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Die Gräber in Ottensen.

Von Heinrich Zeise.

I.

»Zu Ottensen auf der Wiese
ist eine gemeinsame Gruft;
so traurig ist keine wie diese
wohl unter des Himmels Luft.

Darinnen liegt begraben
ein ganzes Volksgeschlecht,
Väter, Mütter, Brüder, Töchter, Kinder, Knaben,
Zusammen Herr und Knecht.

Ein ungeheurer Knäuel,
zwölfhundert oder mehr;
es zieht sich über dem Greuel
ein dünner Rasen her.

Der deckt nun unsre Blöße,
ein Obdach er uns gab;
man merkt des Jammers Größe
nicht an dem kleinen Grab.«

Nein wahrlich, man sah dem kleinen Grabe nicht die Größe des Jammers an; unter der üppig wuchernden Rasendecke ruht das ganze Volksgeschlecht, das ein fremder Despot dem heimischen Herde entriß, und während des Winters in Jammer, Elend und Verzweiflung stürzte. Jacobsen berichtet in seinem Beitrag zur Geschichte von Altona: »Das Bild der Auswanderungsszenen wird unvergeßlich in unserm Gedächtnis sein. Es ergriff das Gemüt, wenn viele dieser Menschen in ihren Feierkleidern, in langen Familienzügen – von ihrer Habe nichts als einige Wäsche unter dem Arm – einige vor Verzweiflung singend, andere jammernd, ihre Kinder tragend oder auf Schubkarren fahrend, von Gensd'armen vorwärts gestoßen, in unsere Stadt einwanderten. Man dachte unwillkürlich an den Opferschmuck der Vorzeit, und heftiger ergriff dieser Gedanke die Seele, und fast kein Auge blickte tränenlos auf die Unglücklichen. Eine Frau, die 50 Jahre nicht in Altona gewesen war, betrat die Stadt voll Hoffnung über ihre zahlreiche Bekanntschaft unter den angesehensten Bürgern derselben. Sie nannte den Vorübergehenden Namen, die niemand kannte. Sie fand das seltsam. Sie ermüdete nicht, weiter zu fragen, bis sie Leute traf, die ihr sagen konnten, wer von ihr erfragt werde, von denen sei der eine schon 30, der andere schon 40 Jahre nicht mehr unter den Lebendigen. So war jede Antwort, als sie zitternd weiter fragte. Da sanken ihr die Arme, und zwischen ihr und dem Grabe ward Raum und Zeit immer kürzer. Gleiche Teilnahme erregte ein steinalter Mann, der mit der Gefährtin seines Lebens unter den zahlreichen Unglücklichen war, die bei Herrn Rainville Obdach fanden, und die jedem wie Philemon und Baucis aufgefallen waren, und von Kummer und Jammer lebensmüde sich dort zum Sterben hingesetzt zu haben schienen, von denen der eine die andere nur kurze Zeit überlebte. Vorzüglich schauderhaft war die Räumung des großen Hamburger Krankenhofes, Pesthof genannt. Wenn der Oberpräsident und der Polizeimeister nicht schnell Wagen herbeigeschafft hätten, so wäre eine Menge dieser Unglücklichen durch die entgegengesetzten Naturkräfte, Frost und Flammen, umgekommen. Unglückliche, die aus Hamburg kamen, wurden von den Gensd'armen unbarmherzig von den Wagen in den Schnee der Straßen gestoßen usw.«

Von diesen Vertriebenen nun, deren Anzahl sich auf 20 000 belaufen haben soll, fanden einige Tausende liebreiche Aufnahme in Altona und wurden soweit wie irgend tunlich untergebracht, aber viele trugen schon den Ansteckungsstoff in ihrem Körper, der unter den Unglücklichen immer weiter um sich griff, und wie ein schleichendes Gift das Mark aus den Knochen sog und die Röte von den Wangen trieb. Weder Alter noch Geschlecht blieb verschont, in der Luft brütete das Verderben, und die Vertriebenen sanken von Seuchen ergriffen dahin wie dürre Halme unter der Sense des Schnitters.

