicher, als er zu dienen begann, denn jetzt. Und nun hatte man Lust, wieder mit ihm, wie mit einem alten Besen herumzufegen. Er hatte ein wundes Herz, und jetzt, da sich so süße, freundliche Hände gefunden, unter deren Pflege die Wunden zu heilen begannen, kam der Befehl, aufzubrechen und nach den wüstesten, fernsten Grenzen der Republik zu eilen, ohne jede Rücksicht auf seine müde Seele. Wäre der Felddienst mit seinen Anforderungen nicht gewesen, nicht das plötzliche Aufbrechen, so hätte er ein paar Jahre wenigstens mit Anusia glücklich sein können.

Eine unsägliche Bitterkeit stieg bei diesem Gedanken in seiner Seele auf; aber da es ihm eines Kavaliers unwürdig schien, auf geleistete Dienste hinzuweisen, so antwortete er nur kurz: »Ich werde gehen.«

»Du bist noch nicht dienstlich gebunden,« sagte der Hetman, »Du kannst es abschlagen. Weißt Du doch am besten, ob dies nicht zu früh für Dich kommt.«

»Es ist nicht zu früh für mich zu sterben,« erwiderte Herr Michal.

Herr Sobieski schritt mehrmals im Gemache auf und ab, dann blieb er vor dem kleinen Ritter stehen und legte die Hand vertraulich auf dessen Schulter.

»Wenn Deine Thränen noch nicht getrocknet sind, der Steppenwind wird sie Dir trocknen. Hast Du, mein wackerer Krieger, Dein Leben lang Dich abgemüht, so mühe Dich noch weiter. Und sollte Dir's in den Sinn kommen, man habe Deiner vergessen, Deine Verdienste nicht belohnt, Dir keine Ruhe gegönnt, Dir nicht Butterschnitten, sondern trockenes Brot gegeben, keine Starostenwürde, aber Wunden, keine Ruhe, aber leidenvolle Plage – dann beiße die Zähne zusammen und sprich: ›Für Dich, o mein Vaterland!‹ Andern Trost vermag ich nicht, Dir zu geben, denn ich finde keinen. Nimm jedoch, wenngleich ich kein Priester bin, von mir die Versicherung, daß Du in solchem Dienst auf Deinem abgenützten Sattel weiter kommst, als andere in sechsspännigen Karossen, und daß vor Dir sich Pforten öffnen werden, welche jenen verschlossen bleiben.«

»Für Dich, o mein Vaterland!« so sprach's in Herrn Wolodyjowskis Seele. Es hatte ihn überrascht, daß der Hetman so seine geheimsten Gedanken erraten.

Herr Sobieski setzte sich ihm gegenüber und fuhr fort:

»Ich reise mit Dir, nicht als Vorgesetzter, sondern als Freund – nein! wie ein Vater mit seinem Sohn. Als wir zusammen im Feuer standen, bei Podhajce und früher in der Ukraine, wo wir nur mit äußerster Anstrengung dem Feind standhalten konnten, während hier im Herzen des Vaterlandes schlimme Menschen in ungestörter Sicherheit hinter unserem Rücken um ihrer persönlichen Interessen willen mit einander haderten – da kam es mir oftmals in den Sinn: ›Diese Republik muß zu Grunde gehen! Die Zügellosigkeit herrscht hier allzu häufig anstatt der Ordnung, zu oft muß das allgemeine Wohl den persönlichen Interessen weichen. Nirgends sonst ist dies in solchem Maße der Fall.‹ Diese Gedanken nagten an mir bei Tag im Felde, bei Nacht unter meinem Zelte, denn ich sagte so zu mir: ›Gut, wir Soldaten stehen hier im Feuer! ... ganz recht, das ist unsere Schuldigkeit und unser Los. Könnten wir uns doch nur wenigstens sagen, daß dies Blut, das unsern Wunden entströmt, auch Erlösung bringt.‹ Aber selbst dieser Trost war uns versagt. Ach! das waren schwere Tage für mich, diese Tage von Podhajce, obgleich ich Euch immer ein heiteres Antlitz zeigte, aus Furcht, Ihr könntet denken, ich zweifle an dem Sieg im Felde. Es fehlt an Menschen, sagte ich mir, es fehlt an Menschen, die in Wahrheit das Vaterland lieben! Und mir war, als habe mir jemand ein Messer in die Brust gestoßen. Da kam aber jener Tag – der letzte im Lager zu Podhajce, als ich Dich mit zweitausend Reitern gegen eine Horde von sechsundzwanzigtausend Tataren zum Angriff sandte und ihr dem sicheren Tod, dem schrecklichsten Gemetzel mit Sturmeseile entgegenfloget unter Hurrarufen und mit solcher Lust, als ging's zu einer Hochzeit – und ich dachte: ›Ach, das sind meine Krieger!‹ Und in diesem Augenblick nahm Gott die Last von meinem Herzen und vor meinen Augen ward es hell. Diese, sagte ich mir, opfern sich aus reiner Liebe für ihr Vaterland; diese schließen sich keinen Sonderbünden, keinen Verrätern an. Aus ihnen will ich eine heilige Bruderschaft bilden, eine Pflanzschule, in welcher das heranwachsende Geschlecht lernen soll. Ihr Beispiel wird von Wirkung sein; durch sie wird die Wiedergeburt unseres unglücklichen Volkes sich vollziehen, es wird frei werden von Selbstsucht, es wird sich im Zaume halten, und einem Löwen gleich, im Bewußtsein gewaltiger Gliederkraft, neu erstehen zum Staunen der Welt. Solch eine Brüderschaft will ich aus meinen Kriegern schaffen!«

