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»Das ist der Krieg.«

Im Traum sah ich ein Schlachtfeld, von Leichen übersät,
Da hatte reiche Ernte der Schnitter Tod gemäht.
Er schnitt mit wildem Eifer, er schlug in Wuth und Zorn,
Daß übel lag zerdroschen der Aehren gold'nes Korn.

In Fetzen riß er lachend der Freiheit Blüthenkranz,
Und sang ein Lied dem Elend zu dem Verzweiflungstanz;
Die heis're Rabenstimme, sie klang so gell und hohl –
Zersäbelt unter Todten lag todt der Völker Wohl.

Ein Grab war da gegraben dem Glücke und dem Stolz,
Nachdem geschlachtet beide am blut'gen Marterholz;
Nur weht kein Hoffnungsschimmer um solch' ein Golgatha,
Das nie aus Knechtschaftsbanden der Welt Erlösung sah.

Weh', daß dem Schooß der Furchen, von Heldenblut gedüngt,
Statt Freiheit Haß und Rache und Willkürrecht entspringt,
Daß all' die kostbar'n Opfer an Glück und Blut allein
Zu Dank und Gunst dem Fraße der Rabenbrut gedeih'n.

Es bauen die Jahrzehnte mit eifrigem Bemüh'n
Und thürmen Schaft und Bogen zum Riesenwerke kühn;
Es fügt sich Stein zum Steine, es wachsen Blatt und Knauf,
Bald ragen Thurm und Kuppel zur Himmelsbläue auf.

Der Bauherr ist die Menschheit, Werkleute sind Ideen;
So mag aus Drang und Liebe ein stolzer Dom entsteh'n,
Wo gerne außen nisten die Taube und der Aar,
Ragt hoch und heilig innen der Menschlichkeit Altar.

Ein wilder Dämon aber, der reißt allnächtlich ein,
Was werden sah und wachsen des Tages heller Schein;
Er schwingt der Kriegesfackel verderbenloh'nden Brand,
Und tempelschänd'risch wüthet des Frevlers rohe Hand.

Er schreibt mit Blut und Eisen der Stärke trotzig Recht,
Sinkt auch als todte Lettern ein blühendes Geschlecht;
Er füllt mit Schmach und Schande voll der Geschichte Buch
Und sorgt, daß nie ersterbe des Brudermordes Fluch.

Verödung trifft die Scholle, die luft'ge Hallen trug,
Und Keim und Frucht zerwühlet der schwere Schlachtenpflug;
Die Au'n, wo frisch und blühend der Hoffnung Blume stand,
Verkehrt ein Frost in düst'res, trostloses Haideland.

Der Dämon ist zu kennen, sonst hieß er Tyrannei;
Die kocht die Hexensuppe, die mischt den blut'gen Brei
Und bauscht aus Länderfetzen – ein eitelsüchtig Weib –
Des Ruhmes Purpurfalten um ihren Sündenleib.

Spricht in des Teufels Namen sie aus das Schiboleth,
So tanzt ein Volk in Waffen ein höllisches Ballet
Und rast des Kriegesreigens bacchant'sche Taumelwuth,
Daß menschliches Empfinden ersäuft ein Strom von Blut.

Da bricht das Thier die Fessel der Sitte wild entzwei
Und wälzt sich im Moraste mordgier'ger Barbarei,
Da taucht der Freiheit Sonne in's blut'ge Wellengrab,
Und schaudernd sinkt der Genius der Menschheit mit hinab.

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