»Sie konnten nicht weiter keuchen,
erschöpft war ihre Kraft,
Frost, Hunger, Elend und Seuchen
die haben sie hingerafft.«

Sie fanden ihr Grab auf der Wiese zu Ottensen; anfänglich wurden sie in Särgen versenkt, als aber die Anzahl der Toten wuchs, schichtete man die Leichen nebeneinander und bedeckte sie mit Kalk; das Gras verhüllte bald mit seinem Grün die allgemeine Gruft; die Natur, eine liebreiche Mutter, bedeckte mit der Farbe der Hoffnung die Stätten des Elends und Kummers, und die Frühlingslerche schmetterte ihre Auferstehungsweisen über dem Ort, wo die erschöpften Pilger die müden Häupter niederlegten.

Die Hamburger ließen 1815 auf der Wiese ein einfaches Monument errichten; es ist ein Würfel von Sandstein, auf dem sich zwei Garben kreuzen, zu beiden Seiten des Steins sind gesenkte Fackeln eingehauen. Die Inschrift an der Vorderseite lautet:

»Friede den Entschlafenen.

An dieser Stätte ruhen die Gebeine von 1138 Hamburgern, welche mit vielen tausenden ihrer Mitbürger von dem französischen Marschall Davoust im härtesten Winter 1813 und 1814 aus dem belagerten Hamburg vertrieben, mit menschenfreundlicher Milde in Altona aufgenommen, von dessen edlen Einwohnern, sowie von ihren früher ausgewanderten Landsleuten in ihrem Elende unterstützt und verpflegt, demungeachtet aber Opfer ihres Kummers und ansteckender Seuchen wurden.«

Die Inschrift der Rückseite lautet:

»Diesen Denkstein errichteten Hamburgs trauernde Bürger ihren entschlafenen Mitbürgern im Jahre 1815«

Birken und Weiden beschatteten später das Denkmal, unter dem die Opfer der Tyrannei schliefen. Als Erinnerung an eine Tragödie, die mit ehernen Lettern in den Geschichtsbüchern verzeichnet und mit Flammenzügen in den Herzen der Nachkommen geschrieben steht, hätte das Denkmal nicht verrückt und noch weniger hätten die Gebeine der Gruft entnommen werden müssen. Wir sind um ein Stück Geschichte ärmer, an die sich so viele Erinnerungen knüpften. Das Denkmal wurde nach Hamburger Gebiet gebracht, und der Grund dieser Versetzung ist ein kläglich prosaischer; der Eigentümer der Wiese erhielt nämlich jährlich 10 Taler Grundmiete, da er sie jedoch anderweitig nicht benutzen konnte, so war es seine Absicht, sowohl diese wie auch eine danebenliegende, die durch die Anpflanzung litt, dem Hamburger Staat für 3000 Crt.-M zu verkaufen, und weil von den eigentlichen Landstellen nichts abgetreten werden darf, so beanspruchte er 20 Taler Grundmiete. Daß ein Landmann seinen Boden zu verwerten und zu verbessern sucht, wenn er auch gerade nicht Swift's Ausspruch beherzigt, daß, wer zwei Kornähren oder zwei Grashalme auf einem Flecke wachsen läßt, wo früher nur eins gewachsen, sich ein größeres Verdienst um die Menschheit erwirbt, und seinem Vaterlande von wesentlicherem Nutzen ist als die ganze Schar der Politiker zusammengenommen, und daß ferner ein Landmann sich nicht um historische Erinnerungen kümmert, ist natürlich, daß aber die Hamburger sich nicht die Wiese erhielten, von welcher der Dichter sagt, daß unter des Himmels Luft keine so traurig sei wie sie, ist unbegreiflich.

Die Forderung des Eigentümers der Wiese nun ist die Ursache, daß sowohl das Denkmal wie die Gebeine im Jahre 1841 nach einer Ecke des St. Nikolai-Begräbnisplatzes, ganz in der Nähe der Sternschanze, transportiert wurden. Die Gebeine wurden ausgegraben und in Kisten gepackt, und sollen, wie ich mehrfach hörte, ohne jedoch diesem Bericht Glauben zu schenken, beim dänischen Zoll als ausgehende Knochen haben verzollt werden müssen.