Herrn Sobieskis Antlitz flammte auf in Begeisterung, er erhob das Haupt, das dem eines römischen Cäsaren glich, und seine Arme ausstreckend rief er: »O Herr, schreibe nicht auf unsere Mauern das Mene, Tekel, Upharsin! und hilf mir, damit das Vaterland neu aufleben möge!«

Ein Augenblick des Schweigens folgte. Gesenkten Hauptes saß der kleine Ritter da und fühlte, wie sein ganzer Körper erbebte.

Der Hetman ging während einiger Zeit raschen Schrittes in dem Gemach auf und nieder und blieb dann vor dem kleinen Ritter stehen.

»Wir brauchen Beispiele,« sagte er, »tägliche Beispiele, welche in die Augen fallen. Wolodyjowski! – Dich habe ich mir als Ersten der Brüderschaft erlesen. Willst Du ihr angehören?«

Der kleine Ritter erhob sich und umfaßte die Kniee des Hetman.

»Sieh,« sagte er mit von Rührung ergriffener Stimme, »als es hieß, ich müßte wieder fortziehen, da dacht ich, mir geschehe unrecht und man hätte mir Ruhe gönnen sollen, meinen Schmerz zu verwinden; jetzt aber weiß ich, daß es eine Sünde war, so zu denken ... und ... und ich fühle Reue darüber ... und ich vermag nicht weiter zu sprechen, weil ich mich schäme ...«

Schweigend drückte ihn der Hetman an sein Herz.

»Wir sind, unserer Zahl nach, nur eine Handvoll, aber andere werden unserm Beispiel folgen.«

»Wann soll ich gehen?« frug der kleine Ritter. »Ich könnte auch nach der Krim gehen, weil ich schon öfters dort war.«

»Nein,« sagte der Hetman. – »Nach der Krim sende ich den Ruszczyc. Der hat dort Stammverwandte und sogar Namensbrüder, ich glaube Vettern, welche als Kinder in Gefangenschaft gerieten, Muselmänner geworden sind und unter den Heiden zu hohen Würden gelangten. Diese werden ihm in allem beistehen; Dich habe ich im Felde nötig, denn es giebt keinen, der es mit Dir im Kampf gegen die Tataren aufnähme.«

»Wann soll ich nun abreisen?« wiederholte der kleine Ritter.

»Spätestens in zwei Wochen. Ich muß noch mit dem Herrn Vicekanzler und dem Herrn Schatzmeister Rücksprache nehmen, die Briefe für Ruszczyc richten und ihm Instruktionen erteilen. Halte Dich jedoch bereit, denn ich werde mich beeilen.«

»Von morgen an steh' ich zu Diensten.«

»Möge Dich der Himmel für Deine gute Absicht belohnen, allein es ist nicht nötig, daß Du Dich so rasch bereit machst. Auch wirst Du nicht lange abwesend sein, denn zur Zeit der Königswahl – wenn Frieden bleibt – brauche ich Dich hier in Warschau. Du hast von den Kandidaten gehört? Was spricht der Adel unter sich?«

