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Dreiundzwanzigstes Kapitel.

»Von einer Dame kann hier keine Rede sein.« – Die beiden Räder.

 

Da wir doch so viel Arbeit vorhaben,« nahm Herr Sebald am folgenden Morgen nach beendetem Frühstück das Wort, »so halte ich es für notwendig, eine Art von Operationsplan festzusetzen, denn alle großen Unternehmungen müssen systematisch ausgeführt werden. Lassen Sie uns also wissen, Freund Rüstig, was Sie im Laufe der nächsten Woche gethan wünschen, denn morgen ist Sonntag, und obgleich wir, seit wir auf dieser Insel sind, noch nicht Gelegenheit hatten, diesen Tag würdig zu begehen, so meine ich doch, daß es unsere Pflicht ist, ihn wenigstens von jetzt an zu feiern und heilig zu halten.«

»Das ist mir aus dem Herzen gesprochen,« antwortete Rüstig, »wären Sie nicht auf diesen Gedanken gekommen, so hätte ich den Vorschlag gemacht. Morgen wollen wir von unserer Arbeit ausruhen und Gott bitten, uns für die folgenden sechs Wochentage seinen Segen zu geben. Jetzt aber zu dem sogenannten Operationsplan; da gebührt es sich, daß wir zuerst die Aufgabe in Betracht ziehen, die unserer Dame zufällt.«

»Von einer Dame kann hier und unter solchen Umständen nicht die Rede sein,« erwiderte Frau Sebald, »wenigstens nicht in dem daheim und in der großen Welt gebräuchlichen Sinne. Meine Gesundheit bessert sich täglich, meine Kräfte nehmen zu, ich bin daher entschlossen, mich sehr nützlich zu machen. Ich gedenke Juno in allen häuslichen Arbeiten zu unterstützen, hauptsächlich was das Kochen und das Waschen anlangt; ferner gedenke ich die Kinder zu beaufsichtigen und zu unterrichten, sämtliche Kleider in gutem Zustand zu erhalten und auch sonst noch nach Kräften alles zu thun, was mir aufgetragen wird. Dadurch kommt Juno in die Lage, sich während des größten Teils des Tages an den Arbeiten der Männer zu beteiligen.«

»Damit können wir wohl zufrieden sein,« meinte der alte Rüstig. »Die notwendigsten Dinge sind nunmehr, außer dem Hausbau, die Anlage des Gartens und die Herstellung des Schildkrötenteichs, da wir die Tiere fangen und verwahren müssen, ehe die Zeit des Eierlegens verstreicht.«

Sebald war einverstanden, wollte aber wissen, was zuerst zu geschehen hätte.

»Zuerst kommt der Schildkrötenteich an die Reihe,« sagte der Alte, »das ist ein Stück Arbeit für Sie, Willy und Juno. Ich werde mir inzwischen die Stelle aussuchen, wo unser Wohnhaus errichtet werden soll; dort schlage ich die Bäume nieder und säge die Stämme in gleiche Längen, fix und fertig zur Verwendung; das wird die ganze Woche in Anspruch nehmen; hernach müssen wir mit vereinten Kräften den Bau beginnen und zwar so schnell als möglich. Die Fenster und der Herd kommen ganz zuletzt an die Reihe; vor allen Dingen müssen wir unter Dach und Fach kommen, damit wir trocken schlafen können.«

»Wann wird die Regenzeit eintreten?« fragte Sebald.

»In drei oder vier Wochen, der Zeitpunkt ist nicht immer derselbe. Da fällt mir etwas ein – ich muß noch einmal nach der Bucht.«

»Was wollen Sie dort?«

»Erinnern Sie sich Ihres zweirädrigen Wagens, der in seiner Mattenverpackung auf den Strand geworfen wurde? Sie lachten, als Sie ihn sahen und meinten, er könne uns hier nichts nützen, ich denke aber die Räder und die Achse gut zu verwenden und zwar zum Transport der Baumstämme.«

»Das ist ein trefflicher Gedanke, Rüstig; so ein Stamm läßt sich leichter fahren, als ziehen oder tragen. Wir ersparen uns dadurch viel Mühe und Arbeit.«

Rüstig nickte lächelnd. »Willy und ich machen uns am Montag früh auf den Weg und sind bald wieder hier. Heute wollen wir uns die Orte aussuchen, wo wir den Garten anlegen, unsern Schildkrötenteich bauen und die Bäume schlagen werden. Das wird unsere Ausgabe sein, Herr Sebald; Wilhelm und Juno können hier ein wenig aufräumen, bis wir sie anders beschäftigen.«

Die beiden Männer gingen zum Gestade hinunter, um die Beschaffenheit des Strandes zu mustern.

»Tiefes Wasser können wir für unsern Teich nicht brauchen,« sagte der Steuermann, »sonst lassen sich die Schildkröten zu schwer herausfischen; wir müssen eine flache Stelle haben und dieselbe mit Steinen einfassen, denn klettern können die Tiere nicht. Dieser Ort hier eignet sich sehr gut, das Riff ist hoch genug, links reicht der steinige Strand bis beinahe an das Riff, wir haben daher nur hier rechts ein Steinbollwerk bis zum Riff zu legen und dort links den Strand durch einige Steine mit dem Riff zu verbinden, dann ist der Teich fertig.«

»Ja,« nickte Sebald, »und wenn wir Steine genug finden, dann soll's auch nicht lange dauern.«

»Alle die Steine, die hier den Strand entlang liegen, sind lose,« antwortete Rüstig; »einige sind schwer, aber mit Brecheisen und Handspeichen lassen sie sich bewältigen, und solche Instrumente besitzen wir ja. Ich denke, wir rufen Wilhelm und Juno herbei und lassen sie gleich anfangen, dann wird noch vor dem Mittagessen ein Stück Arbeit geschafft.«

Vater Sebald rief und schwenkte den Hut, und bald kamen Wilhelm und Juno herbeigesprungen. Die letztere wurde zurückgeschickt, um zwei Handspeichen zu holen, und während dieser Zeit erklärte Rüstig dem Knaben, was zu thun war. Eine Viertelstunde lang legten die Männer selber mit Hand an, dann schlugen sie den Weg nach der Landzunge ein, um dort die Stelle ausfindig zu machen, die sich am besten zur Gartenanlage eignete.


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