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Zweiter Teil

I

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In zärtlicher Liebe einander zugethan, lebten sie äußerst glücklich zusammen, wennschon ihnen auch jetzt noch, im vierten Jahre ihrer Ehe, Kindersegen versagt geblieben war. Mit großem Eifer widmeten sie sich der Bewirtschaftung ihrer Besitztümer. Wolodyjowski hatte mit eigenem wie auch mit Basias Vermögen mehrere kleine Landgüter in der Nähe von Kamieniec zu einem sehr mäßigen Preise angekauft, deren Eigentümer, ängstliche Leute, die drohende türkische Invasion fürchteten und demnach darnach trachteten, die gefährdete Gegend zu verlassen. Auf all diesen Gütern stellte er eine musterhafte Ordnung her, mit fester Hand hielt er die unruhige Bevölkerung zum Gehorsam an, die eingeäscherten Hütten baute er wieder auf, ja, er gründete da und dort Forts, das heißt kleine befestigte Höfe, in die er zeitweise eine Besatzung legte, kurz, ebenso trefflich wie er früher das Vaterland verteidigt hatte, wußte er jetzt zu wirtschaften, ohne indessen jemals den Säbel aus der Hand zu legen.

Der Ruhm seines Namens bildete übrigens den besten Schutz für all sein Hab und Gut. Mit einigen Mursen Anmerk. d. Uebersetzerinnen: Mursa, Tatarischer Fürst. hatte er seinen Säbel mit Wasser benetzt und Brüderschaft geschlossen, andere hatte er erfolgreich bekämpft. Die Räuberhorden der Kosaken, vereinzelte Haufen der Tatarenhorden, die Steppenräuber und die besarabischen Wegelagerer zitterten, wenn sie an den »kleinen Falken« dachten. Seine Pferde und Schafherden, seine Büffel und Kameele konnten daher sicher in den Steppen umherziehen. Sogar an seine Nachbarn wagte man sich nicht heran. Durch die Mithilfe seines stets thätigen Weibes mehrte sich sein Hab und Gut zusehends, seine Mitmenschen brachten ihm Achtung und Zuneigung entgegen. Im Vaterlande hatte er sich eine angesehene Stellung errungen, der Hetman liebte ihn, der Pascha aus Chocim schnalzte mit der Zunge vor Bewunderung über ihn, selbst in der fernen Krim, in Bachtschisarai wurde sein Name nur mit Ehrerbietung genannt.

Die Bewirtschaftung seiner Ländereien, der Krieg und die Liebe, das waren seine Lebenselemente.

Den heißen Sommer des Jahres 1671 verbrachte Herr Michal mit Basia auf deren Erbgut Sokol, welches die Perle unter allen ihren Besitzungen bildete. Hier veranstalteten sie einen wahrhaft glänzenden, pomphaften Empfang für Herrn Zagloba, der, ungeachtet seines hohen Alters, die Reisebeschwerden nicht scheuend, eingedenk des bei der Hochzeit gegebenen Versprechens, nun zum Besuch bei ihnen eintraf. Doch die fröhlichen, lärmenden Gastereien nahmen bald ein jähes Ende, die Freude der Wirte über den ihnen so teuren Gast wurde bald gestört durch einen Befehl des Hetman, kraft dessen Wolodyjowski das Kommando in Chreptiow übernehmen mußte, um von dort aus die Moldausche Grenze zu überwachen, um Kunde aus den Steppen zu übermitteln, Streifwachen auszusenden, um drohenden Einfällen vorzubeugen und um die Gegend von Räuberbanden zu säubern.

Der kleine Ritter, welcher als Krieger stets willig war, der Republik zu dienen, befahl sofort dem Gesinde, die Herden von den Weideplätzen heimzutreiben, den Kameelen die Saumsättel anzulegen und sich selbst, wohl ausgerüstet, bereit zu halten.

Trotzdem brach ihm fast das Herz bei dem Gedanken an die Trennung von seinem Weibe, das er nicht nur wie ein Gatte, sondern auch wie ein Vater liebte, ohne das er kaum mehr zu leben vermochte! Doch durfte er sie mit sich nehmen in die öde, einsame Wüstenei von Uszyc, durfte er sie solch großen Gefahren aussetzen? Nein, das wollte er nicht.

Basia bestand jedoch darauf, ihn zu begleiten.