»Ich kam erst vor kurzem aus dem Kloster, wo man nicht an die Dinge dieser Welt denkt. Ich weiß nur, was mir Herr Zagloba erzählte.«

»Richtig, durch ihn kann ich Bescheid erhalten. Ist er doch sehr bekannt unter den Edelleuten. Wem gedenkst Du Deine Stimme zu geben?«

»Ich weiß es selbst noch nicht; aber ich bin der Ansicht, daß wir eines Kriegsmannes bedürfen.«

»So ist es! Ganz richtig! Auch mir schwebt ein Mann vor, dessen Name schon allein unsere Nachbarn einschüchtern könnte. Einen Kriegshelden brauchen wir, wie es Stefan Batory gewesen. Nun lebe wohl, Soldatchen! ... Einen Kriegshelden brauchen wir! ... das wiederhole allen. Lebe wohl, Gott lohne Dir Deine Bereitwilligkeit.«

Herr Michal nahm Abschied und machte sich auf den Heimweg. Unterwegs dachte er über allerlei nach. Es war ihm nicht unlieb, noch eine oder zwei Wochen vor sich zu haben, denn Krzysias tröstende Freundschaft bedeutete viel für ihn. Der Gedanke, zur Königswahl nach Warschau zurückzukehren, freute ihn darum um so mehr und so wandte er sich denn heimwärts, ohne Leid im Herzen. Hatte doch auch das Steppenleben einen Reiz für ihn, nach dem er sich unbewußt sehnte. Er war an jene unendlichen Räume gewöhnt, in welchen der Reiter sich mehr einem Vogel, als einem Menschen gleich fühlt.

»Wohlan,« sagte er für sich, »ziehen wir also nach jenen unermeßlichen Gefilden, jenen Standquartieren und Grabhügeln, um das alte Leben abermals zu kosten, neue Märsche mit den Truppen auszuführen und die Grenzen zu bewachen wie der Kranich, wenn er im Frühling munter das Gras durchsucht! Ziehen wir!«

Mittlerweile spornte er sein Pferd an und ritt im Galopp weiter, während ihm der Wind um die Ohren sauste, denn die Sehnsucht trieb ihn vorwärts. – Der Tag war heiter, trocken, frostig. Gefrorener Schnee bedeckte die Erde und knirschte unter des Renners Hufen, die harte, kleine Schneeballen gewaltsam emporwarfen. Herr Wolodyjowski raste dermaßen vorwärts, daß sein ein minder gutes Pferd reitender Diener weit hinter ihm zurückblieb.

Die Sonne neigte sich zum Untergang, das am Firmament leuchtende Abendrot warf einen violetten Widerschein auf die weiten Schneeflächen ... An dem östlichen Himmel erschienen die ersten flimmernden Sterne, und in silberner Sichelgestalt stieg der Mond empor. Der Weg war einsam, nur hie und da mußte der Ritter einem Fuhrwerk ausweichen, und so flog er unablässig weiter. Erst als er Ketlings Herrenhof erblickte, hielt er sein Pferd zurück, um sich durch den Diener einholen zu lassen. Plötzlich sah er eine schlanke Gestalt, die ihm entgegen schritt. Es war Krzysia.

Er hatte sie sogleich erkannt, sprang vom Pferd, das er dem Diener überließ, und eilte ihr entgegen, etwas überrascht, aber noch mehr erfreut über ihren Anblick.

»Die Soldaten erzählen sich, in der Abenddämmerung könne man manch überirdischem Wesen begegnen, was bald von schlechter, bald von guter Vorbedeutung sei. Für mich aber giebt es kein besseres Anzeichen, als Euch zu begegnen, mein Fräulein.«

»Herr Nowowiejski ist angekommen,« antwortete Krzysia, »und spricht mit Basia und der Frau Truchsessin. Ich aber ging Euch absichtlich entgegen, denn ich war unruhig darüber, was der Hetman Euch zu sagen habe.«

Die Aufrichtigkeit dieser Worte ging dem kleinen Ritter ans Herz.

»Seid Ihr wirklich so besorgt um mich?« frug er, den Blick zu ihr erhebend.

»Ja,« sagte Krzysia in leisem Tone.

