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Die Ritter von Kreuzenstein

Die alten Degen von Kreuzenstein
Sind längst im Tode verblichen;
Seit sie gekeltert den letzten Wein,
Sind etzliche Jahre verstrichen.

Doch leiden sie immer noch Durstes Qual
Und haben nicht Ruhe im Grabe;
Nachts kommen hervor sie manchesmal
Und reiten nordwestlich im Trabe.

Der magere Hans führt an die Schaar,
Der letzte ist Kurt im Zuge,
Mitreitet das junge Fräulein sogar;
Fortsausen sie wie im Fluge.

Doch wenn am Morgen die Hähne kräh'n,
Die Sterne am Himmel bleichen,
Dann mag man die Kreuzensteiner seh'n
Nach Hause gar elend schleichen.

Sie blinzeln ermüdet wie halb im Traum,
Und ihre Füße, die baumeln.
Sein Rößlein führt Herr Hans am Zaum –
Wahrhaftig, die beiden, sie taumeln.

Kaum hält sich im Sattel das Fräulein recht,
Zerfetzt ist ihr seidener Schleier,
Ihr auf dem Haupte sitzt schief und schlecht
Das Hütlein mit wallendem Reiher.

Wo reiten sie hin im Mondenschein,
Was kommen sie heim so zerschlagen?
Das können wohl die von Kreuzenstein
Allein dem Frager nur sagen.

Doch geht ein heimlich Gemunkel durch's Land –
Verdient auch schier ziemlichen Glauben –
Es könne der Kreuzensteiner Hand
Selbst jetzt noch nicht lassen das Rauben.

Liegt wo im Keller ein alter Wein,
Das schnüffeln die feinen Nasen,
Dann reiten sie aus dem Kreuzenstein,
Sich gütlich d'ran zu begrasen.

Die Batzen waren von jeher rund
Und hielten sich nie im Hause;
D'rum geht es auch jetzt noch mit leck'rem Mund
An fremde Tafeln zum Schmause.

Und trifft sich mitunter was Saures im Faß,
So schneiden sie schiefe Gesichter,
Dann – saufen und schimpfen sie weidlich was;
Betrunken kehrt heim das Gelichter.

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