»Bedenke doch nur,« warf sie ein, »daß ich weit größeren Gefahren ausgesetzt bin, wenn ich hier bleibe, als wenn ich mich bei Dir befinde und demgemäß unter dem Schutze eines ganzen Kriegsheeres stehe. Ich will kein anderes Dach über mir, als das Deines Zeltes, denn ich bin die Deine geworden, um alle Mühseligkeiten, alle Beschwerden, alle Gefahren mit Dir zu teilen. Hier würde mich die Unruhe verzehren, dort aber, bei Dir, bei einem solchen Krieger werde ich mich sicherer fühlen, als sich die Königin in Warschau fühlt, und sollte die Notwendigkeit an mich herantreten, mit Dir ins Feld zu ziehen, nun, an mir wird es nicht fehlen. Bleibe ich aber hier allein zurück, dann wird mich der Schlaf fliehen, kein Bissen wird über meinen Mund kommen, und da ich es ohne Dich nicht auszuhalten vermag, mache ich mich schließlich doch nach Chreptiow auf. So Du mir aber den Einlaß verwehrst, nächtige ich vor dem Thore und flehe und weine so lange, bis Du Dich meiner erbarmst.«

Gerührt von dieser Liebe nahm Wolodyjowski sein Weib in die Arme und bedeckte dessen rosiges Gesichtchen mit heißen Küssen, die ihm aber alle redlich wieder zurückgegeben wurden.

»Ich würde mich Deinem Wunsche nicht widersetzen,« erklärte er hierauf, »wenn es sich jetzt nur darum handelte, die Grenzen zu bewachen, oder einen Ueberfall auf die Tatarenhorden zu unternehmen. An Mannschaft wird es mir wahrlich nicht fehlen, denn es zieht eine Schwadron des Generals von Podolien mit mir, sowie eine des Herrn Unterkämmerers, ganz abgesehen von den Semenen und den Linkhauzschen Dragonern, die sich mir unter Motowidlo anschließen. So werden doch gegen sechshundert Mann zusammenkommen, ja, mit den Troßknechten wohl tausend Mann. Allein ich bin fest davon überzeugt, daß wir in Bälde in einen gewaltigen Krieg mit der gesamten türkischen Heeresmacht verwickelt sein werden. Was will es bedeuten, daß die Großmäuler in dem Reichstage zu Warschau dies leugnen, wir Grenzbewohner müssen uns jede Stunde darauf gefaßt machen. Herr Mysliszewski ist auch dieser Ansicht, und der Pascha aus Chocim spricht sich täglich dahin aus. Zudem glaubt auch der Hetman, der Sultan werde den Doroszenko nicht ohne Beistand lassen, sondern der Republik den Krieg erklären. Was könnte ich aber dann mit Dir beginnen, Du meine holde Blume, Du süße Gottesgabe?«

»Was auch Dein Schicksal sein mag, ich will es mit Dir teilen. Dein Los sei auch das meine.«

Jetzt hielt indessen Zagloba nicht länger an sich, und sich zu Basia wendend, sagte er:

»Fallt Ihr den Türken in die Hände, dann wird Dein Los, ob Du es nun willst oder nicht, ein ganz anderes wie das von Michal sein. Ha! Nach den Kosaken, den Schweden, nach den septentrionischen und brandenburgischen Hundeseelen nun auch noch – die Türken. Was sagte ich zu dem Geistlichen Olszowski: »Treibt den Doroszenko Anmerk. d. Uebersetzerinnen: Doroszenko, berühmter Kosaken-Hetmann (Rebell). nicht zur Verzweiflung, sonst bleibt ihm keine andere Wahl, als es mit den Türken zu halten.« Bei meiner Treu! Und was thaten sie? Sie hörten nicht auf mich! Nein, den Hanenko schickten sie gegen den Doroszenko aus, und nun muß sich Doroszenko nolens volens dem Türken in die Arme werfen, ja, es kommt vielleicht noch dazu, daß er diesen gegen uns führt. Erinnerst Du Dich, Michal, wie ich den Geistlichen Olszowski in Deiner Gegenwart gewarnt habe?«

»Euer Liebden muß dies bei einer anderen Gelegenheit gethan haben, da ich mich dessen nicht zu erinnern weiß!« entgegnete der kleine Ritter. »Was Du jedoch über Doroszenko sagst, das ist die reine Wahrheit, und der Herr Hetman ist der gleichen Ansicht und erzählt sogar, er habe Briefe von Doroszenko erhalten, die ganz in diesem Sinne geschrieben sind. Wie dem aber nun auch sein mag – genug, daß es zu spät zum Unterhandeln ist. Euer Liebden besitzt indessen einen so scharfen Verstand, daß ich gern Deine Ansicht darüber höre, was wohl ratsamer sein möge, Basia nach Chreptiow mitzunehmen, oder sie hier zurückzulassen. Freilich muß ich dabei auch noch bemerken, daß Chreptiow eine wahre Einöde ist. Das stets elende Dörflein ist nun auch noch seit zwanzig Jahren von den Kosaken und anderen kriegerischen Streifzügen fortwährend heimgesucht worden, ich weiß daher wahrlich nicht, ob ich noch zwei fest zusammengefügte Balken vorfinden werde. Welch unzählige, dicht bewachsene Schluchten giebt es dort, welch unzählige Höhlen und allerlei Schlupfwinkel, in denen sich Hunderte von Mordgesellen aufhalten, ganz abgesehen von denen, die aus der Wallachei herüberkommen.«