Wolodyjowski verwandte kein Auge von ihr; noch niemals war sie ihm so schön erschienen. Sie trug eine Atlaskapuze; weißer Schwanenpelz umrahmte das Oval ihres zarten, blassen Gesichtchens, auf welches das Mondlicht fiel und mit mildem Schimmer die edelgezeichneten Brauen, die gesenkten Augen mit den langen Wimpern und jenen dunkeln, kaum sichtbaren Flaum über der Oberlippe beleuchtete. Ruhe malte sich auf diesem Antlitz und tiefe Herzensgüte.

Herr Michal fühlte in diesem Augenblick tief, welch ein freundliches, liebes Antlitz dies sei; darum sagte er:

»Wäre nicht die Rücksicht auf den Diener, der mir folgt, ich würde, mein Fräulein, aus Dankbarkeit hier auf den Schnee zu Euren Füßen fallen!«

»Sagt nicht solche Dinge, die mich über meinen Wert behandeln, sagt mir lieber als Belohnung, daß Ihr bei uns bleibt und daß es mir vergönnt ist, Euch noch länger Trost zu bringen.«

»Ich kann nicht bleiben,« antwortete Wolodyjowski.

Krzysia blieb plötzlich stehen: »Unmöglich!«

»Gewöhnlicher Soldatendienst! Ich gehe nach Rus in die Steppen.«

»Gewöhnlicher Soldatendienst?« wiederholte Krzysia. Dann verstummte sie und eilte hastigen Schrittes dem Hause zu. Herr Michal lief ein wenig verlegen neben ihr her. Er fühlte, wie sein Herz schwer wurde und wie er keinen Gedanken fassen konnte. Er wollte etwas sagen, er wollte wieder ein Gespräch anknüpfen – Unmöglich! Und dennoch schien es ihm, als ob er Krzysia tausend Dinge zu sagen habe und daß eben jetzt, so lange sie allein und ungestört waren, der günstigste Augenblick dafür sei.

»Wenn ich nur einen Anfang finde,« dachte er, »dann wird es schon gehen.« Darum fragte er ganz plötzlich: »Wann ist Herr Nowowiejski angekommen?«

»Erst vor kurzem,« erwiderte Krzysia.

Und wieder stockte das Gespräch.

»Auf diesem Wege geht es nicht,« dachte Herr Wolodyjowski. »Wenn ich so anfange, werde ich nie dazu gelangen, mich auszusprechen. Ich merke, daß der Schmerz den Rest meines Verstandes aufgezehrt hat.«

So eilte er denn während einiger Zeit schweigend weiter, während sich sein Schnurrbärtchen immer stärker bewegte. –

Endlich vor dem Hause angelangt, blieb er stehen und sagte:

»Denkt daran, mein Fräulein, daß ich lange Jahre hindurch mein Glück hintan gesetzt habe, um dem Vaterland zu dienen; mit welcher Stirne könnte ich dies denn jetzt verweigern?«

Es dünkte dem kleinen Ritter, ein so einfaches Argument müsse Krzysia sofort einleuchten; und in der That, nach einer Weile erwiderte sie in traurigem, sanftem Tone: »Je mehr man Herrn Michal kennen lernt, um so mehr muß man ihn achten und ehren! ...«

Nach diesen Worten betrat sie das Haus. – Schon im Flur konnten sie Basias Stimme »Allah, Allah« rufen hören. Als sie in das Empfangszimmer traten, sahen sie Nowowiejski in der Mitte mit verbundenen Augen und in gebückter Stellung stehen, die Hände vorgestreckt, um Basia zu erhaschen, die sich in den Ecken versteckte und nur durch Allahrufe ihre Gegenwart kund gab.

Die Frau Truchsessin war am Fenster in ein Gespräch mit Herrn Zagloba vertieft.

Das Eintreten Krzysias und des kleinen Ritters unterbrach diese Unterhaltungen. Nowowiejski nahm das Tuch von den Augen und begrüßte Wolodyjowski. Gleichzeitig liefen auch die Frau Truchsessin, Zagloba und die nach Atem ringende Basia auf ihn zu.

»Wie steht es? wie steht es? Was sagte der Herr Hetman?« frug einer den andern unterbrechend.

