Julius Mosen
Georg Venlot
Julius Mosen

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Drittes Kapitel.

Er schlief von Neuem ein und erwachte erst wieder, als ihn Voland weckte. Im prächtigen persischen Prachtkleide stand er vor ihm da. Einen rothen Mantel, mit feinem Pelz verbrämt, hatte er um sich geworfen, an seinem goldgestickten Gürtel hing ein Dolch, dessen Griff von Diamanten funkelte. Eine schwarze Persermütze, um welche ein bunter Shawl aus Cachemir gewickelt war, saß ihm auf dem Kopfe.

Bin ich so würdig, dein Gesandter zu sein, mein Prinz? fragte Voland. Ich gehe jetzt in den Pallast. Hier ist ein Packt Kleider und noch anderes Zeug, welches du als Fürst gebrauchst. Ich schnoberte diesen Morgen schon in der ganzen Stadt herum. Bereite dich unterdessen vor; denn bald werde ich dich abrufen. Der dumme »Hädsch« dort kann dir unterdessen die Zeit vertreiben! Mit diesen Worten verließ er das Gemach. Kaum aber hatte sich Georg in die prächtigen Gewänder, welche ihm Voland besorgt hatte, geworfen, und den herrlichen Säbel umgeschnallt, so kam dieser schon wieder zurück und rief: »Hurtig aufs Pferd! Der König zeigt seinen Witz in Galla. Eben zieht der ganze Hofstaat mit den Heirathscandidaten hinaus auf die große Aue vor der Stadt. Du wirst dem erleuchteten König dort vorgestellt.« Georg war ganz Feuer und Leben.

Zwölf königliche Offiziere hielten vor der Karawanserei, ihn zu begleiten. Schnell warfen sich beide auf ihre Pferde und jagten zum entgegengesetzten Thore der Stadt hinaus, wo ihnen die gellende Kamunscha und wirbelnde Trommeln das Fest verkündeten. Eine unermeßliche Menge blaubärtiger Perser drängten sich mit hinaus.

Unfern vor der Stadt sah man eine Bühne aufgeschlagen. Sie war überall mit vielfarbigen hellen Cachemirschaulen behangen. Vor diesem Gerüste befand sich ein freier, kreisartiger Raum, der sich, dieser Bühne gegenüber, in eine weite Bahn eröffnete. Jeden zehnten Schritt stand an dieser Rennbahn ein geharnischter Soldat, der andrängenden Menge zu wehren. Auf dem höchsten Punkte dieser Bühne unter seidenem Baldachine saß der bärtige König in einem, mit Goldschnüren und Perlen abenteuerlich gestickten, Mantel. Eine hohe, mit kostbarem Gesteine besetzte Zilinderkrone, über welche eine leichte mit Diamanten geschmückte Feder sich erhob, belastete sein Haupt. Um ihn herum saßen in glänzenden Gewändern die Großen des Reichs, hinter ihm standen in Sammt und Seide seine Pagen.

Als Georg und Voland, von den königlichen Offizieren begleitet, herbeikamen, wich das Volk ehrerbietig zurück.

Der Erzschatzmeister führte sie zum Könige, der mit gnädigen Blicken den schönen fremden Jüngling musterte. Ihr seid der Fürst aus Fantasienland? fragte er huldreich.

So ist es, Allergnädigster! antwortete Voland für Georg. Es steht nichts im Wege, versetzte der König, daß der edle Fürst sich den übrigen Bewerbern anschließe.

Hierauf verneigten sich Beide und Georg begab sich hinunter zu den übrigen Freiern, welche am Fuße der Bühne standen.

Jetzt begann auf den Wink des Königs eine schmetternde Musik, während sechs Reitknechte ein ungestümes, fast unbändiges Roß, dessen Augen wie Feuer leuchteten, herbeigeführt brachten.

Zu gleicher Zeit maß ein Krieger dreihundert Schritte vorwärts ab und stellte eine Stange, welche sich in einem, auf der Spitze derselben angebrachten, schwarzen Knopfe endigte, als Ziel zum Speerwurf auf.

Der Prinz von Armenien war der Erste, welcher sich dem Rosse nahte; aber kaum hatte er es bei der Mähne gefaßt, so schleuderte ihn das wüthende Thier so hart an den Boden, daß er besinnungslos aus der Rennbahn hinweggetragen werden mußte. Nicht besser erging es dem Nächsten.

Wiederum erhob sich die ermuthigende Musik und stolz und hoch schritt Oalla, der Chan von Kurdistan, in den Kreis vor. Mit einer eigenen kräftigen Behendigkeit, dem Sprunge eines Löwen vergleichbar, warf er sich auf das bäumende Roß. Sein Waffenmeister überreichte ihm den Speer. Wie sich das Roß auch geberden mochte, so wußte er es doch so weit zu bändigen, daß er endlich den Speer wuchten und schleudern konnte. Er hatte so richtig gezielt, daß er beinahe die schwarze Kugel des Ziels getroffen hätte, wenn er nicht zu kurz abgekommen gewesen wäre.

Ein allgemeines Geschrei des Beifalls erschallte rings. Er übergab das schäumende Roß den Knechten und begab sich zum Könige auf die Bühne.

Abermals ertönte die Musik und Georg Venlot ging auf das Roß, welches wüthend Sand und Steine mit den Hufen vorschlug, ruhig und fest zu. Er gab ihm mit der flachen Hand einen Schlag auf den Rücken und sanft wie ein Lamm stand das edle Thier. Flink warf er sich in den Sattel und wie im Tanze trug es seinen Reiter im Kreise blitzschnell herum. Georg wuchtete und warf den Speer. Mitten im Knopfe des Zieles stack er fest. Schnell reichte ihm Voland einen zweiten Speer; Georg schleuderte ihn, und den Schaft des zuerst geworfenen zersplitternd, spaltete er die Kugel auseinander und flog dann noch weit darüber hinaus.

Alles schrie verwundert und jauchzend empor; nur Oalla kniff zornig die Lippen ein. Im Triumphe zur linken Hand des Königs zog Georg, da die übrigen Fürsten sich nunmehr im Voraus für besiegt erklärten, in die Stadt zurück. Prächtige Zimmer wurden im königlichen Schlosse ihm zur Wohnung angewiesen.

Er fühlte sich in peinlicher Verlegenheit. Voland aber tröstete ihn lachend und sprach: jetzt kommen asiatische Hofkniffe an die Reihe, und er wäre gespannt, wie dumm, oder wie fein sie Beide verabschiedet würden.


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