»Was will denn solches Raubgesindel gegen eine Macht wie die Deine bedeuten?« entgegnete Zagloba. »Mit dem aufzuräumen, das ist ja eine Kleinigkeit! Und wenn Du von den kriegerischen Streifzügen sprichst, rein lächerlich! Ziehen größere heran, dann wird man's zeitig genug erfahren, und handelt es sich nur um kleine, nun, dann heißt's einfach, sie ausrotten.«

»So ist's recht!« rief nun Basia, »das alles ist ja nicht wert, daß man überhaupt nur davon spricht! Mit dem Raubgesindel wird man fertig, mit den Tataren wird man fertig. Michal verfügt über eine Macht, mit der er mich sogar vor der gesamten Kriegsschar aus der Krim schützen kann.«

»Störe mich nicht in meinen deliberationes!« meinte jetzt Herr Zagloba, »sonst wird zu Deinen Ungunsten entschieden.«

Rasch hielt nun Basia ihren Mund mit beiden Händen zu, zog das Köpfchen tief zwischen die Schultern, gerade als ob sie sich entsetzlich vor Herrn Zagloba fürchtete – während er, trotzdem er nicht im Unklaren darüber sein konnte, daß Basia ihren Scherz mit ihm treibe, sich doch von deren Thun geschmeichelt fühlte und demzufolge, seine runzelige Hand auf das blonde Haupt seines Lieblings legend, also sprach:

»Nun, nun, nur keine Furcht, ich werde es schon recht machen.«

Daraufhin küßte Basia inbrünstig die Hand ihres alten Freundes, dessen Ratschläge um so mehr ins Gewicht fielen, als noch selten jemand fehl gegangen war, wenn er sie befolgt hatte. Zagloba aber schob nun beide Hände in den Gürtel, schaute bald Basia, bald Michal mit seinem gesunden Auge scharf an und fragte, die Unterlippe vorschiebend, plötzlich:

»Es ist also noch immer keine Aussicht auf Nachkommenschaft vorhanden, wie?«

»Da ist nichts zu machen, das ist nun einmal der Wille Gottes!« erklärte Wolodyjowski, die Augen gen Himmel gerichtet.

»Da ist nichts zu machen, das ist nun einmal der Wille Gottes!« ließ sich Basia gesenkten Blickes vernehmen.

»Und möchtet Ihr Kinder haben?« fragte Zagloba weiter.

»Ich will Euer Liebden gegenüber aufrichtig sprechen!« erwiderte der kleine Ritter. »Wahrlich, ich weiß nicht, was ich alles darum geben würde. Zuweilen kommt mir aber der Gedanke, daß mein Wunsch ein vergeblicher bleibt. Der Herr Jesus hat mir schon ein großes Glück beschert, indem er mir dieses süße Kätzchen, oder wie Du, liebwerter Herr, zu sagen pflegst, diesen süßen Wildfang zu eigen gab. An Ehren, an Hab und Gut fehlt es mir auch nicht, und so wage ich es fürwahr nicht, Gott mit noch weiteren Bitten zu belästigen. Siehst Du, Euer Liebden, mir kommt es immer wieder in den Sinn, daß wenn die Wünsche der Menschen alle in Erfüllung gingen, schließlich kein Unterschied zwischen der irdischen Republik und der himmlischen bestände, die doch allein eine vollkommene Glückseligkeit gewähren kann. Deshalb lasse ich mich auch nicht darniederdrücken. Die Bürschlein, welche mir hienieden versagt bleiben – die feste Hoffnung hege ich – werden mir dereinst dort oben geschenkt werden, dort oben, wo sie nach alter Weise unter dem Hetman der himmlischen Heerscharen dienen werden, unter dem heiligen Erzengel Michal, um sich im Kampfe gegen den Unflat der Hölle mit Ruhm zu bedecken und zu hohen Würden zu gelangen.«