»Frau Schwester,« antwortete Herr Michal, »wenn Du dem Gatten ein Schreiben zukommen lassen willst, Gelegenheit dazu ist vorhanden, denn ich muß nach Rus gehen.«

»Man schickt Dich schon fort? Beim lebendigen Gott, tritt noch nicht ein und verlasse uns nicht,« rief in schmerzlichem Tone Frau Makowiecki. »Will man Dir denn keinen Augenblick Ruhe gönnen?«

»Ist es also Thatsache, daß man Dich schon für eine dienstliche Funktion ausersehen?« frug Herr Zagloba mit verdüsterter Miene. »Sehr richtig bemerkte eben die Frau Truchsessin, daß man Dich förmlich wie eine Art Dreschflegel gebraucht.«

»Ruszczyc geht nach der Krim, ich aber übernehme sein Kommando, denn wie schon Herr Nowowiejski bemerkt hat, im Frühjahr werden sicherlich die Straßen schwarz werden von feindlichen Horden.«

»Sollen wir denn allein immer wieder die Republik, wie der Hund den Hof, vor Dieben hüten!« rief Zagloba. »Andere Leute wissen oft nicht, an welchem Ende man eine Muskete abfeuert, und wir sollen niemals Ruhe haben!«

»Gemach, gemach! Darüber läßt sich nichts sagen! Dienst ist Dienst! Ich gab dem Hetman mein Wort, den Dienst zu übernehmen, ob früher oder später, das kommt auf eines heraus ...«

Und Herr Wolodyjowski legte den Zeigefinger an die Stirn und wiederholte, was er schon Krzysia gesagt: »Ihr wißt, daß ich so manche Jahre mein Glück hintangesetzt, um der Republik zu dienen, mit welchem Gesicht könnte ich mich nun weigern, dem Glück Eurer lieben Gesellschaft zu entsagen?«

Niemand antwortete darauf. Nur Basia näherte sich ihm mit der schmollenden Miene eines erzürnten Kindes und sagte:

»Schade um den Herrn Michal!«

Wolodyjowski brach in ein fröhliches Lachen aus. »Gott tröste Euch, mein Fräulein! Aber gestern erst sagtet Ihr, Ihr könntet mich ebenso wenig ausstehen, wie einen wilden Tataren.«

»Was? Wie einen Tataren? Das hab' ich ja gar nicht gesagt! Ihr werdet Euch das Vergnügen machen, gegen die Tataren zu kämpfen, während wir hier ohne Euch uns so einsam fühlen werden.«

»Trösten Sie sich, kleiner Wildfang – Verzeihung, mein Fräulein, für diese Benennung, sie paßt so vortrefflich – der Herr Hetman sagte mir, mein Kommando werde nicht lange währen. In einer Woche oder in zwei Wochen ziehe ich fort, aber zur Zeit der Königswahl soll ich wieder in Warschau sein. Der Hetman selber wünscht dies, und ich komme selbst dann, wenn Ruszczyc im Mai noch nicht aus der Krim zurück wäre.«

»O das ist herrlich!«

»Auch ich ziehe mit Euch fort, Herr Oberst, ich werde sicher mit Euch ziehen,« sagte Nowowiejski, indem er Basia anschaute; und sie antwortete darauf: »Es werden sicher noch viele so handeln wie Ihr! Unter einem solchen Befehlshaber zu dienen, das ist eine Wonne. Geht nur, geht, das wird Herrn Wolodyjowski heiterer stimmen.«

Der junge Mann seufzte und fuhr sich mit der flachen Hand über das Stirnhaar; dann sagte er, indem er die Arme wie zum Blindekuhspiel ausstreckte: »Aber jetzt will ich noch Fräulein Barbara fangen, bei Gott, ich will sie fangen!«

»Allah, Allah,« rief Basia zurückweichend.

Mittlerweile näherte sich Krzysia mit heiterem Antlitz, voll stiller Freude, Herrn Wolodyjowski: »Also so schlimm seid Ihr mir gegenüber, Herr Michal, und für Basia so viel besser gesinnt, als für mich?«

»Ich schlimm? Ich Basia besser gesinnt?« frug der Ritter voll Verwunderung.

»Ihr sagtet Basia, daß Ihr zur Königswahl wiederkehren würdet; wenn ich das gewußt hätte, wäre mir Eure Abreise nicht so schwer aufs Herz gefallen!«

»Ach, meine goldene ...« rief Herr Michal aus, faßte sich aber rasch wieder und sagte: »Ach mein lieber Freund! Ich sagte Euch nur wenig, weil ich den Kopf verloren hatte.«


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