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Irrlicht

Der Wald ist dunkel und schwarz die Nacht,
Nur krächzende Uhu halten Wacht.
Wo Feuerlilien blüh'n am Moor,
Da gähnt ein dräuendes Höllenthor.

Dort huscht und hüpft ein zitterndes Licht –
»Die Elfe ist's mit dem Blumengesicht
Und mit dem leuchtenden Strahlenhaar,
Ihr Auge, wie funkelt es silberklar.«

Kein Blumengesicht, kein Silberschein –
O Jüngling, toller, o halte ein! –
Dich lockt Verderben – ein Schrei, so dumpf –
Und ihn hat verschlungen der ekle Sumpf.

»Nun, tückische Elfe, nun bin ich bei dir –
Wie unheimlich doch ist dein düst'res Revier;
Salamander leuchten so bleich,
Und kühl und feucht ist dein nächtliches Reich.

Kein Mondesglanz, keiner Sterne Schein,
Nur endlos bleierne Nacht allein,
Damit nicht etwa das kecke Licht
Enthülle zu deutlich dein Scheuelgesicht.

Deine Haut, so grün und grau,
Deine Backen so schmutzig, so rauh,
Und deine Umarmung, wie fest und schwer,
Als ruhte auf mir das weite Meer.

Deine Muhme, die Unkenmaid,
Soll singen ein Lied mir von Gram und Leid,
Von schlimmer Liebe, die thöricht war,
Und braune Algen mir flechten in's Haar.

Sie weiß von verschwundener Märchenpracht,
Wie sie gethront in Ehr' und Macht,
Und wie sie gesessen auf gold'nem Stuhl,
Eh' sie gesunken in schlammigen Pfuhl.

Sie weiß manch' and'res trübes Gedicht,
Das soll sie singen, indem sie flicht
Von Tang mir und Algen den Kranz in's Haar,
Zu scheuchen mir alberner Träume Schaar.«

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