Hier richtete Wolodyjowski, gerührt über die eigenen Worte und erfüllt von der Ueberzeugung der frommen christlichen Ritter, die Augen abermals gen Himmel, während Herr Zagloba, der ihm ruhig zugehört hatte, die Brauen finster zusammenziehend, sagte:

»Nimm Dich in Acht, nimm Dich in Acht, daß Du keine Gotteslästerung begehst. Ist es denn nicht sündhaft, wenn Du Dir schmeichelst, die Absichten der Vorsehung erraten zu können? Wahrlich, dafür wirst Du vielleicht in der Hölle rösten, wie die Erbsen auf der heißen Platte des Herdes. Unser Herrgott hat noch weitere Aermel als Seine Reverenz, der Bischof von Krakau, liebt es aber nicht, wenn man ihm nachspürt, wenn man zu erforschen sucht, was er für die Menschheit zu thun gedenkt. Das alles steht in Seinem Belieben. Du aber hast Dich um das zu bekümmern, was Dich angeht, und so Ihr auf Nachkommenschaft rechnet, dann müßt Ihr beisammen bleiben, dann dürft Ihr Euch nicht trennen.«

Kaum vernahm Basia diese zwar leichtfertigen, aber doch aufmunternden Worte, so sprang sie wie toll im Zimmer umher, klatschte in die Hände und rief voll Freude:

»Nicht wahr, nicht wahr, beisammen bleiben müssen wir. Ich habe es mir gleich gedacht, Euer Liebden würden auf meiner Seite sein, ich habe es mir gleich gedacht! Zusammen begeben wir uns nach Chreptiow, Michal! Einmal wenigstens mußt Du mich gegen die Tataren mitnehmen, nur ein einziges mal, Du mein Teurer, Du mein Goldsöhnchen!«

»Da sieht es nun Euer Liebden! Jetzt gelüstet es ihr schon nach Streifzügen!« erklärte der kleine Ritter.

»An Deiner Seite würde ich mich selbst dann nicht fürchten, wenn es gegen eine ganze Tatarenhorde ginge.«

» Silentium!« fiel ihr nun Zagloba ins Wort, voll Entzücken Basia anblickend, die er unermeßlich lieb hatte. »Meiner Ansicht nach kann übrigens Chreptiow, das ja gar nicht so weit von hier liegt, nicht das letzte Standquartier vor der Wüstenei sein.«

»Nein!« erwiderte der kleine Ritter, »es werden Posten nach Mohilow, nach Jampol, ja, sogar nach Raszkow gelegt.«

»Nach Raszkow? Ei, Raszkow ist uns wohl bekannt. Von dort entführten wir ja die Halszka Skrzetuski. Erinnerst Du Dich, Michal, an die Waladymiecki-Schlucht? Erinnerst Du Dich, wie ich jenes Monstrum, jenen Teufel, jenen Czeremis, der sie bewachte, zusammenhieb? Aber sofern das letzte praesidium in Raszkow steht, dann wird man dort, sobald sich in der Krim etwas rührt, sobald sich die türkische Streitmacht in Bewegung setzt, davon hören und solches rechtzeitig nach Chreptiow melden. Chreptiow kann daher unmöglich plötzlich überfallen werden, von einer großen Gefahr kann deshalb auch nicht die Rede sein. Bei Gott, ich weiß wahrhaftig nicht, weshalb Basia dort nicht mit Dir zusammenleben sollte? Ich spreche ganz im Ernst, und zudem weißt Du ja, daß ich mir lieber meinen alten Schädel einschlagen ließe, als daß ich Basia irgend einer Gefahr aussetzen möchte. Nimm sie nur mit Dir, es wird Euch beiden zum Wohle gereichen. Nur muß Basia ihr Wort geben, keinen Widerstand zu leisten, falls man sie, im Falle eines Krieges, fortbringen läßt, und sei es so weit wie nach Warschau. Denn ein jeder Krieg führt entsetzliche Märsche, erbitterte Kämpfe, Einschließung der Feldlager, ja, häufig sogar, wie einst bei Zbaraz, schwere Hungersnot herbei. Unter solchen Drangsalen vermag aber ein Mann oft kaum den eigenen Kopf zu schützen, geschweige also den seines Weibes.«

»Wie gerne würde ich an der Seite Michals fallen,« warf jetzt Basia ein, »doch besitze ich immerhin genügenden Verstand, um das Mögliche und das Unmögliche zu unterscheiden, und schließlich hängt ja alles von dem Willen Michals und nicht von mir ab. Hat denn Michal nicht schon dieses Jahr an einem Kriegszuge teilgenommen? Ist es mir aber jemals in den Sinn gekommen, mit ihm ziehen zu wollen? Nein! Wenn es mir daher jetzt nicht verwehrt wird, Michal nach Chreptiow zu folgen, dann mag er mich, im Falle eines Krieges, an irgend einen ihm beliebigen Ort bringen lassen.«

