Julius Mosen
Georg Venlot
Julius Mosen

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Drittes Kapitel.

Mit Herzlichkeit und Jubel wurden die Längsterwarteten im Hochzeitshause empfangen, und Georg hatte kaum Odem genug, um alle Fragen, wie er mit den Willkommenen zusammen gekommen sei, zu beantworten.

Der Graf hatte sich zu den Aeltern des Brautpaars, und zu diesem selbst gewendet, Doctor Voland als einen seiner alten Bekannten, welcher jetzt bei ihm auf Besuch wäre, vorgestellt und auf artige Weise eingeführt.

Während des langen Tischgebets zog Voland seinen ehemaligen Reisegefährten in das Fenster und flüsterte ihm Eins um das Andere zu.

Bald waren um die köstliche Tafel herum die fröhlichen Gäste versammelt. Obenan saß das Brautpaar, Lina daneben; weiter unten Georg zwischen dem Grafen und dem Doctor.

Eine allgemeine Heiterkeit hatte sich über alle Gesichter ausgegossen. Witz und Scherz flog hinüber und herüber.

Vor Allem belebte Doctor Voland mit mancherlei Taschenspielereien die Tafelgenossen, indem er bald aus einer Weinflasche vielfarbiges Feuer spielen, bald den Apfel unter der Hand der Tischnachbarin als Speisung fortfliegen ließ. Ein ausgelassenes Gelächter wußte er anzuschüren und zu unterhalten.

Der Geist des Weins regte immer lebhafter die Gemüther an. Ein Trinkspruch um den andern erklang. Wie einmal die Unterhaltung ebbete, hob Voland das Glas und rief:

Es leb' des Feuers schöne Macht,
Das Feuer, das den Wein gemacht,
Das in dem Busen Aller bebt;
Der alte Feuergeist, er lebt!

Rings fiel der Chorus schallend ein: der alte Feuergeist lebe! lebe hoch! – Und abermals hob er sich und rief mit besonderem, ihm eigenen Lächeln:

Der Schlangenring der Ewigkeit
Soll stets um unsre Herzen schweben;
So auch heut' die Schlange leben!

Die Schlange soll leben! klang es ringsum schallend; und gellend schmetterten die Trompeten und Pauken in langer Fanfare.

Fräulein Lina, flüsterte der Graf zu Georg, ist fürwahr das liebenswürdigste Weib, das ich nur je gesehen habe, dazu gemacht, um einen Mann auf ewig zu fesseln. Venlot! versetzte auf der andern Seite Voland, du weißt, ich hasse die Thorheit, welche man Liebe nennt, so ziemlich; aber dennoch will ich gern glauben, daß ein Mann, welcher diese Jungfrau, die Seinige nennen könnte, wirklich zu beneiden wäre. Wie lieblich ihr Blut durch die zarte Haut schimmert! – Es ist, als wenn der Hauch ihres Odems, vor dem ihr Busen im leisen Wogen aufbebt, den ewigen Jüngling Bachus aus dem Olymp heranzaubern könnte, um sie, eine schmachtende Ariadne, zu der Seeligkeit ewigen Genusses emporzuheben! Tiger müssen vor ihren Blicken gezähmt sich hinschmiegen, um ihr zu dienen.

Georg fühlte bei diesen Worten sein ganzes Blut empört, und nur vergebens suchte er dieses Feuer, welches in ihm brannte, mit Wein abzulöschen. Immer mehr ging ihm die ruhige Besinnung verloren, und immer schwächer sprach die warnende Stimme in seiner Brust zu ihm.

Endlich wurde die Tafel aufgehoben. Man rückte Tische und Stühle zur Seite, um Raum zum Tanzen zu gewinnen, während unterdessen die Gesellschaft in zerstreuten Gruppen im Saale und in den Nebenzimmern plaudernd umherstand.

Vergeblich hatte Heinrich seinen Freund von Voland abzuziehen gesucht; vergeblich regte sich in Georg selbst der Gedanke, daß doch eigentlich sein leichtsinniger, schwer verbüßter Wortbruch in Persien, welcher Aquilina vielleicht auf immer von ihm getrennt habe, durch Volands Einfluß auf ihn verursacht sein möchte; umsonst suchten ihn endlich Lina's umflorte Blicke; er ließ sich dennoch gern von dem, zu vielfarbigen Lichtern des Witzes aufstrahlenden, Gespräche desselben hinreißen.

Er saß mit ihm an einem Tische und ließ sich durch Trinksprüche fortwährend verleiten, sich des frisch duftenden Weinglases zu bedienen.

Doctor! rief er, es war dennoch schön, wie wir gleich einem Adlerpaare durch die Welt zogen! Daß ich in Persien, ich werde ewig daran denken! das schönste Kleinod meines Lebens so schändlich aufgeopfert habe! –

Davon laß uns heute schweigen, versetzte dieser; nur der fröhlichen Gegenwart sei dieses Glas gebracht! Ich bitte dich, nur heute keine Sentenzen, nur heute keine Abendzeitung! Du bist ein Narr! habe ich dir längst gesagt, ein guter zwar, aber doch einer; nicht in der Vergangenheit, nicht im Künftigen, im Gegenwärtigen liegt das Glück. Wär' ich doch so jung und schön, wie du; ich wüßte dann, wo eine Rose für mich blühte!

Eben spielte die Musik zum Tanze auf. Der Graf tanzte den ersten Reigen mit der Braut und führte sie dann dem Bräutigame mit höflichen Verbeugungen wieder zurück.

Georg, flog, bereits mit Lina im Tanze den Saal flüchtig und leicht hinunter. Ein schönes Paar, flüsterten die Zuschauer umher, das sollte sich nie trennen!

Georg war eine Gluth, welche bis in feine Fingerspitzen, mit welchen er die Hand seiner Tänzerin hielt, vorzuckte.

Nach geendigtem Reigen trat Heinrich zu ihm und flüsterte ihm zu: Freund, ich kenne dich heute nicht mehr. Georg drückte ihn an sich und einen festen Kuß auf seine Wange, und war ihm, und zu neuem Tanze entflohen.


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