Beinahe hart an der Landstraße steht jetzt das Monument; es ist von Tannen umringt, im Hintergrunde läßt eine Traueresche ihre Zweige niederhangen, und dunkle Taxusbüsche tragen nicht dazu bei, in den Herzen der Besucher erhebende Gefühle zu erwecken; draußen auf der Wiese war es freier und stiller, Lerchen wirbelten, das üppige Gras säuselte alte Geschichten, und Birken und Weiden rauschten den bleichen Schläfern unterm grünen Rasen das Schlummerlied.

Der Eigentümer der Wiese nahm, als die Gräber aufgescharrt wurden, die am besten erhaltene Trauerweide und verpflanzte sie in seinen Garten, indem er sie noch vorher sorgfältig mit der heiligen Graberde umgab; darauf sagte er feierlich zum damaligen Präsidenten der Stadt Altona, zum Grafen Blücher, daß, wenn der Baum ausgehe, er alsdann die Schuld trage, daß die Toten aus der für sie bestimmten Gruft genommen, gedeihe jedoch die Trauerweide fernerhin, so sei die Hamburger Behörde schuldig. Es ist dies ein Gottesurteil; der Baum grünt Jahr für Jahr und wird auch binnen kurzem wieder in seiner alten Schönheit prangen. – Der Landmann hat unserer Ansicht nach Recht, und möge der Baum noch viele Geschlechter überleben.

II.

»Zu Ottensen an der Mauer
der Kirch' ist noch ein Grab,
darin des Lebens Trauer
ein Held gelegt hat ab.«

Rückert gedenkt des greisen Feldherrn, des Herzogs von Braunschweig, Karl Wilhelm Ferdinands, der hier »vor des Hirnes Spalte« Ruhe im Grabe fand. Der Dichter läßt das denkende Haupt des Kriegers sich aus der Gruft erheben:

»Da sieht es der Zwölfhundert
Grabstätte sich so nah
und ruft wohl aus verwundert:
Ein Feldherr ward ich ja.«

Wie schön und erhaben ist dieser Gedanke; der greise Krieger, der, um Deutschland zu befreien, dessen Söhne in den Kampf führte, sinnt, ein echter Welfe, noch von des Landes Größe und betrachtet sich als Feldherrn dieser Totenschar, an deren Spitze er sich stellen wird, »wenn die Trompet' einst ruft, wenn sie aus ihrem stummen Grabe, das Weh gen Himmel werden schallen lassen.« Uns kommt hier die nächtliche Heerschau von Zedlitz in den Sinn, wir glauben den Tambour zu sehen, der mit seinen entfleischten Armen Reveille und Zapfenstreich schlägt, die Knochenhände halten die langen Schwerter empor, und der Mann im kleinen Hütchen sieht sich die Truppen an, die erstarrt unterm Eise lagen, die der Nilschlamm und der arabische Sand deckte, und die, von den Wirbeln des Tambours geweckt, sich zur großen Parade einstellen. Zedlitz, ein deutscher Dichter, verherrlicht hier das klingende, blanke Soldatenhandwerk und besingt den fremden Eroberer; Rückert dagegen preist den greisen Feldherrn, der, um seines Landes Knechtschaft zu tilgen, erhobenen Hauptes in den Tod ging, auch er hält seine Parade, jedoch über das große Schmerzensheer:

»Euch hat auf andern Pfaden,
und doch aus gleichem Grund,
der Tod hierher geladen,
ihr seid mit mir im Bund.«