»Der wohledle Herr Zagloba könnte Dich nach Podlasie zu den Skrzetuskis geleiten,« bemerkte nun der kleine Ritter, »und dorthin wird fürwahr kein Türke dringen.«

»Der Herr Zagloba, der Herr Zagloba!« rief hierauf der alte Edelmann in spöttischem Tone. »Gehöre ich vielleicht zum alten Hausrat? Vertraut nur nicht gar so leicht dem Herrn Zagloba Eure Frauen an, indem Ihr auf dessen Alter baut, es könnte sich mit einemmale etwas ganz anderes herausstellen. Doch ganz abgesehen davon, glaubst Du etwa, daß ich mich im Falle eines Krieges mit den Türken hinter den Ofen von Podlasie setzen und darauf achten werde, daß das Brot nicht verbrenne? Bin ich vielleicht ein lebloser Stock? Da bin ich doch noch zu etwas anderem gut. Wohl muß ich eine Bank haben, um das Pferd zu besteigen – assentior! Aber sitze ich erst einmal fest im Sattel, dann sprenge ich gegen den Feind wie der jüngste Bursche. Gott sei Lob und Dank, ich halte immer noch ein wenig zusammen, und es ist nicht zu befürchten, daß ich wie Sand oder wie Sägespähne auseinander falle. Ein blutiger Zusammenstoß mit den Tataren ist zwar nichts mehr für mich, und in der Wüstenei umherschnuppern, das will ich gar nicht, denn ich bin kein Jagdhund, wenn es sich jedoch um eine große Attacke handelt, dann probiere es einmal einer, mir zur Seite zu bleiben, und er wird Wunderdinge erleben.«

»So will denn Euer Liebden wirklich wieder ins Feld ziehen?«

»Glaubst Du denn, ich sei nicht darauf bedacht, nach so vielen Dienstjahren mein ruhmreiches Erdenwallen mit einem glorreichen Tode zu besiegeln? Was könnte mir denn Wünschenswerteres widerfahren? Hast Du Herrn Dziewiatkiewicz gekannt? Dieser sah zwar höchstens wie ein Mann von hundertundvierzig Jahren aus, obwohl er hundertundzweiundvierzig Jahre alt war, und befand sich doch noch immer im Dienst.«

»So alt ist er nicht gewesen.«

»So wahr mir mein Leben lieb ist, er ist so alt gewesen. Doch kurz und gut, wenn's zu einem Kriege kommt, dann ziehe ich mit und damit Punktum! Jetzt gehe ich aber mit Euch nach Chreptiow, weil ich in Basia geradezu verliebt bin.«

Mit ausgebreiteten Armen eilte nun Basia auf Herrn Zagloba zu, und als sie ihn umfaßte und ihr Köpfchen an ihn schmiegte, da richtete er sich hoch empor, indem er stets wiederholte:

»Fester! fester!«

Während geraumer Zeit stand Wolodyjowski sinnend da, schließlich jedoch hub er an:

»Wir können nicht alle zusammen aufbrechen, weil wir in die reinste Einöde kommen, weil wir nicht einmal den kleinsten Schlupfwinkel zur Unterkunft fänden. Nein, ich gehe allein, suche einen geeigneten Platz für unser Standquartier aus, das gehörig befestigt werden muß und lasse eine genügende Anzahl Bauten für unsere Soldaten, sowie Schuppen für die Pferde der Offiziere errichten, damit die Tiere, welche von edlerem Blute sind, nicht zu sehr unter den Witterungsverhältnissen leiden. Dann müssen Brunnen gegraben, die Wege ausgebessert und die Waldschluchten von Raubgesindel gesäubert werden. Erst nachdem dies alles geschehen ist, sende ich Euch eine Eskorte, unter deren Schutz Ihr dann sicher nach Chreptiow gelangt. Wenigstens drei Wochen müßt Ihr aber vielleicht noch zuwarten.«

Schon wollte Basia Einwand dagegen erheben, da vereitelte dies Herr Zagloba, der die Richtigkeit von Wolodyjowskis Ausführungen erkannte, indem er sagte:

»Was richtig ist, ist richtig! Basia, wir beide bleiben hier zusammen und wirtschaften gemeinsam. Da wird es uns nicht schlecht ergehen. Zudem muß auch für Vorräte gesorgt werden, und Ihr wißt sicherlich nicht, daß sich Meth und Wein nirgends so gut hält wie in Höhlen.«


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