Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Der Zottelbär

Im Felde schwang ein Mädchenkranz
Mit Scherz und Sang sich flink im Tanz,
Da kam mit Tritten plump und schwer
Vom Berg herab ein Zottelbär.

Mit Ach und Weh' und Angstgeschrei
War stracks das munt're Spiel vorbei.
Als hätt' er sie mit Haut und Haar,
So schrie und lief die Mädchenschaar
Und sah den Bach nicht, querfeldein,
Und lief und plumpste voll hinein.

Jetzt kam auch schnell das Thier heran,
That zierlich wie ein Rittersmann
Und streckte seine Pfoten hin,
Die Mädchen aus dem Bach zu zieh'n.
Mit Staunen halb und halb mit Scheu
Sah'n die, der plumpe Retter sei
So schrecklich gar nicht anzuseh'n,
Mit ihm sei wohl noch umzugeh'n.
Sie wuschen rein ihm das Gesicht
Und kämmten ihn, er murrte nicht.
Bald war aus wirrem Zottelfell
Herausgeschält ein Junggesell.

»Sag' an, was deutet diese Art,
So wild zu tragen Haar und Bart?
In Bärenfell zu kleiden Dich,
Was dazu Dich bewogen, sprich!«

»Die Weiber haben mich genarrt,
Aus Liebe litt ich viel und hart,
Da bin ich in den Wald geeilt,
Der manchen Schmerz und Unmuth heilt;
Auf Berge stieg ich hoch hinan,
Hab' alles Leid dort abgethan.
Nun bin ich wieder frank und frei,
Bereit zu neuer Narretei,
Und steh' von Euch ich einer an,
So nehm' sie rasch mich zum Galan.
Doch hüt' sie sich vor Untreu' sehr,
Sonst werde ich der alte Bär
Und bleib' dann ewig angetraut
Im Waldgebirg der Zottelhaut.

.


 << zurück weiter >>