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Verspätete Liebe

Erstarkt und stolz hält hoch und stramm
Die Wipfelkrone Stamm an Stamm
In hochgewölbten Waldesräumen;
Doch weht mit ungestümer Macht
Durch all' die festgefügte Pracht
Ein frühlinghaftes Träumen,

Dann bricht und fällt manch' Zweig, manch' Ast,
Es rüttelt an den Wurzeln fast
Und will doch nichts als Lust und Segen.
Mit Sonnengold und Blüthenschein
Verziert der Lenz des Waldes Schrein
Und gibt ihm Glück zu hegen,
Wenn sich die Stürme legen.

Nicht stolzes Rühmen ist mein Brauch,
Doch sah ich wilde Wetter auch,
Aus denen ich mit Glück entronnen.
Den ungestümen Jugenddrang
Hat längst gedämpft der ernste Zwang,
Und Ruhe ward gewonnen.

Was schüttelt nun mich hin und her,
Als wogte noch der Stürme Meer,
Und läßt nicht Schutz und Halt mich finden?
Ist rückgekehrt des Lebens Mai
Mit Lieb' und Leid und glaubt, ich sei
Noch biegsam allen Winden?

Hat er mir Gnaden zugedacht,
Dann brauche sanft er seine Macht;
Denn rückt er so mit Sturm und Flammen,
Mein starres Herz erobernd, an,
Dann bricht, was sich nicht beugen kann,
Zerstört in mir zusammen.