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Die Aelpler

Die Berge ebnen sich, wo Städte ragen,
Und schnurgerade geht der Zug der Straßen;
Was krumm und hüglicht ist, wird abgetragen,
Die Menschheit selbst wird flach nach allen Maßen.

Da steht ein Damm aus Fels und grünen Lehnen,
Bekrönt mit schimmernd blanken Eiszieraten,
Ein Grenzwall allen Nivellirungsplänen,
Ein Riegel den modernen Ausgleichsthaten;

In Thälern, winklicht, schief und engverästet,
Von weißen Gletscherarmen rings umschlungen,
Hat hinter ihm bewahrt sich und gefestet
Der Väter Art vor manchen Neuerungen.

Wie dort die Welt gezogen ist in's Schiefe,
Ist wohl verschroben manchmal Aelplerweise;
Doch blinkt ein heller Kern in ihrer Tiefe,
Dem Weihrauch gleich im Bau der Waldameise.

So wie der Hochwald schaurig ist und dunkel,
Wenn aus der Weite man ihn fremd betrachtet,
Und doch in ihm der Sonne Glanzgefunkel
Die Zweige reich mit gold'ner Last befrachtet,

Und wie der Bergsee schreckt im Felsendüster,
Obgleich Seerosen seinem Grund entsprossen,
Obwohl im Wellenspiel und Schilfgeflüster
Ein anmuthsvoller Reiz ist ausgegossen,

So stößt des Aelplers rauhe Außenweise
Den ab, dem glatte Formen nur behagen,
Den aus der Etiquette feinem Kreise
Scheu in's Gebirge seine Schritte tragen.

Doch wenn er fühlt des wackern Volkes Plage,
Mitfeiert seiner Feste Freudentänze,
Dem hellen Jubel lauscht und trüber Klage,
Zwingt ihn zur Liebe es in seiner Gänze.

Ein frischer Zug geht durch der Aelpler Treiben,
Ein Hauch, als käm' er von den weißen Firnen,
Von dem die Herzen stark und fest verbleiben,
Die Augen hell, und unbewölkt die Stirnen.

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