So verherrlichte Rückert die Opfer des Krieges, die er sich im Tode vereint denkt. – Aber vergebens suchst du jetzt das Grab des Feldherrn an der Mauer, der Held entstieg dem engen, dumpfen Grabe und legte sich schlafen in die Gruft seiner Ahnen; er selbst, der greise Kampfesleu, ruht jetzt neben Heinrich dem Löwen in der Dom- oder St. Blasiuskirche zu Braunschweig, die letzterer im Jahre 1173 stiftete. In dieser Kirche schlummern neun braunschweigische Fürsten, die auf dem Felde der Ehre den Tod fanden. Der Herzog Karl Wilhelm Ferdinand wurde im Jahre 1806 in der Schlacht von Auerstädt verwundet, eine Kugel drang über dem rechten Auge ein, und trieb das linke aus seiner Höhlung hinaus; besinnungslos stürzte er nieder, er wurde auf ein Pferd gehoben, und man bedeckte ihm das blutende Antlitz mit einem Tuch; auf diese Weise mußte der greise Held, der schon unter Friedrich dem Großen den Lorbeer um sein Haupt wand, vor den verfolgenden Franzosen flüchten. Später legte man ihn in einen Wagen, da jedoch die Erschütterung desselben nachteilig auf die Wunde einwirkte, so brachte man ihn auf einer Bahre nach seiner Residenz, wo er am 20. Oktober anlangte. Der Herzog sandte einen Hofbeamten an den Kaiser, und ließ sein Land der Gnade des Gewaltigen empfehlen. Napoleon ergoß sich in bitteren Vorwürfen über den Herzog, der die unruhige Jugend in den Kampf getrieben und den König von Preußen gegen seinen Willen mit fortgerissen habe. Den General Braunschweig werde der Kaiser als preußischen Offizier achtungsvoll behandeln, aber einen Souverän könne er nicht in ihm erkennen, und wenn das Haus Braunschweig das Erbe verliere, so habe es dies ihm, dem Herzoge, zuzuschreiben. Da der Herzog hieraus entnahm, daß Napoleon ihn als Kriegsgefangenen behandeln wolle, so ließ er sich trotz seiner Wunde nach Ottensen bringen, wo er am 10. November 1806 in dem Hause starb, das nach dem darin verschiedenen Helden den Namen Karlsruhe erhielt. In diesem Hause soll auch die Leiche zur Parade ausgestellt gewesen sein. Am 23. November ward sie in das Grabgewölbe der Ottensener Kirche, in der Nähe der Turmuhr eingesenkt; das Herz befand sich in einer silbernen Kapsel auf dem mit schwarzen Samt bekleideten Sarge; und erst im Jahre 1819 wurde die Leiche nach Braunschweig gebracht, wo sie, wie wir bereits erwähnten, neben den heldenmütigen Ahnen ruht.

Daß der Held, der von Braunschweigs Toren, mit den Scherben des Hauptes von Land zu Land umherirrend, hierherkam, wieder nach seiner Residenz gebracht und neben seine Ahnen gebettet wurde, ist schön und herrlich; wo könnten die Nachkommen des Leuen, wo könnte dies hochherzige Heldengeschlecht wohl eine bessere Ruhestätte finden als zur Seite des großen Vorfahren, auf den die Deutschen mit Stolz und Freude blicken müssen. – Daß Napoleon das 700jährige Erbe des Welfischen Hauses für verfallen zu Frankreichs Händen erklärte, verbitterte die letzten Augenblicke des Herzogs.

Die Bürger Braunschweigs errichteten dem Herzog Karl Wilhelm Ferdinand und seinem Sohne Friedrich Wilhelm, der 1815 bei Quatre-Bras so glorreich endete,

»Mit seinen dunkeln Schützen
der Öels, mein wackrer Sohn,
der könnte wohl euch nützen,
doch fiel auch der nun schon.«

eine 60 Fuß hohe, aus Eisen gegossene Spitzsäule; an ihrem Fuße ruhen vier prächtige Löwen, und sie trägt die Inschrift:

»Seinen für Deutschland gefallenen Fürsten ihr Vaterland 1822. Den Einbruch in das Vaterland mit seinem Blute wehrend, sank Braunschweigs Welfe Karl Wilhelm Ferdinand, mit ihm seines Volkes Glück. Des Vaterlandes, vom Feinde neubedrohtes Glück schützend, sank Braunschweigs Welfe Friedrich Wilhelm an seiner Krieger Spitze. Ihr Ruhm lebt ewig, dauernd wird mit ihm ihr Stamm dem Vaterlande zum Segen.«

III.

»Zu Ottensen, von Linden
beschattet auf dem Plan,
ist noch ein Grab zu finden,
dem soll, wer trauert, nah'n.«

Dort rauscht die mächtige Linde dem edlen Barden Klopstock und streut im Frühlinge ihre Blüten auf des Sängers Grab. – Wenn der Deutsche seiner edelsten Geister gedenkt, so spricht er ehrfurchtsvoll den Namen Klopstock aus, und doch ist gerade dieser Dichter unter den Koryphäen in der Literatur derjenige, der am wenigsten ins Volk gedrungen, derjenige, der am wenigsten gelesen wird. Jeder Gebildete weiß, daß Klopstock die Messiade geschrieben, aber unter tausend hat sie wohl selten mehr als einer gelesen. Klopstock beherrschte nicht die Form, und das antike Versmaß war ebenfalls nicht geeignet, seinen Dichtungen Eingang in größere Kreise zu verschaffen, obgleich seine unübertrefflichen Oden und seine Hermannsschlacht allgemein bekannt zu sein verdienten. Klopstock war unser bedeutendster und vielleicht unser frühester Freiheitsdichter, Mahlmann singt von ihm:

»Es sang sein herrlich Lied die große Weltversöhnung,
im Schmerz von Golgatha vollbracht;
es sang voll Vaterlands die deutsche Heldenkrönung,
den Siegessang von Hermanns Schlacht.
Es sang der Freundschaft Glück, der Liebe Götterwonnen,
der Andacht heil'gen Psalm, den Auferstehungstag!
So flog sein Adler auf zum Lichtquell ew'ger Sonnen,
und Freiheit war sein Flügelschlag! –«

Rückert erkennt in Klopstock den hehren Freiheitssänger, und selbst auf dem Grabe des Dichters vernimmt er den Freiheitsodem:

»Wohl hat, als dumpfer Brodem
der Knechtschaft uns umgab,
ein leiser Freiheitsodem
geweht von seinem Grab.

Wohl ist, als hier den Flügel
die Freiheit wieder schwang,
o Klopstock, deinem Hügel
ertönt ein Freudenklang.«

Klopstock erlebte nicht die tiefste Erniedrigung Deutschlands, er starb am 14. März 1803; die Linde, die sein Grab beschattet, wurde 1758 für Meta gepflanzt.

Die Inschrift auf Klopstocks Grabstein lautet:

Saat von Gott gesäet, dem Tage der Garben zu reifen.

Bei seiner Meta und bei seinem Kinde ruhet
Friedrich Gottlieb Klopstock.
Er ward geboren den 2. Juli 1724.
Er starb den 14. März 1803.
Deutsche, nahet mit Ehrfurcht und mit Liebe
der Hülle eures größten Dichters.
Nahet, ihr Christen, mit Wehmut und mit Wonne
der Ruhestätte des heiligen Sängers,
dessen Gesang Leben und Tod Jesum Christum pries.
Er sang den Menschen menschlich den Ewigen,
den Mittler Gottes. Unten am Throne liegt
sein großer Lohn. Ihm eine gold'ne,
heilige Schale voll Christentränen.

Seine zweite liebende und geliebte Gattin
Johanna Elisabeth
setzte diesen Stein, anbetend den,
der für uns lebte, starb, begraben
und auferstanden ist.

Der Verfasser dieser Grabschrift soll Stolberg sein. Die Inschrift auf Metas Stein, die Klopstock verfaßte, lautet:

Saat von Gott gesäet, dem Tage der Garben zu reifen.

Margareta Klopstock
erwartet da, wo der Tod nicht ist,
ihren Freund, ihren Geliebten, ihren Mann,
den sie so sehr liebt
und von dem sie so sehr geliebt wird.
Aber hier aus diesem Grabe
wollen wir miteinander auferstehn,
du, mein Klopstock, und ich und unser Sohn,
den ich dir nicht gebären konnte.
Betet den an, der auch gestorben, begraben
und auferstanden ist.
Sie ward geboren den 16. März 1728,
verheiratet den 10. Juni 1754
und starb den 28. November 1758.
Ihr Sohn schlummert in ihrem Arme.

Aus: Heinrich Zeise. Aus dem Leben und den Erinnerungen eines norddeutschen Poeten.


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